Gegründet 187/

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Allgem. Anzeiger für die Bezirke Nagold. Calw u. Freudenstadt Amtsblatt für dm Bezirk Nagold u. Altensteig-Stadt

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Altensteig, Dienstag, den 2V. Zuni 1933

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Stuttgart, 19. Juni. Von zuständiger Seite wird «itgeteilt: Der ehemalige wiirtt. Staatspräsident Bolz wurde wegen der bekannten Vorgänge anläßlich des Ka­tholikentages in Salzburg in Schutzhaft genommen.

lieber die Vorgänge vor dem Polizeipräsidium, die dazu ge­führt haben, daß Dr. Bolz in Schutzhaft genommen wurde, wird berichtet, daß Dr. Bolz beim Verlassen des Gebäudes von der Menge mit stürmischen Pfui-Rufen und dem Rufe:Landes­verräter" empfangen wurde. Die Menge durchbrach die Absper­rung und konnte nur mit Mühe von dem Eindringen auf das Auto und von Tätlichkeiten zurückgehalten werden, klebrigen« war die Menge vorher von einer maßgebenden Persönlichkeit dringend gewarnt worden, sich zu unüberlegten Handlungen hin­reiben zu laßen, da die Polizei mit Len schärfsten Mitteln Vor­gehen werde. Trotzdem konnte nicht verhindert werden, daß beim Erscheinen und während der Abfahrt des Autos mit allerlei Eegenständen geworfen wurde.

Nach einem Bericht derSüdd. Zeitung" hatte Dr. Bolz eine Vorladung vor die Politische Polizei erhalten. Dies wurde be­kannt und die Massen belagerten dann das Gebäude. Um 1.3« Uhr lag noch kein Haftbefehl vor, obgleich Dr. Bolz um diese Zeit immer noch im Polizeipräsidium war. Die Vernehmung hat Dr. Stahlecker von der Politischen Polizei geleitet. Ganz langsam wurde Dr. Bolz, von SA. bewacht, herausgeführt und in das bereitstehende Auto gebracht. Als Dr. Bolz am Eingang erschien, erschollen stürmische Entrüstungsrufe. Verwünschungen wurden laut, Fäuste streckten sich ihm entgegen. In dem offenen Auto saßen vier SA -Männer Kaum hatte Dr. Bolz Platz ge­nommen, da flogen auch schon alle möglichen Wurfgeschosse in den Wagen. Die SA. hatte alle Mühe, den Ansturm der wüten­den Masten abzuwehren. Wegen der vielen Menschen konnte das Auto nur ganz langsam vorwärts kommen, s DerNS.-Kurier" bestätigt, daß Dr. Bolz zu seiner eigene« Sicherheit in Schutzhaft genommen werden mußte. Das Blatt erinnert an die Haltung, die Dr. Bolz früher gegen die Natio­nalsozialisten eingenommen hat und an seine Aeutzerungen in Salzburg Es schreibt dazu: Als Dr. Bolz in Oesterreich war, handelte es sich gerade darum, in der Christlich-sozialen Partei den weiteren Kurs festzulegen. Damals wurde auch der Kurs festgelegt, der zu der heutigen außerordentlichen Verschärfung der Lage geführt hat. Das eine steht außer jedem Zweifel, daß Dr. Bolz in seinen Ausführungen diesen Kurs nach Kräften ver­schärft hat. Das Blatt berichtet weiter. Dr. Bolz habe bei seiner Vernehmung seine Aufforderung an die Christlich-sozialen, die nötigen Reformen mit Mut und Entschlußkraft durchzuführen, als belanglos hinzustellen versucht. Schließlich berichtet noch der NC.-Kurier", daß die grenzenlose Empörung der nach Tausenden zählenden Masse kaum zu bändigen war. Von einer Reihe SS.- Männer wurde Dr. Bolz in das Auto geleitet. Kaum trat er ins Freie, brach die Menge in stürmische Zurufe aus und versuchte mehrmals, die Absperrung zu durchbrechen. Nur mit äußerster Mühe gelang es den SS.-Männern, die immer bedrohlicher And gefährlicher werdende Situation zu beherrschen und die Masten zurückzudrängen. Es war ursprünglich geplant, Dr. Bolz uach Hause zu bringen, aber angesichts der Haltung der Masten drückte der ehemalige Staatspräsident selbst den Wunsch aus, sofort nach Ludwigsburg überführt zu werden. Dr. Bolz wird mis den Asverg verbracht werden, wohin der Leiter der Politi­schen Polizei. Dr. Mattheiß, sich sofort begab, um seine Unter­kunft vorzubereiten. Eine Unmenge von größeren und kleineren Wagen begleiteten Dr. Bolz auf seiner Fahrt.

Sie deutsche Jelegation verläßt die ArbeMvnsereaz

Genf, lg. Juni. Dem Präsidenten der 17. Tagung der Jnter- »ationalen Arbeitskonserenz hat der deutsche Regierungsver­treter, der deutsche Arbeitgebervertreter und der deutsche Arbeit- uehmervertreter am Montag folgende Erklärung übergeben:

Zu Beginn der Konferenz sind in einer Eruppensitzung der Arbeitnehmer überaus schwere Beleidigungen gegen Deutschland und seine Delegierten gefallen. Diese Md. wie nun in aller Deutlichkeit gesagt werden mutz, von dem «ersitzenden der Gruppe, trotz der Bitte um Zurückweisung und «« Schutz der deutschen Interessen bis jetzt nicht zurückgewiesen worden.

Anschließend daran brachte» Genfer Zeitungen Aeutzerungen, die der deutsche Arbeitnehmervertreter, Herr Dr. Ley, auf einer Prstebesprechung getan haben soll- Herr Dr. Ley hat alle ihm unterstellten Aeutzerungen entschieden in Abrede gestellt und öffentlich dementiert. Darüber hinaus ist von den maßgebenden deutschen Stellen erklärt worden, daß Deutschland größte» Wert »oge aus freundschaftliche Beziehungen zur Bevölkerung aller Län­der, insbesondere auch zu den südamerikanische« Staaten.

Besten ungeachtet wurde auf sogenannten offiziösen Tagungen k» "*beitnehmergruppe der Konferenz, zu denen man den deut- Mn Delegierten de» Zutritt brüsk verweigerte, der abgetane «orfall wiederholt besprochen und alsdann von dem Vorsitzenden reser Gruppe össentlich behandelt. Diese sogenannte» offiziösen Tagungen sind durch Verlautbarungen in de« amtlichen Druck?

Wien, 19. Zuni. Nach einer Meldung der Amtlichen Nachrichtenstelle sind auf Beschluß des Ministerrates die SA.- und SS.-Abteilungen und der Vater­ländische Schutzbund aufgelöst worden. Der Ministerrat beschloß ferner, der österreichischen National­sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei jede Betäti­gung in Oesterreich und insbesondere auch die Bil­dung irgendwelcher Parteiorganisationen zu verbieten.

Verbot der NSDAP, in Oesterreich Das amtliche österreichische Kommunique Wien, 19. Juni. Die Amiliche Nachrichtenstelle meldet: Der Bundeskanzler Dr. Dollfuß rief sofort nach Erhalt der Nachricht von dem Anschlag auf eine Assistenz-Kompagnie in Krems den Ministerrat zusammen, der bis in die späten Abendstunden tagte. Der Sicherheitsminister berichtete, daß die polizeiliche Untersuchung und die teilweisen Geständnisse der Verhafteten bezüglich der letzten Sprengstoffattentate in Wien einwandfrei erwiesen haben, daß die Teilnehmer an diesen Attentaten der NSDAP, und deren Schutzstaffeln (SS.- und SA.-Abteilungen) angehören. Aufgrund dieser Tatsachen beschloß der Minister­rat, die SA.- und SS.-Abteilungen sowie den Vaterländischen Schutzbund aufzulösen und der Oesterreichischen NSDAP. (Hit­lerbewegung) jede Betätigung in Oesterreich und insbesondere auch die Bildung irgendwelcher Parteiorganisationen zu ver­bieten. Damit sind auch alle Abteilungen der Partei verboten. Bezüglich der Vorfälle in Krems find alle Maßnahmen getrof­fen worden, um Weiterungen restlos zu verhindern. Die strengste Untersuchung ist eingeleitet.

Der Eindruck des Verbots der österreichischen RSDAP. in Berlin Berlin, 19. Juni. In Berliner politischen Kreisen hat das Verbot der NSDAP, in Oesterreich keine besondere Ueber- raschung ausgelöst. Die Vorgänge der letzten Wochen haben bewiesen, daß die Regierung Dollfuß seit langem auf dieses Ziel hinarbeitete. Ohne Beweise dafür zu erhalten, sind von österreichischer amtlicher Seite die Anschläge, die sich u. a. in Innsbruck, in Wien und heute in Krems ereigneten, den Natio­nalsozialisten zur Last gelegt worden, um auf diese Weise Maß­nahmen gegen die Partei ergreifen zu können. Die österreichi­schen Nationalsozialisten haben ihrerseits demgegenüber wieder­holt mit aller Entschiedenheit erklärt, daß sie mit den Attentaten nichts zu fun hätten und jede Illegalität aufs schärfste mißbil­ligten. Wenn sich die österreichische Regierung trotzdem dazu entschlossen hat, der NSDAP, jede Betätigung in Oesterreich zu untersagen und die nationalsozialistischen Formationen auf- . zulösen, so muß ihr die Verantwortung für dieses Verbot über- j lassen bleiben, dessen Folgen noch nicht abzusehen sind. Der ^ Vormarsch der nationalsozialistischen Bewegung in Oesterreich ^ wird allerdings auf diesem Wege nicht aufzuhalten sein. -

sachen der Konferenz zustande gekommen, obwohl wir gegen de» nicht korrekten Vorgang zu verschiedenen Malen, leider ver­geblich, anzu st ändigerStelleEinsprucherhobe» habe». Wir erblicke« in den bezeichneten Vorfällen eine schwere Beleidigung der deutschen Abordnung in ihrer Gesamtheit.

Angesichts dieser Sachlage sieht sich die deutsche Delegation gezwungen, die Konse-enzzu verlassen. Sie bedauert lebhaft, an der sachlichen Arbeit, z« der sie sich wiederholt schon eindeutig bereit erklärt hat, so lange verhindert zu sein, als de» deutschen Forderungen nicht Genüge getan und den berechtigte» deutschen Beschwerden nicht abgeholse» worden ist.

Gens, den 19. Juni 1933.

gez. Hans Engel, Mausseld, Vogel, Dr. Robert Ley.

Ir. Vöbbels vor der Belegschaft der BW.

Berlin, 30. Juni. In einer von 15 OM Personen be­suchten Generalversammlung der Belegschaft der Berliner Verkehrsgesellschaft sprach heute abend der Minister für Propaganda und Volksaufklärung Dr. Eöbbels.

Dr. Eöbbels führte u. a. aus, daß es der Regierung darauf ankomme, daß das Volk die Entschlußkraft auf­bringe, sich voll und ganz hinter sie zu stellen. Je schwerer und krisenvoller eine Politik sei, umso mehr müßte sie vom ganzen Volk getragen sein. Die Regierung wolle nicht nach Art der Diktatoren auf der Spitze von Bajonetten regieren, sondern wolle im Volk selbst wurzeln und im Volk für alle Fragen der Innen- und Außenpolitik den nötigen Rück­halt haben. Revolutionen seien souveräne Akte und Revo­lutionen schassten deshalb auch souverän einen neuen Rechtszustand. Offene Widersetzlichkeit gegen die natio­nale Revolution, sagte der Minister, werden wir nicht dulden, wollen wir «ns nicht selbst aufgeben. Wir lassen uns von niemand in der Fürsorge und Hilfsbereitschaft für

Handgranatenanschlag auf österreichische Hilfspolizü Zwölf Schwerverletzte

Wien, 19. Juni. Wie aus Krems an der Dona» gemeldet wird, wurde» am Montag nachmittag gegen eine Abteilung Hilfs­polizei, die von einer Hebung zuruckkehrte, drei Handgranate» geworfen, von denen zwei explodierten, während eine unwirksam gemacht werden konnte Von den Hilfspolizisten sollen zwölf schwer und acht leicht verletzt sein. Die Täter entkamen unerkannt in den nahen Wall». Es sollen sofort autzerordentliche Polizei- matznahmen getroffen und ans Wie» Militär »»d Polizei »ach Krems beordert worden sei».

Mißglückter Anschlag auf einen Stausee bei Salzburg

Wien, 19. Juni. Wie dieWiener Allgemeine Zeitung" aus Salzburg berichtet, sind unbekannte Täter in die Ma- schinenräume am Stausee des Salzburger Elektrizitäts­werkes eingedrungen und haben versucht, die Schleusen zu öffnen. Sie haben zahlreiche Apparate zerstört. Nur ihrer fachmännischen Unkenntnis ist es zu danken, daß der An­schlag mißglückt ist. Beim Gelingen des Anschlages wären drei Millionen Kubikmeter Wasser auf zwei Ortschaften in der Nähe von Salzburg niedergebrochen. Salzburg und alle an das Elektrizitätswerk angeschlossenen Industrie­betriebe wären ohne Strom gewesen. Von den Tätern fehlt bisher jede Spur.

Gewisse Wiener Boulevard-Blätter haben versucht, den Anschlag auf das politische Gleis zu schieben und ihn mit den Nationalsozialisten in Zusammenhang zu bringen. Man glaubt jedoch, daß es sich um einen Racheakt entlas­sener Arbeiter handelt.

Ein Mitglied der deutsche» Gesandtschaft in Wien uach Deutschland abgeschoben

Wien, 19. Juni. Das Mitglied der deutschen Gesandtschaft, Hans Lohrs, wurde am Montag nachmittag mit dem fahr­planmäßigen Berliner Flugzeug abgeschoben Cohrs war am Dienstag früh verhaftet worden, hat also eine Woche im Polizei- gesangenenhaus in Wien zugebracht. Lohrs ist als Oberleutnant der deutschen Armee an der Jsonzofront mehrfach verwundet vordem Wegen seiner Arbeit in Kärnten war ihm seinerzeit dio »esondere Anerkennung der Landesregierung ausgesprochen vordem

den Arbeiter übertreffen. Wir haben die bestehenden Ar­beiterorganisationen unmittelbar an den Staat angeschlos­sen und haben zugleich ein großes korporatives Verfas­sungswerk in Angriff genommen. In Bezug auf die ins Ausland geflüchteten SPD.-Führer erklärte Dr. Eöbbels, es gäbe nichts schimpflicheres als ein Emigrantentum, das vom Auslande ans die deutschen Arbeiter auffordere, das zu tun, wozu die Führer selbst zu feige seien. Abschließend erklärte Dr. Eöbbels, die Regierung der nationalen Revo­lution hat ein Programm und den Willen und die Ener­gie, es durchzusetzen. Sie will dem Deutschen nicht nur seine Ehre, sondern auch sein Brot gewährleisten.

_Die Londoner Konferenz

Bemerkungen der de»tsche« Delegation zum Zollproble«

London, 19. Juni. In der Wirtschaftskommission sprach Mi» nisterialdirektor Posse im Namen der deutschen Delegation. E» steht außer Frage, sagte er. daß Beschränkungen im Warenart«» tausch ein großes Hindernis gebildet haben. Wir Deutschen haben besonders stark darunter zu leiden gehabt. Unsere Ausfuhr ist besonders stark gesunken. Des weiteren betonte Posse die Not- Wendigkeit der Erhaltung des Bauernstandes. Er erklärte: Wir Deutschen haben nicht vergessen, daß der Bauernstand das Fun- dament eines Staates rst, und dessen Erhaltung im Lebens­interesse der Nation erforderlich ist. Er betonte die Notwendig­keit, daß zunächst die finanziellen Fragen gelöst werden müßten.

Litwinow regte die sofortigeErörterung des Entschlietznngs- entwurfes an, den die Sowjctdelegation der Vollkonferenz unter­breitet hat, und in dem die Abschaffung aller Akte wirtschaftlichen Angriffs sowie die Verlängerung und Ausdehnung des Tarif­waffenstillstands gefordert wird. Der Präsident Colijn erklärte, es werde besser sein, die in der Entschließung der Sowjetdelega­tion ausgedrückte Idee später zu erörtern, wenn die Kommission Tarife und Vertragspolitik erwäge. Der englische Delegi er t»