Meldungen der Berliner Morgenblätter.

Die Nachricht über Teilerfolge der deutschen Waffen im Westen wird von der Mehrzahl der Blätter als Bürgschaft dafür aufgesetzt, daß sich unsere Zuversicht mehr denn je befestigen könne. Da sich die Schlacht über ein riesiges Gelände er­strecke, so sei damit zu rechnen, datz die Kämpfe erst nach einer Reihe von Tagen zu einem Abschluß führen werden.

Die humanen Franzosen!

Aus Stratzburg wird demVerl. Tageblatt" berichtet: Die von den Franzosen fortgebrachten Frauen und Kinder deutscher Zollbeamten in Saales find auf deutsches Eingreifen hin freigelaffen worden, doch leiden sie noch seelisch stark nnter der unwür­digen Behandlung durch die Franzosen. Den er- litienen Strapatzen ist ein 5 jähriges Kind erlegen. Eine Frau schildert derStraßburger Post" ihre Lsidenszeit, die vor St Die begann. Unterwegs begegneten ihnen 14 französische Armeekorps. Sogar Offiziere hätten die Frauen beschimpft. In St. Die wurden letztere ins Gefängnis gebracht und blieben darin 16 Tage ohne die geringste hygienische Einrichtung. Fortwährend wurden neue deutsche Frauen zu ihnen gebracht, die ebenfalls während des Transports solche Leidenszeit durchmachten.

Die finanzielle Klemme.

Berlin, 16. Sept. Nach derVossischen Zeitg." verschärft sich die finanzielle Lage in Frankreich un­heimlich schnell zu einer Zahlungskrisis. Nach Pariser Informationen werden die Koupons der Pariser Stadtanleihe und der Pfandbriefe des Credit Fon- cier nicht bezahlt werden. Dies ist umso schwerwie­gender, als beide Wertpapiere bisher als das Ideal der Vermögensanlage, besonders der kleinen Sparer, galten. Die Regierung macht die größten Anstreng­ungen, um einzelne große französische Banken zu hal- ent, deren Schwierigkeiten bereits offenes Geheim­nis ist. Die Einzahlungen auf die im Juli heraus­gegebene neue 3^2 Aige Anleihe gehen unter diesen Umständen nur in ganz geringem Betrage ein.

Zum Rückzug der Russen im Osten.

Nach demBerliner Lokalanzeiger" giebt eine amtliche Mitteilung aus Petersburg den Rückzug der Russen aus Ostpreußen zu. Sie besagt: Am 10. September wurde eine überwältigende Bewe­gung deutscher Truppen gegen den linken Flügel der Armee des Generals Rennenkampf bekannt. Diese Bewegung nötigte die Russen, sich zurückzu­ziehen. Am nächsten Morgen unternahmen die Russen zum Aufhalten der deutschen Offensive aktive Operationen. Aber dann stellte sich heraus, daß die Russen einem übermächtigen Gegner gegenüber­standen.

Eine saubere Geschichte.

DieNowoje Wremja" vom 3. Sept. schreibt über die Ausrüstung der deutschen Kriegsschiffe: Bei der Untersuchung des deutschen Kreuzers Magdeburg stellte sich ein interessanter Umstand heraus» der auf die Behandlung in der deutschen Marine schließe« läßt. In jeder Offizierskammer fand sich eine lederne Peitsche, Handgriff 25 Centim. und neun Riemen von 30 Centim. Länge, auf den Griff ist K.M. (Kai­serliche Marine) und der Name des betreffenden Of­fiziers einqestempelt. Diese Peitschen zeigen das Merkmal eines sehr häufigen Gebrauchs; besonders abgenutzt ist die des 1. Offiziers, der ja nach dem Charakter seiner dienstlichen Tätigkeit am meisten mit den unteren Chargen der Besatzung in Berüh­rung kommt. Daß die Russen kein Verständnis für Reinigung der Uniformen haben und bei den Klopf­peitschen von sich selbst aus andere schließen, ist nicht weiter erstaunlich.

Taten der Barbaren.

DemRotterd. Allgem. Handelsbl." macht, wie demBerl. Tageblatt" geschrieben wird, ein hol­ländischer Industrieller Mitteilungen über die Zu­stände in Lüttich. Er sagt: Von der deutschen militärischen Verwaltung sind alle möglichen Vor­kehrungen getroffen worden um Handel und Ge­werbe aufrecht zu erhalten. In vielen Fabriken wird fortwährend gearbeitet und die Verhältniste der Arbeiter haben sich schon gebessert. Mir selbst hat die Verwaltung alle wünschenswerten Erleich­terungen gewährt.

Der Reichskanzler über England..

Kopenhagen, 14. Sept. Ritzaus Bureau hat vom Reichskanzler v. B'ethmann-Holl­weg nachstehende Mitteilung empfangen: Der eng­lische Premierminister hat in seiner Guildhall-Rede für England die Beschützerrolle der kleineren und schwächeren Staaten in Anspruch genommen und von der Neutralität Belgiens, Hollands und der Schweiz

gesprochen, die von Deutschland gefährdet sei. Es ist richtig, wir haben Belgiens Neutralität verletzt, weil die bittere Not uns dazu zwang. Aber wir hatten Belgien volle Integrität und Schadloshaltung zu­gesagt, wenn es mit dieser Notlage rechnen wollte. Belgien wäre dann ebenso wenig etwas geschehen, wie z. B. Luxemburg. Hätte England als Schützer schwächerer Staaten Belgiens unendliches Leid er­sparen wollen, dann hätte es ihm den Rat erteilen müssen, unser Anerbieten anzunehmen. Beschützt hat es unseres Wissens Belgien nicht. Ist also Eng­land wirklich ein so selbstloser Beschützer? Wir wissen genau, daß der französische Kriegsplan einen Durch­marsch durch Belgien für einen Angriff auf die un­geschützten Rheinlands vorsah. Gibt es jemand, der, glaubt, England würde dann zum Schutze der bel­gischen Freiheit gegen Frankreich eingeschritten sein? Die Neutralität Hollands und der Schweiz haben wir streng respektiert und auch die geringste Grenzüber­schreitung des niederländischen Limburg peinlichst vermieden. Es ist auffallend, daß Herr Asquith nur Belgien, Holland und die Schweiz, nicht aber auch die skandinavischen Länder erwähnt. Die Schweiz mag er genannt haben im Hinblick aus Frankreich, Holland und Belgien aber liegen gegenüber an der anderen Küste des Kanals. Darum ist England um die Neutralität dieser Länder so besorgt. Warum schweigt Asquith von den skandinavischen Reichen? Vielleicht weil er weiß, daß es uns nicht in den Sinn kommt, die Neutralität dieser Länder anzutasten. Oder sollte England etwa für einen Vorstoß in die Ostsee oder für die Kriegführung Rußlands die dä­nische Neutralität doch nicht für ein voll ine tanZei-e halten? Herr Asquith will glauben machen, daß der Kampf Englands gegen uns ein Kampf der Freiheit gegen die Gewalt sei. An diese Ausdrucksweise ist die Welt gewöhnt. Im Namen der Freiheit hat Eng­land mit Gewalt und einer Politik des rücksichts­losesten Egoismus sein gewaltiges Kolonialreich ge­gründet. Im Namen der Freiheit hat es noch um die Wende dieses Jahrhunderts die Selbständigkeit der Burenrepubliken vernichtet. Im Namen der Frei­heit behandelt es heute Aegypten unter Verletzung internationaler Verträge und eines feierlich gege­benen Versprechens als englische Kolonie. Im Na­men der Freiheit verliert einer der malayischen Schutzstaaten nach dem anderen seine Selbständigkeit zugunsten Englands. Im Namen der Freiheit sucht es durch Zerschneidung des deutschen Kabels zu ver­hindern, daß die Wahrheit in die Welt dringt. Der englische Ministerpräsident irrt. Seit England' sich mit Rußland und Japan gegen Deutschland verband, hat es in einer in der Geschichte der Welt einzig da­stehenden Verblendung die Zivilisation verraten und die Sache der Freiheit der europäischen Völker und Staaten dem deutschen Schwert zur Wahrung übertragen.

Grey, dein Rinne ist Verlogenheit.

Berlin. DieVoss. Zeitung" schreibt gegen Sir Edward Grey: Der englische Gesandte in Haag schildert die deutschen Truppen als völlig degene­rierte Trunkenbolde, die alle von ihnen erreichten französischen Ortschaften plündern. Nicht anders verfährt Sir Edward Grey. Die englischen Staats­männer pflegen sonst auf gute Lebensart zu halten, aber es scheint, als ob der Krieg in Downinqstrset schon auf die Sitten eingewirkt und einige Verwü­stungen angerichtet habe. Ein Volk, das eine mo­ralische Kraft gezeigt hat, wie das deutsche bei seiner jüngsten Erhebung, das seine Kraft jeden Tag aufs neue betätigt, kann nur von eitler, hohler Schmäh­sucht als degeneriert bezeichnet werden. Bedarf es einer Widerlegung des Vorwurfs, daß deutsche Sol­daten sich der Trunksucht hingeben, da eine der ersten Anordnungen bei Ausbruch des Krieges das Verbot des Alkoholgenusses war? Grey bezieht sich auf die Worte des Kaisers vom 27. Juli 1900: Ist aber in Wirklichkeit in China die deutsche Kriegführung grausam gewesen, ist kein Pardon gegeben, sind keine Gefangene gemacht worden? Ilebersieht Herr Grey, datz jetzt 300 000 französische, ruffische und englische Gefangene auf deutschem Boden einer Behandlung und pflege sich erfreuen, wie sie verbrecherische Bar­baren kaum gewähren? Sir Edward Grey hätte der Anklagen eingedenk sein können gegen die eng­lische Kriegführung, die in allen Erdteilen, insbe­sondere auch bei der Vergewaltigung der Buren er­hoben worden sind. Auch wird ihm nicht verschlossen sein, daß nun einmal die mit Recht verruchten Dum­dumgeschosse von England erfunden, von der engli­schen Staatsfabrik bei Kalkutta hergestellt und von den englischen Truppen in vielen Feldzügen verwen­det worden sind. Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.

Englische Zukunstshoffnungen.

London, 15. Sept. Bei einer Rekrutenversam- lung in Dundee wurde ein Brief des Marinemini­sters Churchill verlesen, in dem es heißt, das Heer

des Generals French werde fortwährend vermehrt werden, und wenn der General im Verlauf von 8 bis 9 Monaten (!) über 25 Armeekorps verfügen werde, ausschließlich aus Freiwilligen zu­sammengesetzt, so werde ein solches Heer ohnegleichen in der Welt dastehen, und es müsse in seiner vollen Stärke trotz aller Verluste aufrecht erhalten werden. Ein solches Schwert, im Augenblicke der Entschei­dung in die Wagschale geworfen, wo der Feind alle seine Reserven erschöpft habe, werde die Abrechnung zu der Verbündeten Gunsten sich gestalten, ohne Rück­sicht darauf was in der Zwischenzeit geschehen sei.

Kommentar zu den englischen Prahlereien.

Wien, 15. Sept. DieNeue Fr. Presse" schreibt zu den Reden Curzons und Beresfords u. a.: Was da in die Oeffentlichkeit dringt, hat den Anschein, als sollte durch bombastische Worte der Mißerfolg der Waffen ersetzt werden. Lord Veresford behauptet, der Friede werde in Berlin geschlossen werden und Curzon, der frühere Vizekönig von Indien, träumt von dem Augenblick, wo die Lanzen bengalischer Rei­ter in Berlin funkeln werden. Vielleicht könnten dem Berliner Publikum wirklich die Exemplare die­ser exotischen Völkerschaften vorgeführt werden, als Kuriosum, als Ausdruck der äußersten Hilflosigkeit eines Riesenreiches, das von schlechten Politikern in eine wahnsinnige Campagne hineingerissen wurde. Das kann nur ein Gefühl der Verachtung gegen Eng­land wecken. Es ist ein trauriges Zeichen der Ent­artung, wenn ein Mann, der bei dem Bombarde­ment von Alexandrien und in Afrika wegen Tapfer­keit beliebt und berühmt wurde, jetzt, wie der ruhm­redige Soldat der Komödie den Mund voll nimmt und das Fell des Bären verteilt, ehe noch der Bär gefangen wurde. Dia Reden dieser Männer sind nur Totenblumen für das Grab des englischen Prestiges.

Don 29 Jahren auf 12 Monate reduziert.

London, 15. Sept. Im Unterhaus erklärte Ministerpräsident Asquith, datz die Regierung be­absichtige, zur Beratung der Homerule-Bill und der Bill betreffend die Trennung der Kirche vom Staat in Wales zu schreiten. Sie werde aber einen Gesetzentwurf vorlegen, die Ausführung dieser Maß­nahmen für 12 Monate oder, wenn der Krieg länger daure, länger hinauszuschieben.

Englands Nelson 1914.

London, 15. Sept. DieTimes" schreibt in einem Leitartikel vom 12. September: Admiral Jellicoe leistet dem Britischen Reich einen unver­gleichlichen Dienst, indem er die deutsche Flotte von der Hochsee fernhält. Eins große Seeschlacht zwischen der englischen und der deutschen Flotte könnte genau die Lage herbeiführen, die die Ein­leitung des deutschen Flottengesetzes im Jahre 1900 skizzierte: Wir würden siegen, aber der Preis könnte so hoch sein, datz wir eine zeitlang aufhören würden, die größte Seemacht zu sein.

Die englische Marinekommisfion in der Türkei

geht.

Frankfurt a. M., 15. Sept. Die Frankfurter Zeitung meldet aus Konstantinopel: Die englische Marinekommission mit AdmiralLimpus an der Spitze, welche schon seit mehreren Wochen keine Dienste mehr auf der türkischen Flotte tut, und nur noch in den Bureaus des Marineministeriums beschäftigt war, hat heute ihre Entlastung aus türkischen Diensten nachgesucht.

Englische Tatkraft.

Frankfurt a. M., 15. Sept. (Nicht amtlich.) Die Frankfurter Zeitung meldet aus Rom: Der bisherige kommandierende Admiral des in den türkischen Gewässern befindlichen englischen Ge­schwaders hat den Oberbefehl über das Mittelmeer­geschwader übernommen, dessen bisheriger Komman­dant abberufen wurde, wie man annimmt, aus mangelnder Tatkraft.

Ja Bauer, das ist etwas anderes!

Berlin, 16. Sept. DieV. Z." meldet aus Genf: Das Ständige Komitee der Jung-Aegypter in Europa, das seinen Sitz in Genf hat, sandte am heu­tigen Gedenktage des Einzugs der englischen Okkupa­tionstruppen in Cairo, die nach kurzer Zeit zurück­zuziehen Königin Viktoria und Gladstone verspro­chen hatten, ein Protesttelegramm an den englischen Premierminister. Sie heben darin hervor, datz die englische Regierung die über die Verletzung der Neu­tralität Bestens so entrüstet sei, diejenige Aegyp­tens mit Füßen tritt, das Land in den Krieg hinein­zieht und zu seinem Ruin beiträgt. Sie erinnern an das wiederholt abgegebene, noch unerfüllte Ver­sprechen Englands, den Aegyptern die Freihen wiederzugeben. _