Weitere Nachrichten.

Militärische und volkswirtschaftliche Kraft.

Berlin, 29. Sept. (Nicht amtlich.) Nach einer Mitteilung des Neichsbankpräsidenten Havenstein in der heutigen Zentrialausschußsitzung der Reichsbank hat der deutsche Geldmarkt in diesen beiden ersten Kriegsmonaten unter allen Ländern verhältnis­mäßig am besten abgeschnitten. Im Gegensatz zu Frankreich und England hat der Geldmarkt keinen Tag lang ausgesetzt. Die Reichsbank dürfe mit Ge­nugtuung auf diese ersten beiden Monate zurück­blicken. Die finanzielle Mobilmachung habe sich außerordentlich bewährt. Reichsbank und Volk könn­ten mit Genugtuung und starkem Vertrauen in die Zukunft blicken. Wir hätten nun auch die Arme frei, um auch die letzte Gefahr, die aus dem Welt­krieg für das Wirtschaftsleben erwachsenden Schwie­rigkeiten und Nöte zu bannen. Wir seien das einzige Volk, das ohne Moratorium auskomme. Ueberall werde zudem viel weniger Kredit in Anspruch ge­nommen als alle Organisationen sich eingerichtet hätten. Selbst die Darlehenskassen hätten in diesen zwei Monaten nur 320 Millionen Mark auszugeben brauchen. Die Begebung der Kriegsanleihe sei ein leuchtendes Bild, würdig der Taten unseres Heeres. Me noch nie hätte sich das kleine Kapital gedrängt, seine Ersparnisse für die Kriegsanleihen därzubrin- gen. Wir seien in 40jähriger intensiver Arbeit stär­ker und reicher geworden, als Neid und Mißgunst unserer Gegner wahr haben wollten. Der weitaus größte Teil unserer wirtschaftlichen Arbeit weit mehr als in England diene dem inneren Ver­brauch und dieser große Markt sei uns voll erhalten worden. Aber auch der Außenhandel sei uns zu einem sehr starken Teil erhalten geblieben. Unsere Aus­fuhr sei im August im Verhältnis weniger zurück­gegangen als die Englands. Das alles gebe uns nicht nur.die Hoffnung, sondern die volle und frist­lose Ueberzeugung, daß wir auch über die wirtschaft­lichen Schwierigkeiten hinwegkommen und während der Dauer des Krieges durchhalten.

Heeressanitätswesen.

Bern, 30. Sept. (Nicht amtlich.) DerBund" bringt einen Artikel über das deutsche Heeressani­tätswesen, der die glänzende deutsche Organisation lobt und die Einzelbehandlung rühmend hervorhebt. Prof, von Oettingens Richtlinien für die chirurgische Tätigkeit in Front, Etappe und Heimat werden an­erkennend besprochen. Der Artikel schließt: Wenn man noch erwähne, daß die deutschen Armeen auch gegenüber jeglicher Seuchengefahr: Typhus. Ruhr, Cholera und Pest ganz vorzüglich gewappnet seien, so erhalte man den Eindruck einer glänzenden bis in die kleinste Einzelheit durchgeführten Organi­sation, in den sich aber auch ein klein wenig Neid­gefühl mische.

Zur Dardanellensperre.

Zur Sperrung der Dardanellen heißt es im Berliner Tageblatt", daß nach Ausbruch des Krieges in der Türkei sehr bald eine entschiedene Sympathie für Deutschland und Oesterreich erkennbar wurde. Aus den neuesten Depeschen ergibt sich, daß eine Situation, über die man bisher nur andeutungs­weise sprechen konnte und die man nur mit Vorsicht erörtern kann, gewissermaßen reif zu werden beginnt.

Der neue Fürst von Albanien.

Zürich, 28. Sept. Wie eine Meldung derKöln. Ztg." aus Mailand besagt, hat nach zweitägigen Verhandlungen der albanische Senat den Sohn des früheren Sultans Abdul Hamid, Vurchan ed Din Effendi, zum Fürsten von Albanien ge­wählt. ^

Mülhausen i. E., 29. Sept. (Nicht amtlich.) Staatssekretär Graf Rödernist in Begleitung des Bezirkspräsidenten Puttkamer zum Besuche der rn den Lazaretten des Oberelsasses liegenden Ver­wundeten und zur Besichtigung der durch die Kämpfe sw Oberelsaß verursachten Schäden eingetroffen. Wine Hilfsaktion ist i n gro ßem Maßstab eingeleitet.

Regennacht im Schützengraben.

(Bon einem Ausmarschierten. 12.13. September)

Nacht tst's in den Schützengräben.

Der Wind pfeift wild von West nach Ost. Feldwebel, mich packt der Schüttelfrost!"

Gott schütze dir Leib und Leben!"

Das Wasser steht hoch im Stiefelschaft:

Der Morgen ist nicht mehr weit.

Nun macht sich ein jeder mit letzter Kraft,

Weil 's sein muß, gefechtsbereit.

Schon donnern die ersten Kanonen auf,

Die Welt wird wach im Alarme ;

Die Mannschaft richtet den Ilintenlauf,

Krampfhaft gestützt auf die Arme.

So lauern wir still in den Morgen hinein,

Noch sind die Franzosen fern

und zitternd fällt es dem Nebenmannn ein:

»Heut ist ja der Tag des Herrn!"

Dr. P.L., Vizefeldwebel d.R

Vermischtes.

Des Königs Gruß.

Bei den Lazarettbesuchen König Ludwigs v o n B >ay e r n in der Pfalz hat sich, wie erst nach­träglich bekannt wird, im Lazarett 3 zu Germers- Heim folgender Vorfall abgespielt, der ein schönes Licht auf die Leutseligkeit König Ludwigs wirft. Der König ging im Lazarett 3 von Bett zu Bett und unterhielt sich freundlich mit jedem einzelnen Ver­wundeten. Die Augen der Krieger strahlten, die Schmerzen waren wie weggeblasen, wenn der König mit liebenswürdigem Lächeln den Braven die Hand reichte und sich erkundigte, wo er sich die Wunden ge­holt habe. So kam er auch an das Bett eines ver­wundeten Kriegers, der gerade eine Feldpostkarte an sein Mlltterlein geschrieben hatte. Schnell legte er sie beiseite, als der König nahte. Schon wollte König Ludwig, nachdem er sich kurz, aber herzlich mit dem Verwundeten unterhalten hatte, weitergehen, da blieb er noch einmal stehen und fragte:Haben Sie irgend einen Wunsch?" Und trotz der Schmerzen setzte sich der wunde Held aufrecht im Bett auf und sagte, ohne zu zögern:Jawohl, Majestät!"Nun?" meinte lächelnd der König. Der Krieger griff nach der Feldpostkarte an sein Mütterlein und sagte treu­herzig:Wenn Majestät unterschreiben wollten? Sie geht an meine Mutter." Und König Ludwig beugte sich nieder und schrieb seinen Namen auf die Karte. In seinem Antlitz aber zuckte es, und als er sich mit einem freundlichen Nicken wegwandte, glänz­ten Tränen in seinen Augen.

Die Umwertung aller Werte.

DieB. Z. am Mittag" veröffentlicht folgenden lustigen Feldpostbrief:... Irgendwo in der Cham­pagne auf dem Acker sitzend, unter großem Radau, verursacht vom Zwiegespräch der Artillerien! Du ahnst nicht, wie kühl einen das läßt. Wir mutzten nach P... auf kurze Zeit in Deckung zurück, bis die Franzosen geworfen waren und wir freie Bahn hat­ten. Und dabei zündet man sich sein Pfeifchen an und macht Witz aus Witz. Und doch denkt man:Gilt sie mir oder gilt sie dir?" Aber sie galt keinem. Ich glaube, die Franzosen schieben schlecht. Dann holt man sein Frühstück hervor Brot, Butter, kalter Hammelbraten, ein Glas Sekt, eine Zigarre legt sich, redet klug oder schreibt Muttern. Es ist 9 Uhr früh, und ich bin seit 1/22 Uhr nachts auf, habe Wachen zu revidieren u.s.w. Ich betrachte vom hygie­nischen Standpunkte den Krieg für mich bisher als eine etwas ausgedehnte Erholungsreise, wie Ihr sie mir ja gewünscht habt. Du schreibst von der Umwer­tung der Werte daheim. Nun erst hier! Es kommen Tage, wo man den Wert in Geld etwa ausdrücken könnte: Eine Flasche Champagner 0,05 ^st. 1 Kom­misbrot 3 Rotwein wird einem über, 1 Zigarre 3 Trinkwasser pro Glas 1 ^st, 1 Bett 33 1

Waschgelegenheit 10 .st, Creme double, das Faß 0,50 ^st, Melonen, das Eros 0,20 ^st, 1 photographischer Apparat (Friedenspreis 40 ^st) 300 -4t, 1 Revolver 1000 °/st, Pfeifentabak das Pfund 5 ^st, Fromage de Brie 12 Stück 0,10 ^st, Butter das Kilo 0,10 ^st.' Ein Stündchen bei Muttern 100 000 000 .st. Heute ist wieder Sonntag, alle Sonntag ist großes Schlachtfest, nur daran merken wir den Wochentag, das Datum. Man weiß nicht, was Tag und Nacht, was gefahrvoll und gefahrlos, was arm und reich ist. Am ärmsten ist, wer einen Sack Dukaten hat, am reichsten, wer Freunde in der Armee hat oder wer ein geschickter Kerl oder der Sprache mächtig ist. ..."

Was die Rvfsenhorden respektieren.

Auf der Hauptstraße in Ortelsburg sind fast alle Häuser, die das Eranatfeuer verschont hatte, von den Russen bei ihrem unfreiwilligen Abzug in Brand gesteckt worden. Fast allein steht unversehrt das Haus des Glasermeisters L. Auf meinen Glück­wunsch erwiederte er:Das hat eine eigene Be­wandtnis. Sehen Sie, das Heiligenbild dort, das ich zum Einrahmen hier hatte, habe ich ins Fenster gehängt, das hat mein Haus beschützt!" Auch der Besitzer des GasthausesStadt Königsberg" in Ra­stenburg konnte sein Haus retten. Er ist ein Na­mensvetter des russischen Generals Rennenkampf, hat aber sonst nichts mit ihm zu tun. Kam da ein wilder Kosak in die Gaststube gestürmt und schickte sich an,ohne Geld zu kaufen". Da schreit ihn der Besitzer auf polnisch an:Ich heiße Rennenkampf. Sofort werde ich's meinemOnkel" melden, daß du plünderst!" Und raus war der Kosak wie der Wind ohne Ware.

Bor wem der Ruß sich am meisten fürchtet.

Russische Gefangene werden gefragt, vor wel­chen Truppengattungen sie die meiste Angst haben. Prompt doch ebenso rätselhaft antwortet ein Hel­ler Bursche:Vor Pruß mit Brett und Pruß mit Kartoffel!" Allgemeines Staunen und Fragen. Endlich die Lösung:Prutz mit Brett" bedeutet Ulan (man denke an die Helmform) undPruß mit Kartoffel" Artillerist!

Den Engländern und Franzosen zur Beherzigung.

Einige Aussprüche Napoleons I.Die moralische i Kraft, mehr als die Zahl, entscheidet den Sieg. i In einem eroberten Lande ist die Gutmütigkeit keine i Menschlichkeit. Wenn man von Menschlichkeit be­sessen ist und immer von Menschlichkeit, muß man > keinen Krieg führen. Ich kenne keinen Krieg mit l Rosenwasser. In Frankreich sind Kleinigkeiten I große Dinge, die Vernunft gilt nichts. Alles in i Frankreich ist der Mode unterworfen. Die Fran­zosen wollen, daß man ihnen den Hof macht. Paris gibt Frankreich seine Gesetze. Paris ist Frankreich. Die Engländer kennen keine höheren Gefühle, für Geld sind sie alle zu haben. Eng­land ist in allen Dingen unersättlich. Es gibt Kabinette, denen nichts heilig ist. Rußland ist von allen Mächten am meisten zu fürchten. Aegyp­ten ist das wichtigste Land der Welt. Wer Aegyp­ten hat, hat auch Indien. Der Orient wartet nur auf einen Mann. Die Lüge geht vorüber, die Wahrheit bleibt. Die Schmähungen gehen vorüber, die Taten bleiben. Die Wahrheit durch­bricht die Nebel, sie leuchtet wie die Sonne. Der Pöbel liebt und achtet nur, die er fürchtet."

Liebessocken für Hindenburg. Die Damen des Königsberger Fernsprech- und Telegraphenamtes ! haben, wie dieOstpreuß. Zeitung" mitteilt, neben dem anstrengenden Dienst immer noch Zeit gehabt, für unsere Truppen Strümpfe zu stricken, die sie paketweise an das Oberkommando der 8. Armee schickten. Den einzelnen Sendungen, denen auch "Schokolade und Zigarren beigefügt waren, wurden oft Verse beigelegt. Für den Sieger von Tannen­berg wurde ein besonders schönes Paket hergerichtet, für das ein Fräulein G. G. folgende Vegleitvers- chen verfaßte:

Dies Paar für Herrn von Hindenburg.

Falls ihm mal selbst die Strümpfe durch Er mag auf deutschen Liebessocken Viel Tausend in die Sümpfe locken Und kann beim großen Russenjagen Die Strümpfe durchs kalte Rußland tragen.

General v. Hindenburg sagte den Spenderinnen auf einer Feldpostkarte:Herzlichen Dank für die schönen Strümpfe, die mir gute Dienste leisten sollen."

Auf me!« Deutschland schirm dein Haus!

Auf, mein Deutschland, schirm dein Haus,

Stelle deine Wachen aus!

Keine Zeit ist zu verlieren.

Schlägt der Erbfeind an das Schwert.

Laß marschieren, laß marschieren.

Daß die Grenze sei bewehrt!

Laß marschieren, laß marschieren.

Daß die Grenze sei bewehrt!

Preußen, zieh dein scharfes Schwert,

Wie's der Blücher dich gelehrt.

Kannst fürwahr den Reigen führen,

Vorwärts" soll die Losung sein!

Laß marschieren, laß marschieren,

Von der Weichsel bis zum Rhein!

Laß marschieren, laß marschieren.

Von der Weichsel bis zum Rhein!

Bayern, Schwaben allzuhauf,

Pflanzt die Bajonette auf!

Mit den deutschen Schlachtpanieren,

Sachsen, Hessen, frisch heran!

Laß marschieren, laß marschieren.

Was die Wehre tragen kann!

Laß marschieren, laß marschieren.

Was die Wehre tragen kann!

Volk an Elb- und Weserstrand,

Mecklenburg, Hannoverland!

Der soll deutsche Kraft auch spüren.

Der den Frieden uns zerbricht!

Laß marschieren, laß marschieren:

Auf, mein Deutschland, säume nicht!

Laß marschieren, laß marschieren.

Auf, mein Deutschland, säume nicht!

Deutschland, so voll Mut und Mark,

Bist du einig, bist du stark.

Recht und Ehre wird dich führen.

Muß es sein, so schlage drein!

Latz marschieren, laß marschieren,

Dann ist Sieg und Friede dein!

Laß marschieren, laß marschieren,

Dann ist Sieg und Friede dein! Heinrich Rüstige.

Landwirtschaftliches.

Stuttgart, 29. Sept. (Mostobstmarkt.) Dem heut. Mostobstmarkt -auf dem Wilhelmsplatz waren etwa 500 Zentner zugeführt. Preis -4t 5. bis 5.50 per Zentner.

Stuttgart, 29. Sept. (Hopfenmarkt.) Dem Hop­fenmarkt im städtischen Lagerhaus waren 118 Bal­len zugeführt. Preis bei lebhaftem Handel 30 bis 46 ^st per Zentner.

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