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Nummer 73
Alten steig, Dienstag, den 28. März 1933
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5 8. Jahrg«>>
Rlidelni» zum rngl. AbMimMan
Gens, 27. März. Im Verlaus der allgemeinen Aussprache über den britischen Abrjjstungsplau legte der deutsche Delegation-sichrer, Botschafter Nadolny, in einer sehr eindrucksvollen Rede die deutsche Haltung dar. Nadolny begrüßte die Initiative, die oer britische Ministerpräsident entfaltet hat. Der britische Schritt bedeute die Einleitung einer neuen Konferenzphase und zwar der entscheidenden Phase der Konferenz. Nadolny erinnerte an das Wort Macdonalds, daß Deutschland Gerechtigkeit und Freiheit gegeben werden müsse, wenn nicht Europa der Zerstörung anheimfallen solle. In der Tat ist sich wohl die ganze Welt darüber klar, daß der Grund für die heutige allgemeine Unsicherheit vor allem in der durch die Härten und Ungerechtigkeiten der Friedeusoerträge geschaffene» Sage zu suchen ist und daß bei dieser Lage der Dauerzustand eines hohen Rüstungsstandes auf der «inen Seite und völliger Abrüstung auf der anderen Seite stark ins Gewicht fällt. Ich würde es sehr begrüßen, wenn auch bei anderen verantwortlichen Staatsmännern die Ansicht, daß ohne Gerechtigkeit und Freiheit für Deutschland und die anderen gleich ihm behandelten Staaten ein Wiederaufbau »ud ein Konsolidierung Europas unmöglich ist, immer mehr zu einem Grundsatz ihrer Außenpolitik werden würde.
Botschafter Nadolny ging sodann auf die Bemerkung Macdonalds ein, Deutschland würde in eine falsche Position kommen, wenn es auf der Abrüstungskonferenz lediglich empfangen wollte. Unter grundsätzlicher Zustimmung zu dem Gedanken, daß derjenige, der empfangen will, auch geben muß, erklärte der deutsche Vertreter: Ich stimme Herrn Macdonald vollkommen bei, aber hat Deutschland denn nicht auf dem Gebiete der Abrüstung bereits seinen Teil geleistet, oder hat man vergessen, daß vor mehr als einem Jahrzehnt Deutschland seine Abrüstung vollzogen hat, was ausdrücklich als der erste Schritt für die allgemeine Abrüstung bestimmt war? Jetzt handelt es sich gerade darum, daß die anderen Staaten, die ihm diese Leistung diktiert und sie von ihm entgegengenommen haben, ihre ausdrücklich versprochene Gegenleistung aussühren. Gerade von dem Standpunkt, den der englische Ministerpräsident eingenommen hat, können und müssen wir daher verlangen, daß nunmehr endlich die versprochene Gegenleistung in Gestalt der Abrüstung der andere» Staaken erfolgt. Deutschland sei auch bereit, den im ersten Teil des englischen Konventionsentwurfes enthaltenen Vorschlag über «inen Ausbau des Kelloggvaktes anzunehmen. Deutschland fordere ebenso wie der englische Premierminister die Abrüstung um des Friedens willen. Zur Bekräftigung dieses Grundsatzes zi
tierte sodann der deutsche Vertreter unter großer Aufmerksamkeit der ganzen Versammlung die Stelle aus der Rede des Reichskanzlers Adolf Hitler im Reichstag: „Das deutsche Volk will mit der Welt im Frieden leben." Die Not der Welt kann nur vergehen, wenn durch stabile politische Verhältnisse die Grundlage geschaffen wird, und wenn die Völker untereinander wieder Vertrauen gewinnen.
Botschafter Nadolny erklärte zum Schluß: Es ist eine Unmöglichkeit. die Erfüllung der Forderung auf gleiche Sicherheit 'ür alle Nationen von immer neuen vertraglichen Garantien abhängig zu machen. Es muß endlich ei» Ende haben «it der Auffassung, als ob andere Staaten ein größeres Recht aus nationale Sicherheit besäße» als Deutschland. Was von dieser Konferenz z» beschließen ist. das ist also eine allgemeine erhebliche Rüstungsreduktion und ein Rüstungsausgleich Sehr eingehend beschäftigte sich der deutsche Vertreter mit der Verwirklichung de» Prinzips der Gleichberechtigung. Er betonte, daß Deutschland als gleichberechtigter Partner in das System der allgemeinen Abrüstung eingegliedert werden müsse, und daß das Riistuags- verhältnis zwischen Deutschland und den anderen Staaten gemäß seinem Recht auf nationale Sicherheit und unter Berücksichtigung seiner geographischen Lage und seiner besonderen Verhältnisse im gleichen Umsange wie bei den anderen Staaten gestellt werden müsse. Für alle Staaten müssen dieselben Waffenkategorie« verboten und dieselben Rüstungsarten erlaubt sein. Die beste Art der Abrüstung und die beste Herbeiführung der Gleichberechtigung wäre sicherlich, die in den Friedensverträgen verbotene« Waffen in jeder Abrüstungskonvention allen Staaten zu verbieten und ihre alsbaldige Zerstörung öurchzuführen. Ich hoffe, daß alle diejenigen die für das Schicksal der Konferenz verantwortlich find, nun endlich den Mut ausbringen, der «otwendig ist, »m das Abrüstnngsprodlem zu lösen und so den Weg de« Friedens zu beschreiten, den Weg eines dauerhafte» gerechte« Friedens unter freien Völkern.
Botschafter Nadolny führt zur Berichterstattung nach Berlin Genf, 27. März. Der Führer der deutschen Delegation auf der Abrüstungskonferenz, Botschafter Nadolny, fährt am Dienstag nach Berlin, um gem Reichskabinett über das bisherige Ergebnis der Abrüstungskonferenz Bericht zu erstatten.
Entwaffnung drs StaWelm) ln Braim> schwelg durch EtaakSvollzel !
Braun schweig, 27. März. Der braunschweigische , Innenminister teilt amtlich mit: Der Stahlhelm, Orts- s gruppe Braunschweig nahm seit Tagen ganze Scharen neuer - Mitglieder ans den aufgelösten und niedergeschlagenen Organisationen auf. Heute nahm diese Eintrittsbcwegung Massencharakter an. Hunderte ehemalige Reichsbannermitglieder, Sozialdemokraten und Kommunisten zogen z. T. ? in geschlossenen Abteilungen und unter Bedeckung durch j Stahlhelm-Hilfspolizei zum Wachtlokal des Stahlhelms in i dem Gebäude der Ortskrankenkasse. Fortgefetzt wurde! Freiheit, Front-Heil und Rot-Front gerufen. Vor dem Hause und in den anliegenden Straßen sammelte sich eine erregte Menge von Kommunisten und Sozialdemokraten» r aus deren Mitte drohende Rufe gegen Adolf Hitler und gegen die NSDAP, laut wurden. Unter Duldung des Stahlhelms nahm der rote Mob» der seit Wochen sich nicht mehr aus seinen Schlupfwinkeln herausgewagt hatte, eine drohende Haltung gegen Nationalsozialisten und Hitler- s jungen ein. Es kam sogar zu Mißhandlungen von Hitler- i jungen durch Stahlhelmer. Zufolge dieser unerhörten - Haltung des Stahlhelms, durch die der Erfolg der natio- ! «alen Erhebung in Braunschweig gefährdet wurde, be- r mächtigte sich der nationalen Bevölkerung der Stadt eine ! unbeschreibliche Erregung. Minister Klagges sah sich jetzt f gezwungen, einzugreifen. Schutzpolizei wurde unter FLH- k rung des Kommandeurs zur Ueberholung der Kranken- s lasse eingesetzt, während SA. und SS. Plätze und Straßen » in der Umgebung absperrten und säuberten. Die Stahl- ! Helm-Hilfspolizei wurde entwaffnet, Hunderte von Zivi- i listen, die sich in dem Gebäude aufhielten, namentlich fest- gestellt und ganze Pakete von ansgefiillten Anmeldungen s beschlagnahmt. Unter den sichergestellten Papieren befin- ! den sich Mitgliederlisten geschlossener Schufo-Formationen» ! Neichsbannermitgliederbiicher und weiteres belastendes k Material, aus dem hervorgeht, daß die Stahlhelmführer ! bewußt die Marxisten in ihrer Organisation sammelten. Es k ist ferner festgestellt, daß die Schufo-Abteilungen auf Be- k fehl und Verabredung an den Stahlhelm herangetreten s find» um auf diese Weise den Kampf gegen NSDAP, und die nationale Erhebung führen z« können. Mehrere im Hause befindliche Stahlhelmführer und sämtliche dort festgestellten Zivilisten wurden wegen des Verdachtes, eine gegenreoolutionäre Bewegung vorbereitet zu haben, in Haft genommen.
Die Vorfälle in Braunschweig
Wie wir von amtlicher braunschweigischer Seite zu den sensationellen Vorgängen im Braunschweiger Ortskrankenkassengebäude, dem llnterkunftsraum der Stahlhelm-Hilfspolizei von zuverlässiger Seite erfahren, wurden in den ersten Morgenstunden des Dienstag rund 200 Stahlhelmer und ungefähr 1150 Marxisten, zusammen also rund 1350 Personen, im Gebäude ^ der Ortskrankenkasse festgehalten. Sämtliche Verhafteten stehen im Verdacht der Vorbereitung einer gegenrevolutionären Handlung. Unter den verhafteten Stahlhelmern befinden sich zahlreiche Stahlhelmführer, n. a. Landesführer Nowack, Rechtsanwalt Eismann, Dr. Spillner und Ingenieur Seidel. — Die verhafteten Marxisten setzen sich aus Reichsbannerleuten, Sozialdemokraten und Kommunisten zusammen; unter ihnen befindet sich der Reichsbannerfiihrer Hedermann, der bereits zugegeben hat, mit dem Stahlhelm Verhandlungen über einen geschlossenen Eintritt seiner verbotenen Organisationen in den Stahlhelm geführt zu haben. — Ueber die Absichten, die die Stahlhelmführer mit ihrer ganzen Aktion verfolgten, besteht zur Zeit noch keine Klarheit. Was nun mit der Riesenanzahl von Verhafteten, die sich nach wie vor noch im Gebäude der Ortskrankenkasse befinden, unternommen werden soll, steht noch nicht fest. Vorläufig hat man noch keine geeigneten Räume zu ihrer anderweitigen Unterbringung, so daß sie die Nacht noch im A.O.K.-Eebäude verbringen müssen. — Was im Laufe des Dienstagvormittag mit ihnen geschieht und vor welches Gericht sie gestellt werden sollen, steht im Augenblick naturgemäß noch nicht fest. Der Polizeiminister hat noch im Laufe der Nacht die Landespolizeibehörden angewiesen, dem Stahlhelm das Recht zu nehmen, Hilfspolizeibeamte zu stellen. Die im Lande Braunschweig vorhandenen Stahlhelmhilfspolizeibeamten sollen entwaffnet und ihnen die Ausweise abgenommen werden.
Reichsmiuister SelLte über die Vorfälle i» Brauuschweig
Berlin» 27. März. Reichsminister Seldte erklärte zu den Vorfällen in Braunschweig, daß er noch keine Kenntnis davon habe. Weiter führte der Minister aus, daß sich in letzter Zeit ein außerordentlich starker Ansturm zu den nationalen Verbänden bemerkbar gemacht habe. Beim Stahlhelm gehe das im Sturm und um nicht die Uebersicht zu verlieren, habe man allerorts abgedämmt. Die Auswahl unter den Neuanmeldungen erfordere natürlich einen starken Takt des betreffenden Führers. Sollten die Vorfälle sich so abgespielt haben, wie die ersten Meldungen berichten, dann würde er, der Minister, morgm sofort drei Kommissare nach Braunschweig schicken, um dort reinen Tisch zu mawen. Wie der Minister erwähnte, seien bereits r , her die Stahlhelmsührcr zu einer Besprechung für kommen, r > Samstag nach Berlin geladen worden, um über Neueinstellnu- I gen Klarheit zu schaffen. s
Skgen die mMMKe Srtzkanmsilk
Ein Interview mit dem Reichsaußenminister
Neuyork, 27. März. In einer Unterredung mit dem Chefkorrespondenten der Associated Preß erklärte der Reichsminister des Auswärtigen. Freiherr von Neurath, daß selbst der bestorgani- fierte Verwaltungsapparat nicht ausreiche, um jeder einzelnen böswilligen und tendenziösen Falschmeldung auf den Grund zu gehen und sie zu dementieren. Ich kann mir, fuhr der Reichsminister fort, die zur Zeit gegen die deutsche Regierung geführte Propaganda nicht anders erklären, denn als eine plötzliche Wiedergeburt der während des Weltkrieges betriebenen Hetzkampagne. Wie absurd diese Propaganda ist, haben Cie ja erst oor- gestern persönlich erleb:. Sie konnten noch am Morgen von unglaublichsten Mißhandlungen lesen, die angeblich den Herren Breitscheid und Wels zuteil geworden waren, und hatten am Nachmittag Gelegenheit, die beiden Herren als Teilnehmer der Reichtsagssitzung zu sehen. Mir scheint, daß sich allein mit diesem Hinweis ein Eingehen auf weitere Einzelheiten erübrigt.
Wenn zu Beginn der nationalen Revolution gewisse Hebelgriffe Einzelner vorgekommen sein mögen, so ist dies gewiß bedauerlich. Aber gleichzeitig ist zu sagen, daß noch nie in der Geschichte eine revolutionäre Umwälzung, wie die jetzt in Deutschland vollzogene, stattgefunden hat, ohne daß gewisse Härten damit verbunden waren. Meines Erachtens zeigt es von der ungeheuren, dem deutschen Volke innewohnenden Disziplin, daß derartige Eigenmächtigkeiten nur in äußerst wenigen Fällen und auch dann nur in verhältnismäßig milder Form vorgekommen find. Sie werden selbst bemerkt haben, daß die energischen Aufrufe des Reichskanzlers und Ministers Eöring, welche vor einigen Tagen derartige eigenmächtige Handlungen Einzelner unter strengste Strafe stellten, einen durchschlagenden Erfolg hatten und Fälle eigenmächtige» Vorgehens nicht «ehr bekannt geworben sind.
Besprechung des Reichskanzlers mit Reichsminister Eöbbels
" . lin. 27. März. Reichskanzler Adolf Hitler hatte am Sonn- r. » m Berchtesgaden eine mehrstündig« Besprechung mit dem Uchsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Dr. Köb- bels. In dieser Besprechung wurde der Gesamtanfba« des neu
gegründeten Reichsministeriums für Volksausklärung und Propaganda, das in den nächsten Tagen seine Arbeiten in große» Matzstabe beginnen wird, endgültig festgelegt.
Wie verlautet, galt ein großer Teil der Besprechung auch der wirksamen Abwehr gegen die von interessierten jüdischen Kreise« in Amerika und England gegen das «ene nationale Regima in Dentschlaud entfesselte Srenelpropaganda. In unterrichtete« Kreisen wird erklärt, daß die nationalsozialistische Bewegung schon in den nächsten Tagen zu schärfsten gesetzmäßigen Gegenmaßnahmen in Deutschland greifen wird, um damit die intellektuellen Urheber und Nutznießer dieser landesoerräterischen Hetze, die in der Hauptsache von ehemals in Deutschland beheimateten Juden im Ausland getrieben wird, zu treffen.
Abwehr gegen die internationale jüdische Hetzpropaganda Schwerwiegende Entschlüsse der Parteileitung der NSDAP.
München, 27. März. Me die nationalsozialistische Partei- korrespondenz soeben erfährt, wird nunmehr die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei den Abwehrkamps gegen die internationale jüdische Greuel- und Vonkotthetze gegen Deutschland in schärfster Form aufnehmea. Es verlautet, daß bereit« am Dienstag die Anordnungen für die Organisation einer gewaltigen Volksbewegung zur Bildung von Boykottkomitces gegen die jüdischen Geschäfte in Deutschland als Antwort auf die Boykottdrohungen des internationalen Judentums ergehen. Gleichzeitig soll in einer ungeheuren Propagandawelle der Forderung nach Einführung des nnmerus clausus für die Beteiligung de« Judentums an bestimmten akademische» Berufen und öffentliche« Einrichtungen Ausdruck gegeben werden, lieber acht Millionen Menschen find in Deutschland arbeitslos und unser eigenes Intelligenzproletariat zählt nach vielen Hunderttausenden. Trotzdem hat das deutsche Volk Hunderttausenden von jüdischen Intellektuellen die Teilnahme an diesen akademischen Berufen gestattet. Dieselben jüdischen Akademiker sind es in erster Linie, die heute Deutschland als Dank dafür vor der Welt in eia«