Mgem. Anzeiqer für die Bezirke Nagold, Calw ir. Freudenstadt Amtsblatt für den Bezirk Nagold u. Altensteig-Stadt

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Nummer LL

I

Alten steig, Mittwoch, den 1. Februar 1933

I

5 8. Jahrgang

Das neue französische Kabinett

Eine Minderheitsregierung

Dem soeben gebildeten französischen Kabinett Daladier gehören u. a. an: Ministerpräsident und Krieg: Daladier (radikaler Abgeordneter): Justiz und Vizepräsident: Penau» cier lradikaler Abgeordneter); Auswärtiges: Paul-Bon« cour (bei keiner Fraktion eingeschriebener Senator); Inne­res: Chautemps (radikaler Abgeordneter): Finanzen: Ge­orge Bonnet (radikaler Abgeordneter); Budget: Lamou- reux (radikaler Abgeordneter); Kriegsmarine: Leygues (Hospitant bei der linken republikanischen Kammerfrak- tiön); Handelsmarine: Frot (unabhängiger Sozialist, Abge­ordneter) ; Unterricht: de Monzie (rechtsstehender Sozialist, Abgeordneter); Arbeiten: Francois Albert (radikaler Ab­geordneter): Kolonien: Sarraut (radikaler Senator); außerdem noch vier Unterstaatssekretäre, darunter wie bis­her für nationale Wirtschaft Patenotre. Ministerpräsident Daladier hat bereits mittags dem Präsidenten der Republik sein Kabinett vorgestellt. Die Regierung wird am Freitag vor das Parlament treten. Man wird abwarten müssen, auf welcher Grundlage die neuen Finanz- und Vudgetminister, George Bonnet und Lamoreux, die Finanzsanierung durch­führen wollen. Die Art und Weise, wie Lamoureux als Ee- neralderichterstatter des Finanzausschusses der Kammer vor einigen Tagen über das Kompromiß berichtete, das nach Cherons Vorschlägen zustande gekommen ist, läßt daraus schließen, daß er zu den radikalen Politikern zählt, die einen Teil der Bedürfnisse des Schatzamtes auf dem Anleihewege decken wollen.

> Was bei der Kombination Daladier aufsällt, ist das Her­anziehen des jetzigen Vorsitzenden der radikalen Kammer­fraktion Francois Albert, der Arbeitsminister wird. Be­zeichnend ist auch, daß Pierre Cot als Unterstaatssekretär des Quai d'Orsay ausscheidet und anstelle Painleves in der neuen Kombination Luftfahrtminister wird. Dadurch wird der Einfluß des jungradikalen Politikers auf die außenpoli­tische Haltung etwas ausgeschaltet. Nach den bis jetzt ge­troffenen Dispositionen wird Paul-Boncour allein Außen­minister sein, der allein maßgebende für die wichtigen Ver­handlungen, die in Genf geführt werden.

Edouard Daladier

M erste Eitzum »es neuen Kabinetts

Des Reichskanzlers AM an die WSW.

Handschreiben Hivdenburgs au Schleicher

Berlin, 31. Jan. Der Herr Reichspräsident hat an den schei­denden Reichskanzler von Schleicher folgendes Handschreiben gerichtet:

Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Ihrem Anträge um Ent­bindung von den Aemtern als Reichskanzler und als Reichs­wehrminister habe ich durch den Ihnen inzwischen zugegangenen Erlaß entsprochen. Für die von Ihnen in langen, schicksals- schweren Jahren in Krieg und Frieden dem Vaterlande geleiste­ten Dienste, insbesondere für Ihre Arbeit als Reichswehrmlnister und Reichskanzler, spreche ich Ihnen im Namen de« Reiche» wie eigenen Namens meinen aufrichtigen Dank aus. Jhr^ er­folgreichen Wirkens für den Ausbau der neuen deutschen Wehr­macht werde -cd stets mit besonderer Anerkennung gedenken. Mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen und mit kamerad- ichastlichen Grüßen bin ich

Ihr ergebener lgez.) von Hindenburg.

In ähnlicher Weise hat der Herr Reichspräsident auch den Msheren ausgeschiedenen Mitgliedern der Reichsregierung >emea Dank für die geleistete Arbeit ausgesprochen.

Der Herr Reichspräsident empfing am Dienstag den scheiden­den Reichskanzler und Reichswehrminister von Schleicher m io- ichiedsaudienz.

Berlin, 31. Jan. In der Kabinettsfltzung am Dienstag wurde beschlossen, dem Reichspräsidenten eine Verordnung vorzuschlagen, wonach auf den Stellvertreter des Reichs­kanzlers von Papen die Befugnisse übertragen werden sollen zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Lande Preußen. Das Kabinett setzte seine Aus­sprache über die politische Lage fort, der Reichskanzler be­richtete über die Verhandlungen mit dem Zentrum, di« Beantwortung der Fragen ist noch nicht erfolgt. Dann wurde die Aussprache über Maßnahmen zur Steuerung wirtschaftlicher Schäden fortgesetzt.

Wie wir erfahren, gehen die Beratungen des Reichskabinetts morgen vormittag um halb 12 Uhr weiter. Die heutigen Ver­handlungen hatten naturgemäß mehr vorbereitenden und in­formatorischen Charakter. Zudem muß auch erst einmal eine stärkere Klärung der allgemeinpolitischen Situation herbei­geführt werden, und darum liegt der Schwerpunkt augenblick­lich in Len Verhandlungen mit dem Zentrum, die in Form eines Briefwechsels geführt werden, der aus präzisierten Fragen und Antworten besteht.

Die Hauptfrage, die die Oeffentlichkeit im Augenblick stark beschäftigt, ist die der Umorganifierung des Reichsarbeitsmini­steriums. Im Zusammenhang mit dem Rücktritt des Staats­sekretärs Grieser ist bereits bekannt geworden, daß die Absicht besteht, die Abteilung III des Reichsarbeitsministeriums aus diesem Ministerium herauszunehmen. Sie umfaßt die Gebiete des Arbeitsrechtes, des Arbeitsschutzes und der Lohnpolitik. Dr. Hugenberg hat früher einmal den Vorschlag gemacht, diesen Aufgabenkreis dem Wirtschaftsministerium anzugliedern und in Arbeitnehmerkreisen das kommt deutlich in der den Gewerk­schaften nahestehenden Presse zum Aufdruck ist daraus einige Beunruhigung entstanden. Nach unseren bestimmten Infor­mationen ist diese Beunruhigung grundlos, denn eine Angliede­rung an das Reichswirtschaftsministerium kommt nicht in Frage. Vielmehr ist beabsichtigt, eine besondere Stelle, wahrscheinlich ein Reichskommissariat für Arbeitsrecht zu gründen. Man hat ja schon von einemTarifamt" gesprochen. Die Ideen, die jetzt verwirklicht werden sollen, sind jedoch umfassender und groß­zügiger und nach Auffassung unterrichteter Kreise geeignet, auch

Chef dieses neuen Amtes. Nach Durchführung dieser Neuorganisation werden dem Reichs­arbeitsministerium noch folgende Aufgaben verbleiben: Die Sozialversicherung, die Arbeitslosenversicherung, die Arbeits­losenhilfe, der Arbeitsdienst, die Jugendhilfe und alle Fragen, die, wie z. B. das Werkjahr, mit ähnlichen Maßnahmen ver­bunden sind.

Schließlich ist noch zu verzeichnen, daß über die Maßnahmen, die sich aus dem nächtlichen kommunistischen lleberfall auf einen abmarschierenden SA.-Trupp in Charlottenburg ergeben und die bereits imAngriff" angekündigt worden sind, in der heu­tigen Kabinettssitzung noch nicht besprochen worden ist. Man Lat inzwischen aber festgestellt, daß in der Charlottenburger Gegend, in der sich der kommunistische Terrorakt ereignete, anormale Verhältnisse herrschen. Es ist anzunehmen, daß der Reichsinnenminister die notwendigen Anordnungen trifft, um diesen Zuständen ein Ende zu machen.

Interessant ist übrigens in diesem Zusammenhang mit den großen Begeisterungsdemonstrationen vom Montagabend, daß nach den Schätzungen der Polizei in der Zeit zwischen 8 und 12 Uhr abends mindestens 7VV0V0 Menschen die Wilhelmstraße durchzogen haben.

Wers Sank an -je WSW.

Berlin, 31. Januar. Unter der UeberschriftDer Dank des Führers" veröffentlicht derVölkische Beobachter" folgenden Aufruf des Reichskanzlers an die NSDAP.:

Nationalsozialisten! Nationalsozialistinnen! Meine Parteigenossen und Genossinnen!

Ein vierzehnjähriges in der deutschen Geschichte wohl beispielloses politisches Ringen hat nunmehr zu einem großen politischen Erfolg geführt.

Herr Reichspräsident v. Hindenburg ernannte mich, den Führer der nationalsozialistischen Bewegung, zum Kanzler des Deutschen Reiches.

Nationale Verbände und Parteien schlossen sich zum gemeinsamen Kampfe für Deutschlands Wieder rferstehung zusammen.

Die Ehre vor der deutschen Geschichte, nun. .. ' an die­sem Werke führend teilnehmen zu dürfen, verö a ich «eben dem großherzigen Entschluß des Eeueralfeldmar- schalls Eurer Treue und Anhänglichkeit, meine Partei­genossen. .

Daß Ahr wir in trüben Tage« genau so «ne.fqütter« lich gefolgt seid, wie in den Tagen des Glücke ««d treu

geblieben seid nach schwersten Niederlagen» dem allein ver­danken wir diesen Erfolg.

Ungeheuer ist die Aufgabe, die vor uns liegt!

Wir müssen sie lösen und werden sie lösen!

An Euch, meine Parteigenossen, richte ich nur die ei«» große Bitte: Gebt mir Euer Vertrauen und Eure An­hänglichkeit in diesem neuen und großen Ringen genau s» wie in der Vergangenheit, dann wird uns auch der All­mächtige seinen Segen zur Wiederaufrichtung eines Deut­schen Reiches der Ehre, der Freiheit und des soziale« Frie­dens nicht versagen.

Berlin, 3V. Januar 1933.

Adolf Hitler."

Sr. WS stell! ft» dm ReWrat vor

Berlin, 31. Jan. Der Reichsrat hielt am Dienstag nachmittag »ine Vollsitzung ab um die endgültige Entscheidung über di» neue Arzneitaxe zu treffen. Reichsinnenminister Dr Frist be­nutzte diese Gelegenheit um sich dem Reichsrat als neuer Vor­sitzender vorzustellen. Beim Erscheinen des Ministers im Saal wurde dieser zunächst von allen Reichsratsmitgliedern begrüßt. Minister Dr Frrck gedachte in seiner Eröffnungsansprache zu­nächst seines Amtsvorgängers Dr. Bracht. Er wies dann darauf hin, daß er dem Reichsrar kein Unbekannter mehr sei, da er de« Reichsrat als Vertreter der thüringischen Regierung schon ein­mal angehört habe, ohne allerdings seinen Sitzungen beiwohne» z» können. iEr sei^auch kein unbeschriebenes Blatt und durch seine Tätigkeit im Reichstage den Herren bekannt. Ich darf nur sagen, jo fuhr der Minister fort daß ich den größten Wert da­rauf lege, vertrauensvoll m>t den Ländervertretern zusammen- zuarbeiten. Ich selbst bin Bayer und habe als Bayer schon a« sich das nötige Verständnis für den föderalistischen Aufbau de» Reiches. Ich weiß, daß nicht alles hier von Berlin aus zentrali­siert werden kann. Nach unserer politischen Einstellung wisse» Eie. daß wir Vertreter einer starken Einheit des Reiches sind, daß das Reich nach außen eine Einheit darstellen muß, die un­erschütterlich ist, um sich der Angriffe von außen erwehren zu können. Aber das schließt nicht aus, daß auch den einzelne» Gliedern des Reiches die nötige Freiheit insbesondere in kul­tureller Beziehung gegeben ist. Ich darf versichern, daß Sie als Ländervertreter in dieser Beziehung Vertrauen in die Lei­tung der Reichsgeschäfte haben dürfen. Der Minister teilte dan» mit. daß der Reichskanzler selbst am Donnerstag sich dem Reichs­rat vorstellen werde. Er erklärte zum Schluß, daß die Reichs­regierung ehrlich bestrebt sei, das Beste des deutschen Volkes zu wollen, und daß es in dieser ungeheuren Notzeit notwendig sei. daß eine starke Regierung in Deutschland gebildet wird. Er hoffe, daß Ansätze dazu in diesen Tagen gemacht seien, die wo­möglich noch verstärkt werden sollen

Der Vertreter der preußischen Staatsregierung, Ministerial­direktor Dr. Brecht, erwiderte im Namen des Reichsrates. Er erinnerte daran, daß der Reichsrat vor noch nicht zwei Monate» Len Reichsinnenminister von Kaql verabschiedet und den Mi­nister Dr. Bracht begrüßt habe. Wenn jetzt auch Dr Bracht wie­der ausgeschieden sei, so werde man verstehen, daß der Reichsrat als Körperschaft unbeschadet der Stellung der einzelnen Regie­rungen den raschen Verbrauch an Reichskabinetten nicht mit un­gemischter Freude verfolge. Im Aufträge des Reichsrates spreche er dem scheidenden Vorsitzenden Dr, Bracht die besten Wünsche für sein Wohlergehen aus Wir begrüßen in Ihnen, so fuhr Dr, Brecht zum Minister Dr, Fr-ck gewandt fort, zum erstenmal einen Bayern an diesem Platz, Wir sichern Ihnen zu. daß der Reichsrat trotz aller politischen Gegensätze im einzelnen getreu seiner Tradition in strenger Sachlichkeit mit Ihnen die Beratun­gen führen werden,

Keit.. Experimente währungs- oder wirtschafts­politischer Art

Berlin. 31. Jan. Von maßgebender Stelle wird die bereit» am Montag abend vor der ausländischen Presse abgegebene Erklärung auf das bestimmteste wiederholt, daß irgend welche Experimente wirtschafts- oder gar währungspolitischer Art nicht in Frage kämen und daß sie von keinem Kabinettsmitglied be­absichtigt seien.

Diese Unterstreichung des Standpunktes der neuen Reichs­regierung erfolgte besonders rm Zusammenhang damit, daß ge­wisse deutsche Anleihen an der Börse attackiert worden sind. Es wird die eindeutige Versicherung abgegeben, daß ein sach­licher Grund für solche Börsenvorstöße in keiner Weise vor­handen sei. Man hat deshalb auch die lleberzeugung, daß sie ganz anderen als sachlichen Mot'ven entspringen. Jedenfalls haben di« Besitzer von deutschen Anleihen keine Veranlassung, irgen^ -ic beunruhigt zu sein. Im gleichen Zusammenhang wird m > ^ . .über gewissen Gerüchten betont, daß die Frage eine» Wechser» >n der Leitung der Reichsbank nicht aktuell ist.