Truppen befinden sich im Fortschreiten. Unsere Truppen stehen vor Warschau. Ein mit! etwaachtArmeekorps unternommener russischer Vor st oh wurde auf der ganzen Linieunterschweren Vertu st en für die Russen zurückgeworfen. Die in russischen Zeitungen verbreiteten Berichte über erbeutete deutsche Geschütze entbehren jeder Begründung.
Der „Vossischen Zeitung" wird über Kopenhagen gemeldet: Aus Petersburg wird auf dem Umwege über London berichtet: Line große Schlacht findet zwischen Jaroslaw und Warschau statt. Die Deutschen stieben mit den Russen auf dem linken Weichselufer zusammen. Der Kampf hat vor drei Tagen begonnen und wird wahrscheinlich Wochen, vielleicht Monate dauern. Augenscheinlich ist das deutsche Zentrum im Feuer. In dem amtlichen russischen Bericht wird Jawornik als Ende des russischen Angriffs genannt. Daraus geht hervor, daß die Russen sich während der Kampfpause in den letzten Wochen von der Krakauer Gegend bis 35 Kilometer westlich Przemysl zurückgezogen haben. In Warschau hört man schon Geschützdonner von Süd und West.
(W.T.B.) Wien. 14. Okt. (Nicht amtl.) Amtlich wir verlautbart: An der Linie Stary-Sambor- Medyka sind befestigte Stellungen des Feindes, lln sere Truppen greifen an. Diese Kämpfe nehmen an Ausdehnung zu. In den Karpathen nahmen wir Toronya nach viertägigen Kämpfen und verfolgen die Russen gegen Wyskow. Kleinere erfolgreiche Gefechte mit zurückgehenden feindlichen Abteilungen fanden auch im Vissontale statt. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: o. Höfer, Generalmajor.
(W.T.B.) Berlin. Daß die Russen die Belagerung von Przemysl aufgehoben Haben, hat wie gemeldet wird, den Zweck, den deutsch-österreichischen Truppen gegenüber eine strategische Stellung einnehmen zu können. Offenbar soll die befestigte Linie Stary-Sambor-Medyka Lemberg vor einem Angriff durch die befreite Besatzung von Przemysl von Westen her decken.
Von den Neutralen.
Das heiße Ringen des Dreiverbandes um die Seele der Neutralen ist bisher ohne Erfolg gewesen und wird es bleiben. Drei Gründe waren für die Entschließungen der Neutralen bestimmend: Die deutschen wuchtigen Waffenerfolge, die durch den Krieg offenkundig gewordene Ohnmacht Englands, das die irregeleiteten Belgier nicht retten konnte nud endlich die durch den Verlauf des Krieges und
die deutsch-österreichischen Enthüllungen über die englische Staatsmoral wachsende Erkenntnis, daß die Grundlagen der englischen Politik absolute Skrupellosigkeit und Heuchelei sind.
In Italien spürt man, was für die Zwingherrn von Malta, Gibraltar und Port Said die Existenz der deutschen Flotte bedeutet. Englands Flottenmacht liegt gefesselt in der Nordsee; nicht ein einziges weiteres Geschwader großer Schiffe kann England mehr von dort ins Mittelmeer entsenden. Außerdem ist inan sich dort klar, daß eine Niederlage Deutschlands das für Italien so nötige Gleichgewicht im Mittelmeer endgültig zerstören würde. Tatsache ist, daß auch bei zweifelhaften Neutralen realpolitische Erwägungen an Stelle unklarer Stimmungen und Gefühle getreten sind und sie zur Beibehaltung der Neutralität bestimmten.
Freilich kostet
auch die Neutralen der Krieg außerordentliche Opfer.
Sehr schwer leidet auch Amerika unter dem Krieg. Es beginnt „kriegsmüde" zu werden.
(W.T.B.) London, 14. Okt. (Nicht amtlich.) Die „Morning-Post" meldet aus Washington: In den Vereinigten Staaten wächst die Stimmung für einen baldigen Friedensschluß, weil die Vereinigten Staaten vom Kriege so stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Die „Newyork Times" schreibt: Unser Außenhandel ist zum großen Teil vernichtet, unser Innenhandel gedrückt, unsere Finanzen sind in Unordnung, unsere Börsen geschlossen. Wir protestieren ernstlich dagegen, daß uns so schwere Zeiten auferlegt werden.
Von der „Nordd. Allg. Ztg." wird den Neutralen
eine warme Anerkennung
zuteil.
(W.T.B.) Berlin, 15. Okt. (Nicht amtlich.) Die „Nordd. Allg. Zeitg." schreibt: Der von England ruchlos angefachte Krieg lastet nicht bloß auf den unmittelbar kriegführenden Völkern, er drückt auch mit Härte auf die Neutralen. Die militärische Machtentfaltung zum Schutz ihrer Neutualität beraubt sie in ihrem wirtschaftlichen Leben daheim vieler schaffenden Kräfte und ihr auf einen regen Verkehr mit dem Ausland gestellter Handel und Wandel wird nicht blos durch den Kriegszustand an sich, sondern z. T. noch durch Unbilligkeiten getroffen, die ihnen wegen der Wahrung ihrer Neutralität angetan werden. Es genügt, an die von England versuchten oder ausgefllhrten Schikanen zu erinnern. Zu den Kosten und Verlusten, die dergestalt der Krieg den Neutralen auferlegt, treten die Aufwendungen und Bemüh
ungen, die sie amtlich und privat in dankenswerter Weise im Dienste der Menschlichkeit leisten. Man denke daran, wie sich in diesem Punkt z. B. Amerika betätigt, vornehmlich auch, wie hochherzig Holland die Schweiz und die skandinavischen Reiche sich sofort des Stromes hilfsbedürftiger Flüchtlinge und der Ausgetriebenen aller Nationen annahmen, die der Kriegssturm über ihre neutralen Grenzen führte. Eben jetzt wieder hat Holland durch die Belagerung und den Fall von Antwerpen, durch die Fürsorge für die große Menge der vorher geflüchteten bürgerlichen Bevölkerung und die nachher übergetretenen Besatzungstruppen eine neue schwere Last an verantwortlicher Mühsal und mildtätiger Hilfe aufgebllvdet erhalten. Es ist recht und billig, da wir in unserer eigenen harten Kriegsavbeit nicht verabsäumen, den Blick voller Achtung und Bewunderung auch auf jene Neutralen zu richten, die zwar klein an Volkszahl, aber groß an Opserwilligkeit sind und an menschlichem Edelmut, den sie in diesen Tagen, wo die Völker auf Herz und Nieren geprüft werden, wohltuend bekunden. _
Der Reichskanzler in Brüssel.
(W.T.B.) Brüssel, 14. Okt. (Nicht amtlich.) Der Reichskanzler von Bethmann Hollweg ist in Begleitung des Chefs des Zivilkabinets des Kaisers, von Valentini, des Gesandten von Treutler und des Botschafters von Nutius heute mittag hier eingetroffen.
China protestiert.
Nach einer Meldung des Londoner Daily Telegraph haben japanische Vorposten am 7. Oktober Tsianfu, den Endpunkt der Schantungbahn besetzt und das gesamte dort vereinigte rollende Material beschlagnahmt. Wie nun der Franks. Ztg. aus Wien berichtet wird, brachte der chinesische Gesandte dem dortigen Ministerium des Aeußern einen von der chinesischen Regierung an ihre Vertretungen im Ausland gerichteten Zirkularerlaß zur Kenntnis, in dem Protest gegen die Besetzung der Eisenbahn Kiautsch au-Tsianfu durch Japan und England erhoben wird.
Freiwillige Skiläufer vor!
(W.T.B.) Berlin. In Bayern wird ein Aufruf zur Bildung eines freiwilligen Skiläuferkorps erlassen. Dieses würde bei einem etwaigen Winterfeldzug wertvolle Kriegshilfe zu leisten haben.
(W.T.B.) Berlin. Die englische Presse beschäftigt sich eifrig mit der Möglichkeit eines Angriffs der Zeppeline auf London. Die Versicherungsprämien sind seit dem Fall Antwerpens fast verdoppelt worden.
Der Bruch der belgischen Neutralität durch England und Belgien.
Wir bringen nachstehend die bereiis gestern in Bezug genommenen Enthüllungen der „Nordd. Allg. Ztg." im Wortlaut.
Durch die eigenen Erklärungen Sir Edward Greys ist die Behauptung der englischen Regierung bereits als unhaltbar erwiesen, daß die Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutschland das Eingreifen Englands in den gegenwärtigen Krieg veranlaßt hat. Das Pathos sittlicher Entrüstung, mit dem der deutsche Einmarsch in Belgien von englischer Seite zur Stimmungsmache gegen Deutschland bei den Neutralen verwertet worden ist, findet eine neue und eigenartige Beleuchtung durch gewisse Dokumente, die die deutsche Heeresverwaltung in den Archiven des belgischen Generalstabs in Brüssel aufgefunden hat. Aus dem Inhalt einer Mappe, die die Aufschrift trägt: Intervention Anglaise en Belgique" geht hervor, daß schon im Jahre 1906 die Entsendung eines englischen Expeditionskorps für den Fall eines deutsch-französischen Krieges in Aussicht genommen war. Nach einem Vorgefundenen Schreiben an den belgischen Kriegsminister vom 10. April 1906 hat der Chef des belgischen Generalstabs mit dem damaligen englischen Militärattachö in Brüssel, Oberstleutnant Barnardiston, auf dessen Anregung in wiederholten Beratungen einen eingehenden Plan für gemeinsame Operationen eines englischen Operationsheeres von 100 000 Mann mit der belgischen Armee gegen Deutschland ausgearbeitet. Der Plan fand die Billigung des Chefs des englischen Generalstabs Generalmajor Grierson. Dem belgischen Gene- ralstabe wurden alle Angaben über Stärke und Gliederung der englischen Truppenteile, über die Zusammensetzung des Expeditionskorps, die Ausschiffungspunkte, eine genaue Zeitberechnung für den Abtransport und dergleichen geliefert. Auf Grund dieser Nachricht hat der belgische Generalstab den Transport der englischen Truppen ins belgische Aufmarschgebiet, Unterbringung und Ernährung dort eingehend verarbeitet. Bis in alle Einzelheiten ist das Zusam
menwirken sorgfältig ausgearbeitet worden. So sollte der englischen Armee eine große Anzahl Dolmetscher und belgische Gendarmen zur Verfügung gestellt und die nötigen Karten geliefert werden. Selbst an die Versorgung englischer Verwundeter war bereits gedacht worden. Dünkirchen, Calais und Bou- logne waren als Ausschiffungspunkte der englischen Armee vorgesehen. Von hier aus sollte sie mit belgischem Eisenbahnmaterial in das Aufmarschgebiet gebracht werden. Die beabsichtigte Ausladung in französischen Häfen und der Abtransport durch französisches Gebiet beweist, daß den englisch-belgischen Vereinbarungen solche mit dem französischen Generalstab vorausgegangen waren. Die drei Mächte haben die Pläne für ein Zusammenarbeiten der „verbündeten Armeen", wie es im Schriftstück heißt, genau festgelegt. Dafür spricht auch, daß in den Geheimakten eine Karte des französischen Aufmarsches vorgesunden worden ist. Das erwähnte Schreiben enthält einige Bemerkungen von besonderem Interesse. Es heißt dort an einer Stelle: Oberstleutnant Barnardiston habe bemerkt, daß man zur Zeit auf die Unterstützung Hollands nicht rechnen könne. Er habe ferner vertraulich mitgeteilt, daß die englische Regierung die Absicht habe, die Basis für den englischen Verpflegungsnachschub nach Antwerpen zu verlegen, sobald die Nordsee von allen deutschen Schiffen gesäubert sei. Des weiteren regte der französische Militärattache die Einrichtung eines belgischen Spionagedienstes in der Rheinprovinz an. Das Vorgefundene militärische Material erfährt eine wertvolle Ergänzung durch einen ebenfalls bei den Geheimpapieren befindlichen Bericht des langjährigen belgischen Gesandten in Berlin, Baron Greindl, an den belgischen Minister des Aeußern, in dem mit großem Scharfsinn die dem englischen Angebot zugrundeliegenden Hintergedanken enthüllt werden und in dem der Gesandte auf das Bedenkliche der Situation hinweist, in die sich Belgien durch eine einseitige Parteinahme zugunsten der Ententemächte begeben habe. In dem sehr ausführlichen Bericht, der vom 23. Dezember 1911 datiert ist, und dessen vollständige Veröffentlichung Vorbehalten bleibt, führt Baron Greindl auf, der ihm mitgeteilte Plan des belgischen Generalstabs für die Verteidigung der betzischen Neutralität in
einem deutsch-französischen Kriege beschäftige sich nur mit der Frage, was für militärische Maßnahmen für den Fall zu ergreifen seien, wenn Deutschland die belgische Neutralität verletze. Die Hypothese eines französischen Angriffs auf Deutschland durch Belgien habe aber gerade soviel Wahrscheinlichkeit für sich. Der Gesandte führt dann wörtlich folgendes aus: „Von der französischen Seite her droht die Gefahr nicht nur im Süden von Luxemburg, sie bedroht uns auf unserer ganzen gemeinsamen Grenze. Für diese Behauptungen sind wir nicht nur auf Mutmaßungen angewiesen, wir haben dafür positive Anhaltspunkte. Der Gedanke einer Ilmfassungsbewegung von Norden her gehört zweifellos zu den Kombinationen der Entente Lordiale. Wenn das nicht der Fall wäre, so hätte der Plan, Vlissingen zu befestigen, nicht ein solches Geschrei in Paris und London hervorgerufen. Man hat dort Len Grund gar nicht verheimlicht, aus dem man wünschte, daß die Schelde ohne Verteidigung bleibe. Man verfolgte dabei den Zweck, sich bei uns eine Operationsbasis für eine Offensive in der Richtung auf den Niederrhein und Westfalen zu verschaffen und uns dann mit fortzureißen, was nicht schwer gewesen wäre, denn nach Preisgabe unseres nationalen Zufluchtsortes hätten wir durch unsere eigene Schuld uns jeder Möglichkeit begeben, den Forderungen unserer zweifelhaften Beschützer Widerstand zu leisten, indem wir so unklug gewesen wären, sie dort zuzulassen. Die ebenso perfiden, wie naiven Eröffnungen des Obersten Barnardiston zur Zeit des Abschlusses der Entente Eordiale haben uns deutlich gezeigt, um was es sich handelte. Als es sich herausstellte, daß wir uns durch die angeblich drohende Gefahr einer Schließung der Schelde nicht einschüchtern ließen, wurde der Plan zwar nicht aufgegeben, aber dahin abgeändert, daß die englische Hilfsarmoe nicht an der belgischen Küste, sondern in den Nächstliegenden französischen Häfen gelandet werden sollte. Hierfür zeugen auch die Enthüllungen des Kapitäns Fa- ber, die ebenso wenig dementiert worden sind, wie die Nachrichten der Zeitungen, durch die sie bestätigt oder in einzelnen Punkten ergänzt worden smd. Diese in Calais und Dünkirchen gelandete engliM Armee würde nicht an unserer Grenze entlang nach Longwy marschieren, um Deutschland zu erreichen, ste