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Nr. 2^3.
Amts und Anzeigeblatt für den Gberamtsbezirk LaLw.
8Y. Jahrgang.
Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im OberamtS- zqtrr ikalw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12Pfg., ßlevamen 2ö Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon S.
-«nrstag, -en 17. Oktober lylsH.
Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post- bezugspreis für den OrtS- und Nachbarortsverkekr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., rn Bayern und Reich 42 Pfg.
MM von dev MWu besetzt. — Die englische AG. — Die Lage ilv MV.
Dom westlichen Kriegsschauplatz.
Die Säuberungsaktion der deutschen Truppen in Belgien ist vollendet. Der konzentrische, von drei Leiten, nämlich dpern, Courtrai und Ecloor angesetzte deutsche Bormarsch trieb die Trümmer der belgischen Armee nach Ostende zusammen, wo diese, wie es scheint, von dem seit Tagen dort liegenden englischen Transportgeschwader ausgenommen wurden. Amtlich wurden gestern mittags aus dem Hauptquartier in lakonischer Kürze gemeldet:
Brügge wurde am 14., Ostende am 15. Oktober von unseren Truppen besetzt.
Nun stehen unsere siegreichen Truppen an der Küste und manches blitzende deutsche Auge wird über das schimmernde Meer hinweg voll Grimm den niederträchtigsten aller unserer Gegner suchen,
England,
dessen verbrecherische Regierung die ruchlose Anzettelung des Kriegs wohl ungeschehen machen möchte. Nun bekommt es England mit der Angst und zieht eine deutsche Invasion
als wahrscheinlich in Rechnung. Der militärische Mitarbeiter der Times beschäftigt sich in zwei Artikeln damit. Im ersten sieht er Englands Lage noch ziemlich hoffnungsvoll an. Er nieint, die Deutschen selbst dürften zugeben, daß die Aussicht auf ein Gelingen gering sei. Die Operationen zu Lande liegen augenblicklich nicht annehmen, daß sie binnen absehbarer Zeit zu einer günstigen Entscheidung für Deutschland führen würden. Die deutschen Führer müßten den Verlust von 50 000 Mann als einen niedrigen Preis schätzen, um die Ausschiffung der übrigen Truppen in England zu sichern. Wesentlich pessimistischer urteilt er im zweiten Artikel. Er schreibt: Wir Mssen erwarten, daß wir in unserem Heimatlande angegriffen werden. Das kann aber nur durch eine Truppenexpedition geschehen. Die Seeverteidigung eines Landes wie England bietet große Schwierigkeiten, nicht nur weil eine große Stärke wegen der ausgedehnten Küsten notwendig ist, sondern weil die britischen Truppen auf dem Kontinent sind und wegen des Mangels eines nationalen Heeres, das nun in der Bildung begriffen ist. Die Gefahr der Unterseeboote hält oft eine große Flotte von ihrem handlungsort fern. Die Zeppeline und Minen legen dem Admiral Jellicos eine große Verantwortung auf. Solange die Deutschen Fortschritte machen, besteht die Möglichkeit, daß Truppen unter dem Schutze älterer Kriegsschiffe an Land setzen können, während die Hauptflotten an anderen Orten im Kampfe sind. Es gibt deutsche Häfen genug, wo eine Viertelmillion Mann schnell eingeschifft werden kann. Umsomehr ist Grund vorhanden, daran zu denken, als der Kampf auf dem Festlande hoffnungslos und anstrengend zu sein scheint, so daß er für die Deutschen fast nicht zu tragen ist. Antwerpens Schicksal zeigt, daß Deutschland sich in einem Gebiet festzusetzen versucht, von wo es einen Schlag gegen England richten kann. Aber das ist nicht Strategie, sondern Abenteuer. Hoffnung auf Glück. Je weniger Chancen Deutschland auf dem Festland hat, umsomehr bereitet es einen Vorstoß gegen England vor, aber umso weniger Wahrscheinlichkeit besteht auch, daß er glückt."
Darin hat die Morning Post recht, wenn sie den engen Zusammenhang zwischen dem kontinentalen Kriegsschauplatz und den deutschen Aktionen gegen England zur See
betont. Der Meinung sind wir längst, daß der Ausgang auf dem französischen Kriegsschauplatz maßgebend für das Schicksal Englands sein wird. Äber ge
rade diese lleberlegung gibt uns die Zuversicht, daß auch die Stunde Englands schlagen wird. Durch die Säuberung Belgiens haben unsere Truppen in Frankreich Rücken und Flanke frei bekommen. Schon wird nach einer Meldung des Nieuwe Rotterdam- s ch e Courant bei Dünkirchen gekämpft. Und von dort ist nicht mehr allzu weit nach Calais. Dieses ist von dem englischen Dover nur 33 Kilometer entfernt. Unsere 42 oin-Mörser aber haben eine Schußweite von 44 Kilometer. Es wird nicht mehr allzu lange dauern, dann ist der englische Kanal durch deutsche Mörser gesperrt. Deutsche Granaten werden auf englischen Boden vom Kontinent herüber geschleudert werden und dort Unheil anrichten; das Axiom von der „splendid isolation" Englands gehört der Vergangenheit an.
Was nun
unsere Lage auf dem Kontinent
anlangt, so steht es darum jedenfalls unendlich besser als um die des Dreiverbandes, militärisch, organisatorisch und moralisch. Das muß sogar eine uns sonst nicht allzu freundlich gesinnte ausländische Presse zugestehen. So erklärt der militärische Mitarbeiter der „Mailänder Ztg." Sera, der Kölnischen Zeitung zufolge, die Verbündeten hätten keine Truppen mehr zur Verfügung. England könne keine Kontingente mehr in Frankreich landen und erwarte nur noch, daß die anderen sich aufreiben. — Und ein Brief des Corriere della Sera schildert laut Berliner Tageblatt den großartigen Enthusiasmus der deutschen Truppen und schließt mit dem Satz: Wir gewannen den Eindruck, daß Deutschland noch über unermeßliche Reserven und Hilfsmittel verfügt.
Ueber die Kämpfe
in Frankreich
urteilt die Morning-Post: „Die Kämpfe sind sehr ernst. Es gibt Zeiten, wo die Deutschen Terrain zu gewinnen scheinen, aber im ganzen bleiben die Stellungen die gleichen." Die in letzter Zeit an der deutsch-französischen Front etwas schleppend gewordenen Kämpfe scheinen nun wieder energisch ausgenommen zu werden. Amtlich wird gemeldet:
Heftige Angriffe der Franzosen in der Gegend nordwestlich Reims wurden abgewiesen.
Die über den
östlichen Kriegsschauplatz
vorliegenden Meldungen besagen, daß die deutschösterreichische Offensive an der Weichsel und in Galizien guten Fortgang nehmen. Bei Warschau tobt, wte chson berichtet, eine große Schlacht, die österreichischen Angriffe auf die von den Russen neu bezogenen Feldbefestigungen in der Linie Stary-Sambor-Me- dyka sind erfolgreich. Ein neuer bis nach Ostpreußen vorgetragener Angriff der Russen, mit dem die Russen unsere linke Flanke beunruhigen wollten, scheiterte. Amtlich wird gemeldet:
Die Russen versuchten am 14. Okt. sich wieder in den Besitz von Lyck zu setzen. Die Angriffe wurden zurückgewiesen. 8llv Gefangene, ein Geschütz und drei Maschinengewehre fielen in unsere Hände.
(W.T.B.) Wien, 16. Okt. (Nicht amtlich.) Die Blätter verzeichnen mit lebhafter Genugtuung die Zurückweisung der acht russischen Armeekorps in der Linie Jwangorod-Warschau durch die deutschen Truppen und das Erscheinen der Deutschen vor Warschau. Das „Deutsche Volksblatt" sagt: Das ist nach Lage der Sache ein ungeheurer Erfolg, der die gemeinsamen Operationen unserer und der deutschen Armeen in außerordentlich günstigem Sinn beeinflussen muß.
Der siegaekrönte Generaloberst v. Hindenburg hat mit diesem neuen auf einer außerordentlich ausgedehnten Front mit riesigen Heeren errungenen Sieg sich einen neuen unverweltlichen Lorbeer um die Heldenstirne gewunden. — Mit besonderer Bezugnahme auf die Operationen gegen Warschau schreibt das „Fremdenblatt": Das große weltgeschichtliche Drama, das unser Geschlecht jetzt miterlebt, ist bei einem neuen Akt angelangt: Er heißt: Befreiung von Warschau! Warschau mag als Symbol für den Berzweif- lungskampf gelten, den die russischen Polen für die Erhaltung ihrer Nationalität kämpfen. Warschau ist heute noch eine Metropole des polnischen Genius. Es wird gewiß mit Freude die Kunde vernehmen, daß der Ritter aus der moskowitischen Sklaverei vor den Toren der Stadt steht. Die Tatsache kann nicht verfehlen, überall den tiefsten Eindruck hervorzurufen. Jetzt winkt dieser Stadt die Hoffnung, aus langer Sklaverei befreit zu werden. Nicht russische Truppen stehen vor der Hauptstadt des ehemaligen Königreichs Polen. Der Traum, den Generationen erfolglos geträumt haben, scheint endlich in Erfüllung gehen zu wollen.
(W.T.B.) Budapest, 16. Okt. Der „Pester Lloyd" veröffentlicht einen Artikel von militärischer Seite über die zweite Phase des Feldzugs gegen Rußland, in dem es heißt: Unsere Armeen stehen nun an der Strombarriere des San und der Weichsel, schließen hier auf und bereiten den Uebergang in möglichst rascher Front vor. Im Süden ist Przemysl wichtiger Brückenkopf, der die Entfaltung starker Kräfte in dem Vorgelände von Lemberg erleichtert. Das Vorgehen aus den Karpathen drückt auf die südliche Flanke der russischen Aufstellungen westlich Lemberg. Wir dürfen erwarten, daß diese Bewegungen unserer Heere nicht ins Stocken kommen. Die günstige Rückwirkung auf die Lage in Polen wird sich dann un- verweilt einstellen. Nun hat die Südgruppe der verbündeten Heere das Fortschreiten der Nordgruppe zu erleichtern, denn dort harren der vereinigten Streitkräfte recht schwierige Aufgaben. Erbitterte Kämpfe an der mittleren Weichsel künden den Beginn einer großen Schlacht an.
(W.T.B.) Wien. 15. Okt. (Nicht amtl.) Amtlich wird verlautbart am 15. Ott. mittags: Gestern eroberten unsere Truppen die befestigten Höhen von Staresol. Auch gegen Stary und Sambor gewannen unsere Angriffe Raum. Nördlich von Strwicz haben wir eine Reihe von Höhen bis zur Südostfront von Pzemysl in Besitz. Am San, flußabwärts der Festung, wird gleichfalls gekämpft. Unsere Verfolgung des Feindes über die Karpathen hat Wyszkow und Skolo erreicht. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: von Höfer, Generalmajor.
Rujfiche Naivität.
(W.T.B.) Wien, 15. Ott. Aus dem Kriegspressequartier wird amtlich gemeldet: Am 2. Okt. um 3 Uhr nachmittags wurde bei dem Festungskommando in Przemysl folgender an den Kommandanten der Festung gerichteter und durch einen Parlamentär überbrachte Brief präsentiert: Herr Kommandant! Das Glück hat die K. K. Armee verlassen. Die letzten erfolgreichen Kämpfe unserer Truppen haben mir die Möglichkeit, gegeben, die Ew. Exzellenz anvertraute Festung Przemysl zu umringen. Irgend welche Hilfe für sie von außen halte ich für unmöglich. Um das unnütze Blutvergießen zu vermeiden, finde ich es jetzt zur rechten Zeit, Ew. Exzellenz die Uebergabe der Festung vorzuschlagen, d-a es in diesem Fall möglich ist, für Sie und die Garnison ehrenvolle Bedingungen beim allerhöchsten Oberkommando zu erbitten. Falls