Die erste Kriegshandlung der Rüsten gegen

Oesterreich-Ungarn.

Myslowitz, 31. Zuli. Eine amtliche Meldung be­stätigt, daß die Rüsten die auf österreichischem Gebiet liegende Eisenbahnbrücke zwischen Szczakowna und Gra- nica in die Luft gesprengt haben.

Das russische Heer

zählt im Frieden 1 400 000 Mann, von denen eine Mil­lion in Europa stehen. Diese Heeresmaste ist in 37 Korps mit 70 Divisionen und 24 Kavalleriedivisionen geglie­dert. Für einen europäischen Krieg kämen aber nur 30 Armeekorps in Betracht. Die Kriegsstärke beträgt ein­schließlich der Reserve 2 400 000. In 12 Militärbezirken, deren jeder eine Anzahl Gouvernements umfaßt, stehen diese Truppen, der Oberkommandierende des Gouverne-

Sta-t, Bezirk und Na«hbarf«hast.

T a lw, den 1. August 1914.

Beschränkungen des Postverkehrs im Inland.

Die K. Eeneraldirektion gibt bekannt: Infolge Erklärung des Kriegszustandes werden von jetzt ab bis auf weiteres verschlossene Privatsendungen (ver­schlossene Briefe und Pakete) zur Postbeförderung nicht mehr angenommen 1. nach Elsaß-Lothringen, 2 . nach den zum Regierungsbezirk Trier gehörigen Kreisen St. Wendel, Ottweiler, Saarbrücken (Stadt), Saarbrücken (Land), Saarlouis, Merzig und Saarburg (Vz. Trier), 3. nach Orten im Für­stentum Birkenfeld, 4. nach dem zum Befehlsbereiche der Festungen Straßburg (Elsaß) und Neubreisach gehörigen badischen Postorten, das sind a) im Bereich der Festung Straßburg die Orte: Altenheim, Appen­weier, Auenheim (Amt Kehl), Bodersweier, Diers- heim, Dundenheim, Ichenheim, Kehl, Kork, Legels- hurst, Leutesheim, Lichtenau (Baden), Linx, Mar­len, Meißenheim (Baden), Memprechtshofen (Amt Kehl), Neufreistett (Amt Kehl), Rheinbischofsheim, Scherzheim (Amt Kehl), Schutterwald. Sundheim (Baden), Urloffen, Wagshurst, Willstätt (Amt Kehl), Windschläg; b) im Bereich der Festung Neu­breifach die Orte: Achkarren, Breisach, Burkheim, Gottenheim, Jechtingen, Jhringen, Königschaffhausen (Kaiserstuhl), Krozingen, Mengen (Baden), Mer­dingen (Baden), Munzingen, Oberbergen (Kaiser­stuhl), Oberrimsingen, Oberrotweil, Opfingen. Sas- bach (Kaiserstuhl), Schallstadt. 5. nach der Rhein­pfalz.

Die durch die Briefkasten aufgelieferten sowie die bei Veröffentlichung dieser Bekanntmachung be­reits in der Beförderung begriffenen verschlossenen privaten Briefsendungen und Privatpakete nach den vorbezeichneten Gebietsteilen und Orten werden den Absendern zurückgegeben oder, wenn diese nicht be­kannt sind, nach den Vorschriften für unbestellbare Sendungen behandelt werden.

Ein Mahnwort an Soldaten und Bürger.

Die Erfahrungen früherer Feldzüge haben ge­lehrt, daß bei Mobilmachungen die Gefahr besteht, daß die Kriegsstimmung zu Trinkexzessen ausartet, daß den zum Ausmarsch bestimmten Soldaten gei­stige Getränke als besonderer Liebesbeweis nicht nur von allen Seiten angeboten, sondern aufgedrängt werden, daß besonders auf den Bahnhöfen, von denen aus Truppentransporte erfolgen, oder auf denen Halt gemacht wird, die abziehenden und durchziehen­den Truppen mit geistigen Getränken in allen Arten und Mengen bedacht werden. Im nächsten Kriege werden sofort mit den ersten Tagen an die Leistungs­fähigkeit, Schlagfertigkeit und Widerstandsfähigkeit der Truppen ungeheure Anforderungen gestellt. Hier­zu ist Nüchternheit absolut erforderlich. Dies ist auch der entschiedene, -aus mancherlei Kundgebun­gen und Maßnahmen bekannte Standpunkt der Hee­resleitung, allen voran des obersten Kriegsherrn selbst, der dieser Ueberzeugung wiederholt kräftigsten Ausdruck verliehen hat. Mit dieser Forderung muß gleich von vornherein Ernst gemacht werden! Es müßte deshalb dafür gesorgt werden, daß auf allen Bahnhöfen, die in Betracht kommen, in ausgiebigem Maß für alkoholfreie, auch nahrhafte Ge­tränke und andere zweckmäßige Erfrischungen gesorgt wird. Dies deckt sich durchaus mit den Wünschen der Militärverwaltung.

Schulgeld und Amtskorporation. Bei Gesuchen um Befreiung vom Schulgeld der Gewerbeschule, die der Eemeinderat Freudenstadt zu behandeln hatte, wurde in zwei Fällen ein Nachlaß des Schulgeldes ab­gelehnt. Es handelt sich dabei um Lehrlinge von aus­wärts und der Gemeinderat stellte sich auf den Stand­punkt, daß er einen Nachlaß nicht gewähren könne, so­lange die Amtskörperschaft nicht einen größeren Bei­trag zur Gewerbeschule bezahle. Bis dahin bleibt ^ den Eltern der Lehrlinge überlassen, sich an ihre Gemeindebehörden wegen Bezahlung des Schulgeldes zu wenden.

ments ist in der Regel auch der Heerführer. Ein kriegs­starkes Armeekorps besteht aus 2 Jnf.-Divisionen mit zus. 32 Bataillonen, 6 Eskadrons und 14 Batterien. Die Kavalleriedivision ist 24 Eskadronen, 2 reitende Bat­terien stark. Die Grenzwache ist ein Korps für sich, das im Frieden dem Finanzministerium unterstellt ist und im Kriege zur bewaffneten Macht zählt. Eie ist in 31 Brigaden eingeteteilt; jede muß 80100 Kilometer Erenzstrecke bewachen. Die Infanterie ist mit dem drei Linien Gewehr ausgerüstet mit stets aufgepflanztem Stichbajonett. Die Garde hat Tornister aus schwarzem Segeltuch, die Linie Tragsack über der rechten Schulter. Jedes Jnf.-Regt. hat eine Maschinengewehrabteilung von 8 Gewehren. Die Feldartilleriegeschütze haben eine größte Schußweite von 6400 Metern, Rohrrücklauf; außerdem leichte Feldhaubitzen, größte Schußweite 7650 Meter, Rohrrücklauf usw.

Schwäbische Gedenktage. Am 1. August 1351 wurde Neuenstein OA. Oehringen von Kaiser Karl IV. zur Stadt erhoben. Am 2. August 1858 ist in Friedrichshafen geboren Adolf Hanser, nachmals Oberbaurat in Karlsruhe. Am 4. August 1776 ist in Oehringen geboren Heinrich Vogt, Fabrikant in Mannheim, bekannter Insekten- und Vogelsammler, gestorben 1840. A m5. August 1756 wurde in Neu- Cleebronn OA. Vrackenheim als Tochter eines Wein­gärtners geboren Maria Gottliebin Kümmerer, die als angebliche Prophetin -auftrat und großen Zulauf hatte. Sie stand auch längere Zeit in Beziehungen zu der bekannen Frau von Brüdener und starb am 24. Februar 1828. Am 6 . August 1695 wurde in Aichelberg OA. Schorndorf der nachmalige Oberhof- prediger und Prälat Ludwig Eberhard Fischer ge­boren, er starb 1773. Am 7. August 1790 ist in Musberg OA. Stuttgart geboren der nachmalige Ge­neral Wilhelm Brand, gestorben 1865. Am 8 . August 1761 ist in Schorndorf geboren Karl Wilh. Friedr. Schmidt, Professor der Rechte in Tübingen und zuletzt Syndikus der Stadt Frankfurt a. M., ge­storben 1821.

Gedenket der Pferde! An alle Tierfreunde ergeht folgende Mahnung: Man bewahre das Grüne der gelben Rüben, die ALfallblätter von Kohlrabi und Salat usw. auf und gebe sie dem ersten besten Droschken- oder Ar­beitspferd. Wer es einmal erlebt hat, wie gierig die Tiere nach den saftigen Blättermusw. schnappen und wie ^ wohlig sie daran kauen, der wird diesen Vorschlag zu würdigen wissen. Und gerade jetzt in der Zeit des Ueberflusses an grünem Gemüse, wie viele Abfälle wer­den da zu Kehricht, wie manchem abgerackerten, armen Gaul kann man so eine kleine Erquickung bieten!

Bad Liebenzell, 1 . Aug. Das auf morgen Sonn­tag angesagte Gartenfest wird nicht stattfinden.

Pforzheim, 31. Juli. Seit gestern nachm, steht die ganze Stadt unter dem lähmenden Eindruck einer schweren Katastrophe, die den Bankver­ein betroffen hat. Dessen beide Direktoren Fritz Hermann und Fritz Krämer haben sich nach den bisherigen Feststellungen seit mehreren Jahren, fast seit einem Jahrzehnt, hinter dem Rücken des alten verstorbenen Bankdirektors Aug. Kayser, in große Spekulationen mit Wertpapieren eingelassen, was jetzt bei der wirtschaftlichen Krisis infolge der Kriegsgefahr bekannt geworden ist. Es hat sich her­ausgestellt, daß Differenzschulden in Höhe von 6 V 2 Millionen Mark vorhanden sind. Die dubiosen For­derungen betragen auch fast 6 Milk. Mark. Man hofft, daß alles gedeckt wird, und zwar durch das Aktienkapital von 6 Mill., durch die Reserven von 4l-> Mill. und durch die Haftung der Auffichtsräte. Ferner steht in sicherer Aussicht, daß die Kaysersche Erbschaft von 67 Mill. Mark, die der Stadt zufiel, wieder zurückgeht und der Bank zur Verfügung ge­stellt wird. Die Aufregung in der Stadt war gestern nachmittag ungeheuer. Der ganze Marktplatz stand bis in die tiefe Nacht hinein voller Menschen. Schutz­leute mußten die Ordnung aufrecht erhalten. Der Gemeinderat hielt im Rathaus eine Sitzung und be­riet über eine Hilfsaktion; der Oberbürgermeister und Vertreter hiesiger und auswärtiger Bankanstal­ten waren zugegen. Es ist zu hoffen, daß diese Ak­tion von Erfolg sein wird, und daß die betroffenen Kunden der Bank, meistens Fabrikanten von hier, von anderen Banken übernommen werden. Um eine Katastrophe zu vermeiden, wurden bereits mehrere Millionen von hiesigen Banken und von auswärtigen Instituten, die hier Filialen haben, zur Verfügung gestellt. Dir. Hermann ist seit 2 Tagen flüchtig, nachdem er noch vorher versucht hatte, Geld aufzu­nehmen. Dir. Krämer, der sich nach einem Gerücht erschossen haben sollte, ist gleichfalls geflüchtet und zwar mit seiner Frau und seinen Kindern, 3 Mäd­chen im Alter von 517 Jahren. Die Familie Her­manns ist noch in Pforzheim. Heute vorm, hat die Aufregung nachgelassen, weil keine größeren nach­haltigen Schädigungen zu erwarten sind. Heute nach­mittag wird sich der Bürgerausschuß in einer ver­traulichen Sitzung mit der Angelegenheit befassen.

(Merkur.)

Die Niederlande mobilisieren.

Haag, 31. Juli. Die Königin der Niederlande hat heute nachmittag 1Z4 Uhr durch Erlaß die sofor­tige allgemeine Mobilmachung besohlen.

Wirtschaftliche Folgen.

München, 31. Juli. Die Münchener Börse bleibt bis auf weiteres geschlossen.

Wien, 31. Juli. Die Oesterreichisch-Ungarische Bank hat den Discont von 5A> auf 6 ^> erhöht.

Paris, 31. Juli. Die Mehlpreise sind um zwei Francs auf 65 Francs in die Höhe gesetzt worden.

London, 31. Juli. Die Börsen in den Provinz­städten sind heute geschlossen worden.

Nework, 31. Juli. Der Verkehr an der Fonds­börse findet heute nicht statt.

»»» Welt «nd Zeit.

Hochzeit im Kaiserhaus.

Berlin, 31. Juli. Heute abend um 7 Uhr fand im Königlichen Schloß Bellevue mit Genehmigung Ihrer Majestäten die Vermählung des Prinzen Os­kar von Preußen mit der Gräfin Ina Marie von Vassewitz standesamtlich durch den Minister des Kö­niglichen Hauses, Grafen zu Eulenburg, statt, und darauf die kirchliche Einsegnung durch den General­superintendenten Händler. Der Feier wohnten die kaiserliche Familie und die nächsten Angehörigen der Braut Lei, welche nunmehr den Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.

Ein vernünftiges Wort.

Karlsruhe, 31. Juli. ImVolksfreund" schreibt der bekannte Revisionist Kolb: Greift Rußland entgegen den Bemühungen der übrigen europäischen Regierungen und gegenüber den dringenden Friedenswllnschen der deutschen Regierung, an deren Echtheit nicht gezweifelt werden darf, in den österreichisch-serbischen Konflikt ein und provoziert damit einen Krieg zwischen den europä­ischen Eroßstaaten, so wird dadurch eine Situation ge­schaffen, der Deutschland nicht mehr ausweichen kann. In diesem Fall wird a u ch der letzte deutsche So­zi a l d e m 0 k r a t s e i n e dem Vaterland, der Kultur und der Menschlichkeit schuldige Pflicht tun. Die deutschen Sozialdemokraten sind bis zum letzten Mann bereit, ihr Vaterland zu schützen.

Ein politischer Mord.

Paris, 1. Aug. (Telegr.) Gestern abend wurde der Sozialistensiihrer Zaures von einem Unbekannten in einem Cafe erschossen.

Landwirts«Haft «nd Märkte.

Stuttgart, 30. Juli. Auf dem heutigen Groß­markt galten folgende Preise: Heidelbeeren 2426 Pfennig, Johannisbeeren 1215 Pfg., Stachelbeeren 7 8 , Waldhimbeeren 25, Aepfel 1220, Birnen 14 bis W, Pfirsiche 2035, Aprikosen 2535, Pflaumen 1220 das Pfund.

Verwischter.

Die Dicken müssen raus!" Das war die Parole, die an einem der letzten Tage auf der Görlitzer Kreis­bahn laut wurde. Alles saß, so berichtet der Bote aus der Oberlausitz, vergnügt und heiter im Zügle. Stolz verließ das Dampfroß den Bahnhof Hildersdorf und klomm den steilen Berg hinan. Immer langsamer aber gestaltete sich die Fahrt, immer kürzer wurde der Atem der Lokomotive. Auf halber Höhe der Zahn­radstrecke gab es einen Ruck: das Zügle bewegte sich nicht mehr von der Stelle. Noch einige Anläufe wur­den mit den letzten Kräften des Dampfrosses unter­nommen, doch alle Anstrengung war umsonst. Schließ­lich konnte man es auf der abschüssigen Bahn nicht länger halten, einen Wutschrei stieß es aus, und lang­sam und bedächtig fuhr es nach Hildersdorf zurück. Dort erkannte man, daß die Last zu groß war, die man ihm ausgebürdet hatte. Einmütig wurde be­schlossen, die schwersten Passagiere auszusetzen, was dann auch geschah. Nun begann eine neue Attacke, und sie gelang. Stolz stürmte das Dampfroß den Berg hinan und überwand glücklich das Hindernis.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Vuchdruckerei

krlirr.'Verlr: Keorg kims, Mäbers.