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(rageszatung
Altensteig, Dienstag, den 18. September 1831
Ser Austausch der tugendttKen Arbeitskräfte
GkunbWe für die Auswechslung und Einstellung von Arbeitskräften
Nach der Verordnung des Reichswirtschaftsministers vom 1V, August 1934 über die Verteilung von Arbeitskräften ist der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung allein ermächtigt, die Verteilung von Arbeitskräften, insbesondere ihren Austausch zu regeln. Die Grundgedanken dieser Anordnung sind
1. der Austausch der gegenwärtig beschäftigten Jugendlichen unter 25 Jahren gegen ältere Arbeitnehmer.
2. die Abdämmung des weiteren Zustroms von Jugendlichen auf Arbeitsplätze sür ältere Arbeitnehmer, namentlich Familienväter und -Mütter, die Ernährer ihrer Kinder sind.
Diese Anordnung war notwendig, weil die Altersgliederung der Erwerbstätigen in den letzten Jahren sich so verschoben hat. daß nach den neuesten Zählungen 40 v. H. der Beschäftigten jugendliche Arbeitskräfte unter 25 Jahren sind. Gleichzeitig damit ist in den letzten Jahren ein starker Zug in die Erotzstädie zu verzeichnen gewesen. Die Landflucht wiederum brachte einen kmpsindlichen Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft, während ältere Arbeitskräfte in de» Großstädten außer Arbeit und Brvi standen.
Di« Herausnahme von jungen Arbeitskräften (Arbeiter und Angestellte unter 25 Jahren) sowie die Beschränkung ihrer Einstellung in der Wirtschaft erfolgt unter weitestgehender Berücksichtigung der wirtschaftlichen und soziale» Belange des Einzelnen und der Gesamtheit und nur insoweit, als für die auszuwechselnden Arbeitskräfte andere Unterbringungsmöglichkeiten verfügbar sind
Die Anordnung über die Verteilung von Arbeitskräften:
I. Geltungsbereich (8 1 der Anordnung)
Unter die Anordnung fallen alle privaten und öffentlichen Betriebe und Verwaltungen, die Arbeiter und Angestellte beschäftigen. Wer als Angestellter gilt, regelt sich nach dem Angestelltenversicherungsgesetz. Beamte und Volontäre fallen nicht unter die Anordnung, dagegen aber auf Privatüienstvertrag an- gestellte Personen (z. B. auch Angestellte bei Behörden).
Ausgenommen sind Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, soweit in der Anordnung nichts anderes bestimmt ist, Haushaltungen (auch im weiteren Sinne) und die Schiffe der See-, Vinnen- und Luftschiffahrt.
Im übrigen fallen Betriebe (Verwaltungen) jeder Größe unter die Anordnung, auch wenn nur ein Arbeiter beschäftigt wird. Die Bestimmungen finden jedoch keine Anwendung auf Beschäftigungsverhältnisse zwischen dem Führer des Betriebs (Verwaltung) und dessen Ehegatten und Verwandten in aufsteigender oder absteigender Linie (Kinder, Eltern, Voreltern).
II Austausch von Arbeitsplätzen
1. Grundsätze (§ 2 der Anordnung). Zum Zwecke des Austausches von jügneren Arbeitskräften (Arbeitern und Angestellten) ist zu dem von dem Präsidenten der Reichsanstalt bestimmten Zeitpunkt von jedem Führer eines Betriebs (Verwaltung) die Zusammensetzung seiner Gefolgschaft zu prüfen. Durch die Prüfung soll festgestellt werden, ob der Anteil der Arbeiter und Angestellten unter 25 Jahren gegenüber der Gesamtbelegschaft nicht so groß ist, daß auch bei voller Berücksichtigung der betriebstechnischen und wirtschaftlichen Erfordernisse ein Austausch von jüngeren Arbeitskräften gegen ältere vorgenommen werden kann. — Betriebstechnische Erfordernisse liegen z. B. bei der
Besetzung von Arbeitskräften vor, bei denen bestimmte Handfertigkeiten verlangt werden, die nur jugendliche oder weibliche Arbeitskräfte besitzen Zu den Erfordernissen des Betriebs (Verwaltung) gehört auch die Sicherstellung des unentbehrlichen Nachwuchses an ordnungsmäßig ausgebildeten Facharbeitern und Angestellten.
2. Verfahren (8 3 Abs. 1 und 2 der Anordnung). Wichtig für alle Führer von Betrieben und Verwaltungen!
a) Die obenbesagte Prüfung ist in allen Betrieben (Verwaltungen) erstmalig im Laufe des Monats September 1934 durchzuführen Das Ergebnis dieser Prüfung, sowie der in der Folgezeit angeordneten weiteren Prüfungen (welche jedoch nur höchstens halbjährlich statfinden sollen), ist für eine Nachprüfung durch die Arbeitsämter vom Führer des Betriebs (Verwaltung) schriftlich festzulegen und auf Verlangen dem für den Betrieb bezw. für die Abteilung oder Filiale des Betriebs zuständigen Arbeitsam! oorzulegen. Soweit bei den Betrieben (Verwaltungen) ein Vertrauensrat gebildet ist. ist die Prüfung vom Betriebsführer gemeinsam mit diesem vorzunehmen. Die Verantwortung liegt allein beim Betriebsführer.
b) Die Führer solcher Betriebe (Verwaltungen), für die ein Vertrauensrat nach dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit zu bilden ist, d. h. Betriebe (Verwaltungen), die regelmäßig mindestens 20 Personen beschäftigen, sind verpflichtet, das Ergebnis der Prüfung dem Arbeitsamt bis zum 1. Oktober 1934 zu melden Für die Meldung an das Arbeitsamt ist ein Formblatt (Ap 1) zu verwenden, das in den nächsten Tagen von den Arbeiisämtern den Betrieben zur Verfügung gestellt wird. In dem Vordruck ist die zahlenmäßige Stärke der Gesamtbelegschaft und der Arbeitskräfte unter 25 Jahren nach Geschlechtern getrennt, anzugeben die zur Zeit der Prüfung in dem Betrieb (Verwaltung) tätig waren. Außerdem ist eine Erklärung abzugeben. in welchem Umfange und in welchem Zeitraum ein Austausch von Arbeitskräften vorgenommen werden soll. Der Vordruck ist in doppelter Fertigung an das Arbeitsamt zurückzugeben. Der Einfachheit halber werden die beiden Fertigungen zusammenhängend als ein Stück geliefert. Sofern ein Betrieb (Verwaltung) mehrere örtlich oder betriebstechnisch voneinander getrennte Abteilungen hat, sind die Mitteilungen für jede dieser Abteilungen gesondert zu machen und bei dem für die einzelnen Abteilungen oder Filialen örtlich zuständigen Arbeitsamt ein- zureichen.
3. Die Durchführung des Austausches.
a) Vom Austausch ausgenommen« Personengruppen (8 1 der Anordnung).
Bei der Prüfung, ob und welche Arbeitskräften unter 25 Jahren für einen Austausch gegen ältere in Frage kommen, sind folgende Perfonengruppen unter 25 Jahren außer Betracht zu lassen:
1. Verheiratete männliche Arbeiter und Angestellte. (Verheiratete weibliche Arbeitskräfte unter 25 Jahren sind von der Freimachung von Arbeitsplätzen nicht auszunehmen.)
2. Arbeiter und Angestellte, die durch ihren Arbeitsdienst zur Unterhaltung von Familienmitgliedern wesentlich beizutragen haben. (Diese Frage wird zunächst vom Betriebsführer im Benehmen mit dem Vertrauensrat geprüft.)
3. Arbeiter und Angestellte, die im Lehrverhältnis stehen oder das Lehrverhältnis erst vor weniger als einem Jahr beendet haben.
Urheberschutz L. Ackermann, Romanzentrale Stuttgart
24)
„And heute..." Wladko unterbrach sich, befremdet über ihr teilnahmsloses Schweigen. Erst jetzt bemerkte er, wie blaß sie war.
„Margaret — was ist dir ? Bist du krank?" fragte er erschrocken. Sie versuchte zu lächeln, obwohl ihr Gesicht sich schmerzvoll verzog.
„Es ist nichts, Lieber... bloß... ich meine, du solltest Jula um Frau Kovacic schicken_"
„Margaret_?"
„Ja... ich glaube... es wird nun ernst..." nickte sie mit Anstrengung.
Da vergaß er alles, was ihn bisher beschäftigt hatte, in der Sorge um sie. Er eilte hinaus, um dem Mädchen seine Befehle zu erteilen. Vor allem die Kovacic! Dann fernen Bruder verständigen und Frau Erahornig holen
.„aber rasch, nur rasch! In zehn Minuten müssen Sre wieder da sein, Jula!"
Das Mädchen flog. Wladko aber kehrte zu Margaret zuruck, nahm sie m die Arme und sprach ihr zärtlich zu, wre eine Mutter ihrem Kind.
Aber seltsam — so glücklich sie seine Zärtlichkeit sonst machte, diesmal irrten ihre Augen angstvoll über ihn hinweg in die Ferne. Die Mutter... wo war sie in dieser Stunde, da die Seele des jungen Weibes sich in banger Sehnsucht nach ihr verzehrte?
Nie seit dem Bruch halte Margaret die völlige Trennung von den Ihren so schmerzlich, so fürchterlich empfunden wie jetzt.
„Mama ... ich möchte zu Mama.. rgng V sich
immer wieder von ihren blassen Lippen.
Und der Mann an ihrer Seile fühlte erschüttert, daß nichts — weder er, noch seine ganze Liebe — Margaret in dieser Stunde die Mutter ersetzen konnte. Bange Stunden folgten; wie ein schwerer Alp lagen sie auf dem Mann. Aus dem Gesumm der nun Kommenden und Gehenden vernahm er von Zeit zu Zeit
immer wieder, immer schmerzlicher das „Mama_
liebe Mama".
Wie der Klageruf eines sterbenden Kindes klang es. Angst und Verzweiflung packten ihn.
Was tun? Sollte er an Frau Halmenschlag telegraphieren, sie beschwören, zu kommen?
Aber zugleich fühlte er das Unmögliche dieses Gedankens. Ehe die Mutter hier sein konnte — wenn sie überhaupt gekommen wäre — mußte alles vorüber sein. Und dann — was sollte die Deutsche hier unter all den Slawen, die ihre Gegenwart nur als Herausforderung empfunden hätten? Auch Margaret hätte bloß gelitten darunter — für die Mutter, für ihn.
Nein, es ging nicht.
Aber war all das nicht Wahnsinn, Unnatur? Mutter und Kind zu trennen, so völlig zu trennen, als hätte der Tod sie geschieden, bloß weil zwei Völker verschiedene Sprachen redeten? Wo blieb die Menschlichkeit?
Er suchte diese Gedanken zu unterdrücken. Sie waren Verrat an seiner Nation. Aber sie kamen wieder und zerrten an ihm und quälten ihn...
Gegen Abend klopfte ihm jemand auf die Schulter.
Er fuhr herum. Sein Bruder Matija stand vor ihm.
„Ich gratuliere! Ein strammer Junge! Es ist alles glücklich vorüber."
„Und Margaret?" fragte Wladko hastig.
„Alles normal, keine Gefahr. Du kannst jetzt auf einen Augenblick zu ihr, dann mutz sie schlafen."
Matija entfernte sich. Wladko, der ganz verges- sev hatte. M zv MM. Mute « MÄM N?
4. Arbeiter nnb Angestellte, die nach ehrenvollem Dienst aus der Wehrmacht ausgeschieden sind.
5. Arbeiter und Angestellte, die mindestens ein Jahr im freiwilligen Arbeitsdienst tätig gewesen sind.
6. Arbeiter und Angestellte, die mindestens ein Jahr in der Lanühilfe tätig gewesen sind. Voraussetzung ist eine einjährige Tätigkeit als Landhelfer, nicht landwirtschaftliche Arbeit schlechthin.
7. Arbeiter und Angestellte, die zum Personenkreis der Sonderaktion gehören, und zwar:
a) Angehöriger der SA., SS. und des Nationalsozialistischen Deutschen Frontkämpferbundes (Stahlhelm), soweit sie dieien Verbänden bereits vor dem 30. Januar 1933 nachweisbar angehörten,
b) Mitglieder der NSDAP, mit der Mitgliedsnummer 1 bis 500 000,
c> Amtswalter (politische Leiter), soweit sie bereits vor dem 30 Januar 1933 als Amtswalter (politische Leiter) tätig waren.
b) Ueberprüfung der Meldungen der Betriebssichrer (8 5 der Anordnung). Die Arbeitsämter prüfen die einlaufenden Mel-
, düngen und ziehen nötigenfalls die Wirtfchaftsbehörden. nament- ' lich die zuständigen Gewerbeaufsichtsbeamten zur gutachtlichen Mitwirkung bei. Kommt das Arbeitsamt zu dem Ergebnis, daß der vom Betriebssichrer vorgesehene Austausch den staatspoli- tischen Gesichtspunkten nicht in ausreichendem Maße Rechnung trägt oder liegen sonstige Gründe sür eine andersartige Auffassung des Arbeitsamtes vor, so wird im Wege persönlicher Verhandlungen zwischen Arbeitsamt und Betriebssichrer eine Einigung zu erzielen versucht: bleiben diese ergebnislos, so ist die Auffassung des Betriebssichrere und die Auffassung des Arbeitsamts dem Landesarbeitsamt vorzulegen. Der Präsident des Landesarbeitsamts entscheidet, ob, in welchem Umfange und in welchem Zeitraum in Arbeitsplatzaustaufch vorzunehmen ist. Gegen diese Entscheidung kann der Führer des Betriebs (Verwaltung) innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Präsidenten der Reichsanstalt einlegen. Die Beschwerde hat auffchie- bende Wirkung. Der Präsident der Reichsanstalt entscheidet endgültig.
c) Der Arbeitsplatzaustausch (88 6. 7, 8 der Anordnung). Der auf Grund der Prüfung des Betriebsführers bezw. der Nachprüfung der Dienststellen der Reichsanstalt festgelegte Arbeitsplatzaustausch ist unter Vermeidung unbilliger Härten vom Betriebsführer unter Beachtung der Fristen in die Wege zu leiten (8 6). Er hat sich daher rechtzeitig mit dem zuständigen Arbeitsamt darüber ins Benehmen zu setzen, ob und wann den zur Entlassung kommenden jugendlichen Arbeitern und Angestellten andere offene Arbeitsplätze in der Wirtschaft, besonders in der Landwirtschaft, im freiwilligen Arbeitsdienst oder in der Landhilfe, bei weiblichen Arbeitskräften auch in der Hauswirtschaft, angeboren werden können. Die tarifmäßigen Kündigungsfristen sind einzuhalten: es sind daher gegebenenfalls vorsorgliche Kündigungen auszusprechen. Die Entlassung der auszutauschenden jüngeren Arbeitskräfte darf erst erfolgen, wenn ihre anderweitige Unterbringung sichergestellt ist. Der Austausch darf überdies nicht zur Verminderung der Gefolgschaft führen (8 7).
Die durch den Arbeitsplatzaustausch freigewordenen Arbeitskräfte sollen mit Arbeitslosen, älteren Arbeiter» und Angestellten, namentlich Familienvätern und -Müttern, die Ernährer ihrer Kinder sind, besetzt werden. In erster Linie sind langfristig arbeitslose und auf öffentliche Unterstützung angewiesene Arbeitskräfte zu berücksichtigen (8 8). Der Betriebsführer ist verpflichtet, die zur Besetzung der freigewordenen Arbeitsplätze
Glücksgefühl ohnegleichen zersprengte ihm fast die Brust.
Er hatte sie wieder! Und einen Jungen! Einen gesunden, kräftigen Jungen!
So stark Mila Jeglic gerade in dieser Zeit auch gesellschaftlich in Anspruch genommen war — die serbischen Offiziere weilten immer noch in Laibach — so wenig vergaß sie darüber doch ihre Mission, die ja jetzt erst recht eigentlich begann.
Täglich besuchte sie Margaret und den kleinen Neffen, erkundigte sich um jede Kleinigkeit und überwachte alles, was im Hause geschah, mit Argusaugen. Wladko wurde fast täglich von ihr beiseite genommen und mit Ratschlägen bestürmt. Seine unbegreifliche Nachgiebigkeit Margaret gegenüber regte sie dermaßen auf, daß sie oft alle Beherrschung verlor. War es nicht genug, daß er Margarets Wunsch nachgegeben hatte und aus Graz eine deutsche Pflegerin kommen ließ, obwohl es in Laibach deren genug gab — natürlich slowenische! Nein, er mußte auch noch zustimmen, daß Margaret das Kind selbst nährte! Unter normalen Umständen wäre dagegen ja nichts einzuwenden gewesen. Aber wo sie doch bei jeder Gelegenheit wieder bewies, welch . fanatische" Deutsche sie war!
Was für Gedanken und Emp>inbungen mußte da sein Sohn mit der Muttermilch in sich hineintrinken? Ern richtiger Deutscher würde er so werden!
Mila sagte das in einem Ton, als meinte sie damit Räuber und Mörder. In ihren Augen gab es keine ärgere Schmach, keine größere Gefahr für Wladkos Sohn, als ein Deutscher zu werden. Schon das Blut seiner Mutter rechnete sie ihm insgeheim als Makel an.
Wladko lächelte anfangs darüber. Aber als er die gleichen Gedanken und Befürchtungen, wenn auch nicht so scharf ausgeprägt, ipimer wieder in seiner Umgebung fand — beim Vater, den Geschwistern, Kollegen und Bekannten — wurde er nachdenklich.
(Fortsetzung folgt..