Nummer IS

Rundschau

Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit, dessen Erundzüge in dieser Berichtswoche erschienen sind, ist ein sozialpolitisches Gesetzgebungswerk von größter Bedeutung Es entspricht den nationalsozialistischen Forderungen, den Klassenkampf um jeden Preis zu beseitigen, die Stellung des Arbeiters zu sichern und das Führerprinzip in dei Wirtschaft durchzuführen. Dem Führergedanken des neuen Deutschlands entsprechend, tritt an Stelle des Unterneh­mers der alten Form der Wirtschaftsführer der Neuzeit Der Lohnsklave, der Ausgebeutete, das wehrlose Objekt de- Kapitalismus, oder wie sonst früher die Vokabeln im poli­tischen oder wirtschaftlichen Widerstreit hießen, wird abge­löst von dem Mitarbeiter. Beide zusammen bilden hinfori eine enge Gemeinschaft, die sich nicht nur rein räumlich oder physisch auf den Betrieb oder das Werk beschränkt, in dem und für den sie beide arbeiten, sondern die sie auch zu einei seelischen Gemeinschaft verbindet, die jenseits von Para­graphen eines Arbeits- oder Tarifvertrages gelegen ist.

Das neue Gesetz enthält die Grundlagen des neuen deut­schen Arbeitsrechtes. Die grundsätzliche Bedeutung des neuen Gesetzes besteht vor allem darin, daß es an die Stelle unzähliger Einzelgesetze und Verordnungen, deren prakti­sche Anwendung nachgerade zu einem Spezialistentum dsi Richter und aller derer, die sich ihrer bedienen mußten, ge­führt hatte, die wesentlichsten Teile des bisherigen Arbeits­rechtes kodifiziert. Ein erheblicher Teil der bisherigen Ge­setze kommt in Fortfall. Bemerkenswert ist die Beibehal­tung der Arbeitsgerichte, deren Zuständigkeit allerdings in einer Reihe von Punkten eingeschränkt worden ist. Die Entscheidungen hierüber sind dem Treuhänder der Arbeit und unter Umständen auch einem Schiedsgericht übertragen worden. Neu gegenüber dem bisherigen Zustand ist die Zu­lassung von Rechtsanwälten auch zum Arbeitsgericht. Das Bemerkenswerteste an der juristischen Neuregelung ist die Verkürzung und Vereinfachung des Jnstanzenzuges. Wenn es zunächst den Anschein hat, als ob das neue Gesetz die Rechte des Arbeitgebers beschneide und die des Arbeitneh­mers erweitere, so ergibt sich doch bei genauerer Betrach­tung, daß die Wagschalen gerecht und gleichmäßig belastet sind. Der Unternehmer wird fortan wirklich zum Führer dem die von ihm Geführten zu gehorchen haben. Statt dei Paragraphen eines papiernen Vertrages soll nun der leben­dige Begriff der Treue ausschlaggebend sein, aber einer Treue nach beiden Seiten hin. Dieser Auffassung entspricht es nicht mehr, wenn sich zwischen Führer und Gefolgschaft ein Gremium nach der Art des alten Betriebsrates einschie- ben würde. An seine Stelle tritt ein Vertrauensrat, der gewissermaßen die Mittlerrolle übernehmen soll. Stat­tet aber das Gesetz auf diese Weise den Wirtschaftsfiihrer mit größeren Befugnissen aus, unterstellt es ilm anderer- - seits auch einer besonderen Verantwortung und verpflichtet ihn aus der sozialen Ehre. Die Einführung ehrenge­richtlicher Bestimmungen, die soweit durchdacht sind, daß sogar eine Berufung an den Reichsehrengerichtshof vorge­sehen ist, stellt eine Neuheit dar, nicht minder auch die Uebertragung besonderer Befugnisse an die Treuhänder der Arbeit, in deren Hände Teile des Aufgabenkreises der bis-

Alteusteig, Freitag, den IS. Januar 1934

herigen Schiedsgerichte gelegt worden sind. Der Mensch und mit ihm ethische Werte sollen fortan die Grundlage der Ar­beit bilden.

Der 63. Geburtstag der Einigung verdeutschen Stämme durch Gründung des 2. deutschen Kaiserreiches zu Versailles gab Anlaß der geschichtlichen Entwicklung des Reichsgedankens und der Reichswerdung nachzugehen. Das zweite Reich ist nicht an einem Tag gebaut worden, viele Bausteine wurden beigetragen seit den Tagen Friedrichs des Großen von Preußen. Es darf dabei auch der Schwabe Friedrich List nicht vergessen werden, der als geistiger Va­ter der wirtschaftlichen Einigung anzujprechen ist. Reich und Länder haben in diesen Tagen der Gründung des deut­schen Zollvereins vor hundert Jahren gedacht, der die Zoll­grenzen niederriß und in wirtschaftlicher Beziehung die Grundlagen für die Reichswerdung schuf. So konnte dann Bismarck von Preußen aus das Reich politisch zusammenfas- sen, die deutschen Stämme an ein Schwert und unter eine

57. Jahrgang

Krone binden. Die Zwischenperiode von 1618 bis 1632 mit der organisierten Uneinigkeit der Epoche von Weimar und dem parlamentarischen Unfug dieser Jahre hat die Reichs­einheit nach allen Seiten geschwächt. Adolf Hitler hat mii dem Dritten Reich wesensfremde Formen des politischen Le­bens beseitigt, den deutschen Arbeiter seinem Vaterland zu­rückgegeben und über alle Hindernisse hinweg die Einigung von Staat und Volk durchgesetzt. Die Einheit der Führung ist zu einem wesentlichen Faktor der Reichseinheit gewor­den. Der Reichsgedanken steht über allen Sonderinteresseü und wenn neben der inneren Einigung des Volkes und Reiches das neue Reich langsam, aber sicher wieder den Weg beschreitet zur Weltgeltung und Macht, von deren Höhe einst das zweite Reich gestürzt wurde, weil es vergessen hatte, aus dem Volk eine Volksgemeinschaft zu schaffen, so wird der Traum von Jahrhunderten der deutschen Geschichte in Erfüllung gehen.

Wir stehen in hartem Ringen um unsere außenpolitische Weltgeltung. Der KampfumdieSaarhat begonnen. Auf der Tagung des Völkerbundsrats in Genf soll Beschluß gefaßt werden über Paragraph 34 zu Artikel 50 des Ver­sailler Vertrags, in dem dem Völkerbundsrat die Regelung der Volksabstimmung übertragen ist. Es steht die Beschluß­fassung über die Abstimmungsregeln, die Art und Weise und den Tag der Abstimmung zur Sprache. Zu Beginn der Wo­che hat der Rat auf französischen Vorschlag eine Einla­dung nach Berlin gesandt, Deutschland möge sich an diesen Beratungen beteiligen. Die Antwort konnte nur a b- lehnend ausfallen, handelte es sich doch um ein französi­sches Manöver, das bezweckte, Deutschland wieder nach Genf zu bringen, und zu einem Kompromiß zu verleiten, das weder der deutschen Bevölkerung rn der Saar nock den in­ternationalen Beziehungen dienlich wäre. Noch ehe die deut­sche Antwort in Genf vorlag, beschloß der Völkerbundsrat die Wiederwahl der Saarregierung Knox, gegen die die Saarländer in verschiedenen Einsprüchen Stellung nahmen, daß sie eine einseitige Haltung zeige. Der französische Au­ßenminister hat sogar im Senat jeden Verzicht Frankreichs auf die Saarabstimmung abgelehnt, weil die Saarbevölke­rung das Recht dazu habe und Frankreich für dieses Recht eintrete. Deutschland hat die Abstimmung nicht zu fürchten. Zu fürchten sind nur die französischen Quertreibereien, die Haltung der Saarregierung und ihrer Hintermänner und die in Genf erwogenen Eewaltpläne, die auf Aufstellung einer internationalen Polizei hinauslaufen. Eine solche Be­setzung des Landes mit fremden Truppen, mit der Deutsch­land schon einmal im oberschlesischen Abstimmungskampf bittere Erfahrungen machte, kann sich nur gegen die Ver­treter des Deutschtums richten, die in letzter Zeit wieder zwei Todesopfer des marxistischen Terrors zu beklagen hat­ten. Deutsche Emigranten, ein winziges Häufchen von Lan­desverrätern und Franzosen sind es, die bei der Regie­rungskommission im Saargebiet Einfluß haben und die auch in Eens alle Hebel spielen lasten, um die Saarabstim­mung zu verzögern oder sie nach Frankreichs Wunsch zu ge­stalten. Denn noch immer zielt die französische Machtpch.uk darauf ab, das Saargebiet ganz oder in einzelnen Teilen nach oberschlesischem Muster für sich zu gewinnen. Die deut­schen Parteien, in der Deutschen Front zusammengeschlossen, bewahren absolute Disziplin und Deutschland muß verlan-

Settiger Frühling"

Ei« Roma« junger Deutscher im Kriege »«« Walter Blaem.

41. Fortsetzung

Nein aber der Flottenchef hofft, die bloße Nachricht, daß wir uns im Skagerrak Herumtreiben, wird den Eng­länder nötigen, Streitkräfte gegen uns vorzuschieben, da­mit er nicht wieder überrumpelt wird wie bet Lowestost. Vielleicht, daß es heut endlich mal zum Schlagen kommt."

Die Schiffswache tritt ins Gewehr. Die Jolle des Flottenchefs legt backbord an. Federnden Schrittes steigt Admiral Scheer mit den Herren seines Stabes die Fall­reepstreppe hinan, wird vom Kommandanten Kapitän Fuchs empfangen, schreitet grüßend die Wache ab, verschwin­det im Eingang, taucht eine Minute später aus dem Halb­dämmer in den nebelverhangenen Morgenglast.

Als die beiden Flaggleutnants sich melden, fragt Scheer mit einem Blick zum Vater hinüber:Brodersen? Sohn vom Herrn Fregattenkapitän?"

Jawohl, Euer Exzellenz." /

Heute wird's Arbeit für Sie geben, meine Herren."

Er schaut mit freundlichem Lächeln zu dem schlanken Burschen empor. Hellmuth überragt ihn um eines halben Kopfes Länge.

Haben Sie Ihre Signale im Kopf? Heut geht's um die Wurst, jungen Leute!" :

Die zwei Flaggleutnants strahlen ein Lächeln zurück.

Eine kurze Aussprache unter den Herren des Stabes. Dann befiehlt Scheer:

Marschordnung der Linienschiffe: Drittes Geschwader vorn, dann Flaggschiff, dahinter erstes, Schluß zweites!"

Die Flaggleutnants schlagen im Signalbuch nach und setzen den erhaltenen Befehl in die Kommandosprache um. Oberleutnant Eehrke läßt seinen Zettel zur Rohrpost bringen. Er verschwindet in die Tiefe, dort irgendwo wird er chiffriert und auf die Antenne übertragen.

Hellmuth gibt seinen Signalbefehl und achtet darauf,

daß die entsprechenden Wimpelbuchstaben aus dem See- manns-ABC am Flaggenmast emporsteigen.

Auf all den Kolossen, die sich in näherer, in weiterer Ferne um das Flaggschiff gruppieren, hebt ein flirrendes Wimpelspiel an. Schneller noch fliegt der funkentelegra­phische Befehl durch den Aether, setzt gleichzeitig die Empfän­ger auf jedem Schiff in Bewegung.

Zunächst läuft das dritte Geschwader aus.

König" hat die Spitze,Großer Kurfürst",Markgraf", Kronprinz",Kaiser",Prinzregent Luitpold" hängen sich an.Kaiserin" macht den Beschluß. Klotzige Giganten, jeder eine schwimmende Welt, ein riesenhafter Organis­mus, von Menschenhirnen ersonnen und errechnet, von Menschenfäusten zusammengefügt, wie vom Lebensblute durchpulst von den Kraftströmen des Dampfes und der Elektrizität. Inmitten ein kolossaler Verdauungsappa­rat, der Wärme in Bewegung umsetzt. Seedrachen, Lebe­wesen einer höheren Art, bewaffnet zum Angriff und zur Verteidigung, beseelt und bewegt von einem nicht minder verwickelten Gehirn- und Nervensystem. Es besteht aus einem sorgsam gestaffelten Aufbau menschlicher Einzel- geschöpse, vom geschulten, Wissens- und Willensstärken Führer droben auf der Kommandobrücke bis zum halb­nackten, schwitzenden, muskelgeschwellten Heizer tief unten im Kesselraum. Jeder dieser vielen Hunderte von Söhnen deutscher Mütter ist eine lebendige Zelle der Schiffsper­sönlichkeit und darüber hinaus des großen, herrlichen, riesenstark gegen die Vernichtung sich aufbäumenden deut­schen Volkes.

Nun hängt sich das Flaggschiff ans dritte Geschwader an. Es folgt das erste mitOstfriesland" an der Spitze. Das zweite macht den Beschluß. Für das Auge des Laien nimmt es sich gleich stattlich aus wie die vorderen. Aber das ist nur Schein. Es enthält die am schwächsten gepan­zerten, die langsamsten, die eigentlich schon veralteten Kähne. Seit England Dreadnoughts baut, dürften solche Archen Noahs" eigentlich gar nicht mehr ins Gefecht . . . Aber wir haben nun einmal noch nicht genug vollwertiges Schiffsmaterial.

Hellmuth steht auf der Brücke und schaut. Der Chef mit seinem ganzen Stab ist nach Beginn des Vormarsches in die Messe hinuntergestiegen. Einstweilen ist nichts mehr

für ihn zu tun. Wie ein Schleier flattern ja den marschie­renden Geschwadern die Aufklärungsstreitkräfte voraus, in vier Gruppen geteilt noch weiter vorn die Torpedoboot- Flottillen, die Unterseeboote ganz ganz vorn, in den Gewässern des Feindes, dicht vor seiner Küste, die unsicht­baren Vorposten, U-Boote, rings um Englands Ausfalltore postiert, Wächter und erste gefährliche Kampforgane zu­gleich. Da können die hohen Herren sich ruhig ein paar Stunden drunten mit Kriegsrat und Gespräch die Zeit ver­treiben bis die erste Meldung vom Feinde kommt.

Wenn überhaupt eine kommt. Wenn's nicht auch dies­mal eine bloße Spazierfahrt wird, bei der die Grant Fleet sich grundsätzlich nicht beteiligt. . .

Hellmuth schaut. Es ist das erstemal, daß er eine große Ausfahrt der ganzen Flotte mitmacht. Jetzt tut's ihm fast leid, daß Freund Heinrich Paulukat, der Dichter, das nicht miterlebt.

Seltsam: seit Anfang Mai von den Berliner Freunden nicht die geringste Nachricht mehr . . . Im Hause Broder- sen verfolgt man natürlich die Zeitungen aufs genaueste. Man weiß, daß es an der Verdun-Front heiß hergeht. Daß die brandenburgischen Divisionen immer und immer wie­der eingesetzt worden.

Aber jeder einzelne, jede Familie hat mit sich selber all­zuviel zu tun. Man verliert einander aus den Augen, man sondert sich ab, schließlich haben doch nur die Söhne, nicht die Eltern und die Geschwister der Primaner mitein­ander verkehrt.

Vielleicht sind die zwei andern längst gestorben und ver­dorben, von Granaten in Fetzen gerissen, modern irgendwo um jene ferne welsche Stadt, die einmal eine deutsche, frän­kische Stadt war bis jener unglückselige Vertrag von 843 das Frankenreich in zwei Hälften zerriß, die sich nun seit tausend Jahren schicksalhaft bis aufs Blut befehden müssen.

843 der Vertrag von Verdun!

Das war einmal eine von den hundert Geschichtszahlen und geschichtlichen Tatsachen, die man sich in den Kopf trich­tern mußte, ohne daß sie Leben gewannen. Wie sich das alles jetzt gespenstisch belebt, wie es sich ausweist als dämo­nisch gegenwärtige Macht, als Verhängnis auch des eigenen, einzelnen, im Weltall, im Weltensturm verlorenen Daseins!

(Fortsetzung folgt.)