Allgem. Anzeiger für die Bezirke Nagold, Calw u. Freudenstadt — Amtsblatt für den Bezirk Nagold u. Altensteig-Stadt
Gegründet 167/
<§egrün-et 1877
Tannen
Aus öen
MW
Itr teleph. erteilte Aufträge übernehme« wir keine Gewähr Rabatt nach Tarif, der jedoch bei ,»richtl. Eintreib, ob. Konkursen hinfällig wird, Lkfällunaeort Altenteil,. Gerichtsstand Nagold. Unzeigrnprei» : Die einspaltige Zeile oder deren Raum 1b Pfg., die Reklamezetle <5 Pfg.
Bezugspreis: Monatl. durch Post t.it -K, durch Agent. 1.4V die Einzelnummer kostet 1V Pfg. Bei Nichterscheinen der Zeitung infolge höh. Gewalt od. Betriebsstörung besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung/Postscheck-Konto Stuttgart 5780 / Telegr.-Adr.: „Tannenblatt" / Tel. 321.
Nummer 138
Altensteig, Montag, den 18. Zuni 1833
8» Zahr,»»,
Amtlicher Schütt zur ReichsbischvMage
Eine bedeutsam Rede Wett
Saß mitteldeutsche SA.-Zrenen in Erfurt
Erfurt, 18. Juni. Aus allen Gegenden rollten zum mitteldeutschen SA.-Treffen Eisenbohnzüge und Lastautos mit SA. und SS. heran. Die Braunhemden, etwa 50 000, sammelten sich aus dem Flugplatz. Stabschef Rohm dankte in seiner Ansprache allen Führern und Soldaten für das, was sie in der zurückliegenden Zeit geschaffen haben. Alles, was bisher erreicht sei, sei der Lohn ernster Arbeit, unermüdlichen Schaffens und schwerer Ovfer. Der Kampf sei nicht beendet. Die Aufgaben des SA.-Mannes würden nie erfüllt sein Immer und immer wieder werde das junge Deutschland in seine Reihen kommen müssen, um dort Nationalsozialist, deutsch, treu, stolz und stark zu werden.
Nach der Rede Röhms nahm Gruppenführer Staatsrat Dr. Junker die Weihe der 170 Fahnen vor. Kurz darauf landete auf dem Flugplatz unter dem Jubel der Braunhemden im Flugzeug der Reichskanzler, der ungarische Ministerpräsident Gömbös, der Reichsinnenminister Dr. Frick und Alfred Rosenberg. In einem Hotel am Vahnhofsplatz, das von einer dichten Menschenmenge umlagert war, nahm der Kanzler einen kurzen Imbiß ein und begab sich dann sofort in das Rathaus, wo ihm der Ehren- bürgerbrief der Stadt Erfurt überreicht wurde. Der Jubel der Menge war kaum zu beschreiben.
Der Empfang des Reichskanzlers im Festsaal des altehrwllr- digen Erfurter Rathauses gestaltete sich sehr feierlich. In seiner Erwiderung auf die Begrüßungsworte des Oberbürgermeisters führte der Kanzler aus, daß er der Einladung der Stadt Erfurt gern Folge geleistet habe. Er sei gerade deshalb gern nach Erfurt gekommen, um an der Stätte, an der vor Jahrzehnten das sozialistische Programm verkündet wurde, dadurch gewissermaßen symbolisch kundzutun, daß es mit den früheren Machthabern zu Ende sei und daß der Nationalsozialismus die Macht ergriffen habe.
Darauf wurde dem Reichskanzler der kunstvoll ausgestattete Ehrenbürgerbrief überreicht. Der Reichskanzler, Innenminister Dr. Frtck und der ungarische Ministerpräsident EömbSs trugen sich dann in das Goldene Buch der Stadt ei«.
Den Höhepunkt des mitteldeutschen SA.- und SS.-Treffens bildete eine gewaltige Kundgebung am Nachmittag im Erfurter Stadion. Die riesig weiten Flächen der Mitteldeutschen Kampfbahn waren überfüllt. Schon kurz vor 4 Uhr mußten die Eingänge gesperrt werden. Tausende fanden keinen Einlaß mehr. Um 4.45 Uhr ertönten die ersten Signale, der Führer, Reichskanzler Adolf Hitler erschien. Helle Begeisterung bricht los, nicht endenwollende Heilrufe begeisterter Menschen, der Reichskanzler wird von der Jugend begrüßt, junge Mädchen schenken ihm Blumen. Er ist froh gestimmt, sieht frisch aus und begibt sich sofort zur Rednertribüne. Nach den Klängen des Badenweiler Marsches begrüßte Reichsstatthalter Sauckel den Reichskanzler und den ungarischen Ministerpräsidenten Gömbös. Unter tosendem, nicht endenwollendem Jubel und Heilrufe der begeisterten Menge begann dann der Kanzler seine Rede, in der er u. a. ausführte:
Vor einem Jahre habe ich hier zum ersten Male gesprochen. Es war mitten in der Zeit des großen Ringens um den endgültigen Sieg. Damals war ich überzeugt, daß es vielleicht keine zwölf Monate dauern werde, bis endlich das System, das seit 1918 Deutschland vergewaltigt hatte, ein Ende gefunden haben würde. Und was ich damals glaubte, ist eingetroffen. Die Oppositionsbewegung der letzten vierzehn Jahre ist nunmehr zur deutschen Regierungsbewegung und damit zur deutschen Regierungsgewalt cmporgewachsen. Damit ist das erste Ziel eines nunmehr bald vierzehnjährigen Kampfes erreicht worden, eines Kampfes, der in seinem ganzen Verlauf als körrnliibes
Wunder bezeichnet werden kann. Das deutsche Volk ist erwacht (stürmisches Heil). Daß dieses Wunder sich vollziehen konnte, verdanken wir der Erkenntnis, daß die ewige Quelle unserer Kraft nicht im Staate liegt, sondern im Volke selbst. Wir haben keine Sekunde daran gezweifelt, daß man ein Volk zu seiner Einheit nur führen kann durch eine lebendige Erziehung der Menschen, die nicht erkennen wollten, die gegeneinander in ewigem Hader und Streit standen, denen man eingehämmert hatte, daß es keine Brücke der Versöhnung geben könnte. Die Menschen mußte man zusammensügen, im Leben selbst, man mutzte sie erst erziehen zueinander. Wir haben Hunderte und Tausende herausgeholt aus allen Lebensschichten und Stellungen. Alle die, die sich früher nur mit Haß begegneten, und haben ihnen ein Kleid gegeben, und sie in eine gewaltige Organisation gefügt- Und wir haben begonnen, sie zueinander zu gewöhnen, so wie man sie vorher auseinandergewöhnt hatte. Allein, sie sollen nicht zweifeln, unsere Gegner, was wir begonnen haben, wir wollen es vollenden. (Stürmisches Heil und Händeklatschen).
Wir werden unsere Jugend zu dem erziehen, was wir an ihr sehen wollen, und wenn in unserer Generation noch Menschen leben, die da glauben, sie könnten sich nicht mehr umstellen, so werden wir ihnen die Kinder nehmen und sie zu dem erziehen, was für das deutsche Volk notwendig ist. (Stürmisches Heil). Diejenigen, die sich diesem Rythmus des nationalen Lebens nicht fügen zu können glauben, die heute draußen außerhalb Deutschlands in der übrigen Welt gegen die erwachende Nation vielleicht Widerstand leisten zu können glauben, die werden wir zu hemmen vermögen. Auch wir werden nicht, fuhr der Kanzler fort, die Differenzen des Lebens aus dem Leben entfernen können, auch wir werden nicht verhindern können, daß ewiger Gewinn oder Verlust die Menschen zerreißt und aufteilt. Aber wir werden diesem Auseinanderreißen des menschlichen Lebens ein größeres Ideal gegenüberstellen. Wir wissen auch, daß wir damit die idealste Voraussetzung schaffen für die deutsche Zukunft. Wenn Ihr, meine Kameraden, dieser großen Idee treu bleibt, wird nach aller Nacht und nach allen Wirrnissen einmal die Stunde kommen, da die Sonne durch ganz Deutschland leuchten wird (stürmischer Beifall), da dieses Reich auch seine äußere Freiheit wiedergewonnen haben wird.
Wir haben ein großes Programm vor uns. Ich habe keinen Zweifel gelassen, daß es nicht von heute auf morgen geht. Vier Jahre brauche ich Zeit. Etwas über vier Monate regieren wir jetzt und wir können mit Stolz sagen: Die Zahl der Arbeitslosen ist um rund 1,2 Millionen zurückgegangen. Wir werden nicht rasten, bis wir das Ziel, die völlige Beseitigung der Arbeitslosigkeit erreicht haben. (Stürmischer Beifall). Ich möchte heute und für die ganze Zukunft den allmächtigen Gott um eines bitten, er möge uns nie schwankend werden lassen, er möge uns immer die gleiche Beharrlichkeit geben, dann werden wir alle die Widerwärtigkeiten des Lebens am Ende besiegen. Wir werden in der deutschen Geschichte einmal gelten als diejenigen, die das Ziel setzten und den Marsch in die deutsche Zukunft begonnen hatten.
Und so möchte ich Ihnen denn heute danken für das Vertrauen dieses letzten Jahres. Ich weiß, daß es nicht leicht war» ich möchte Euch danken für die ganze Arbeit und die großen Opfer, die Ihr gebracht habt und Euch bitten, daß Ihr keine Sekunde nachlatzt in dem Ringen um die große deutsche Zukunft. Die Rede des Reichskanzlers wurde von der Menge mit unendlicher Begeisterung ausgenommen.
Berti«, 18. Juni. Der Bevollmächtigte des Reichskanzlers, Wehrkreispfarrer MLller, hat am 15. Juni an die Bevollmächtigten der Kirchen folgendes Schreiben gerichtet: In Ergänzung meines Schreibens vom 2. Juni teile ich ergebenst folgendes mit: Der Herr Reichskanzler hat mir sein außerordentliches Bedauern darüber ausgedrückt, daß die Arbeiten für den Neubau der deutschen evangelischen Kirche eine schwierige und durchaus unliebsame Entwicklung genommen haben. Er hat meine Bitte, die Herren Bevollmächtigten zu empfangen, abgelehnt. Er lehnt auch den Empfang des Herrn Pastors D. von Bodelschwingh ab. Ein Empfang beim Herrn Reichspräsidenten ist zur Zeit ebenfalls nicht möglich.
Meines Erachtens ist die Lage zur Zeit die, daß Herr Pastor D. von Bodelschwingh von den Beauftragten der im Kirchenbund zusammengeschlossenen evangelischen Landeskirchen als Retchs- bischof zwar in Aussicht genommen ist, daß aber ein anerkanntes Reichsbischossamt noch nicht besteht, solange nicht die Verfassung der deutschen evangelischen Kirche in Kraft ist. Diese Verfassung bedarf der Zustimmung des Kirchenvolkes wie der Zustimmung des Reiches Es sollte deshalb zur Klärung und Entspannung der Lage vorstehende Tatsache bekanntgegeben und dabei betont werden, daß ein allgemein anerkanntes Reichsbischofsamt zur Zeit noch nicht besteht. Es wird dankbar begrüßt, wenn die neuen Verhandlungen zwischen dem Dreier-Ausschuß und dem Bevollmächtigten des Kanzlers das Ziel verfolgen, in allen Landeskirchen neue Wahlen vorzubereiten oder einen anderen Ausweg aus den bestehenden Schwierigkeiten zu finden.
Non der WrttwWchaWonferenz
Das englische Königspaar empfängt die Teilnehmer an der Weltwirtschaftskonferenz
London, 18. Juni. Die Delegierten der Weltwirtschaftskonfe- renz waren am Samstag nachmittag Gäste des englischen Königs in der Residenz von Windsor. Die deutsche Delegation nahm an dem Empfang, der ein gesellschaftliches Ereignis ersten Ranges war. vollzählig teil Etwa 500 der Geladenen fuhren mit einem Eonderzug nach Windsor. Auf dem östlich des Schlosses gelegenen Rasen entwickelte sich dann eine historische Szene, als der König md die Königin, umgeben von dem Herzog und der Herzogin von dork. dem Herzog von Eloucester und anderen Mitgliedern der königlichen Familie, zum erstenmal seit dem Kriege ihre 2000 Eäste empfingen, Gäste, die, alle einheitlich in den traditonellen Anzug — Cutaway und Zylinder — gekleidet, 66 verschiedenen Nationen der Welt angehörten. Unter einem scharlach- und goldfarbigen Zelt empfing das Königspaar persönlich alle Hauptdelegierten. Ein jeder wurde von dem Botschafter bezw. dem Gesandten seines Landes vorgestellt, und der König hatte für jeden ein sreundliches Wort. Besonders herzlich empfing das Königspaar den deutschen Delegationsführer Freiherr von Neurath, den es von seiner Londoner Tätigkeit als deutscher Botschafter gut in Erinnerung hat.
Amerikanische Vorschläge auf Herabsetzung der Einfuhrzölle und Einfuhrbeschränkungen
London. 18. Juni. Die amerikanische Delegation auf der Weltwirtschaftskonferenz hat eine zehnprozentige Herabsetzung der Einfuhrzölle, die am 12. Juni d. I. in Kraft waren, und entsprechende Herabsetzungen der Zuschläge und anderen Gebühren > vorgeschlagen. Die Amerikaner regten weiter an. daß auch die i Einfuhrbeschränkungen in entsprechendem Maße aufgehoben
! Erden. Ein mehrseitiges Abkommen zugunsten einer Herab-
l Atzung oder Milderung der Zollsätze und anderen Zollschran- im soll wirksam werden, wenn es von Ländern ratifiziert wird, Ms die mindestens 50°/« des Welthandels im Jahre 1933 fal- ien. Der Zollwaffenstillstand soll für einen gewissen Zeitraum nach dem Abschluß der Konferenz verlängert werden.
Währungsfrieden während der Weltwirtschastskonferenz
Washington, 18. Juni. Im Staatsdepartement wurde erklärt, daß über die Stabilisierung der internationalen Währung u»ch nichts entschieden sei. Man arbeite jedoch zur Zeit daran, die Devisenkurse wenigstens zeitweilig für die Dauer der Wclr- wirtschastskonserenz sestzulegen, genau so, wie man auch den Zollfrieden für diesen Zeitraum vereinbart habe.
Die wirtschaftspolitischen Erklärungen Dr. Hugenbergs
Berlin. 18. Juni. In den englischen Pressekommentaren zu dm veröffentlichten wirtschaftspolitijchen Ausführungen des Reichsministers Dr. Hugenberg in London wird die Frage aufgeworfen, ob es sich um eine offizielle Erklärung der deutschen
Delegation oder um eine reine Privatarbeit Tr. Hugcnb.-ras ! handle. An hiesiger zuständiger Stelle weist man deine ccc.Tiber darauf hin, wonach der Minister der Öffentlichkeit einige Thesen wirtschaftspolitischer Art als seine persönliche Ansicht vergeben hat, da die ursprünglich in Aussicht genommene Generaldebatte im Wirtschaftsausschuß nicht stattfand. Die Ausführungen Dr. Hugenbergs waren vorher nicht im Wortlaut festgelegt und konnten deshalb überhaupt nicht ein besonderes Pla- cet der Delegation haben. Die in dem Memorandum Hugenbergs enthaltenen Forderungen und Grundanschauungen werden aber zweifellos bei den weiteren wirtschaftspolitischen Erörterungen in der kommenden Zeit eine wesentliche Rolle spielen.
Wenn in der ausländischen Presse einzelne Abschnitte der Erklärung Hugenbergs aus dem Zusammenhang herausgcrisscn werden, insbesondere seine Ausführungen über die kolonialen und Besiedlungsfragen, und daraus der Schluß auf eine imperialistische Politik Deutschlands gezogen wird, so muß man feststellcn, daß die betreffenden Artikelschrciber das Memorandum nicht korrekt gelesen haben. Das gleiche gilt auch für die Behauptung, die siedlungspolitischen Ausführungen Hugenbergs richteten sich gegen Rußland. Rußland in diese
Siollsi'n 8is sie»
unsere Schwarzwälder Tageszeitung „Aus den Tannen« für den Monat Zuli durch sofortige Bestellung
Stelle hineinzuziehen, ist völlig abwegig, La in diesem Zusammenhang auch nicht im entferntesten der Gedanke an Rußland angedeutet wird.
Dollfuß über seine Londoner Besprechungen Wien, 17. Juni. Das „Neue Wiener Tageblatt" veröffent- licht ein Gespräch seines Londoner Korrespondenten mit dem österreichischen Bundeskanzler Dollfuß, in dessen Verlauf dieser besonders von dem angeblichen „moralischen Erfolg" sei- ner Londoner Verhandlungen gesprochen haben soll. Er habe Ge- legenheit gehabt, so habe Dollfuß erklär!, mit allen in Betracht kommenden Staatsmännern die Oesterreich berührenden Fragen zu erörtern. Daß dabei Aufklärung über Differenzen verlangt worden seien, die sich zwischen Deutschland und Oesterreich erge- den hätten, habe auf der Haud gelegen. Doch habe er keine wie immer gearteten Schritte getan, um ein diplomatisches Eingreifen irgendeiner Macht zugunsten Oesterreichs zu erlangen. Dollfuß will, dem Blatt zufolge in London gewisse falsche Anschauungen „infolge gehässiger Agitation gegen Oesterreich und dessen Regierung" beseitig! haben, wonach der Bestand der Re- ^*u^ Dollfuß höchstens noch eine Frage von Monaten oder gar Wochen sei und sie an innerer Schwäche bald zugrunde geben müsse. Demgegenüber Hab« er den Staatsmännern klar gemacht. daß Ruhe und Ordnung in Oesterreich unbedingt verbürgt seien.