Nationales Nachrichten- und Anzeigenblatt für die Oberamtsbezirke Nagold, Calw, Freudenstadt und Neuenbürg

Gegrün-et 1877

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Nummer 233 § Altensteig, Freitag, den 15. Dezember 1833 I 58. Jahrgang

Sellsuß am SKkidkwkg

Ser SelmatsAutz verlangt ble ganze Macht

Wien, 14. Dezember. Unter Vorsitz des Fürsten Star- Hemberg, der gestern nach Rückkehr von seiner Aus­landsreise längere Besprechungen mit Vizekanzler Fey und dann mit Bundeskanzler Dr. Dollfuß hatte, begann heute die von politischen Kreisen mit Spannung erwartete Führertagung des österreichischen Heimatschußes, an der außer den Landessührern, darunter dem Vizekanzler Fey und Dr. Steidle auch deren Stellvertreter aus allen Bun­desländern, teilnahmen. In der sehr lebhaft verlaufenen Sitzung, die am späten Abend auf morgen vertagt wurde, kam hinsichtlich der grundsätzlichen Einstellung der Heim­wehr bei den Verhandlungen eine sehr radikale Stimmung zum Ausdruck. Wie verlautet, gipfelte diese in ultimativen Forderungen an die Regierung: Ausschaltung des Einflus­ses aller Parteipolitiker, also auch der Christlichsozialen, gänzliches Verbot der Sozialdemokratischen Partei, Ein­setzung eines Regierungskommissars für die Stadt Wien, als welcher der gegenwärtige Handelsminister Stockinger in Vorschlag gebracht wurde. Außerdem wurde gefordert, das Handelsministerium dem Mitgliede der Heimwehr Jakoncig zu übertragen, Vizekanzler Fey mit dem Sicher- heitswesen und außerdem mit dem Ministerium für Lan­desverteidigung bezw. des Bundesheeres zu betrauen, Gleichschaltung der Landesregierungen mit der Bundes­regierung in dem Sinne, daß dem Heimatschutz in den Län­dern der gleiche Einfluß zugestanden würde, wie bei der Zentralregierung in Wien, und daß besonders die Sicher­heitsdirektoren in den Ländern freie Hand haben sollten.

Wie verlautet, neigt man beim Heimatschutz der Ansicht zu, daß Bundeskanzler Dollfuß sich den Forderungen nicht verschließen werde. Sollte Dr. Dollfuß jedoch nicht darauf entgehen, so droht, wie es heißt, der Hermatschutz mit dem Austritt aus der Regierung und dem Sturz des Kabinetts Dollfuß, angeblich auch mit einer Verständigung mit den Nationalsozialisten zur Aufrichtung eines braun-grün- weißen Regimes in Oesterreich im Wege eines kalten Putsches.

Nach Mitteilung aus christlichsozialen Kreisen scheint man den Vorstoß des Heimatschutzes, der sich offenbar und nicht in letzter Linie gegen die Regierungsparteien, also die Christlichsozialen richtet, ruhig aufzufassen, da diese Forderungen des Heimatschutzes alt seien. Bundeskanzler Dollfuß sei Herr seiner Entschließung. Nach keiner Seite gebunden, könne er zunächst den Forderungen des Heimat­jchutzes Rechnung tragen, wenn dieser ihm wirklich stark genug erscheint; er könne aber ebenso ablehnen, und sich auf die politischen Parteien, besonders die Christlich­sozialen, stützen. -

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Der Nationalsozialismus in Oesterreich ist stärker als je" Drei christlich-soziale Führer an Dr. Dollfuß

München, 14. Dezember. Drei christlich-soziale Führer der Steiermark, Regierungsrat Zähnl, Direktor der

Grazer Messe, der Grazer Vizedürgermeister Schmidt und der Grazer Stadtrar Frank, haben, wie derOesterreich. Pressedienst" berichtet, an die Wiener christlich-soziale Reichspost" einen für Bundeskanzler Dr. Dollfuß be­stimmten Brief gerichtet, in dem es u. a. heißt:

Wir schreiben Ihnen, damit Sie den Herrn Bundes­kanzler persönlich darauf aufmerksam machen, daß ehester und energischster Mandel von allerhöchster Dringlichkeit ist. Wir sind der Meinung, daß der Nationalsozialismus zu- nimmt, daß er stärker denn je ist. Demgegenüber steht eine vollkommen aktionsunfähige Vaterländische Front. Ihre Schwäche ist den Nationalsozialisten so gut wie den So­zialdemokraten bekannt. Niemand hat vor ihr Respekt. Allen Ernstes rechnet man hier, daß sich das gegenwärtige Regime nicht bis zum Frühjahr wird halten können. Die Christlich-soziale Partei ist schwer geschwächt. Man führt Dr. Dollfuß potemkinsche Dörfer vor, und darum die Ver­bitterung und Depression. Man rechnet ganz ernstlich mit dem Siege des Nationalsozialismus. Auf wirtschaftlichem Gebiete ist gar keine Erleichterung zu konstatieren. Wir wissen, daß es keinen Sinn hat, dem Herrn Bundeskanzler Dr. Dollfuß direkt zu schreiben, da er die Briefe nicht erhält."

Marxistischer Korruptionsskandal in Wie»

Wien, 14. Dezember. Ein marxistischer Korruptions­skandal größten Umfanges ist bei der Krankenkasse der East- und Kaffeehausangestellten aufgedeckt worden. Fünf Beteiligte wurden festgenommen. So wurden 506 00V Schilling aus den Geldern der Krankenkasse für die Sozial­demokratische Partei verausgabt.

Bei einer Haussuchung ergab sich der Verdacht, daß die Verhafteten einander große betrügerische Zuwendungen zukommen ließen. Größere Summen wurden auch für den marxistischen Schutzbund und für die sozialdemokratische Wahlpropaganda zu den Nationalratswahlen im Jahre 1930 veruntreut.

Das Denunziantentum gegen Nationalsozialisten Wien, 14. Dezember. Ein gegen acht in Linz verhaftete Personen seit Sommer dieses Jahres schweben­des Hochverratsverfahren ist nunmehr kläglich zusammen- gebrochen. Alle acht, die angeblich auf einem Dampfer nach Bayern flüchten" wollten, mußten nach mehrmonati­ger Haft auf freien Fuß gesetzt weiden, da die anonymen Dunziationen nicht bewiesen werden konnten.

In diesem Zusammenhang ist auch ein Erlaß des Sicher, heitsdirektors für Vorarlberg von Interesse, in dem darauf aufmerksam gemacht wird, daß viel zu oft anonyme Anzeigen sich als grundlos her­ausstellten.

Sie Elrafantrüge lm ReWtagsdraMjsttrOrozrß

Für van der Lubbe und Torgler die Todesstrafe beantragt Leipzig, 14. Dezember. Im Reichstagsbrandstifterpro- zetz beantragte der Oberreichsanwalt gegen die Angeklag­ten Marinus van der Lubbe und Torgler die Todesstrafe,

für die drei bulgarischen Angeklagten Dimitroff, Popoff und Taneff beantragt er Freispruch.

Der Derhandlungsbericht über den Reichstagsbrandstif- terprozeß befindet sich auf der Beilage.

Sie Kälte in Europa

Nach Meldungen aus Ost- und Nord-Europa, sowie aus Ita­lien. halte die Kälte stark zuzenommen. In Wolhynien und Ostgalizien wurden 35 Krad gemessen: in den Doriern frieren die Brunnen ein. Der Frost fordert zahlreiche Opser.

Auch Italien ist in den Bereich der Kältewelle gelangt. Zn Genua liegt der Schnee 20 Zentimeter hoch. In Triest ist der ganze Straßenbahn- und Magenoerkchr durch Schneesälle lahm- grlegt In Bozen zählt man minus 10 Grad, in Verona mi­nus 7, in Florenz minus 6, in Mailand minus 4. In Mailand schneit es ununterbrochen, ein für diese Jahreszeit sehr seltenes Ereignis Am Mittwoch durchzogen Gewitter mir Stürmen und elektrischen Entladungen die Halbinsel. Unweit Cosenza ist das mittelalterliche Kastell Sarazena zum großen Teil zusammen» gebrochen. In Neapel ist durch den hohen Seegang Ankunft und Absatz« der Schisse wiederum stark verzögert

Auch in Frankreich dauert die Kälte an. die in Metz und Malm, bis zu minus 15 Grad ging, bann aber von Vitry-le- grancois mit minus 2l Grad und von Bar-le-Duc mit minus 21 Grad unterboten wurde. In Paris hat die Temperatur mit minus >0 und minus 4 Grad geschwankt. Die Seine führt stellen­weise E>s.

Der starke Schneefall

Der Varometersturz ist von einem starken Schneefall begleitet gewesen. Die nächtliche Ausstrahlung der frischen Schneedecke in Verbindung mit einer östlichen Luftströmung har erneut ein« Zunahme der Kälte, wenn auch noch nicht bis zu dem in den letzten Tagen beobachteten Miße. bewirkt. Aber es ist damit zu rechnen, daß der Frost Sie vorherige Schärfe wieder erreicht. Der Schneefall kommt dem Wintersport sehr gelegen Im Schwarz- wald und am der Alb ist jetzt eine Schneedecke vorhanden, di« den Skiiahrern die beite Gelegenheit für ihre Betätigung bietet. Ueberall harre Ser Schneeiall iür den Straßenverkehr starke Hem­mungen im Gefolge. Zur Weg-äumung des Schnees sind Ar­beitslose in großer Zahl eingesetzt worden. Aus dem Lo -oe muß­ten Sie Bahnschlitien die Straßen rahrbar machen. Ueberall ist etwa 20 Zentimeter Schnee gesallen

In der Nacht zum Donnerstag erreichte das Thermometer in Berlin den tiefsten Stand dieses Jahres. In der Innenstadt wurden 15 Grad, in den Außenbezirken sogar bis zu 18 Erid Kälte gemessen Am Donnerstag früh hatten sich sogar die Wasserstraßen im Innern der Smdt mit einer ziemlich starken Eisdecke überzogen Wie aus Breslau gemeldet wird, hat sich «n Schlesien nach Schneesällen gleichfalls wieder erhebliche Frost- verschäriung eingestellt. Das schlesische Flachland wies beute früh iait allgemein Temperaturen unter 20 Grad auf. In Bres­lau wurden sogar 23 Grad Kälte gemessen. Auf der Schneekoppe herrscht voller Sturm mit Windstärke 10 bei 17 Grad Kälte.

In München »ällt seit Mittwoch nachmittag ununterbrochen Schnee Die Stadt ze-gte am Donnerstag früh ein tief winter­liches Bild. Be-eits um Mitternacht wurden rund 40 Schnee» pflüge im Kampt gegen die Schneemassrn eingesetzt.

Selbst die deutschen Küstengebiete verzeichnen ungewöhnliche Kältegrade jo Hamburg 13,2 Grad unter Null. In den Außenbezirken iank die Temperatur sogar bis aus 18L Grad. Bremen hatte eine tiefste Nachttemveratur von 18,9 Grad Kalte auszuweisen.

Mailand. 14 Dez. Die Schneestürme über Italien führten viel» lach zu starken Verkehrsitörungen. Der Schiffsverkehr auf der Adria mußte zum großen Teil eingestellt werden. Venedig und Triest sind völlig oereit. Wiederholt gerieten Schisse in See­not. In Norditalien ist das Thermometer an vielen Stellen bis aut 10 Grad unter Null gesallen. In den Dolomiten sind über 2 Meter Neuschnee gefallen.

Moskau. 14 . Dez. In großen Teilen Rußlands toben schwere Schnee stürm« Zur Fr:il«aung der Eisenbahnschienen mußte vielfach Mil'tSr eingesetzt werden. Im finnischen ""'er- buken liegen 128 Fahrzeuge, darunter zahlreiche Dampfer im Eise fest

Da» Nheia-«i» steht

Koblenz, 14. Dez. La» Treibeis de» Rhein» hat sich heul« nachmittag um S Uhr an der Lorelei festgesetzt. Der Strom ist in feiner ganzen Breite vereist. Ei» holländische» Frachtboot ist im Eise «ingeschlossen. Di« Koblenzer Schiffsbrücke mußt« er­neut abgefchlrust werde«. Der Koblenzer Kicherheitshasen ist »beriüül.

Neuer schwchkrischcrfBundrsvrüWnt

Basel, 14. Dez. Die Bereinigte schweizerische Bundesversamm­lung nahm am Donnerstag die Neuwahl des Bundespräfiüenten und des Vizepräsidenten des Bundesrats für 1934 vor. Alljähr­lich in der zweiten Woche der Dezembertagung des Parlaments findet diese Wahl statt. Diesmal gelangte auf den höchsten Sitz der Eidgenossenschaft bas jüngste Mitglied des Vundesrats. der Leiter des Eisenbahn- und Verkehrsdepartements. Bundesrat Marcel Edouard Lrnest Pilet-Golaz. Er wurde mit 137 Stimmen von 152 gültig abgegebenen Stimmen und 14 Stimm­enthaltungen der Sozialisten gewählt. Bundesrat Piler, ein geborener Waavtländer. steht >m 15 Lebensjahr und gehört der freisinnigen demokratischen Partei au

Die deutsch-schweizerischen Beziehungen

Bern, 14. Dezember. Auf eine im Zusammenhang mit der Rede des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht in Basel heute im Nationalrat eingereichte Interpellation hat der Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements, Bundespräsident Schultheß, in der heutigen Sitzung des Nationalrates u. a. folgendes geantwortet: Wir sind bemüht, mit Deutschland gute und freundschaftliche Beziehungen zu erhalten und bereit, auch in Zukunft Warenmengen zu beziehen, deren Wert die Summe, die Deutschland uns für unseren Export und im Touristen- und Zahlungsverkehr zu leisten hat. sehr erheblich übersteigt. Wir stehen auch der Boykottbewegung, die in einzelnen Kreisen gegen deutsche Waren in die Wege geleitet worden ist, ablehnend gegenüber und billigen sie nicht. Aus meiner Besprechung mit Dr. Schacht habe ich den Eindruck gewonnen, daß dieser für die Schwierigkeiten der Schweiz volles Verständnis hat, unserem Lande wohlgesinnt und auch bemüht ist, zu einer Verständigung die Hand zu bieten. Was uns betrifft, so wünschen wir mit der gegenwärtigen deutschen Regierung in politischer und wirt­schaftlicher Hinsicht die gleichen freundschaftlichen Beziehungen zu unterhalten, die von jeher mit dem Deutschen Reich bestanden.

GaslftSilknWvtz am Heittyeu Abend am 5 Uhr

Berlin, 14. Dez. Wie da« BdZ.-BLro meldet ist zwischen den Zentraloerwaltung des Reichseinheilsoerbanves des deutschen Gaststättengewerbes uns Sem Reichssachjchaitswarr der Galt» stältenangeitellten. Pg. Sander vereinbart worden, daß grund­sätzlich allen Angestellten Gelegenheit gegeben werben »oll, da» Weihnachtsiest in Ser Familie zu »eiern. Deshalb »ollen ,» ganzen Reich die Gaststättenbetriebe nach Möglichkeit am Heilig­abend »m S Uhr nachmittags schließe«. Wo ein Bevürinis zu» Ossenhalten über 5 Uhr hinaus vorl-egt. sind Ausnahmen nur mit Genehmigung Ser Eauverwaltm-g des Reichseinhelrsvre» bovdes zulässig: aber auch in dieken Fällen sollen nur unverbei- ! rarere Arbeitnehmer zur Dienstleistung herangezogen weroe».

Uraufführung des SB.-Mws ..Haus Weffmar*

Berlin, 14. Dez. Im Kapitol fand die Uraufführung Ses SL.» FilmsHans Weitmar" statt, der nach dem BuchHorst Wessel" von Hanns Heinz Toers gedreht worden ist und ursprünglich al» Horst-Wessel-gilm herauskommen sollte. Der Film ist seiner­zeit aus Veranlassung von Reichsmii.ister Dr. Eöbbels als Horst» Wessel-Film verboten worden, da man die Zeit zur Verfilm«»! des Schicksals Horst Wessels, de» Märtyrers und Vorbildes ser nationalsozialistischen Bewegung noch nicht für gekommen er» ochtet. Der Film »st teilweise abgeände« morden uns in der neuen Form kreigegeben. Zur Uraufführung im Kapitol wäre» zahlreiche höhere SA.-Führer erschienen, ferner führende Männe» Ser Nationalsozialist scheu Bewegung sowie der früher» Kr«n» prinz. Der Film wurde vom Publikum mit außerordentlich gr» ßcm Beifall ausge loinmrn. Besonder» eindrucksvoll ist die vom Auslandsprrssrchef der NSDAP.. Dr Ernst Hanfstängl. l omp nie«« Trauermustk