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Sonntagsausgabe der Schwarzwälder Tageszeitung „Aus den Tannen"
Nummer 29 1K7 !
Anzeigenpreis: Die einspalt. Millimeterzeile 5 L, Reklamezeile 15
Altensteig, Sonntag, den 22. Juli 1934
!i Bezugspreis im Monat Sü Pfennig !s g Die Einzelnummer ... 15 Pfennig ?
1934
Eonntagsgedanken
Hier Absatzkrise — dort Hungersnot
ep. — Die Republik Chile hat sich entschlossen, 500 000 Schafe zu vernichten, da weder für die Wolle noch für das Fleisch irgend welche Verwendung besteht. Die holländische Regierung hat zur Behebung der Absatzkrise für Molkereierzeugnisse 115 000 Stück Rindvieh ankaufen, schlachten und zu Vüchsenfleisch verarbeiten lassen. Von den 20 Millionen Büchsen haben bisher erst 7 Millionen verkauft werden können. Das Unternehmen hat sich als ein Verlustgeschäft größten Ausmaßes erwiesen. Bei einer Versteigerung in Drunen, gleichfalls in Holland, wurden 40 000 Kilogramm Johannisbeeren vernichtet, weil für sie keine Nachfrage vorhanden war. Dasselbe geschah gar mit 50 000 Kilogramm aus demselben Grunde in der holländischen Stadt Vlijemen. In Dänemark sind heute alte Schlachtpferde dreimal so teuer als eine Rassekuh: weil jene in Frankreich ein- gesührt werden dürfen, diese aber nicht.
!- Und nun die andere Seite: die Wolgadeutschen, die unter entsetzlichen Verlusten das Grauen von zwei Hungersnöten Uberstanden haben, stehen vor einer neuen Mißernte. «Zehntausende blicken dem Tod ins Antlitz. Sie würden wohl auf den Knien dorthin kriechen, wo man.Beeren und Vüchsenfleisch und Schafe verderben lassen und vernichten muß, wenn jene Länder für sie überhaupt erreichbar wären Während der letzten eineinhalb Jahre find in Turkestan ganze Stämme wegen der dort wütenden Hungersnot elend verkommen.
Aber auch in den Ländern, wo man bisher in einer Krise aus lleberfluß stand, scheint sich das Blatt zu wenden. Sprach man seither davon, daß der Weltmarkt an einem 'Getreideüberschuß von etwa 200 Millionen Zentner „leide", «so kommt nun z. V. aus Rumänien die Nachricht, daß die Regierung die Ausfuhr von Getreide verboten hat, weil die Ernte durch die Dürre schwer gefährdet erscheint. Auch io verschiedenen Kornkammern Nordamerikas, wo man zur Hochhaltung der Preise die Saatflächen um 10 Prozent verringert hatte, herrscht große Dürre, die ein schlechtes Ernteergebnis gewärtigen läßt. Da hat man zur Hebung des «Preises nun all die Jahre hindurch Getreide verbrannt und 'versenkt und jetzt droht eine Mißernte. Wer vermöchte die «Sprache dieses Gerichtes nicht zu begreifen? Warum wurde sin den fetten Jahren nicht für die mageren vorgesorgt? Götze Mammon!
*
Allgewalt tragender Liebe
Vas ist die wahre Liebe, die immer und immer sich gleich bleibt, wenn man ihr alles gewährt, wenn mau ihr alles versagt. Goethe.
Mau mutz eine neue Religion haben, man dürstet darnach, «an verlangt darnach, aber man wagt es nicht auszusprechen. Was fehlt denn der Welt? Liebe! Viele Menschen behaupten, sie lieben von tiefstem Herze». Aber wer liebt wirklich rein und
«dA? Braun.
So schwer von Reichtum und Früchtesegeu steht ein liebereiches Herz und wartet» ob nicht irgend eine Leere sei, in die es feiue KÄle gieße« könnte, und ist «och dankbar und froh, daß e» wieder Raum gewinnt zu neuen Trieben. Schieber.
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Drin Km mit schenken?
Roman von Georg Hartwig
Anfang
Die Jagd war zu Ende. Sechshundert Hasen und etliches Raubzeug waren zur Strecke gebracht.
Der Förster und seine Gehilfen schritten, die frisch- geschossene Last ordnend, zwischen den Leiterwagen hin und her, während die herrschaftlichen Equipagen mit den geladenen Jagdteilnehmern in hurtigem Trabe Busch und Bruch verließen und aus glatten, windgefegten Wegen dem gastfreien Hause zurollten, dessen Besitzer unter all den plaudernden Insassen der vergnügteste war.
Dünne Nebelschwaden dunsteten von Stamm zu Stamm und feuchteten den Boden.
Der Wagen rumpelte davon.
Quer durch den Hochwald ging ein natürlicher Graben, ein breiter und tiefer Spalt, der sich im Lauf der Jahre mit Haufen vermodernder Blätter halb gefüllt hatte. Dichtes Buschwerk wucherte zu beiden Seiten zwischen den hohen Stämmen, deren Schutz es seine üppige Entwicklung verdankte.
Gegen dieses Buschwerk zu kam, als die Dämmerung Nacht ward, und der Nebel seine grauen Schleier immer tiefer Uber Weg und Steg senkte, ein Mensch dahergejagt, wie ein gehetztes Tier. Keuchend stürzte er vorwärts, blieb stehen, horchte zurück — und jagte wieder weiter. Sein fahles Gesicht erschien um so entstellter unter dem buschigen Haupthaar, als es trotz des kalten Windes von Schweißströmen überflutet war, mit schmutzigem Schweiß, den er zuweilen mit rauher Hand aus den Augen wischte.
Am Erabenrand angelangt, ging ihm der letzte Rest Atemkraft verloren, die höchstgespannten Muskeln versagten jäh, und im Fall beide Arme von sich streckend, stürzte er vornüber in den Graben hinein.
Keilte «euer Roma»!
von Georg Hartwig
WMDuAMHmmtrschenken?
Im Herrenhause von Barnekow waren alle Fenster erleuchtet. Herr von Warnulf, der Besitzer und Jagdherr, hatte in gewagten Reimen und mit schallender Stimme seine Gäste willkommen geheißen und ein Hoch auf den Jagdkönig ausgebracht. Jetzt war nichts mehr zu verstehen vor Scharren und Gläserklingen. Saßen doch die Herren allein bei Tisch, denn die Hausfrau fehlte schon seit Jahren auf Barnekow. So gab's keinen Zwang. „Hör, Warnulf", sagte der Nachbar des Hausherrn, der Amtsgerichtsrat Müllbrich, „tun wir nicht des Guten schon zuviel?"
Warnulf gab ihm einen scherzhaften Stoß in die Seite. „So jung kommen wir ja doch nicht wieder zusammen! Hast du denn heute einen ganzen Hasen zur Strecke gebracht?" setzte er mit gutmütigem Spott hinzu.
„Zwei sogar", sagte der Rat, der eine heftige Leidenschaft für das Weidwerk besaß. „Und ich werde morgen in aller Frühe auf den Anstand gehen, um einen Rehbock zu schießen."
„Ich gebe dir den guten Rat", fiel Warnulf ein, wein- selige Tränen über den Eifer seines Freundes lachend, „leg dich lieber in die Klappe. Wenn du dir aber nach dieser Sitzung durchaus die Beine in den Leib stehen willst, habe ich nichts dagegen. — Hoffentlich", wandte er sich nach seiner anderen Seite, „haben wir Sie nächstes Jahr wieder hier, Graf Brankowan?"
„Höchst wahrscheinlich nicht, mein sehr verehrter Herr von Warnulf", erwiderte Brankowan, ein schlanker Mann mit glänzend schwarzem Haar und bleichem Antlitz. „Ich bin Nomade, mich treibt's doch wieder weiter durch die Welt."
Das Zurückschieben der Stühle verschlang jedes weitere Wort. Im Nebenzimmer reichten die Diener Kaffee und Liköre herum, während der Hausherr seinen Gästen mit gutem Beispiel voranging und sich eine Zigarre anzündete.
Während der Amtsgerichtsrat in der angrenzenden Bibliothek die Zeitungen zur Hand nahm, hörte er mit halbem Ohr nebenan einen Vorschlag fallen, dem ein lachender Beifall entgegenkam.
„Müllbrich", rief Herr von Warnulf in die Tür tretend, „tust du mit? Wir wollen leichtsinnig sein und ein kleines Tempelchen bauen."
„Danke, ich spiele nicht. Aber ein Weilchen werde ich noch zusehen."
„Na, denn zwei Spiele Whistkarten, Fritz!" befahl Warnulf. — „Wer nimmt die Bank? — Na, Graf Brankowan, wie wär's? Als junge Kraft —"
„Ich stehe ganz zu Befehl."
Zu beiden Seiten des Bankhalters und um den Tisch herum zog sich die dichte Gruppe der Spielteilnehmer zu einem Halbkreis zusammen. Das Zimmer war durch Lampen erleuchtet, deren gelbliches Licht in den Rauchwolken zu verschwinden schien.
Und in diesem oertrübten Schein ging der Amtsgerichtsrat, die Hände auf dem Rücken, behaglich auf und nieder, bisweilen kopfschüttelnd stehenbleibend, wenn die Höhe der Einsätze über das Ziel einer anregenden Unterhaltung weit hinausschoß.
„Herr Amtsgerichtsrat", sagte Graf Brankowan lächelnd, als die Schritte hinter ihm immer wieder erklangen, „wenn Sie die Güte haben wollten, nicht ganz so laut hinter meinem Stuhl zu sein, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Ich werde etwas nervös, wie ich soeben merke."
„War in der Tat nicht meine Absicht, Sie zu stören."
Warnulf goß ein Glas Wein ein, um es dem Grafen, der sich hald erhob, hinüberzureichen, und winkte den anderen Herren einladend zu. Brankowan zog, indem er sich dankend wieder setzte, sein Taschentuch aus der Brusttasche und betupfte sich damit seicht die Stirn. Der Rat, im Begriff, sich zu nähern, streifte bei der Wendung die Rechte des Grafen, als sie das weißseidene Tuch in die Brusttasche zurückschob. Plötzlich blieb er stehen, als hätte er ein Gespenst gesehen. Sein Herz tat einen so gewaltigen Schlag, daß er kein Wort der Erwiderung fand.
„Na, Alter", rief Herr von Warnusf ungeduldig, „wird's bald?"
„Ich danke", sagte Müllbrich, hastig abwinkend.
„Fang nur nicht wieder deinen Dauerlaus an. Graf Brankowan hat bis jetzt reichlich Pech gehabt, um nervös werden zu können, auch ohne dein Rennen."
„Es pflegt sich zu bessern, wenn ich dazwischen getrunken habe", meinte der Graf, den Inhalt seiner Brieftasche durchmusternd. „Ich bitte die Herren, zu setzen."
Der Rat stand hinter ihm, ohne den Blick zu wenden. Er sah, wie nach einigen Abzügen plötzlich ein anderer Geist in die Karten zu fahren schien.
„Bub und Dame —"
Brankowan zog die auf dem Buben stehende Summe gleichmäßig ein. Die Karten schlugen bei hohen Einsätzen jetzt fast dauernd zu seinen Gunsten um.
„Ich wußte es vorher", sagte er scherzend. „Es ist mein Schicksal, zu gewinnen. Sonst müßte ich längst daheim meinen Kohl bauen."
Der Rat ging hastig auf Warnulf zu. „Wir sehen uns morgen noch." Er drückte seinem Freund die Hand.
„Willst du wirklich noch nach dem Wasserloch gehen?" frage Warnulf kopfschüttelnd. „Na - wenn du einen Rehbock siehst, sag', ich lass' ihn grüßen!"
Müllbrich trat aufatmend aus der schwülen Rauchluft des Spielzimmers. Der Diener schritt mit brennender Kerze leuchtend vor ihm her den Gang hinauf zu den Fremdengemächern.
„Heute haben sie in der Stadt den Kerl erwischt, der in Warnow die Windmühle in Brand steckte, Herr Amtsgerichtsrat", sagte er, das Licht auf dem Nachttisch anzlln- dend. „Er soll sich wütend gewehrt und einen Polizisten mit dem Messer schwer verwundet haben."
„So - so!" antwortete Müllbrich, zerstreut nach der Uhr sehend. „Es ist wirklich schon ein Uhr vorüber. Das Nicüerlegen lohnt fast nicht mehr."
„Unser Förster hat ihm schon ein paarmal aufgelauert, denn er ist ein ganz gefährlicher Wilddieb. Aber er ist so gerissen, daß ihn keiner erwischen konnte."
„Der Halunke!" sagte Müllbrich, ohne dem Wortschwall des Dieners Beachtung zu schenken.
„Die Hintertür bleibt auf. Herr Amtsgerichlsrat haben oielleichi nachher die Güte, beim Vorbeigehen ans Fenster im Dienerzimmer zu klopfen. Ich komme dann sofort."
„Ich brauche Sie nicht mehr", jagte Müllbrich, seinen warmen Jagdrock anziehend. „Haben Sie vielleicht einen Briefumschlag zur Hand? Ich möchte ein paar Worte schreiben."
„Hier >m Schreibtisch sind welche. — Ich glaube übrigens, dir Herren brechen unten auch schon auf."
Eilfertig verschwand er.
Allein geblieben, öffnete Müllbrich seine Brieftasche, schrieb hastig auf einen der Brieftasche entnommenen Briefbogen mit dem Bleistift einige Zeilen, steckte ihn in einen Umschlag, kleidete sich dann fertig an, warf die Flinte über die Schulter und ging aus seinem Gemach bis ans Ende des Korridors. Dort öffnete er die Tür eines der Gastzimmer, legte den Brief auf den Nachttisch neben