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Nummer 287
Altensteig, Donnerstag, den 15. November 1934
> »7. Jahr,.«,
Ser polnische Botschafter beim Führer
Berlin, 11. Noo. Der Führer und Reichskanzler empfing den zum Botschafter ernannten bisherigen polnischen Gesandten, Herrn Josef Lipski, zur Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens als Botschafter. Im Vorhof des Reichspräsi- dentenhauies erwies eine Ehrenwache dem Botschafter die militärischen Ehrenbezeugungen. Der Botschafter hielt bei lleberreichung seines Beglaubigungsschreibens in polnischer Sprache eine Rede, in der es heißt:
Der Entichlutz der Regierungen Polens und Deutschlands, ihre Vertretungen in beiden Hauptstädten zu Botschaften zu erheben, ist von der öffentlichen Meinung unserer beiden Länder mit Genugtuung ausgenommen worden; er ist ein Ausdruck der günstigen Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren beiden Staaten. Es ist für mich eine hohe Ehre, daß es mir gegeben :st, m meiner neuen Eigenschaft an der Annäherung unserer beiden Völker Weiterarbeiten zu können in der Ueberzeugung, dag dies nicht allein den polnisch-deutschen Interessen, sondern auch Ser Sache des allgemeinen Friedens dienlich ist. Seitdem ich mit der Vertretung der polnischen Regierung bei der Reichsregierung betraut worden bin, habe ich mein ganzes Bestreben darauf gerichtet, die Grundsätze zu verwirklichen, aus denen im Einklang mit der Stellungnahme Eurer Exzellenz, die von meiner Regierung vollauf geteilt wird, die Entwicklung der polnisch-deutschen Beziehungen fugen sollen. Im Lause der vergangenen Jahre ist die praktische Anwendung dieser Grundsätze, die ihren stärksten Ausdruck in der Erklärung vom 26. Januar 1934 gefunden haben, vorwärtsgeschritten und hat positive, für beide Teile günstige Ergebnisse mit sich gebracht. Diese Erklärung hat günstige Voraussetzungen für die Ausnahme der Arbeiten auf den verschiedenen Gebieten der polnisch-deutschen Beziehungen geschaffen zur Vertiefung des guten W'llens und vor objektiven Behandlung der beide Länder betreffenden Fragen. Von den bisher schon erreichten Ergebnissen kann man mit Sicherheit sagen, dag sie zweifellos einen der wichtigsten und vielleicht wesentlichsten der in letzter Zeit in Europa auf dem Gebiete der Stabilisierung des Friedens erzielten Gewinne darstellen.
In voller Würdigung der Wichtigkeit dieser Aufgaben werde ich darnach streben, dag das in dieser Richtung unternommene, durch persönliche, beiderseitige Beziehungen geförderte Werk sich weiter günstig entwickelt und daß in unseren Völkern ein immer besseres, auf gegenseitiger Achtung beruhendes Verstehen weiter wächst.
> Auf dem wirtschaftlichen Gebiet — nach der Aufhebung des seit Jahren in den polnisch-deutschen Umsätzen bestehenden anormalen Zustandes — suchen wir nach weiteren Möglichkeiten in unserem gegenseitigen Warenaustausch. Trotz bestehender Schwierigkeiten,, die ihre Ursache in der gegenwärtigen Krise haben, können Nachbarstaaten in einem Zustand gegenseitigen Verstehens Lösungen finden, die ihren gegenseitigen Interessen entsprechen.
Indem ich Eurer Exzellenz für das mir bisher erwiesene Vertrauen meinen Dank ausspreche, möchte ich zugleich versichern, daß ich gemäß den Weisungen meiner Regierung nichts unterlassen werde, um an der Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern zu arbeiten. Ich habe die Ehre, Eure Exzellenz zu bitten, mir bei der Erfüllung meiner Aufgaben Unterstützung gewähren und mir weiterhin Eurer Exzellenz Vertrauen entgegenbringen zu wollen.
Der Führer und Reichskanzler erwiderte mit folgenden Worten:
„Ich habe die Ehre, aus Ihren Händen das Schreiben ent- gegenzunehmen. mit dem der Herr Präsident der Republik Polen Sie als Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafter bei nnr beglaubigt. Auch ich sehe in der Erhebung der beiden Vertretungen Deutschlands und Polens zu Botschaften ein erfreuliches Zeichen für die glückliche Entwicklung, die die Beziehungen zwischen unseren Ländern genommen haben. Der Neugestaltung dieser Beziehungen, die sich auf den übereinstimmenden Einschuß der deutschen Regierung «nd der polnischen Regierung stützt, kommt angesichts der mannigfachen Schwierigkeiten in der gegenwärtigen politischen Lage Europas eine ganz besondere Bedeutung zu Sie hi geeignet nicht nur der Förderung der Interessen der beiden Lander zu dienen, sondern auch ein wichtiger Faktor für die Sicherung des allgemeinen Friedens zu sein. Die bisher schon erzielten Ergebnisse können uns nur bestärken in dem Willen, auf dem eingeschlagenen Wege weiter fortzuschreiten, die Zusammenarbeit auf den verschiedenen Gebieten unserer Beziehungen immer mehr zu vertiefen, um so in gegenseitiger Achtung und in gegenseitigem Verstehen ein festes und dauerhaftes lreundnachbarliches Verhältnis zwischen Deutsch- und Polen zu begründen. Auch auf wirtschaftlichem Gebiete M Deutschland gern bereit, zur lleberwindung der durch die gegenwärtige Krise verursachten Schwierigkeiten das seinige vei- zutragen und den beiderseitigen Warenaustausch nach Möglichkeit zu fördern.
Ich begrüße es, daß Sie. Herr Botschafter, der Sie an der Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen schon so erfolg- N ^"gearbeitet haben, von Ihrer Regierung dazu ausersehen und. sich nun auch in Ihrer neuen Eigenschaft dieser Aufgabe ru
Die eurovSWe Barittlildre
Nttsseabenb beim zweiten
Eoslar» 14. November. Den Auftakt zu den öffentlichen Verhandlungen des Reichsbauerntages bildete am Mittwoch ein Abend für die in- und ausländische Presse, der von dem größten Teil der über 200 in Eoslar erschienenen Pressevertreter besucht war. Im Mittelpunkt des Abends standen die grundsätzlichen Ausführungen des Staatshauptabteilungsleiters Dr. Winter über die Außenhandelsfragen. Das deutsche Bauerntum wolle sich nicht nur am Ausbau der Handelsbeziehungen beteiligen, sondern trete als ein Vorkämpfer für diesen Handel auf. Dr. Winter wies dann auf die deutschen agrarpolitischen Maßnahmen hin, die einen Ausgleich zwischen den Ileber- fchuß- und Vedarfsgebieten Deutschlands, die Festsetzung eines volkswirtschaftlich gerechten Preises erstreben, um dem Bauerntum eine sichere wirtschaftliche Grundlage zu geben. Für Deutschland bleibe die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse ein Bedürfnis. Die Autarkie sei nur eine Waffe in einem Kampf, den Deutschland nicht wünsche, vor dem es aber auch nicht zurückschrecke. Nach dem Grundsatz: „Leben und leben lassen", sei Deutschland bereit, sich am Aufbau des zusammengebrochenen Handels zu beteiligen und den landwirtschaftlichen lleberschuß in dem Maße und der Form aufzunehmen, wie er nach Angabe der Marktrege- lungsbehörden ge- und verbraucht werde. Dafür» daß die ausländischen Bauern in Deutschland Preise erhielten, die auf dem Weltmarkt nicht erzielt werden könnten, sollten
SKWbatierntag ln Goslar
ihre Länder deutsche Jndustriewaren, die als Wertarbeit Weltruf genößen, aufnehmen. Das deutsche Bauerntum wolle also unter Zubilligung eines beträchtlichen Preisunterschiedes, der ein finanzielles Opfer bedeute, eine Erweiterung des Handelsvolumens herbeisiihren, wenn das Opfer und die durch Deutschland geförderte bäuerliche Kaufkraft des Auslandes der gewerblichen Arbeiter- und Angestelltenschaft zugutekomme. An Stelle der schwerfälligen Kompensationssysteme solle der reine Warenaustauschvertrag treten, der zunächst das gegenseitige wertmäßige Handelsvolumen feststelle und die Agrareinfuhr nach Deutschland in den deutschen inneren Markt einordne und ihr die Preisvorteile des deutschen Znnenmarktes gewähre. Also überlasse es ein solcher Vertrag dem einführenden Lande, das nach ganz großen allgemeinen Gesichtspunkten festgelegte Handelsvolumen beliebig auszüschöpfen.
Dr. Winter wies dann darauf hin, daß Deutschland bereits eine ganze Reihe von Verträgen mit Polen, Süd- jlaoien, Lettland, Dänemark, Ungarn, Holland usw. unter dem Gesichtspunkt abgeschlossen habe, dem europäischen und darüber hinaus dem Welthandel neuen Auftrieb zu geben. Das Werk könne nur gelingen, wenn auch die Gegenseite sich zu einer verständnisvollen Zusammenarbeit in dem großen Gedanken der europäischen Bauernidee zusammen- sinde
DKMmktordnWg,KttWegzumfoMenzrte-m
Die geschlossenen Arbeitstagungen des 2. Reichsbauerntages kamen am Mittwoch mit einer gemeinsamen Tagung sämtlicher Beauftragten für die Marktordnung zum Abschluß. Georg Reichart, der Eeneralinspekteur des landwirtschaftlichen Marktwesens, sprach über den Sozialismus in der Marktordnung. Der Liberalismus sei von der Ansicht ausgegangen, daß es dem Ganzen gut gehe, wenn es dem Einzelnen gut gehe, der Marxismus habe die Verstaatlichung der Wirtschaft gewollt, damit jeder das gleiche bekommen könne. Demgegenüber wolle der Nationalsozialismus im Dritten Reich nicht die Vergesellschaftung des Eigentums, sondern ein aus den sittlichen Forderungen der Volksgemeinschaft begründetes Streben für ein gemeinsames Ziel. Bei dieser Auffassung arbeitet der Einzelne nicht für sich, er schaffe vielmehr zusammen mit den anderen Volksgenossen für eine Erhöhung des Lebens- standardes des ganzen Volkes. Dabei seien alle Menschen im deutschen.Lebensraum zu berücksichtigen, einerlei ob sie ein geringes oder ein höheres Einkommen haben. Der Eeneralinspekteur wandte sich dann' den Einwendungen gegen die Marktordnung zu, die bereits dadurch widerlegt seien, Laß aus zahlreichen Gebieten nachgewiesen worden sei, daß gerade das gemeinschaftliche Handeln diejenigen zu höheren Leistungen zwinge, die bisher in schmutzigem Wettbewerb diese Forderung nicht beachtet hätten.
Stabsamtssührer Dr. Reischle gab einen zusammen- fassenden Ukberblick über die geschichtliche Entwicklung der nationalsozialistischen Marktordnung, wobei er hervorhob, daß man hierbei von einem alten nationalsozialistischen Plan ausgegangen sei, der in der Kampfzeit vorbereitet wurde.
Stabsabteilungsleiter Dr. Ludwig Herrmann behandelte die Unterschiede zwischen liberalistischer Wirtschaft, Zwangswirtschaft und Marktregelung. Der Deutsche verstehe unter Freiheit völlige Entfaltung der in ihm wähnenden Kräfte im Rahmen des Wohles der Allgemeinheit. Diesem Ziel dienten die Marktverbände, die alle in einem Wirtschaftsprozeß beteiligten Glieder, vom Erzeuger bis zum letzten Verteiler zusammenfatzten und die Maßnahmen mit den Interessen der Verbraucherschaft in Einklang brachten. Darin liege der grundsätzliche Unterschied zwischen ihnen und anderen Marktverbänden, sowie den einstufigen Kartellen der liberalistischen Wirtschaft. Bis zum Endziel sei noch ein weiter Weg; es werde aber erreicht werden, wenn an des Führers Worte gedacht würde: „Die
wroilien. es,e rönnen llverzeugt sein, daß Sie bei Ihrer Arbeit stets meine Unterstützung und auch die Unterstützung meiner Regierung finden werden."
Auch in Warschau fand mit freundschaftlichem Redewechsel die lleberreichung des Beglaubigungsschreibens des deutschen Bot- schafters Leim polnischen Staatspräsidenten statt
Wirtschaft rettet nicht ein Volk, sondern das Volk muß seine Wirtschaft retten."
Ueber Wirtschaftswerbung, Absatzförderung und Aufklärung sprach Hauptabteilungsleiter Dr. Schwei gart, der als das Ziel bezeichnete, auch den ärmsten Volksgenossen aus dem großen gewaltigen Bauernhof Deutschlands zu ernähren. Dieses große wirtschaftliche und soziale Ziel lasse sich nur durch die Einordnung und freiwillige freudige Mitarbeit aller Wirtschaftsgruppen des agrarwirtschaftlichen Sektors in die Wirtschaftsordnung erreichen. Diese Mitarbeit müsse aus innerster Ueberzeugung kommen. Sie sei eine der wichtigsten Aufgaben, das nationalsozialistische Gedankengut der agrarwirtschaftlichen Ordnung zum Gemeingut zu machen. Die Marktordnung sei als Arbeitsplan für den Einsatz der deutschen Agrarwirtschaft zugleich der Weg zum wahren sozialen Frieden und zur sozialen Gerechtigkeit. Nach dem Gebot des Führers werde unter dem Reichsbauernführer Stein um Stein zu dem Monumentalbau des deutschen Reiches zusammengemauert, dessen sicherstes Fundament bäuerliche Art und bäuerliches Schaffen sei.
«
Neuordnung der SchlachtoiehvrarLte
Goslar» 14. Nov. Au? der Sondertagung der Hauptvereinigung für Schlachtviehverwertung, die unter Leitung des Reichs- kommissars für die gesamte Marktregelung, Freiherrn von Kanne, stattsand, wurden die mit der Wehmarktordnung zusammenhängenden Fragen im Kreise der Bezirksbcauftragten durchgesprochen. Der Hauptabtcilungsleiter im Reichslommissa- riar für Meh-, Milch- und Fettwirtschaft, Dr. Pflaumbaum, ging von den Schwierigkeiten aus, die gerade bei der Vielgestaltigkeit der Viehwirtschaft hier einer einheitlichen Regelung enrgcgenstehen. Bisher seien nur die Eroßviehmärkte in die Marktordnung einbezogen worden, weil diese für die Preisgestaltung ausschlaggebend seien; i» Zukunft müsse aber auch der übrige Viehverkehr erfaßt werden» wenn das Ziel, eine geordnete Marktbelieferung und gerechte Preise, erreicht werden soll. Bezeichnend sei, daß in den letzten Wochen auf manchen Märkte« noch mehr Schweine hätten untergebracht werden können, obwohl die Belieferung in der Stückzahl 8 bis 10 Prozent größer als im Vorjahr war und auch das Gewicht der Einzeltiere höher war. Dies sei eine Folge des durch die Kaufkraftsteigerung eingetretenen stärkeren Fleischverbrauches. Bei freier Wirtschaft würde unter diesen Umständen eine erhebliche Mehrbelastung unausbleiblich gewesen sein, klebrigen» sei es auch auf den Rindermärkten trotz der wesentlich höheren Anlieferungen gelungen, nicht nur den Preisstand bei Beginn der Marktregelung zu erhalten, sondern die Erlöse für den Bauern ebenfalls ohne Belastung der Verbraucher etwas zu verbessern. Eine weitere Klärung werde durch Abänderung der bisherigen Preisfestsetzung nach reinen Preisklassen in eine solche nach Schlachtwertklassen angestrebt. Immer wieder kam in den Beratungen der Sondertagungen zum Ausdruck, daß die Regelung der Viehwirtschaft nicht von der Preisseite her, sondern durch eine Ordnung der Märkte erzielt werden müsse.