Amis- und Anzeigeblatt für den Gberamtsbezirk (Lalw. 89. Jahrgang.
Nr. 2^0.
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Mittwoch, -rir y. September
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Sie ieuWu Armeen setzen kamsend ihren SiegesmM nrt.
Vor Paris.
Kopenhagen, 8. Sept. Nach Berichten aus Paris ist eine große Schlacht seit gestern mittag zwischen den feindlichen Heeren östlich von Paris im Gange. Es wird längs der ganzen Front gekämpft. Seit heute früh hört man den Kanonendonner, den man in den letzten Tagen wie ein dumpfes Rollen vernahm, klar und deutlich Schlag auf Schlag, als stünden die Geschütze an der äußeren Linie der Forts. Am heftigsten ist das Feuer in der Richtung von Maux. Paris ist ruhig, doch ist die Spannung fieberhaft und unerträglich. Maux liegt an der Marne etwa 25 Kilometer von Paris.
30 französische Flugzeuge in Reims erbeutet.
Berlin, 8. Sept. Der Berichterstatter der „Köln. Ztg." meldet aus Reims, daß die Beschießung nur einige Wohnhäuser betroffen hat und daß die Kathedrale kaum sichtbar beschädigt sei. Bei der Durchsuchung nach französischem Flugmaterial fand man in der Fabrik von Duperdussin in einem Schuppen versteckt, 10 französische Doppeldecker und M Eindecker mit der französischen Trikolore und mit gefüllten Benzintanks: Augenscheinlich waren alle Flugzeuge fahrbereit. In einem Nebenraum wurden 30 bis 40 Gnome- und andere Motore gefunden, alle in gutem Zustand, dazu zahlreiche Ersatzteile. Der Wert der gefundenen Aeroplane beläuft sich auf 1 Million Mark.
Einnahme von Reims durch eine sächsische Husarenpatrouille.
Wir lesen in der Südd. Zeitung: Großes Hauptquartier, 7. Sept. Da am 7. September noch nicht bekannt war, oh die Aussagen der Landeseinwohner, Reims sei von den Franzosen verlassen, auf Wahrheit beruhten, beschloß Rittmeister v. Humbracht, mit einer Patrouille festzustellen, ob das Fort Vitry- les-Reims nordwestlich von Reims gegnerfrei und, wenn möglich die Stadt Reims durch einen Ha n d- st re ich zu nehmen sei. Unter den zahlreichen zu diesem kühnen Husarenstückchen sich meldenden Freiwilligen wählte der Rittmeister aus: Oberleutnant v. Steinäcker, die Leutnants Martiny uich v. Wald ow, Fähnrich Jäckel, Unteroffizier Dr. Arnold, Trompeter Zwahlen und die Humen Knappe, Krause, Buse, Reinald, Rohne, Starge. Auf Waldwegen galoppierte die Patrouille bis zum Tor Vitry-les-Reims. Sechs Kilometer nordwestlich der Stadt traf sie unterwegs angelegte, aber geräumte Verteidigungsstellungen vor. Das Fort erwies sich als geräumt. Gegen 9 Uhr abends erreichte die Patrouille die Stadtgrenze und nahm in den von Neugierigen gefüllten Straßen einen französischen Infanteristen gefangen. Die Pa- nouille zog dann vor das Rathaus, wo sie dem mit °en Ratsherren versammelten Bürgermeister er- Mrte, daß die Stadt in deutschem Besitz sei. Der Bürgermeister wurde als Geisel für die Sicherheit der deutschen Truppenmacht für gefangen erklärt und in den Sitzungssaal der Mairie geführt, wo nach Absendung des Leutnants Martiny mit der Meldung über die Besitznahme von Reims an die -vwision und das Oberkommando der Rittmeister unt dem Leutnant v. Waldow und dem Unteroffi- zwr Dr. Arnhold abwechselnd Wache hielten, wäh- vem> die Mannschaften mit den Pferden und der Fähnrich Jäckel Bürgerquartiere bezogen. Gegen 5 Uhr morgens verließ die Patrouille, da sie bei ihrer genügen Stärke nicht länger wagen durfte, Reims besetzt zu halten, die von ihr genommene Stadt und
kehrte an der Spitze der mit Musik in Reims einziehenden Brigade v. Suckow zurück. Reims ist durch diesen kecken Handstreich fest in unserem Besitze. Die Einwohner verhalten sich verständig gegen die jetzt sehr starke deutsche Besatzung. W. Scheuermann, Kriegsberichterstatter.
Frankreichs Absichten gegen die Schweiz
Aus bester Quelle erfahren wir, daß in den Tagen des Kriegsausbruchs französische Offiziere in Frauenkleidung und mit Dynamit versehen von den Schweizer Behörden in der Nähe des Hauensteintunnels (der die Verbindung zwischen Bern und Basel—Zürich bildet) abgefaßt wurden. Die französische Heeresleitung hatte also die ernsthafte Absicht, den Durchmarsch durch die Schweiz zu versuchen, da sie darauf ausging, die Hauptstraße zu zerstören, auf der die Schweizer Armee ihr an die bedrohten Pässe des Berner und Neuenburger Jura entgegeneilen mußte. Daß dieser Versuch unterblieb, ist aber gewiß nicht der mißlungenen Tunnelsprengung zu verdanken, sondern dem deutschen Durchmarsch durch Belgien, der die Entscheidung mit einem Ruck aus dem Süden, wo die Franzosen sie geplant hatten, nach dem Norden verlegte. Der französische Kriogsplan, den man längst kannte und auf den man sich namentlich in der Schweizer Armee seit Jahren vorbereitet hatte, ging dahin, das Oberelsaß von Belfort und den Vogesen aus anzugreifen, gleichzeitig aber durch den Jura in die Nordostschweiz einzubrechen, von hier etwa bei Säck- ingen oder Schaffhausen über den Rhein zu setzen, dadurch unsere Rhein-Festungen — Straßburg, Neubreisach, Jstein und Tüllingen — zu umgehen und unserer gesamten Aufstellung in den Rücken zu fallen. Es ist kein Zweifel, daß die Schweiz sich dagegen energisch zur Wehr gesetzt hätte und daß die deutsche Armee dann auch ihrerseits den Einmarsch in die Schweiz sofort hätte vollziehen müssen, um den Rhein- Übergang zu verhindern. Die Schweiz also war nach der französischen Absicht zum entscheidenden Kriegsschauplatz ausersehen. Vielleicht merken sich dies die Schweizer Blätter, die — wie z. B. die immer noch franzosenfreundliche „Neue Züricher Zeitung" — von der beklagenswerten Verletzung der belgischen Neutralität reden! Die Beseitigung dieser angeblichen, in Wahrheit gar nicht mehr vorhandenen Neutralität Belgiens hat die Neutralität der Schweiz gerettet.
Die wissen schon, wo sie hingehören.
Daß französische Rekognoszierungsabteilungen am Flusse Qureg auf deutsche Vortruppen gestoßen seien, wird von dem militärischen Mitarbeiter des Lokalanzeigers für wohl möglich gehalten. Diese deutschen Truppen dürften zu denen gehören, die Paris im Osten abzuschneiden hätten. Stark wären sie natürlich noch nicht und es erscheine glaublich, daß sie sich nach einem unbedeutenden Gefecht auf ihr Eros zurückzogen.
Also doch!
Berlin, 8. Sept. (Amtlich.) Beim Kriegsministerium ging heute folgende Mitteilung des Armeekommandos der 6. Armee ein: Der Leutnant der Reserve, Bader, Führer des Feldfernsprech- abteilungsdetachements Kämpffer, hat hierher gemeldet, daß er bei Einrichtung einer Feldtelegraphenstation in Longwy eine große Menge von angebohrten Jntanteriegeschossen, die in Kisten verpackt waren, vorgefunden habe. Ein Stück ist bei
gefügt. Das Geschoß der beigefügten Patrone zeigt an der Spitze eine liefe, von einer Maschine hergestellte Einbohrung und ist somit ein sog. Dum- Dum-Eeschoß.
Die Engländer warten vergebens auf die große Seeschlacht.
Das Berliner Tagblatt meldet aus Rom: Der Londoner Korrespondent des Eiornale d'Jtalia stellt die bittere Enttäuschung des englischen Publikums fest, das vergebens auf die große Seeschlacht mit der Vernichtung der deutschen Flotte warte. Dieses Warten sei um so peinlicher, als das deutsche Landheer täglich in Frankreich vordringe. Außerdem müssen die Einwohner von fortwährenden kühnen Vorstößen der Torpedoboote hören. Einige deutsche Torpedobootsgeschwader hätten sogar die englische Blokade durchbrochen und seien an der Ostküste Englands erschienen. Eine längere Fortdauer dieses Hangens und Bangens und die Untätigkeit der englischen Flotte wird auf die englische Volkspsyche höchst niederschmetternd wirken.
Englische KriegsreLlame.
In England scheint der Krieg trotz aller Anstrengungen nicht propulär werden zu wollen. Der gezwungene, gewaltsam begeisterte Ton seiner Barden läßt darauf schließen. Aus Rotterdam wird gemeldet : Englands amtlicher, mit Lorbeeren gekrönter Dichter Bridges schreibt in der „Times", daß „dies sichtlich ein Krieg zwischen Christus und dem Teufel ist". Das englische Volk soll einsehen, daß ein Krieg ein heiliger Krieg ist. Herr Kipling dichtet in der „Times": „Erhebe Dich und mache Dich auf zum Krieg. Der Hunne ist an der Pforte."
Der Mann weiß nicht, daß er die schönste Satyre schreibt. (Die Red.)
Jetzt müssen nackte Waden für die englische Niederlage herhalten.
Der Manchester Guardian weist auf die auffallende Tatsache hin, daß fast alle Hochländer, die verwundet zurückkehren, Verwundungen an den Beinen haben. Er erklärte dies damit, daß die nackten Waden der Hochländer in der Sonne weithin sichtbar sind und dem Feind ein vorzügliches Ziel bieten.
Englische Araberfurcht in Aegypten.
Prof. Dr. med. Hans Much, der bisher in Aegypten von englischer Seite festgehalten wurde und dem es geglückt ist, nach Hamburg zurü^ukehren, erzählt im „Hamburger Korrespondent" über die Lage in Aegypten nach Ausbruch des Krieges u. a.: Schon mehrere Tage vor der englischen Kriegserklärung wurde die postalische Verbindung zwischen Deutschland und Aegypten abgebrochen. Nachdem England den Krieg erklärt hatte, wurde sofort in Kairo ein Edikt erlassen, in dem es den neutralen Schiffen aufs strengste verboten wurde. Deutsche zu befördern. Der erste öffentliche Akt Englands nach der Kriegserklärung war eine Bekanntmachung, in der es bei strengster Strafe verboten wurde, einem Deutschen in irgend einer Weise Hilfe zu leisten. Jedes Kabel war von englischen Offizieren besetzt, die die Nachrichten korrigierten. Was dabei herauskam, geht daraus hervor, daß bei unserer am AI. August erfolgten Abreise von der englischen und französischen Presse mit Extrablättern und auf gewöhn-