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Gegründet 1877

Allgem. Anzeiger für die Bezirke Naqold, Talm u. Freudenskadt Amtsblatt für den Bezirk Nagold u. Altmsteia-Stabt

Nummer 211

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Altensteig, Monrag, den 11. September 1933

5k. Jahrgang

SA.-Auto Abhang blmmtergeMzt

Das badische Sms Oschelbronn eiaMchett

Insgesamt sin- 20Z Baulichkeiten, darunter 8 Z Wohnhäuser durch das Feuer zerstört. Ser Gebäude­schaden beziffert W auf rund 1 Million Mark. SbdachloS sind etwa Ivo Familien mit 3Z7 Köpfen

9 Tote, 30 Verletzte

Wuppertal, 19. Sevt. Ein mit etwa IS SA.-MSnner« au» Bochum besetzter Lastkraftwagen stürzte auf der abschüssige« Solinger Strotze bei Kohlscheid einen steilen Abhang hinunter. S SA--Män«er wurden getötet, 30 verletzt.

Der aus Bochum stammende Lastkraftwagen war mit etwa 18 SA--Miinnern der Standarte 3 17 Bochum besetzt. In Kohl­scheid, das um 19.15 Uhr erreicht wurde, muhte die abschüssig« Solinger Strotze befahren werden. Vermutlich hatte dabei der Fahrer die Krümmung der S-Kurve und ihre Gefahren un­terschätzt. Mitten in der Kurve gelang es ihm nicht mehr, deu Wagen herumzureiben, dieser sauste über den Strabenrand deu steilen Abhang hinunter, sich dabei mehrfach überschlagend. Die Insassen wurden aus dem Wagen herausgeschleudert. 8 SA--Män- »er konnten nur als Leichen geborgen werden, 32 mutzten mit teils schweren Verletzungen in die Krankenhäuser in Solingen transportiert werden. Die sofort alarmierte Sanitätsmannschaft and die Feuerwehr leistete die erste Hilfe. Eine Untersuchungs­kommission wurde sofort an Ort und Stelle entsandt.

Das schwere Autounglück hat nach neueren Ermittlungen 9 Tote und 28 Schwer- und 3 Leichtverletzte gefordert.

Zum Autounfall in Solingen

Düsseldorf, 10. September. Zu dem Autounfall er­fahren wir noch folgendes: Die Ursache des Unfalls ist noch nicht festgestellt. Das SA.-Sportsest der Standarte 53 in Solingen-Wald wurde auf die Nachricht von dem Un­glück hin gegen 3 Uhr abgebrochen. Der Standarten­führer Schönhoff hielt eine Traueransprache, worauf die einzelnen Stürme in ihre Heimat entlasten wurden. Die aus Anlast des Sportfestes reich gehißten Fahnen wurden von der Bevölkerung nach Bekanntwerden des Unglücks auf Halbmast gesetzt.

Vier Wochen Trauerflor für die westfälische SA.

Dortmund, 10. September. Nach Bekanntwerden des schweren Autounglücks der SA. bei Solingen fuhren so­fort der SA.-Eruppenführer von Westfalen, Polizeipräsi­dent Schepmann, der Gauleiter von Westfalen-Süd, Staatsrat Wagener, der Kreisleiter von Bochum, Reichs­tagsabgeordneter Riemenschneider und Gauwirtschafts- beruter Pleiger zur Unglücksstätte und zu den verletzten SA.-Männern. Der SA.-Eruppenführer hat angeordnet, daß sämtliche Standarten der SA., Gruppe Westfalen, für die Dauer von vier Wochen Trauerflor zu tragen haben.

Terror an der Saar

Eingriffe der französischen Erubenverwaltung im Saar­gebiet in die Freiheit der Religionsübung

Saarbrücken, 9. Sept. Die Unterdrückung der Saardeutscheu nimmt immer schärfere Formen an. So hat jetzt die General­direktion der französischen Grubenverwaltung dem Pfarrer der katholischen Kirche von Maybach nntgeteilt, daß ihm die Ver­fügung über die Kirche entzogen wird, und ihn ersucht, das Aller- heiligste und die Kultgegenstände abzuholen. Um zu vermeiden, daß die Gegenstände religiöser Verehrung womöglich mit Gewalt durch die Franzosen entfernt würden, kam der Pfarrer dieser Aufforderung nach

Anlaß zu dem in seiner Art wohl einzig dastehenden Ultima­tum der Grubendirektion ist folgender Tatbestand: Entsprechend den bekannten Methoden der Unterdrückung der deutschgesinnten Bevölkerung wird den auf der GrubeMaybach" angestellten Deutschennahegelegt", das berüchtigte SeparatistenorganGe­neralanzeiger" zu abonnieren. Im Falle der Weigerung werden non der Grubenverwaltung Maßregelungen angedroht. Gegen diesen juristisch unzulässigen und moralisch verwerflichen Ge­wissenszwang ist der katholische Pfarrer in einer Predigt auf­getreten, in der er eine derartige Ausnützung der abhängigen Stellung und wirtschaftlichen Notlage eines Menschen als him­melschreiende Sünde bezeichnet«. Obwohl diese Predigt vor Seitl­ichen Katholiken gehalten wurde und obwohl die Kirche m -Naybach schon seit Jahren nur noch von deutschen Katholiken besucht wird, glaubt« die französische Grubenverwaltung sich be­rechtigt. dem Pfarrer jede künftige Kulthandlung in der Kirche zu untersagen, wobei sie sich darauf berief, daß die Kirche im 2ahre 192S für die damals in größerer Anzahl beschäftigten fran­zösischen Katholiken erbaut worden sei. Auf die Antwort des Pfarrers, er werde auch fernerhin pflichtgemäß di« Gottesdienste abhallen, ist dann die Aufforderung zur Entfernung der Kult- gegenstände «folgt.

Pforz beim, 19. Sept. In dem etww 1599 Einwohner zäh­lenden Dorfe Oeschelbronn herrscht feit Sonntag vormittag ei« furchbarer Brand. Er nahm seine» Ansgang in einer Scheune im oberen Teil der Ortschaft und verbreitete sich bei dem starke« Ostwind mit ungeheurer Schuelligkeat. Der Bevöl­kerung bemächtigte sich eine gewaltige Panik, das Vieh wurde auf die Felder getrieben. Bis 2 Uhr nachmittags wurde gemel­det. dah dem Brande ungefähr

19 Auwesen rum Opfer gefallen sind.

Das Feuer ist »och «icht gelöscht und man befürchtet, daß das ganze Dorf de« Flamme« zum Opfer fällt. Sämtliche Feuerweh­ren der Umgebung, auch die von Stuttgart und Karls­ruhe sind zur Hilfeleistung herbeigeeilt. SA., SS. und Polifzei sorgen für Absperrung.

4 Uhr nachmittags. Der tiefer gelegene Ortsteil des etwa 2 Kilometer von hier entfernt liegenden Dorfes Oeschelbronn liegt vollständiginSchuttundAsche. Ans den Ruine» lodern immer noch dicke Rauchschwaden und Flamme« prasseln drrvor.

Abgebrannt sind etwa 52 Anwesen, obdachlos üb - Familie». Die Rot ist grob. Der Brand wütet mi: derter Heftigkeit fort.

Um 1.39 Uhr wnrde im Osttett des Ortes ein neue« Brandherd gemeldets Es geriet ein bisher vom Feuer oer» schoutes Anwesen in Brand, sodatz die umliegende» Häuser so­fort geräumt werden mutzten. Der Brand hat bisher zahlrei­che Rauchvergiftungen und einige Verletzungen gefor­dert. Die Brandurfache ist »«bekannt.

Das Feuer wütet weiter

Trotz der todesmutigen Anstrengungen der Fenerwehren, der Polizei, SA. und SS. ist es bisher nicht möglich gewesen, da» Feuer einzudämmen. Neuerdings liegt der Ort in einem rie» figen Flammenmeer. Die Zahl der zerstörte« Anwesen ist auf über 59 angewachsen, die der obdachlosen Familie« dürfte über 199 erreichen. Der Ort «mfatzt über 329 Gehöfte. Es herrscht völliger Wassermangel, es fehlt sogar an Trink- wasser. Die Not und Verzweiflung der Bevölkerung ist unbe­schreiblich. Um dem Feuer Einhalt zu gebieten, müsse« Sprensuugen vorgenommen werden.

Sonntag nachmittag 1.39 Uhr wurde auch die Stuttgarter Feuerwehr zu dem Grobfeuer «ach Oeschelbronn herbeigerogea. Unter Leitung von Baurat Bender rückten die Feuerwache 2 Stuttgart und die Feuerwache 3 Eauuftatt mit ihre« Motor­spritzen aus.

Bis abends waren dem Brande i« Oeschelbronn bereit» 92 Anwesen mit 169 Gebäuden rum Opfer gefallen.

Das Riesenfeuer in Oeschelbronn eingedämmt

1 Uhr nachts. Die Gefahr einer Ausbreitung des Brandes ist nunmehr gebannt. Insgesamt find 293 Baulichkeiten, darun­ter 83 Wohnhäuser, durch das Feuer zerstört worden. Der Ge- bändeschaden beziffert sich auf rund 1 Million Mark. Obdachlos find etwa 199 Familien mit 357 Köpfen, die für heute Nacht notdürftig zumeist im Dorfe «ntergebracht find. Als Brand­ursache wird fahrlässige Brandstiftung vermutet. Die Witwe Vreitenstein, in deren Scheune der Brand zum Ausbruch kam, sowie ihr Sohn wurden vorläufig festgenommen. Eine Pionier­kompagnie von lllm ist unterwegs und wird noch diese Nacht hier eintreffen, um di e Aufräumungsarbeiten und melleicht noch notwendig werdende Sprengarbeiten durchzuführen.

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Der Brand brach während des Kirchgänge 9.15 Uhr im An­wesen der Witwe Vreitenstein in der Bachstraße aus. Das Feuer breitete sich infolge des herrschenden starken Ostwindes außerordentlich rasch aus. Die Bevölkerung stand den Elementen machtlos gegenüber und bemühte sich, die Fahr­nisse sowie den Viehbestand in Sicherheit zu bringen. In der Straße, wo der Brand ausgebrochen war, herrschte ein schreck­liches Durcheinander. Die SA., die Feuerwehr, überhaupt alles, was zum Kampf gegen das Feuer eingesetzt war, war schon am Nachmittag mitdemEinreißenderinVrand stehenden Gebäude beschäftigt. An einigen Stellen wurde der Versuch zum Sprengen unternommen, der aber leider mißlang. In den späteren Nachmittagsstunden wurde der Ver­such aber erneut unternommen, und zwar am linken Flügel des Brandherdes. Dieses gelang auch tatsächlich, so daß dem Feuer Einhalt geboten werden konnte. In Richtung Niefern dehnte sich aber inzwischen das Feuer immer mehr aus. Die Bewoh­ner der vom Feuer bedrohten und angrenzenden Häuser waren mit dem Ausräumen der Häußer schon fertig. Der Mangel an Arbeitskräften war zuerst derart groß, daß auch die Zivilisten

zum Wassertragen herangeholt wurden, so daß manche Garderobe der Voriiberziehenden notlitt.

Das Schlimmste war der herrschende große Wassermangel. Man legte Schlauchleitungen von vier Kilometer Länge zum benachbarten Niefern, um so das Feuer wenigstens einigermaßen bekämpfen zu können. Die Ur­sache des Brandes ist unbekannt. Man vermutet jedoch, daß es durch einen Kaminbrand entstanden ist. Die Bevölkerung, die nicht voll versichert sein dürfte, ist schrecklich niedergeschlagen. Die Wiese vor dem Ort ist voll von Möbeln und Hausrat aller Art, das Vieh ist an Bäume gebunden, einzelne Frauen sitzen beispielsweise bei den geretteten Habseligkeiten und hüten die kleinen Kinder. Dauernd werden neue Häuser geräumt, um so wenigstens noch die Fahrnisse zu retten. Wie man neuerdings hört, soll an einem anderen Teil der Ortschaft ebenfalls Feuer ausgebrochen sein, das vielleicht auf Flugfeuer zurückzuführen sein dürfte.

Die gesamte Pforzheimer Polizei mit Gendarmerie ist ein­gesetzt, um den Verkehr einigermaßen zu regeln, denn sehr bald setzte von Pforzheim und den umliegenden Ortschaften eine wahre Völkerwanderung zum Vrandplatz ein. Die Katastrophe schreitet fort, und das Unheil wird derart groß, daß es nicht auszudenken ist. Die Aufräumungsarbeiten werden immer noch fortgesetzt, selbst die Kirche wird nun in Angriff ge­nommen, da auch diese vom Feuer sehr stark bedroht ist. Das lleberfallkommando fährt mit Sprengungen fort, um zu ver­suchen, dem Feuer Einhalt bieten zu können. Die Verbreitung nach links gegen die Kirche schreitet unausbleiblich fort. Der Brand erhält in den eng aneinander gebauten Häusern immer neue Nahrung. Ein Löschen ist nicht möglich. Der Wasserdruck der von dem höher gelegenen Niefern gezogenen Schlauchleitun­gen ist zu groß: die Schläuche zerrissen. Sehr viel Wasser wird von den Bauern aus Niefern durch alle möglichen Fahrzeuge beigebracht, um Trinkwasser sowohl für Menschen als auch für das Vieh, das im Freien lagert, beizuschaffen. Einzelne Stra­ßenzüge, wie die Bachstraße, die Bergstraße, die Luisenstraße, stnd vollständig niedergelegt, so daß damit zu rechnen ist, daß vielleicht nur ein Viertel des ganzen Ortes ge­rettet werden kann. Für das Ausmaß des Feuers ist bezeichnend, daß in Pforzheim, das, in der Luftlinie gemessen, 10 Kilometer entfernt liegt, brennende Strohbüschel nieder­gingen.

Ein besonderer Zusall war es, daß ein Feuerwehrmann aus Niefern nicht tödlich verunglückte, sondern gerade noch mit einem blauen Auge davonkam. Als man eine Sprengladung angelegt hatte, und er noch durch das Haus eilte, um sich in Sicherheit zu bringen, brach das Haus in sich zusammen. Aus den Staub­wolken erschien aber wieder der Kopf des Feuerwehrmannes, der nur einige leichtere Kopfwunden davontrug. Während des Tages, als das Feuer gerade am schlimmsten tobte und am Was­ser ein großer Mangel war, wurde sogar mit Jauche das Feuer bekämpft.

Aufruf -es ReWstatthalters von Baren au das deutsche Volk

Pforzheim, 10. September. Der Reichsstatthalter in Baden» Dr. RobertWagner, hat von derBrand» statte Oeschelbronn aus folgenden Aufruf erlassen:

An alle deutschen Volksgenossen!

Die Gemeinde Oeschelbronn ist von einer furchtbare« Brandkatastrophe betroffen worden. Es ist jetzt 8 Uhr abends. Seit heute vormittag 11 Uhr wütet das Feuer. Die Hälfte des Dorfes liegt bereits in Trümmern und noch ist kein Ende der Feuersbrunst abzusehen.

Wenn auch glücklicherweise keine Menschenleben zu be­klagen sind, so ist doch die Not und das Elend der betrof­fenen Bevölkerung entsetzlich.

In dieser Stunde rufe ich, tief erschüttert von dem ent­setzlichen Unglück, welches die badische Grenzmark betroffen hat, alle deutschen Volksgenossen auf zur schnellen Hilfe für die unglücklichen Bewohner der Gemeinde Oeschelbronn. Geldspenden sind zu richten an die Stadt. Sparkasse Karls­ruhe unter dem VermerkBrandkatastrophe Oeschelbronn".

Der Reichsftatthalter hat aus einem ihm zur Ver­fügung stehenden Fond einen Betrag von 1V V0V Mark zur Linderung der größten Not überwiesen.