Nr. 230.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Lalw.8Y. Jahrgang
Erscheinungsweise: Smal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Obeiamts- tezirr ikalw fllr die einspaltige Borgiszeile 10 Psg-. außerhalb desselben 12 Psg.. ««Namen W Psg. Schluß sür Jnscratannahme 10 Uhr uornüttagS. Leleson S.
Lrertag, -cn 2. Oktober
Bezugspreis: In der Stadt mit Lrägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich. Post, bczugsprcis fiir den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, in, Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg SO Psg.. in Bayern und Reich 42 Psg.
Amtlich» Bekanntmachungen. K. Oberamt Calw.
Die Herrn Ortsvorsteher
werden mit Bezug auf den im „Staatsairzeiger" Nr. 218 erschienenen Erlaß der K. Ministerien des Innern, des Kircherund Schulwesens und des Kriegs vom 11. vor. Mts.,
ieir. die niilitilrische Vorbereitung der AM uWtud der Kriegsdouer.
ersucht, nach Rücksprache mit denjenigen Herrn, welche bisher schon führend im Dienst der Jugendpflege gestanden haben, sowie mit den Herrn Ortsgeifllichen. Schulvorständen und Lehrern binnen 5 Tagen zu berichten, was zum Zweck der Gründung einer Iugendwehr in ihren Gemeinden geschehen bezw. beabsichtigt ist.
Wo einzelne Oitschasten sür Bildung einer eigenen Iugendwehr zu klein sind, könnten sich di- über 16 Jahre alten Jünglinge mehrerer kleiner Orte zu einer gemeinsamen Iugendwehr zusammenschließcn.
Den 1. Oktober 1914.
Reg.-Rat Binder.
Die Ortsbehörden
haben auf 1. Oktober ds. Is. folgende Verzeichn sse oder je besondere Fehlanzeigen vorzulegen:
1. Sporteloerzeichnis; 2. Steuerlieferungsbericht: 3. Regic- baunachweisungen; 4. Nackweisungen über das nicht gewerbsmäßige Hallen von Reittieren oder Fahrzeugen. Calw, den 1. Oktober 1914.
K. Oberamt: Binder.
Die Schultheitzenämter
wollen sofort hieher berichten, wieviele Mitglieder des Bürgcr-
ausschusses militärisch einberufen sind, oder noch einberufen werden können. Dabei ist auch die Gesamtzahl (Normalzahl) der Mitglieder des Bürgerausschusses anzugeben.
Calw, den 1. Oktober 1914.
Kgl. Oberamt.
Binder.
Bekanntmachung des Medizinalkollegiums, Tierärztliche Abteilung, betreffend Abwehr- maßregeln gegen die Maul- und Klauenseuche.
(1) Während die Maul- und Klauenseuche zurzeit in Württemberg nur in zwei Erenzgemeinden (Marktlustenau, OA. Crailsheim und Hofs, OA. Leulkirch) herrscht, hat die Seuche im übrigen Reichsgebiet eine erhebliche Ausbreitung gewonnen Nach der übereinstimmenden Ansicht des Medizinalkollegiums und der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft sind auch unter den gegenwärtigen Verhältnissen alle Mittel anzuwenden, um den wertvollen einheimischen Viehbestand vor Seucheneinschleppungen zu bewahren, und zwar umso mehr als infolge des weitgehenden Entzugs von Pferden für den Heeresdienst die Verwendung von Rindviehgespannen zur Felderbeslellung in großem Umfang erforderlich ist, wenn nicht die Fortführung vieler landwirtschaftlicher Betriebe in Frage gestellt werden soll.
(2) Im Hinblick auf die gesteigerte Seuchengefahr ist daher die in Abs. 1 Buchst, b der diesseitigen Bekanntmachung vom 12. November 1913 (Staatsanzeiger Nr. 266) ungeordnete Maßregel der fünftägigen polizeilichen Beobachtung von jetzt
ab auf alle von außerhalb Landes, ausgenommen Hohenzollern, eingeführten Wiederkäuer undSchweine (vergl jedoch Abs. 3) mit der Wirkung anzuwenden, daß bei der Einführung der Tiere die vorgeschriebene Anzeige zu erstatten ist und die im Eisenbahnoder Schiffsverkehrs eingeführten Tiere bei dem Entladen der amtstierärztlichen Untersuchung unterliegen.
(3) Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß die polizeiliche Beobachtung nach tz 166 Abs. 3 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 11. Juli 1912, betreffend Ausführungsvorschriften zum Viehseuchengesetz (Reg.-Vl. S. 293), durch das Oberamt des Entladeorts oder Erenzorts für Vieh nachgelassen werden kann, das nachweislich (z. B. Ursprungszeugnis und Frachtbrief) aus seuchenfreien Bezirken stammt, d. h. seinen letzten dauernden Standort in solchen hatte und unmittelbar, also nicht über Märkte oder sonstige ähnliche Vieh-Sammelorte eingeführt wird. Auch kann im Erenzverkehr das Oberamt die Beobachtung von Schlachtvieh für Herkünste aus seuchensreien Nach- barbezirken allgemein Nachlassen. Ferner treten bei Tieren, die unmittelbar einem öffentlichen Schlachthaus oder einem Schlachtvtehhof zugeführt werden, die in Z 166 Abs. 4 der genannten Mini- sterialverfügung bezeichneten Vergünstigungen ein.
(4) Im übrigen bleiben die Bestimmungen der Bekanntmachung vom 12. November 1913 unberührt.
Stuttgart, den 28. September 1914.
N e st l e.
Den Deutschen Waffen winkt naher Sieg!
Siegreiche KSmgse w der Wie. ! Msell im Tml blutig zosmMigebroche«.
Großes Hauptquartier» 2. Ott. (W. T. B.) Am 30. September wurden die Höhen vonj Aoqc und Fresnoy nordwestlich von Noqon den Franzosen entrissen. Südöstlich von St. Mihiel wurde am 1. Oktober der Angriff von Loul her zurückgewiesen. Die Franzosen hatten dabei schwere Verluste.
Der Angriff auf Antwerpen schreitet erfolgreich fort.
Auf dem östlichen Kriegsschauplatz keine Veränderungen.
Kriegsnachrichten.
Berlin. Zu der neuesten Mitteilung des Großen Eeneralstabs schreibt der „Berliner Lokalanzeiger": Eine Entscheidung ist also in der Riesenschlacht noch immer nicht gefallen. Die heftigen Kämpfe auf unserem rechten Flügel dauern an und zwar mit entschiedenem Mißerfolg des französisch-englischen Heeres, das bei Albert, 15 Klm. nordwestlich von Amiens, unter schweren Verlusten zurückgeschlagen wurde. Ebenso erfreulich ist es, daß unsere schwere Artillerie wieder so schnell erfolgreiche Arbeit geleistet hat. Aus den Meldungen, die über die Lage um Antwerpen berichten, geht hervor, daß die Festung von der deutschen Armee mit der an ihr gewohnten Promptheit eingekreist ist.
Die „Post" meint: Bei dem immer erneuten Versuche, unsere Truppen von Westen zu umfassen, leitet die Franzosen offenbar die Absicht, dabei Fühlung mit dem belgischen Heere zu gewinnen.
Die „Kreuzzeitung" hebt hervor, daß die Stellung des Feindes immer ungünstiger wird und alle
Ausfälle blutig und verlustreich zurückgeschlagen worden sind.
In einem von den „Hamburger Nachrichten" mitgeteilten Brief schreibt ein Hamburger Kaufmann: Die Franzosen versuchen aufs äußerste, einen Durchbruch zu erreichen, doch die Deutschen stehen wie Eisen.
Die sogenannten Kulturträger.
Großes Hauptquartier, 30. Sept. Der Generalstabsarzt und Chef des Feldsanitätswesens von Schjerning hat Seiner Majestät folgende Meldung erstattet: Vor einigen Tagen wurde in Orchies ein Lazarett von Franktireurs überfallen. Bei der am 24. Sept. gegen Orchies unternommenen Strafexpedition durch das Landwehrbataillon 35 stieß dieses auf überlegene feindliche Truppen aller Gattungen und mußte unter Verlusten von 8 Toten und 35 Verwundeten zurück. Ein am nächsten Tage aus- gesandtes bayerisches Pionierbataillon stieß auf keinen Feind und fand Orchies von den Einwohnern verlassen. Im Orte wurden 20, bei dem Gefechte am vorhergehenden Tage verwundete Deutsche grauenhaft verstümmelt aufgefunden. Ohren und Nasen waren ihnen abgeschnitten und man hatte sie durch Einfuhren von Sagemehl in den Mund und die Nase erstickt. Die Richtigkeit des darüber aufgenommenen Befundes wurde von zwei französischen Geistlichen bestätigt. Orchies wurde dem Erdboden gleich gemacht.
Die „Emden" kapert unverdrossen weiter.
London, 30. Sept. (Nicht amtlich). Die Admiralität gibt bekannt, daß während der lrtzten Tage der Kreuzer „Emden" im Indischen Ozean die Dampfer „Tumerico", „Kinglud", „Riberia" und „Toyle" weggenommen, in den Grund gebohrt und
ein Kohlenschiff weggenommen hat. Die Bemannungen der Schiffe wurden auf dem Dampfer „Eyfedale", der ebenfalls genommen, aber wieder freigelassen wurde, nach Colombo gebracht, wo sie gestern früh eintrafen.
Kunstschutz.
Brüssel, 30. Sept. (Nicht amtlich.) Bei einer Besichtigung von Mecheln, die heute sofort nach der deutschen Besetzung von mehreren Herren unter Führung des mit dem Schutze der Kunstdenkmäler beauftragten Geh. Rats von Falke vorgenommen wurde, konnte festgestellt werden, daß die hervorragenden Baudenkmäler der Stadt keinen erheblichen Schaden gelitten haben. Nur an wenigen Stellen sind einige Häuser ohne künstlerische Bedeutung durch Artilleriefeuer zerstört worden. Das schöne Haus des Großen Rates mit dem anstoßenden Museum und die Giebelhäuser am Großen Platz haben nicht gelitten. Die hochemporragende Kathedrale ist mehrfach von Artilleriegeschossen getroffen worden. Zwar hatten die deutschen Truppen strikten Befehl erhalten, die Kathedrale zu schonen, doch haben nach Besetzung der Stadt durch deutsche Truppen heute belgische Schrapnells und Granaten die Kirche im Augenblick der Besichtigung durch die Herren der Zivilverwaltung wiederholt beschädigt. Die Bauschäden können ohne große Schwierigkeiten wieder ausgebessert werden. Die ausnahmslos modernen Glasgemälde sind, wie alle Fenster der Stadt durch den Luftdruck zersplittert. Die anderen Kirchen von Mecheln sind unversehrt geblieben. Alle wertvollen Bilder wurden, soweit es sich Nachweisen läßt, vor Besetzung der Stadt entfernt. Die schönen alten Häuser am Kanal blieben unbeschädigt. Der deutsche Stadtkommandant hat strengen Schutz aller Kunstdenkmäler angeordnet.