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Nummer ^

Altensteig, Montag, den 1934 ^

57. Jahr-a»,

MWaMtniWng mit zrankrei» j

Die neuen deutsch-französischen Wirtschaftsverträge

Die neue Wrrelchlsche Regierung

Berlin, 29. Juli. In den deutsch-französischen Wirtschaftsver­handlungen ist eine Einigung erzielt worden. Die Verträge wur­den am Samstag unterzeichnet. Der vertragslose Zustand, der andernfalls am 1. August eingetreten wäre, und der für beide Länder einen schweren Eingriff in die Wirtschaftsbeziehungen bedeutet hätte, konnte also glücklicherweise vermieden werden.

Das umfangreiche Vertragswerk zerfällt in eine Reihevon Einzelverträgen. Das deutsch-französische Handelsabkom­men vom Jahre 1927 wird jetzt in zwei Teile zerlegt, nämlich in einenHandels-. Niederlassungs- und Schiffahrtsvertrag" »nd in eineVereinbarung über den deutsch-französischen Wa­renverkehr".

Der erste Vertrag enthält die allgemeinen Bestimmun­gen für den Handel, die Niederlassung und Schisfahrt, also dre fiir eine Festlegung auf längere Zeit geeigneten Bestimmungen.

Der zweiteVertragdie Einzelabmachungen über Zölle »nd Kontingent, die bei der Unbeständigkeit der gegen­wärtigen Wirtschaftslage für eine Festlegung auf längere Zeit weniger geeignet sind. Der Grund für diese Teilung in zwei Ver­träge liegt auf der Hand. Man wollte verhüten, daß jedesmal, wenn auf dem Gebiete der Zölle und Kontingente Schwierigkei­ten auftreten und eine Kündigung deswegen ins Auge gesagt werden mutz, der Bestand aller übrigen vertraglichen Verein­barungen in Frage gestellt wird. Insoweit handelt es sich bet dem jetzigen Vertragswerk nicht um etwas wesentlich Neues. Im ganzen sind die alten Vertragsbestimmungen auf­rechterhalten worden. Sie find nur in Einzelheiten an die ge­genüber dem Jahre 1927 veränderten Lage angepatzt worden. Die seit dem Jahre 1927 eingetretenen Veränderungen in den Zoll- und Kontingentsvereinbarungen sind in die neuen Texte hineingearbeitet worden. Diese zwei Verträge werden alsbald veröffentlicht werden.

Neu und von grundlegender Wichtigkeit für die praktische Ab­wickelung des Warenverkehrs ist das zweiseitige allgemeine Ver- rechunngsabkommen, das anstelle des gegenwärtigen Zahlungs­abkommens tritt. Die Bezabluug der ganzen Warenausfuhr von Deutschland nach Frankreich und von Frankreich nach Deutschland wird über zwei Verrechnungskonten ge­leitet. Autzerhalb dieser Verrechnungskonten dürfen Zahlun­gen für den Bezug von Waren nicht mehr geleistet werden. Die Einzelheiten über die technische Abwicklung dieses Warenver­kehrs werden den Devisenbewirtschaftungsstellen und der Oez- jentlichkeit alsbald mitgeteilt werden. Von grundsätzlicher Be­deutung bei diesem zweiseitigen allgemeinen Verrechnungsab­kommen ist, Satz Deutschland dabei ein freier Ueberschußan Devisen gewährleistet wird, und zwar nach Abzwei­gung der Beträge, die für die Einlösung der Dawes- und Poung- Anleihecoupons notwendig sind. In den allgemeinen Linien ent­spricht dieses Abkommen mit Frankreich also dem zweiseitigen allgemeinen Verrechnungsabkommen, das vor wenigen Tagen mit der Schweiz als erstem Land abgeschlossen worden ist. Ein weiteres Abkommen regelt auf oer Grundlage des oben er­wähnten Verrechnugsabkommens die Einlösung der französischen 'Dawes- und Pounganleihecoupous am 15. Oktober und 1. De­zember 1934. Außerdem ist eine Reihe von Spezialabkom­men über Einzelfragen abgeschlossen worden. Auch diese wer­den, so weit sie die Allgemeinheit interessieren, bekannt gege­ben werden.

Wichtig für Exporteure nach Frankreich

Berlin, 29. Juli. Vom 1. August 1934 ab tritt das neue Ber- rechnungsabkommen mit Frankreich in Kraft, »ach dem alle Zahlungen im gegenseitigen Warenverkehr in Deutschland durch Vermittlung der Reichsbank, in Frankreich durch Vermittlung des Office France-Allemend zu leisten find.

Da in Frankreich eine Devisenbewirtschaftung nicht besteht, wird dort die Durchführung dieser Regelung in der Weise fichergestellt, daß jeder französische Empfänger deutscher Waren ßch entweder allgemein durch Eintragung in eine Liste bei dem Office France-Ällemand oder im Einzelfall durch besondere schriftliche Erklärung verpflichtet, Zahlungen für deutsche Wa­ren nur durch Vermittlung des Office France-Allemand zu lei­sten. Liegt eine solche besondere Erklärung oder die Eintragung beim Office France-Allemand nicht vor, so hat der französische Importeur bei der Einfuhr der Ware v. H. des Wertes bei der französischen Erenzzollstelle zu hinterlegen.

Da bei der Kürze der Zeit bis zum 1. August 1934 wahrschein­lich nicht alle Empfänger deutscher Waren in Frankreich recht­zeitig die Eintragung bewirken oder eine besondere Erklärung in der vorgeschriebenen Form abgeben können, müßte bannt ge­rechnet werden, daß in den ersten Tagen nach dem Inkrafttreten des Abkommens Schwierigkeiten oder wenigstens Verzögerun­gen bei der Abfertigung deutscher Waren an der französischen Grenze entstehen. Es empfiehlt sich daher, soweit die privaten Abmachungen über die Lieferungsfristen dies zulassen, Ware» aus Deutschland nach Frankreich nicht so abzusenden, daß fix gerade am 1. August 1934 oder in den ersten Tagen nach dem 1. August 1934 an der französischen Grenze eintreffen. da sonst Stockungen bei der Abfertigung einireten oder die Jm-

Nur MWch-sozlale und Se

Wien, 36. Juli. (Telegramm.) Die neue öster­reichische Regierung setzt sich wie folgt zusammen: Bundeskanzler, Landesverteidigung,' Unterricht, Justiz: vr. Schuschnigg: Vizekanzler und Sicherheitswesen: Star hemberg; Au swärtiges: Berger Walden- egg (Heimwehr): Znnenverwaltung: F e y

Nur Christlich-Soziale und Heimwehr im neuen österreichischen Kabinett

Wien, 39. Juli. Auf den ersten Blick zeigt es sich, daß das Kabinett eine außerordentliche Stärkung des Heinrwehreinflus- ses bringt. Besonders hervorzuheben ist die lleberweisung des Ministeriums des Aeußeren an einen Heimwehrvertreter, näm­lich Egon Berger-Waldenegg. Seit Jahren ist das Außenmini­sterium mit dem Bundeskanzleramt vereinigt gewesen. Auch die Betrauung Neustädter-Stürmer mit den Angelegenheiten des berufsständischen Aufbaues unterstreicht diese Tendenz. Denn der berufsständische Aufbau ist eines der Kernprobleme der neuen Regierung. Ebenso ist Starhembergs Geschäftsbereich vergrößert. Denn während er früher nur für Sport und Jugend­ertüchtigung zuständig war, bekommt er jetzt den ganzen Sicher­heitsdienst zugewiesen. Aehnlich verhält es sich mit Fey, dem das Innenministerium zugeteilt wurde, während er im letzten Kabinett Minister ohne Portefeuille war. Da Tauschitz als Staatssekretär des Aeutzeren nach kurzer Zeit aus der Regie­rung ausscheiden soll, ist überhaupt keine andere Eesinnungs- gruppe mehr als die Christlich-Soziale und die Heimwehrgruppe im Kabinett vertreten.

Heimwehrminister im neuen Kabinett sind Starhemberg, Egon Berger-Waldenegg, Fey, Odo Neustädter-Stllrmer.

Eine Rundfunkrede Stacbembergs

Wien, 28. Juli. Vizekanzler Starhemberg, der augenblicklich den Geschäften der österreichischen Regierung vorsteht, hielt am Freitag abend im Rundfunk eine Rede, in der er u. a. folgendes ausführte: Die Bundesregierung wird in treuester Kampf­gemeinschaft mit dem toten Führer ihr Bestes daransetzen, um eine Idee zum Siege zu bringen. Verantwortungslose, zum Verbrechen geführte Elemente haben geglaubt, daß der Tod des Führers Oesterreichs das Signal sei, um ihre dunkleu Pläne zu verwirklichen. Um deutsch zu sein und unsere deutsche Sen­dung in der Welt zu erfüllen, und unserem Deutschtum zu die­nen. dazu brauchen wir iu Oesterreich keine» Nationalsozialis­mus. Daher erkläre ich im eigenen Namen und im Namen der Bundesregierung, daß wir niemals das geringste Kompromiß mit dem Nationalsozialismus eingehen. niemals das geringste Zugeständnis machen werden, das unsere Freiheit, unsere Ehre und Würde beeinträchtigen könnte. Wir wollen abwarten, was ni der Zukunft geschieht, Wir wollen abwarten. ob in der Zu­kunft auf gewisse Erklärungen auch Taten folgen werden. Zum Schluß iagte der Vizekanzler: Selbstverständlich wollen wir alles dazu beitragen, was an uns liegt, um mit allen Nachbarn gut auszukommen. Selbstverständlich sind wir bereit. Dinge, die sich rn der Vergangenheit ereignet haben, zu vergessen, wenn wir in Zukunft in keiner Weise gestört werden. Doch weisen wir jede. Einmischung in unser Schicksal auf das energischste zurück.

Ser AuWnö völlig zusammengebrochen

Wien, 29. Juli. In Graz kam es am Samstag zu Schießereien. Nach privater Quelle sollen ein Toter und zahlreiche Verletzte zu verzeichnen sein. Amtlich wird mitgeteilt, daß die Zwischen­fälle unbedeutend gewesen find. Staatssekretär Karwinsky teilte in einer Rundfunkansprache mit. daß der Aufstand als zusammengebrochen gelten könne. Nach privaten Meldungen find noch im Süden Kärnrens und Steiermarks einige Unruhe­herde. Die Verluste des Bundesheeres beziffern sich nach amt­lichen Angaben auf zwei Offiziere und 15 Mann, die getötet wurden, und vier Offiziere und 20 Mann Schwerverletzte.

Die Heimwehr har bereits etwa 5« Mann verloren und viele Verwundete.

In Steiermark stehen über 25009 Mann des Heimat­schutzes unter den Waffen. Den Regierungstruppen gegenüber stand ebenfalls eine sehr große Zahl von Heimatschützen unter der Führung des Ingenieurs Kammerhoser.

porteurc genötigt sein könnten, 1» v. H. des Wertes bei den fran­zösischen Zollstelle» zu hinterlege». Nach einigen Tagen, wenn das neue Verfahren sich eingespielt hat, wird die Abfertigung reibungslos vor sich gehen, und die Hinterlegung von 10 v H- wird dann in der Regel nicht erforderlich sein.

Mehrler lm neuen «abtuen

Die amtliche österreichische Verlustliste Verluste der Regierungstruppen: 78 Tote. 165 Verwundet»

Wien, 29. Juli In der Nacht zum Sonntag wurde eine am* liche Verlustliste für alle Formationen der Regierungstruppe« veröffentlicht. Darnach betragen die Verluste auf Seiten der Regierung insgesamt 78 Tote und 185 Verwundete. Die ftärl- sten Verluste weist das Freiwillige Schutzkorps auf, das 48 Tot» und 103 Verwundete zu beklagen hat. Das Bundesheer meldet 18 Tote und 37 Verwundete, die Gendarmerie 10 Tote und 2» Verwundete und die Wiener Polizei zwei Tote und fünf Ver­letzte. Nach privaten Meldungen sollen die Verluste der Auf­ständischen sich auf annähernd 200 Tote beziffern. Eine Ueber- prüfung dieser Meldung ist natürlich nicht möglich.

AmmfeikrlMeiten um Dollfuß

Wien, 29. Juli. Am Tage des Leichenbegängnisses für de» ermordeten Bundeskanzler Dr. Dollfuß hatte die ganze Stadt seit den frühen Morgenstunden schwarz geflaggt. Auf allen öf­fentlichen Gebäuden und den Gesandtschaften waren die schwar­zen Fahnen auf Halbmast gesetzt. Die Trauerfeier begann vor dem Rathaus. Auf der großen Freitreppe des Wiener Rat­hauses war der Sarg aufgebahrt worden. Offiziere des Deutsch­meister-Ordens hielten die Ehrenwache. Auf dem freien Platz vor dem Rathaus hatten ein Regiment Kavallerie, ein Jnian- teriebataillon und die Wehrverbände Aufstellung genommen. Von allen Kirchtürmen Wiens läuteten die Glocken. Bundes­präsident Miklas hob in einer Ansprache die Bedeutung der Persönlichkeit Dollfuß' und seine Verdienste als Oesterreicher und Deutscher hervor. Nach ihm sprach Vizekanzler Fürst Star­hemberg, der dem toten Bundeskanzler im Namen der Re­gierung, der Wehrverbände, der Armee die Treue bis übers Grab hinaus schwor. Dann sprachen der Erste Bürgermeister von Wien, Schmitz, und der Landeshauptmann von Niederöster­reich, Reiter.

Der außerordentlich lange Zug bewegte sich sodann durch die Straßen W>. .. Der Sarg Dollfuß' wurde auf einer Lafette ge­führt. Dem Sarg folgten die Familie des Bundeskanzlers, der Vundespräsident, das ganze diplomatische Korps mit den Son­dervertretern der Großmächte und dem päpstlichen Delegierte» Nuntius Sibilia, dem Sondervertreter Mussolinis Botschafter di Martina, dem ungarischen Außenminister Kanya, der Vertre­ter des englischen Königs Selby, der Vertreter des Völkerbun­des Rost van Toningen. Die Reichsregierung war durch de« gegenwärtigen Geschäftsträger Prinz zu Erbach vertreten, der an den Beerdigungsfeierlichkeiten an der Spitze sämtlicher deut­scher Gesandtschaftsmitglieder teilnahm. Vor dem Sarg schritt Kardinalerzbischof Jnnitzer mit der hohen Geistlichkeit Oester­reichs. Den Schluß bildete die Abteilung des Bundesheeres. Am Stephansdom erfolgte die Einsegnung der Leiche durch Kardi­nal Jnnitzer.

Der Zug bewegte sich sodann nach dem Friedhoi in Hietzing. Nach dem Eintreffen auf dem Hietzinger Friedhof sprachen am offenen Grabe Bundesminister Dr Schuschnigg für die dem Bundeskanzler Dollfuß direkt unterstellt gewesenen Wehrver­bände, dann Dr. Kemptner für die Verbindungen des österrei­chischen Kartellverbandes und die Verbindung Franco-Bavaria, weiter ein Führer der österreichischen Jungsroni und der Buu- desleiter der Vaterländischen Frot, Generaldirektor Dr. Stepan. Darauf wurde der Sarg unter den Klängen des LiedesIch hatt' einen Kameraden "in die Erde gesenkt.

Der DEutz-Aiieniiiler ein früherer Kaiserjüger

Wien, 28. Juli. Die Bevölkerung verhält sich mit Ausnah«» der Zwischenfälle in einigen steiermärkischen Gegenden, die nach Auffassung der zuständigen Stellen bald erledigt sein dürften, vollkommen ruhig. Eine Volksbewegung im Sinne der Putschi­sten ist nicht festzustellen. In Steiermark ist die Zahl der Todesopfer der Exekutive auf über 30 gestiegen.

DieReichspost" nennt heute endlich den Attentäter des Bun­deskanzlers Dollfuß. Es ist dies Ser ehemalige 35jährige Wehr- m a n n Otto Pan etta, ein früherer Kaiserjäger, der wege» oppositioneller Betätigung aus dem Heer entlassen worden war. Die Ueberfallstaffel, die den Handstreich aus das Bundeskanzler­amt surchgeführt hat, bestand zum überwiegenden Teil aus ehe­maligen österreichischen Wehrmännern, die wegen oppositioneller politischer Betätigung aus dem Heer entlassen wurden. Es wird nun gemeldei, daß 106 entlassene Wehrmänner an der Aktion im Bundeskanzleramt beteiligt waren. Ferner waren unter de» Terroristen neun Männer in der Uniform von Polizeibeamten. Einer dieser Leute hatte am Vormittag im Bundeskanzleramt Dienst gemacht. Die übrigen waren Zivilisten.

Die Führung der Aktion hatte der ehemalige Wachtmeister Holz weder, der als Hauptmann verkleidet war. Die Leut» hatten sich in der Turnhalle in der Stiftskajerne gesammelt und waren in mehreren Lastautos ;um Bundeskanzleramt gefahren.