Allgem. Anzeiger für die Bezirke Nagold, Calw u. Freudenstadt — Amtsblatt für den Bezirk Nagold u. Altensteig-Stadt
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Nummer KV
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Altensteig, Montag den 13. März 1933
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Das EkgrdnlS i
der preMchm KonmiiimlmWn
Berlin, 12. März. Das Ergebnis der Kommunalwah- len ist von außerordentlicher Tragweite, denn wie sich aus den nach Mitternacht vorliegenden Zahlen ergibt, wird die Regierung sowohl im Reichsrat wie im Staatsrat über eine einfache, wenn nicht sogar über eine qualifizierte Mehrheit verfügen. Von Len 66 Sitzen des Reichsrates entfallen 26 auf Preußen, von denen wiederum fe 13 das Staatsministerium und die 13 Provinzen einschließlich Berlin besetzen. Von den 26 preußischen Sitzen werden sicherlich 22—23 auf die Regierungsparteien entfallen. Da der Amschwung in den außerpreußischen Ländern zugunsten der Regierungsparteien auch eine Aenderung der politischen Zusammensetzung der Reichsratsvertretungen dieser Länder im Gefolge hat, ist die Regierungsmehrheit damit gegeben. Zm preußischen Staatsrat gehörten von 81 Vertretern bisher 29 den jetzigen Regierungsparteien an (unter Einbeziehung der Deutschen Volkspartei), während die SPD. über 22, das Zentrum über 19, die KPD. über sechs und Splitterparteien über 5 Sitze verfügten. Künftig dürften von 81 Staatsratsvertretern mindestens öS bis 65 den Regierungspareien zuzurechnen sein.
Das bemerkenswerteste Moment der Kommunalwahlen ist der katastrophale Rückgang der Kommunisten. Die Anhänger dieser Partei sind offenbar nach dem Wahlergebnis i vom letzten Sonntag, das trotz der ungeheuer gestiegenen s Wahlbeteiligung die Kommunisten ein Fünftel der Stirn-- ß men und Sitze kostete, mutlos geworden und halten eine H weitere Beteiligung an Wahlen offenbar für nutzlos. In s beschränkterem Umfange trifft dieses, von wenigen örtlichen Ergebnissen abgesehen, auch auf die SPD. zu, die 20—30 Prozent ihrer Stimmen und Sitze einbüßte. Der Rückgang der Regierungsparteien ist dagegen im Durchschnitt geringer als der Rückgang der Wahlbeteiligung, die man nach vorläufigem Ueberschlag mit 80 Prozent anneh- ! men kann. s
In zahlreichen Städten hat sich eine absolute Mehrheit ! der Regierungsparteien ergeben, vielfach sogar eine abso- ! lute Mehrheit der Nationalsozialisten. Zn Westdeutsch- ! land ist in vielen Städten eine Zweidrittelmehrheit aus ! Nationalsozialisten und Zentrum zu verzeichnen. Die ab- k solute Mehrheit errungen haben die Nationalsozialisten ! z. B. in Liegnitz mit 24:22 Sitzen, in Beuthen mit 26:21 ! Sitzen, in Hindenburg mit 29:22, in Frankfurt a. O. mit ? 27:18, in Kolberg mit 18:17, in Wilhelmshaven mit 14:10 ^ Sitzen. Eine absolute Mehrheit der beiden Regierungs- s Parteien ergab sich u. a. in Forst mit 20:16 Sitzen, in Senf- ^ tenberg mit 16:11, in Wiesbaden mit 34:20, in Halle mit s 37:21, in Görlitz mit 28:19, in Koblenz mit 22:21, in Wup- ? pertal mit 44:32, in Oppeln mit 22:16, in Kiel mit 36.28 ß Sitzen. In Münster trat an die Stelle der absoluten Mehr- S heit des Zentrums eine Mehrheit der Regierungsparteien E von 25:23 Sitzen, während in Trier das Zentrum seine ab- s solute Mehrheit erhalten konnte. s
Mehrheiten aus Nationalsozialisten und Zentrum er- S gaben sich u. a. in Köln, Duisburg, Essen und Düsseldorf. ? Sehr bemerkenswert ist das Wahlergebnis in Branden- « burg-Havel, wo bisher die SPD. allein, bezw. mit der k KPD. zusammen über die Mehrheit verfügte. Dort hat k sich jetzt eine Mehrheit der Regierungsparteien von 24:21 - Sitzen ergeben; in Altona ist an die Stelle der Linksmehr- s heit eine Regierungsmehrheit von 36:25 Sitzen getreten, l
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Kommentare der französischen Presse
Parts, 11. März. Die Pariser Morgenpresse meldet zum Teil ausfallender Stelle die am Donnerstag erfolgte Besetzung einer ehemaligen Kaserne in Kehl durch etwa 500 SA.-Leute. s Eie gibt zum Teil zu dieser Meldung auch einen Kommentar, i Der Straßburger Berichterstatter des „Matin" schreibt in seiner ^ Meldung: Man ist in Straßburg der Ansicht, daß diese regel- j rechte Besetzung der Kehler Kaserne durch eine bewaffnete Truppe i «ine offenbare Verletzung der Klausel des Friedensvertrages I über die neutrale Zone von 5V Kilometer am rechten Rheinufer s darstellt" )
„Journal" erklärt in seiner Straßburger Meldung u. a.: Man l meldet für den Augenblick keine Zwischenfälle. Die notwendigen ^ Echutzmaßregeln für die Bewachung der Rheinbrücken sind im z übrigen von den französischen Behörden ergriffen worden. Auch ^ bas „Journal" verwerft auf den Artikel 43 des zweiten Teiles ^ - rsailler Vertrages über die entmilitarisierte Zone. s
Ex. elstor" dagegen bezeichnet den „Zwischenfall" als wenig ^
' ichtig. Nach den Erkundigungen des Blattes an Ort und Stelle s scheine die Kundgebung gegen die Stadtverwaltung von Kehl r und insbesondere gegen den Bürgermeister Luthier gerichtet zu ; sein. Die Hitler-Leute, denen man begegnete, seien nicht be- j waffnet gewesen. ^
Berlin, 12. März. Reichspräsident v. Hindenburg erläßt folgende Kundgebung:
Am heutigen Tage, an dem in ganz Deutschland die alten schwarz-weiß-roten Fahnen z« Ehren unserer Gefallenen auf Halbmast wehen, bestimme ich, daß vom morgigen Tage ab bis zur endgültigen Regelung der Reichsfarben die schrvarz-weiß-rote Fahne und die Haken- krenzfahne gemeinsam zu hissen find. Diese Flaggen verbinden die ruhmreiche Vergangenheit des deutschen Reiches und die kraftvolle Wiedergeburt der deutschen Nation. Vereint sollen sie die Macht des Staates «nd die innere Verbundenheit aller nationalen Kreise des deutschen Volkes verkörpern!
Die militärischen Gebäude und Schiffe hissen nur die Reichskriegsflagge.
gez. Der Reichspräsident v. Hindenburg
gegengez. Der Reichskanzler Adolf Hitler.
Diese Kundgebung des Herrn ReichspräsiLemen gab der Herr Reichskanzler Sonntag nachmittag um 2 Uhr über alle deutschen Sender dem deutschen Volke bekannt.
Im Anschluß daran hielt der Reichskanzler folgende Ansprache:
Mit diesem Erlab hat der Herr Reichspräsident bis zur endgültigen Regelung von sich aus verfügt, daß die Fahne der nationalen Erhebung nunmehr auf den Staats- und öffentlichen Gebäuden neben unserer unvergeßlichen ehrwürdigen Traditionsfahne des alten deutsche« Reiches künftig hin zu wehen hat. Nationalsozialisten, die ihr in dieser Stunde mithört! SA.- und SS.-Männer! Damit ist auch nach außen hin sichtbar durch diese Vermählung der Weg der nationalen Revolution gekennzeichnet. Uns alle muß in dieser historischen Stunde, da wir eben zurückkehren von den Feiern für unsere toten Kameraden, neben dem Gefühl der tiefen Dankbarkeit für den hochherzigen Entschluß des Eeneralfeldmarschalls eine stolze Befriedigung erfüllen. Ein 14jähriger Kamm um die Macht har nunmehr seinen sichtbaren symbolischen Abschluß gefunden. Es ist aber nunmehr an uns selbst, dafür zu sorgen, daß diese Macht von jetzt ab durch nichts mehr erschüttert wird. Als Euer Führer und im Namen der Regierung der nationalen Revolution fordere ich Euch daher auf, die Ehre und damit aber auch die Würde des neuen Regimentes so zu vertreten, daß es vor der deutschen Geschichte dereinst auch in Ehre» und Würden zu bestehen vermag. Mit dem heutigen Tage, da nun auch symbolisch die gesamte vollziehende Gewalt in die Hände des gesamten nationalen Deutschland gelegt ist, beginnt der zweite Abschnitt unseres Ringens; von nun ab wird der Kampf der Säuberung und Jnordnmigbrmgung des Reiches ein planmäßiger und von oben geleiteter sein. Ich befehle Euch daher von jetzt ab strengste und blindeste Disziplin. Alle Einzelaktionen haben von jetzt ab zu unterbleiben. Nur dort, wo die Feinde der nationalen Erhebung sich unseren gesetzlichen Anordnungen mit Gewalt widersetzen oder wo sie einzelne unserer Männer oder marschierende Kolonnen überfallen, ist der Widerstand dieser Elemente sofort und gründlichst zu brechen. Im übrigen aber ist es nun unsere Aufgabe, dem ganzen deutschen Volke und vor allem auch unserer Wirtschaft das Gefühl der unbedingten Sicherheit zu geben. Wer es von jetzt ab versucht, durch Einzelaktionen Störungen unseres Verwaltungs- oder des geschäftlichen Lebens herbeizuführen, handelt bewußt gegen die nationale Regierung. Denn beute sind wir für das Reich verantwortlich, weil es in unsere Hand gegeben ist.
Meine Parteigenossen! Ihr habt in 14jäbriger Arbeit für dieses nunmehr entstehende Deutschland gekämpft. Heute ist die Fahne dieses Kampfes staatlich sanktionierr. Ihr könnt daran aber auch ersehen, wohin uns Eure Disziplin und Unterordnung geführt bat. Nur sie allein kann uns nunmehr weiterleiten. Unser Sieg ist so groß, daß wir nicht kleinliche Rachsucht empfinden können. Sollten die Feinde der nationalen Erhebung irgendeinen Widerstand versuchen, dann wird der Wille der Regierung
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ten - Ein Aufruf an die Bevölkerung
! der nationalen Revolution sie blitzschnell niederzwingen, und ihr j werdet die Befehle erhalten. Hütet Euch aber vor Proooka» j teuren und Spitzeln, die, wie wir heute durch die Belegs i wissen, von der Kommunistischen Partei in unsere Formationen s entsandt worden sind. Wir werden sie dank unseres heutigen Ein- § Llickes in das Treiben dieser Verbrecherorganisation in kürzester ; Zeit ohnehin entfernt haben. Indem ich Euch so die Reinheit und : damit die Ehre unserer nationalen Erhebung zu schützen befehle, danke ich Euch aber auch für das Uebermatz an Treue, Disziplin
- und an Opfern, die Jbr mir bisher entgegengebracht und gegeben
- habt. In wenigen Wochen ist in erster Linie durch Eure Arbeit ^ und Mitwirkung eine der größten Umwälzungen vollzogen wor- . den. die Deutschland bisher kennt. Sie wird dem deutschen Volke
- sichtbar gezeigt werden durch die Anordnung des Reichsinuen- E Ministers Dr. Frick, die ich hiermit bekanntgebe:
> Zur Feier des Sieges der nationale« Revolution haben siintt-
- liche öffentliche Gebäude des Reiches von morgen. Montag, ab auf die Dauer von drei Tage in den vom Herr« Reichspräsidenten anbefohlenen beiden Fahnen zu flaggen.
Meine Parteigenossen! Es lebe die nationale Revolution! Es lebe unser heißgeliebtes deutsches Volk und unser stolzes Deutsches Reich.
r Flaggen heraus! Ein Ausruf au die Bevölkerung
i Der Reichsminister des Innern hat die Landesregierungen und ! die Kommissare des Reiches in den Ländern gebeten, für die Landes- und Kommunalbehörden die Maßnahme der Reichrre- gierung zu übernehmen. Die Reichsregeirung ruft das ganze deutsche Volk auf, sich ihrem Vorgehen anzuschliebeu «nd damit der Verbundenheit aller nationalen Kreise des Volkes mit der staatlichen Macht feierlichen Ansdruck za verhelfe«.
Für die feierliche Beflaggung der Reichsdienstgedäude in de» Tagen vom 13. bis 15. März bat der Reichsminister des Innern noch folgende Hoheitsanordnung erlassen:
Wenn Reichsdienstgebäude mehrere Flaggenmasten haben, so sind in gleicher Zahl und Größe jchwarz-weiß-rote Flaggen und Hakenkreuzflaggen su setzen, bei ungerader Zahl am überschießenden Mast die schwarz-weiß-rote Flagge. Mehrere zusammew- liegende Gebäude gelten hierbei als eine Anlage. Ist nur ein Flaggenmast vorhanden, jo ist an ihm die jchwarz-weiß-rote Flagge zu hissen. Die Hakenkreuzilagge ist in diesem Falle, wen« sich nichr ein zweiter Flaggenmast anbringen läßt, an einer bevorzugten Stelle der Straßenfront des Sauses mittels eines besonderen Flaggenftockes die Hakeknreuzfahne anzubringeu.
Verfügung des Reichskommissars für Polizei - in Württemberg
! Stuttgart, 12. März. Der Reichsminister des Innern ! hat an mich folgendes Fernschreiben gerichtet:
! „Um dem in seinem Flaggenerlaß von heute zum Aus- ! druck gekommenen Wunsch des Reichspräsidenten sichtbaren j Ausdruck zu verleihen und zur Feier des Siegs der nationalen Revolution hissen Reichsgebäude von morgen bis Mittwoch einschließlich schwarz-weiß-rote Flagge und ! Hakenkreuzflagge gemeinsam."
! Hiezu ordne ich an:
Sämtliche öffentlichen Reichs- und Landesgebäude einschließlich der Kommunalverbände in Württemberg haben von Montag bis Mittwoch Abend die beiden genannten Flaggen zu hissen und sich, wo solche nicht vorhanden sind, mit den nationalen Verbänden in Verbindung zu setzen.
Die Bevölkerung rufe ich auf, sich dem Vorgehen der Behörden anzuschlietzen und so eine machtvolle Verbundenheit aller nationalen Kreise des deutschen Volkes mit dem Staat zu bekunden.
Der Reichskommissar für Polizei in Württemberg: (gez.) von Zagow.
Frankreich mißfällt die Hilfspolizei Berlin, 11 März. In Zeitungsmeldungen ans Paris ist davon die Rede, daß Frankreich eine diplomatische Aktion wegen der Aufstellung der Hilfspolizei in Deutschland beabsichtigt ist. Die französischen Minister sollen diese Frage auch bei den Besprechungen mit dem englischen Premierminister angeschnitten haben. Man ist in volltischen Kreisen der Auffassung, daß, wenn wirklich eine derartige Aktion erfolgen sollte, diese Einmischung ru rein innerpolitische deutsche Verhältnisse entschiedene Zurückweisung finden wird. Will Frankreich wirklich der Welt erzählen, daß eine niit Pistolen und Gummiknüppeln ausgerüstete „Armee", die überhaupt keine Armee ist, eine Bedrohung des Weltfriedens darstellt? Es scheint vielmehr so, als ob man in Frankreich krampfhaft immer wieder nach neuen Vorwänden sucht, um von seinen eigenen Rüstungen, deren hohen militärischen Wert die Franzosen sonst sehr deutlich zu betonen wissen, abzulenken.
Ser RMMg WM elnberusen
Berlin, 11. März. Der Präsident des Reichstags, 8ö- ring, hat auf Grund der Artikel 23 und 27 der Reichsver- sassnng den neugewählten Reichstag auf Dienstag, den 21. März 1933, nachmittags 5 Uhr, offiziell zusammenbernfeu.
Die Wahl der verhältnismäßig späten Nachmittagsstunde ist darauf zurückzuführen, daß am Vormittag des 21. März in Potsdam noch die Gottesdienste und im Anschluß daran der feierliche Staatsakt in der Earnifonkirche in Anwesenheit des Herrn Reichspräsidenten durchgeführt werden.