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Maem. Anzeiger für die Bezirke Nagold. Calw u. Freudenstadt Amtsblatt für den Bezirk Nagold rr. Altensteig-Stadt

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Nummer 78 ^ Altensteig, Montag, den 3. April 1833 ^ 88. Jahrg«»>

Ser Mussolini-MV

Pari», 31. März.Matin" verössentiicht den amtliche» Wort­laut des Vorschlags der italienischen Regierung zu einem Vier­mächtevertrag:

Artikel 1' Die vier westeuropäischen -Rächte Deutschland. Frankreich. England und Ztalie». verpflichten sich, unter sich eine wahre Politik der Zusammenarbeit zur Ausrechterhaltung des Friedens i« Geiste des Kellogg-Vertrages und des Richrangrifss- »ertragev zu verwirklichen und aus dem Gebiete der europäische« Beziehungen so zu handeln, daß diese Friedenspolitik iw nötigen Falle auch vou den anderen Mächten verfolgt wird.

Artikel 2: Die vier Machte bestätigen den Grundsatz der Lende­rang der Friedensverträge unter Zugrundelegung des Völker­bundsvertrages für den Fall, daß eine Lage entstehen sollte, die geeignet ist. einen Streitfall zwischen den Staaten herbei- zufiihren. Sie erklären gleichzeitig, daß diese Aeuderung nur im Rahmen des Völkerbundes und im Geiste gegenseitiger Verstän­digung und der Eemeinbürgschaft stattfinden kann.

Artikel 3: Frankreich, England «ud Ztalie» erklären, daß di« Gleichberechtigung, die Deutschland zuerkannt worden ist, sich «uswirkeu muß, auch falls die Abrüstungsverhaudluugen uur zu Teilergebnissen führen sollten. Deutschland verpflichtet sich seiner­seits, diese Gleichberechtigung nur in dem Maße zu verwirk­lichen, wie sie nach Verständigung auf diplomatischem Wege zwi­schen den vier Mächten nach und nach festgesetzt wird. Die vier Mächte verpflichten sich sich in derselben Weise mit Oester­reich. Ungarn und Bulgarien zu einigen.

Artikel 4: In allen politischen oder unpolitischen, europäische« «der außereuropäischen Fragen, ebenso wie auf dem Gebiete der Kolonialpolitik verpflichten sich die vier Mächte, nach Möglichkeit «ine übereinstimmende Haltung einzunehmen.

'' Artikel S: Dieses Abkomme« politischer Verständigung und Zusammenarbeit, das wenn nötig den Parlamenten in einem Zeitraum von drei Monaten zur Annahme unterbreitet werden wird, hat eine Gültigkeitsdauer von zehn Jahren und wird automatisch um die gleiche Zeitspanne verlängert, falls nicht «ine der Mächte ein Jahr vor seinem Ablauf die Kündigung ausspricht.

Artikel 6: Das Abkomme» wirb vom Sekretariat des Völker­bundes eingetragen.

' Die Besprechungen, die der rumänische Außenminister Titu- lescu als Beauftragter des Kleinoerbandes mit Daladier und j Paul Boncour über den Mussolini-Plan führt, werden durch die bevorstehende Ankunft des französischen Botschafters de Jouven« aus Rom erweitert werden. Jouvenel hat nach Mitteilung de« Echo de Paris" nach Macdonalds Abreise fast täglich Besprechun- i Sen mit Mussolini gehabt Das Blatt greift den Botschafter heftig an, weil er sich als Werkzeug Mussolinis zeige und unter- stellt ihm sogar die Absicht, aus persönlichem Ehrgeiz unbedingt vor Ende seiner politischen Sendung z» einem Erfolg komme» zu wollen

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Entschließung des Reichsgerichtes

über die Rechtspflege im erneuerte« Reich

, Leipzig, Al. März. In einem Schreibe« an den Reichskanzler bat der Reichsminister der Justiz eine Entschließung des Reichs- > »erichtes übermittelt, in der es beißt:

,Das Reichsgericht begrübt es dankbar, daß der Herr Reichs- , kanzler in der Regierungserklärung vom 23. Mär» 1933 di« , , richrerliche Unabsetzbarkeit als Grundlage des Rechtswefens an- i erkannt bat. Die Mahnung des Herrn Reichskanzlers, daßder Loden der Existenz der Justiz kein anderer sein könne als der Boden der Existenz der Nation" und daß die Justiz daher auch stets die Schwere der Entscheidungen derer berücksichtigen möge, die unter dem barten Zwang der Wirklichkeit das Leben der Nation verantwortlich zu gestalten haben, wird kein deutscher t Richter sich verschließen"

j Engl. AeußermWn zum Abwehrboykott

, London, 2. April. Die Sonntagspresse hebt hervor, daß der I Adrige Abwehrboykott in Deutschland, von dem Zwischenfall in Kiel abgesehen, überall ohne Gewalttaten und Unruhen vor sich > gegangen ist. Die Blätter erwarten, daß der Boykott nicht nne- , der ausgenommen werden wird, wenn die Greuelpropaganda seingestellt wird.Vollkommene Ordnung und Disziplin haben 'den Boykott gekennzeichnet", meldet der Berliner Korrespondent >des .Abserver". Der Präsident des Verbandes orthdoxer hebra- z , ischer Kongregationen Dr. Homa erklärte gestern in einer Unter- z j redung, die Juden führten keinen Krieg gegen Deutschland oder j gegen das deutsche Volk. Jeder Versuch, eine antagonistische l ! Stimmung gegenüber dem neuen deutschen Regime zu schassen, s werde von ihnen verurteilt. Wir erkennen an, ko schloß er, wie j viel die deutsche Kultur zum Weltfortschritt beigetragen hat. t

ItUlMaMAbMhkMm-ROkUlidMW»

Berlin, 2. Avril. Die vom Zentralkomitee zur Awebr der jüdischen Greuel- und Bokotthetze für Berlin eingesetzten Ak­tionskomitees begannen Samstag iriib mit der Arbeit. Die Aktion ist vollständig rubig verlauten und systematisch durchge- ftibrt worden. An allen Anschlagsäulen find Plakate in deutscher und englischer Sprache angebracht, in denen aukgeforderr wird, als Protest gegen den Greuelschwindel des Weltjudentums nicht in jüdischen Geschäften zu kaufen. Die jüdischen Läden wurden in der ganzen Stadt «ach vlanmäßig aufgestellten Listen mit Anschlägen beklebt, die meist nur kurz lauten:Achtung. Jude! Besuch verboten!" oder:Deutsche, wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!" Auch zahlreiche Lastkraftwagen und Kraftdroschken sind in den Dienst der Propaganda gestellt, sie durchfahre» mit gro­ßen Plakaten und Fabnen in langsamem Tempo die Straßen Berlins. An den Schildern der jüdischen Aerzte und Rechtsan­wälte sind ähnliche Warnungszettel angebracht wie an den Ge­schäften. Die betroffenen Ladeninhaber halten ihre Geschärte zum groben Teil geschlossen. Wertheim hat geöffnet. Doch stehen SA.-Posten vor der Tür. die das Publikum mahnen, das Haus I nicht zu betreten. Das Kaufhaus Karstadt am Hermannsvlatz, i dessen Leitung jetzt in christlichen Händen liegt, zeigt den ge- ! wohnten Geschäftsgang. In zahlreichen Schaufenstern siebt man I das Plakat:Deutsches Geschäft". !

Auch sonst ist im Reich die Aktion rubig verlausen, abgesehen von einigen kleineren Zwischenfällen

Ausruf der nationalsozialistischen Frauenschaft zur Abwehraktion

München, 1 . Avril. Die nationalsozialistische Srauenfchaft (Deutscher Frauenorden) erläßt zur Abwehraktion der NSDAP, einen Aufruf, in dem es u. a. beißr: In unermüdlicher Auf­klärungsarbeit im Hause, im Beruf, auf der Straße vor den Warenhäusern müssen wir unseren deutschen Schwestern ein­hämmern. daß wiederum Juda die Welt gegen uns in Harnisch bringen will, daß der Kampf. Len der Nationalsozialismus gegen es kübrt. das Ende seiner Weltmacht bedeutet und daß die deut­sche Frau aller Stände allein den Sieg dieses Kampfes ge­währleistet. Sorgt dafür, daß in jeder deutschen Frau der Ab­wehrwille erwacht und sich zum stärksten Abwebrkamvi steigert. Keinen Groschen mehr an ein jüdisches Geschäft, keinen jüdischen Arzt, keinen jüdischen Rechisnawalt für die deutsche Frau oder deutsch« Familie.

Ein Zwischensall in Kiel

Kiek, 2. April. lieber die blutigen Vorfälle am Sonnabend wird amtlich mitgeteilt: Der jüdische Rechtsanwalt und Notar Schümm schoß Samstag vormittag den SS.-Mann namens Wa!- ter Asthalter in der Kebdenstraße durch Bauchschuß nieder, und zwar nach den bisherigen Meldungen ohne rriftigen Grund. Der SS.-Mann ist schwer verletzt. Eine erregte Menschenmenge sam­melte sich vor dem Polizeigefängnis an, bevor der vom Ober- vrafidenten angeordnete Abtransport des Rechtsanwalts Schümm ermöglicht werden konnte. Die erregte Volksmenge drang in das Polizeigekängnis ei«, wo Schümm durch Revolverschüsse getötet wurde. Das Ganze entwickelte sich so schnell, daß polizeilich der Vorgang nicht verbinden werden konnte. Die Mens« drang auch in das Geschäft des Vaters des Rechtsanwalts Schümm in der Kebdenstraße ein und zerstörte das Inventar,

Scharfe Schüsse in Hannover

Hannover, 2. Avril. Im Zusammenhang mir dem Abwedr» kämpf zogen auch vor dem diesigen Gewerkschaitshaus zwei Hilfst Polizisten aus. die kurz nach ihrem Erscheinen aus dem Gebäude heraus beschossen wurden. Die Hilfspolizisten erwiderten sofort das Feuer und drangen nach Heranziehung von Verstär­kungen in das Gebäude ein. wo eine Durchsuchung nach Waffen vorgenommen wurde. Inzwischen wurde das Eewerkschaftsbau» von Hilfspolizei mit Karabiner ringum umstellt, und die Zu­gänge abgesperrt. Unter dem Jubel der Bevölkerung wurde snk dem Gebäude die Hakenkreuzfahn« gehißt.

Die Abwehraktion in Stuttgart

Stuttgart, 2. Avril. Di« Abwehraktion der Nationalsozialisten setzte Scmsrag um 9.30 llbr ein. Zahlreiche Klebetruovs zogen durch die Straßen, kelbten an die Schaufenster und Häuser der jüdische» Geschäfte. Rechtsanwälte, Aerzte und Zahnärzte kleine rote Zettel mit der AuffchftftJude" Bor den Eeschäftseingän- «» sieben Doppelt c r di« -' lätter verteilen und das Publikum vor dem >scheu Geschäfte warnen, je­

doch nichr davon abbau*.., -t ' Warenhäuser hatten sämt­lich geschlossen, während die übrig*, -schäfte zum größte« Teil offen find. Verschiedene Besucher von jüdischen Geschäften wur­den mitPfui"--Rufrn bedacht. Auf den Straße» baV-, sich große Ansammlung,» gebildet, so d-k- »amentffä- in den t-auvtstraßen der Auko- und Straßenbabnoerkebr zeitwe U, im» Lunte« kommt. Zwischenfälle habe» sich nirgend» «rinnet.

Der Abwehrkamps im Lande In Rottweil marschierten gegen 8,30 Uhr SA und SS- ge­schlossen aus dem Marktplatz auf. Die Führer hielten kurze An­sprachen und ermahnten die Kameraden zur Disziplin. Nachdem die Führer schriftlich ihre Befehle erhalten hatten, stellten sie sich vor den jüdischen Geschäften und Büros aus. Zu Zwischen fällen irgend welcher Art ist es nicht gekommen. Verteilte Hand­zettel und Plakate an den Anschlagsäulen fordern zur Meldung jüdischer Geschäfte auf.

In Eßlingen ist die Abwehrmatznahme der NSDAP, gegen die Ereuelnachrichten in aller Ruhe vor sich gegangen. In der Hauptgeschäftsstraße der Stadt, der Pliensaustraße. hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt, deren Verkehr von Po­lizei, Nationalsozialisten und Stahlhelmern geregelt wurde. Vor den jüdischen Geschäften hatten sich um 10 Uhr Nationaksozia listen in größerer Anzahl ausgestellt. Da das aber in Ruhe vor sich ging und der Verkehr in den Geschäftshäusern ausgehörr hatte, verliej sich die Menge rasch.

In Horb sammelten sich die Nationalsozialisten auf dem Turn­platz und zogen mit Tafeln, die die Inschrift trugen:Kauft nicht bei Juden!" in die Stadt. Hier nahmen sie vor einigen jüdischen Geschäften in kleineren Posten Ausstellung. Die ganze Aktion ist ruhig verlausen.

In Ludwigsburg haben sich die nationalsozialistischen Forma­tionen gegen 10 Uhr vor ihrem Heim gesammelt und sind dann in kleineren Posten vor etwa acht jüdischen Geschäften ausmar- schiert. Diese Geschäfte find znm Teil geschlossen. Es ist zu keiner Störung gekommen.

In Heidenheim haben zur vorgejchriebeuen Zeit SA^- und SE^ Leute vor acht jüdischen Geschäften Aufstellung genommen. Si« fordern das Publikum auf, in den Geschäften nicht zu kaufen. Die Aktion ist in aller Ruhe verlaufen.

In Reutlingen zogen Punkt 10 Uhr vor sämtlichen jüdischen Geschäften, etwa IS Kausläden, Wachen der SA, und SS. au^ Die Geschäfte hatten teilweise bereits vor Erscheinen der Wache» freiwillig geschlossen. Zu Zusammenstößen ist es nirgends ge­kommen

In Tübingen setzte die Boykottbewegung Schlag 10 Uhr vor den jüdischen Geschäften ein, deren Zahl nicht groß ist. Das Aufziehen der uniformierten Boykottposten mit ihren riesigen Plakaten hat zahlreiches Publikum auf die Straßen gerufen.

In Bad Mergentheim worden vor etwa zehn Geschäften Posten aufgestellt. Die Geschäfte haben teilweise von sich aus geschlossen.

In Ravensburg kamen für die Boykottbewegung vier jüdisch» Geschäfte in Betracht, vor denen Posten von etwa 20 Mann -tan- Len. obwohl die Geschäfte um 8.48 Uhr ihre Türen geschlossen hatten. Bei Knopf sieht man PlakateKauft nicht in Waren­häusern^, ^bei WohlwertKauft nicht bei Juden".

In Ulm hat die Boykottbewegung programmäßig um 10 Uhr v-,»gesetzt. Zu Zwischenfällen kam es bis jetzt nicht. Die jüdischen Läden halten offen. Die Schaufenster der jüdischen Läden wer­den mit Plakaten überklebt, ebenso Firmenschilder der freie» Berufe, wie Zahnärzte. Rechtsanwälte usw.

Kaust nichr in Warenhäuser» und andere» mittelstaad»- seindliche» Geschäfte»!

Vom Wiirtt. Handwerkskammertag Stuttgart wird uns mit­geteilt:

Gedankenlosigkeit und Gleichgültigkeit lassen es die Angehö­rigen des Mittelstandes immer wieder vergessen, daß sie selbst wesentlich zu einer besseren Gestaltung der Wirtschaftslage im Mittelstand beitragen könnten, wenn sie bei ihren Einkäufen die wiederholten Aufsorderungen befolgen und nur mitte.jtän- dische Geschäfte berücksichtigen würden. Nachdem der Kamps für Erhaltung und Förderung der mittelständischcn Wirtschaft gegen die unpersönlichen, dem deutschen Volkstum wesensfremden Un­ternehmungen durch die nationale Bewegung mit allem Rai^ druck eingesetzt hat, gilt es vor allem auch, daß die große Masse der mittelständischen Verbraucherschaft bei ihren Einkäufen Wa­renhäuser, Einheitspreisgeschäfte und dergl. restlos meidet und ihre Einkäufe bei ihren eigenen Standesangrhörigen tätig». Braucht man sich über die Ausdehnung dieser Eroßgebilde d» Wirtschaft zu wundern, wen» Handwerkerfrauen Gegenständ» ihrer Wohnungseinrichtung, statt sie vom selbständigen Hand­werker anfertigen zu lassen, im Warenhaus kaufen? Oder har der Bäckermeister oder -er Metzgermeister das Recht, über dr« Kauf von Brot, Fleisch und Wurftwaren im Warenhaus durch ? Angehörige des Mittelstandes zu klagen, wenn feine eigene Fra« ; Hüte und Kleider im Warenhaus kauft? Daher, Angehörige de» j gesamten gewerblichen Mittelstandes, berücksichtigt bei allen Ein- i kaufen in erster Linie die mit dem eigenen Berufsstande oer- ! Kunden«» Geschäfte, wodurch ohne weiteres ein Großteil der z Luftragsnot im gewerblichen Mittelstand behoben wird! Der > Kampf um di« deutsche Wirtschaft ist in ein neues, hochbedeut, ämes Stadium getreten: Möge auch der gesamte Mittelstand ich dieses Kampfes würdig erweisen und eingedenk der Tatsache, » er mit dem deutschen Dolkr auf Gedeih und Verderb ver­bünde» ist. sich gegenseitig unterstützen, indem er nur bei seine» Einkäufen da» solide Handwerk und dir guten mittelstäudtsche» Geschäfte berücksichtigt