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2ZWr. ANölim des Gewetbeverelns Mlzgrafenweller

Zn den dicht besetzten Räumen derSchwane" fand am gestrigen Sonntagabend eine wohlgelungene Feier des 25jährigen Jubiläums des Eewerbevereins Pfalzgrafen­weiler statt, an welcher die Hauskapelle, derLiederkranz", der Turnverein, Lehrer und Schüler der Gemeinde in einem erfreulichen Wettstreit mitwirkten. Nach einem flott gespielten Marsch der Hauskapelle, dem Vortrag des Liedes Hebt die Herzen empor" durch den Liederkranz und dem von Kaufmann Fr. Iung jr. eindrucksvoll vorgetragenen PrologDas rechte Meisterstück" hielt der Vorstand des Gewerbevereins, Schlossermeifter Karl Kern, die Be­grüßungsansprache. In herzlichen Worten begrüßte er die stattliche Versammlung, besonders den Syndikus Eberhard von der Handwerkskammer Reutlingen, Gauvorstand Kapp- Nagold, Bürgermeister Kuenzlen, sowie die zur Jubelfeier erschienenen Nachbarvereine von Altenfteig, Nagold und Baiersbronn, die gerne der freundlichen Einladung gefolgt waren. Nach dem Vortrag verschiedener Gedichte durch Schüler und einem weiteren Vortrag des Liederkranzes gab Gewerbelehrer V e l l o n - Pfalzgrafenweiler einen um­fassenden Rückblick auf das 25jährige Bestehen des Ge- werbevereins, der im Jahre 1908 mit 43 Gewerbetreiben­den gegründet und bis zum Jahre 1924 von dem fortschritt­lich gesinnten und tüchtigen Schuhmachermeister Wil­helm Kuppler als Vorstand durch alle Fährnisse dieser Zeit geleitet wurde. Ihm folgte in der Vorstandschaft Schlossermeister Karl Kern, der sich ebenfalls als tüch­tiger Vorstand erwies und den Verein heute noch, und hof­fentlich noch viele Jahre, mit großem Geschick und treuer Hingebung leitet. Der Verein hat, wie aus dem Bericht des Hrn. Bellon hervorging, seine Aufgabe erfüllt und Handwerk und Gewerbe nach Kräften gefördert. Bürger­meister K u e n z l e n - Pfalzgrafenweiler begrüßte zunächst die zahlreichen auswärtigen Gäste namens der Gemeinde und beglückwünschte den Gewerbeverein zu seinem Jubel­fest namens der Gemeinde aufs herzlichste, ihm zugleich volle Anerkennung für seine segensreiche Tätigkeit im Dienste von Handwerk und Gewerbe zollend. Syndikus Eber­hard von der Handwerkskammer Reutlingen überbrachte die Glückwünsche derselben und des Verbandes württ. Ee- Werbevörnne, <lus in? schwere Zeit hinweisend, aber auch der Hoffnung Ausdruck gebend, daß nach dem Regen auch wieder die Sonne über dem deutschen Vaterlande scheinen und Handwerk und Gewerbe wieder besseren Zeiten zugehen möge. Er kam nicht mit leeren Händen, sondern über­reichte dem Verein eine Ehrenurkunde des Verban­des württ. Gewerbevereine, in welcher dem Eewerbeverein Pfalzgrafenweiler Anerkennung und Dank für seine 25jäh- rige Tätigkeit Ausdruck gegeben wird. Von der Hand­werkskammer Reutlingen überreichte er dem Jubelverem einen stattlichen Pokal. Für 20- und 25jährige Tätig­keit im Dienste des Vereins erhielten Ehrenplaketten Karl

Kern, Schlossermeister, Christian Lampartb, Schreinermeister und Jakob Wackenhut, Schreiner­meister. Zwei Betriebe erhielten eine Ehrenurkunde für lOOjähriges Bestehen und zwar: MatthäusKlaiß, Schreinermeifter für 102jähriges Bestehen und Ernst Reichert, Müllermeister in Pfalzgrafenweiler für 144- jähriges Bestehen. Syndikus Eberhard schloß die Ehrun­gen mit dem Wunsche, daß Pfalzgrafenweiler und der Ee­werbeverein blühen und gedeihen mögen und brachte auf den Verein ein dreifaches Hoch aus. Vorstand Kern dankte Syndikus Eberhard herzlich für die Ehrungen.

Nach flotten Vorführungen der Turner ergriff der Vor­sitzende des Nördlichen Schwarzwaldgaues der Gewerbe­vereine, Fabrikant Kapp- Nagold, das Wort und über­brachte die Grüße und Wünsche des Gaues. Er sagte den Männern innigen Dank, die sich um den Eewerbeverein Pfalzgrafenweiler verdient gemacht haben und stellte fest, Laß es nicht zuletzt der Verdienst des deutschen Mittelstan­des war, daß die Wirtschaft nicht zusammengebrochen sei. Er schloß seine Ausführungen mit dem Wunsche, daß der Gewerbeverein Pfalzgrafenweiler wachsen und gedeihen möge. Gewerbevorstand Gust. Wucherer-Altensteig hob die freundnachbarlichen Beziehungen der Gewerbe­vereine Altensteig und Pfalzgrafenweiler hervor, über­mittelte die allerherzlichsten Glückwünsche des Gewerbe­vereins Altensteig, der in stattlicher Vertreterzahl erschienen war, und schloß ebenfalls mit dem Wunsche, daß der Ee­werbeverein Pfalzgrafenweiler weiter wachsen, blühen und gedeihen möge. Schreinermeister Ziefle - Tonbach über­brachte die Grüße, Glück- und Segenswünsche des Gewerbe­vereins Baiersbronn. In bunter Abwechslung folgten nun die weiteren Darbietungen. Der Liederkranz sang unter der Stabführung Dürr manches herrliche LiÄ>, Turner und Turnerinnen leisteten Hervorragendes und zeigten, daß sie die angestrebte Turnhalle wahrhaft verdienen. Luftige Vorträge und Aufführungen, bei der sich hauptsächlich die Lehrlinge des Handwerks tapfer zeigten, sorgten für Er­heiterung der Festteilnehmer und manch ernstes und heite­res Gedicht von Schülern und Schülerinnen, die unter der Anleitung von Hauptlehrer Bauer ganz beachtliche Lei­stungen vollbrachten, gaben reichlich Abwechslung, Anlaß zum Nachdenken und Grund zum Lachen. Ileberhaupt zeigten die Darbietungen der gesamten Jugend, daß in Pfalzgrafenweiler ein wackeres Geschlecht heranwächst, würdig den Vätern, die tüchtiges geleistet haben. Pfalz­grafenweiler hat in den letzten 25 Jahren eine erfreuliche Entwicklung zu verzeichnen und Las ist nicht zuletzt, sondern in erster Linie auf den strebsamen Handwerker- und Gewerbestand zurückzuführen, der in dem Gewerbeverein seinen festen Rückhalt hat. Auch wir schließen unseren Bericht mit dem Wunsche eines weiteren Blühens und Gedeihens des Gewerbevereins Pfalzgrafenweiler.

Gemeinden zum Ehrenbürger ernannt worden, so von den Gemeinden in Bad Ltebenzell. in Grunbach. Ober- amt Neuenbürg und in In gelsin gen am Kocher.

Vorsicht bei Hausierhandel mit Arzneimitteln. Das verant­wortungslose Treiben von Hausierern und Händlern männlichen und weiblichen Geschlechtes mit Arzneimitteln hat in den letz­ten Jahren einen Umfang angenommen, daß es notwendig l>t, die Allgemeinheit davor entschieden zu warnen. Ost erscheinen ste in Schwesterntracht, obwohl sie überhaupt keine Schwe,tern sind, um so mehr Vertrauen zu ihrer Sache zu erwecken. Die Tees und Pulver, welche diese Schwindler für 10 Mark und mehr verkaufen, haben oft kaum den Wert von 1 Mark, Es rst also ein ganz rentables Geschäft. Abgesehen davon, geht die­sen Leuten jedes medizinische Können vollständig ab und von Arzneimitteln und Kräutern verstehen ste nicht die Bohne. Lediglich mit einigen angelernten, grogartigen Redensarten und der Bekundung eines persönlichen Interesses suchen ste ihre ahnungslosen Opfer zu übertölpeln. Wenn man sich vor Scha­den, sowohl in geldlicher als auch in gesundheitlicher Hinsicht, bewahren will, weise man solchen Leuten die Türe oder bringe ste zur Anzeige, damit man ihnen das Handwerk legen kann. (Landw. Wochenbl.)

Nagold, 12. März. (Uebung der Freiw. Sanitätskolonnen NagoldHerrenberg.) Gestern fand gemeinsam mit der Sanr- tätskolonne Herrenberg eine größere Uebr.ng statt. Derselben lag folgende Annahme zu Grunde. Aus unbekannter Ursache entzünden sich die im städt. SteinbruchMittler Bergle an der Staatsstraße NagoldMötzingen gelegen zu Spreng- iwecken vorhandenen Pulvervorräte. Der der erfolgten furcht­baren Explosion löst sich die linke Bergwand. Steine und Ge­röll stürzen mit voller Wucht auf die darunter an der Stem- schlag- und Sortiermaschine usw. befindlichen Steinbrucharbei­ter und auf die Leute des Freiw. Arbeitsdienstes Nagold. Diese werden teilweise verschüttet und dabei recht schwer und leichter verletzt. Durch den gewaltigen Luftdruck und die umher flie­genden Steine sind außerdem die aus der andern Seite beschäf­tigten Leute schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Aussichtsführende des Steinbruchs, selbst schwer verletzt, ver­anlaßt einen seiner Leute, schnellstens zur nahen Fernsprechstelle in der ..Waldlust" zu fahren, um von dort die Alarmierung der Freiw. Sanitäts-(Lehr-)Kolonne vom Roten Kreuz Nagold zu veranlassen. Daneben läßt er Notsignale durch die Dampfpseise geben. Nach ganz kurzer Zeit traf die Freiw Sanitats-(Lehr-) Kolonne vom Roten Kreuz Nagold unter Führung ihres Kol.- Führers Ehnis und Kol.-Arztes Dr. Beck an der Unfall,teile ein. Außerdem folgten unmittelbar Krankenkraftwagen des Bezirks- krankenhauses Nagold und weitere Autos für Besordenings- zwecke. Ein kurzer Ueberblick ergibt, daß die Große und Schwere des Unglücks von der Kolonne Nagold allein nicht gemeistert werden kann. Zu ihrer Unterstützung veranlaßt sodann Nol.- Führer Ehnis die unverzügliche Herbeiziehung der Nachbar­kolonne Herrenberg. Auch diese ist rasch zur Stelle. In gemein­samer Zusammenarbeit Hand in Hand waren die beiden Hoion- nen bestrebt, den ihnen gestellten Aufgaben gerecht zu werden. Die Verunglückten wurden geborgen und zu dem über der Straße am Waldrand gelegenen Verbandplatz gebracht. Lebensgefähr­lich Verletzte «Hielten an Ort und Stelle Notverbande. Im übrigen erfolgte die Anlegung der Verbände nur auf dem gegen­über liegenden Verbandplatz, unter Aufsicht des Kol.-Arztes Dr, Beck-Nagold. Darnach erfolgte Abtransport der Verletzten in das Bezirkskrankenhaus Nagold bezw. in ihre Wohnungen. Die Uebung stand unter der Leitung von Kol.-Führer Kocher- Herrenberg.

Nagold, 13. März. Am gestrigen Sonntag hatte der hiesige Schwarzwaldverein die Ortsgruppe Stutt­

gart zu Besuch, die in drei Omnibussen in Stärke von siebzig Personen nach Hochdorf gefahren war, um von dort aus eine Wanderung über Gündringen nach Nagold zu unter­nehmen. Nach dem Mittagessen in derTraube" fand eine Besichtigung Nagolds und anschließend in Gemeinschaft mit der hiesigen Ortsgruppe ein Gang zu Lindmaiers Gedenk- stein und auf den Hohen-Nagold statt. Am Gedenkstein hielt Rechnungsrat Lenz eine kurze Ansprache. Ober- s präzeptor Lindmaier, der am 15. März seinen 86. Ge­burtstag feiert und zu dessen Ehrung die Wanderung nach , Nagold erfolgte, befand sich persönlich unter den Stuttgar- ^ ter Gästen. ImTraubensaal" war man dann bei Gesang , und bester Geselligkeit beieinander, bis die Stunde des Abschieds schlug. Die Stuttgarter schieden mit dem feier- , lichen Versprechen, recht bald wieder das schöne Nagold als Ausflugsziel zu wählen. US.

Neuenbürg» 12. März. (Ein Alter.) Am heutigen Sonn­tag konnte ein biederer Arbeitsmann vom alten Schlag seinen 8 0. Geburtstag begehen. Es ist dies der hier . und in der ganzen Umgebung bekannte Glafermeister r Christian Heinzelm an ir. Heinzelmann machte ' sich nach Erlernung des Elaferhandwerks schon in jüngeren : Jahren hier selbständig und jedermann kennt denalten Glaser", der Tag für Tag noch gesund durch die Stadt ' schreitet und unverdrossen seiner beruflichen Arbeit nach- ' geht.

Oberndorf» 11. März. (In Schutzhast.) Vormittag» wurden mit zwei Omnibussen 22 Schramberger und Lan- terbacher Kommunisten in das Amtsgerichtsgefängnis Oberndorf unter Bedeckung von Landjägerbeamten und : Hilfspolizei eingeliefert und vorläufig in Schutzhaft genom- men.

Schwenningen» 11. März. (UmsLeben gekommen.) , In Vraunschweig ist bei der Beschießung desVolksfreund". Gebäudes der 27 Jahre alte ledige Hans Saile durch einen s Bauchschuß ums Leben gekommen. Der im schönsten Alter i mitten aus seiner Tätigkeit Gerissene ist der Sohn des hie- i sigen Stadtrates und Verbandsbeamten Eugen Saile. Er ' war seit drei Jahren in Braunschweig als Leiter eines Werbebüros tätig.

Schwenningen» 11. März. (Wieder Ziegeleibe- trieb.) Trotz verschiedenen Hemmnissen stehen die Ber- . Handlungen mit dem schweizerischen Konsortium vor dem Abschluß. Man kann damit rechnen, daß die Ziegelwerke in . zirka 1014 Tagen in Betrieb kommen. Bei der Einstel­lung der Arbeiterschaft werden in erster Linie Leute von s Schwenningen berücksichtigt, ,

Stuttgart, 11. März. (Der Stratosphärenbal­lon.) Der am Donnerstag durch Professor Regener vom , Hof des Physikalischen Instituts in Stuttgart abgelassene > Stratosphärenballon, der die unerwartet große Strecke bis s nach Winterthur zurücklegte, ist von Professor Regener ein- , geholt worden. Professor Regener ist über den neuen Ber- > such sehr befriedigt, da in der Erforschung der Ultrastrah- ; lung neue Fortschritte erzielt wurden. Der Ballon ist in l Winterthur auf einer Fabrik niedergegangen, wo er von ei- ! nem Arbeiter heruntergeholt und völlig unversehrt gebor­gen wurde. Auch die Platte ist nicht beschädigt. Sie ergab ! nach de* Entwicklung sehr gute Messungen

.Stuttgart, 12. März. (Große Kundgebung.) An­läßlich der Machtübernahme der Staatsregierung in Würt- xEvAL durch Gauleiter Murr und Prof. Mergenthaler ist für Montag abend im Hof des Neuen Schlosses eine große nationalsozialistische Kundgebung mit vorausgehendem Fackelzug und Marsch durch verschiedene Straßen geplant. - Besetzung der Süddeutschen Arbeiterzei- , tung. Das Verlagsgebäude der komm. Südd. Arbeiterzei- s tung wurde von SA.- und SS.-Leuten besetzt, die sofort die Hakcnkreuzfahne hißten. Der große Schild im 1. Stock wurde entfernt. Vor dem Gebäude patrouilliert jetzt SA.- Hilfspolizei, ebenso auch vor dem KommunistenlokalBä­ren in der Eßlinger Straße, Auch das Tagwachtgebäude : wurde polizeilich besetzt.

Riesenschlange im Eisenbahnwagen. Beim : Entladen eines Eisenbahnwagens mit Bananen durch eine : Stuttgarter Südfrüchtegroßhandlung wurde eine Schlange ! um einen Stamm von Bananenfrüchten bemerkt. Das Tier -, wurde vom Tiergartenbesitzer Bücheler abgeholt, der fest- > stellte, daß es sich um eine junge, dreiviertel Meter lange s Königsschlange (Boa constrictor) handelt. Die Schlange s weist eine lebhafte Musterung der Haut auf. Sie wurde ; dem Tiergarten Doggenburg gestiftet. Das ist nun schon das zweite Mal. daß im Stamm von Bananen eine Schlange gefunden wurde.

Brackenheim, 11. März. (Dro11iger Vorfall.) Ein Flaschnermeister von Sck igern hatte in seinem Weinberg gearbeitet und dabei seine Joppe aus den Boden gelegt. Er war dann nach Neipperg in dieTraube" gegangen, wo die Vergebung von Arbeiten erfolgte. Als alles in angeregter Unterhaltung beisammen saß, sprang plötzlich ein Feldhäs­chen aus der Tasche des Flaschnermeisters in die Wirtsstube. Zunächst allgemeine Verblüffung. Unter großer Heiterkeit kam hernach die Aufklärung. Das Häschen, das kaum größer ist als eine Männerfaust, hatte es sich im Weinberg m der warmen Joppe gemütlich gemacht und sich seelenruhig ins Wirtshaus nach Neipperg tragen lassen. Wo alles tran^ paßte ihm die Unterkunft nicht mehr, und so wagte es die Flucht in die Öffentlichkeit.

Hall» 11. März. (Partei-Austritt.) In einem Schreiben an Staotvorstand Dr. Prinzing hat der der Kom­munistischen Partei angehörige Stadtrat Kaiser seinen Aus­tritt aus dieser Partei mitgeteilt und sein Stadtratsmandat niedergelegt. Als Grund für seinen Austritt gibt Kaiser an, daß sich die Vorkommnisse der letzten Wochen bei der KPD. mit seiner Gesinnung nicht mehr vereinbaren lassen.

Nicht Mkhaltlm LMlogWung

Stuttgart, 12. März. Das Plenum des Württ. Landtags, van Landtagsvräsident Mergenthaler erst am Freitag abend telegra­phisch einberuien, sollte Samstag nachmittag 3 Uhr zu einer kurzen, aber wichtigen Tagung zusammentreten, um den Staats- vrästdenten und den Landtagsvräsidenten neu zu wählen. Vom Landlagsgebäude webten sechs Fahnen, zwei schwarz-weiß-rote, zwei schwarz-rote und zwei rote mit dem Hakenkreuz. Vor dem Eingang zum Landtag an der Ecke Kronprinz- und Kanzlei­straße hatte sich eine große Menschenmenge eingekunden. Die bis­herige SA.-Wache des Landtags war eingezogen. Dafür hatten Polizeibeamte die Wache übernommen. Alle, die das Landtags­gebäude betraten, wurden von Kriminalbeamten genau darauf­hin untersucht, ob sie Störungsmaterial bei sich führen. Zu­schauertribünen. Pressegalerie und Beamrenlogen waren voll! besetzt. Abgeordnete dagegen zunächst nicht anwesend. Im, Sitzungssaal selbst fiel auf, daß sich vor dem Präsidenten- und dem Ministertisch mehrere Mikrophone befanden, die offenbars für eine Uebertragung der Reden bestimmt waren. Die Sitzung wurde natürlich von allen Zuschauern mit grober Spannung er­wartet, aber es gab bald eine Ueberraschung, als man merkte, daß die Sitzung überhaupt nicht stattfindet. Um 3.lS Uhr teilte Landtagsdirektor Dr. Eisen mann den Pressevertretern mit, daß im Auftrag des Reichskommissars für die württ. Polizei und im Einverständnis mit dem Landtagsvriifidentcn aus Gründe« der Sicherheit die Sitzung verschoben worden sei und zwar vor­läufig ani Montag.

Warum die Landtagsfitzung verschoben wurde

Der Abg. Bock (Z.) und der Abg, Andre (Z.) erhielten auf Anfrage vom Präsidenten Mergenthaler folgende Erklärung.'. 14 Ubr 38 sei von der Parteileitung der Nationalsozialistischen Partei Berlin der Befehl gekommen, es dürfe aus Sicher­heitsgründen die heutige Landtagssitzung nicht abgebalten wer­den. Er sowohl wie der Abg. Murr hätten in Berlin Vorstel­lungen erhoben. Aber es sei ihnen mitgeteilt worden, daß der Beiebl auszuführen sei. Die Hintergründe dieser Maßnahme kenne er nicht, er könne sie nur vermuten. Er erklärte weiter, es sei nach wie vor sein Bestreben und das des Abg. Murr, daß diese Maßnahme mir eine Verschiebung bedeute und daß di« weitere Entwicklung in Württemberg auf dem Boden der Ver­fassung erfolge. Er werde sich bemühen, daß die , Wahl des Staatspräsidenten und des Landtagsvräsidenten in Württem­berg sich auf Grund unserer Verfassung vollziehe.

Verabschiedung des Staatspräsidenten Dr. Bolz

Stuttgart, 12. März. Von zuständiger Seite wird mitgereilt: Staatspräsident Dr. Bolz verabschiedete sich Samstag morgen 11 Uhr von den Beamien und Beamtinnen des Staarsminisie- riums und den Vorständen der dem Staatsminsterium unterstell­ten Behörden. In einer Ansprache führte er aus, daß die iünf Jahre seiner Staatsvräsidentschaft in eine Zeit des wirtschaft­lichen Niederganges gefallen sei. Seine Hauptarbeit sei durch diese Umstände daraus gerichtet gewesen, abzubauen und eiuzu- schränken. Das sei eine schwere und bittere Ausgabe gewesen, über die er das Urteil einer späteren Zeit überlaste. Den Beam­ten dankte er mit herzlichen Worten für die Pflichttreue, die sie stets in all den Nachkriegsjabren bekundet haben. Es sei immer ein Vorzug des württembergischen Beamtentums gewesen, daß es seine Aufgabe treu erfüllt babe. Er bitte die Beamten, auch in der kommenden Aebergangsveriode, unbekümmert um die oolin- sche Einstellung ihre Pflicht zu tun und dadurch ihrem Land, zu nützen. Im Namen der Beamten dankte Staatsrat Dr, Hegel- maier dem scheidenden Staatspräsidenten für das Wohlwol­len, das er der Beamtenschaft stets entgegenbracht habe, Jnsbe-