aber mcht wie in Friedensübungen schon gewährt, so­bald sie verlangt wird, sondern stets nur Lei gege­ben e r D ü r f t i g k e i t. Diese wird bei jedem Gesuche unter Würdigung der Familien-, Erwerbs- und Ver­mögensverhältnisse sorgfältig ermittelt und von den zuständigen Stellen geprüft. Auf die Unterstützungen haben Änspruch: 1. die Ehefrau des in den Dienst Eingetretenen, dessen eheliche und die den ehelichen gleichgestellten Kinder unter 15 Jahren, seine Ver­wandten in aufsteigender Linie und seine Geschwister; allen diesen Angehörigen mutz bei vorliegender Be­dürftigkeit eine Geldunterstützung gewährt werden. Die Unterstützungen sollen mindestens betragen: für die Ehefrau im Mai, Juni, Juli, August, September, Oktober monatlich 6 Mark, in den übrigen Monaten 9 Mark; für jedes Kind unter 15 Jahren, sowie für die anderen vorgenannten Angehörigen monatlich 4 Mark. Die Geldunterstlltzung kann teilweise durch Lieferung von Brotkorn, Kartoffeln, Brennmaterial chw. ersetzt werden. Unterstützungen von Privatver­einen und Privatpersonen dürfen auf diese gesetzlichen Mindestunterstützungen nicht ungerechnet werden. Verwandten der Ehefrau in aufsteigender Linie und ihren Kindern aus früherer Ehe darf auch eine ge­ringere Geldunterstützung gewährt werden. Entfern­teren Verwandten, geschiedenen Ehefrauen und un­ehelichen Kindern steht ein llnterstützungsanspruch nicht zu.

Hirsau, 29. Juli. Hirsau wird am nächsten Sonntag für seine Kurgäste in den Königin-Chvr- lotte-Anlagen einen Licht- und Feuer abend abhalten, zu welchem auch alle Freunde einer ange­nehmen und anregenden Unterhaltung bestens will­kommen geheißen werden. An das japanische Tagesfeuerwerk mit seinen die Luft bevölkern­den Ungeheuern wird sich bei Einbruch der Dunkel­heit eine Beleuchtung der Kloster- und Schlotzruinen anschlietzen. Sv oft eine solche in Szene gesetzt wird, übt sie eine unwiderstehliche An­ziehungskraft aus. Dennder Brand der Ruinen" ist das Arkanum Hirsaus, das die Schrecken der Ver­gangenheit mit dem ungefährlichen sanften Zauber der Gegenwart umhüllt und so beides zu einem furchtbar-prächtigen" Bilde verschmilzt. Ferner ist für den Abend eine Auszeichnung der be­liebtesten Damen und Herren vorgesehen. Das Matz der Beliebtheit wird nach der Zahl der von befreundeter Hand zugesteckten Blumen abgeschätzt, und zwar sollen die Damen mit Kornblumen (Lieb- lingsbluMe Kaiser Wilhelm I ), die Herren mit Mar­gariten (Faustgretchenblume) bedacht werden. Wir zweifeln kaum, datz in kürzester Frist viele Damen von blauen Sternen ganz bedeckt, selbst als grohe wandelnde Kornblumen die Anlagen zieren. Nicht die Schönsten, sondern die B e liebte st en erhal­ten die Preise. Denn Liebenswürdigkeit und Seelen­gute ist die Hauptsache, nach dem bekannten Ausspruch eines berühmten Mannes:Wie Fackeln und Feuer­werk vor der Sonne blatz und unscheinbar werden, so wird die Schönheit überstrahlt und verdunkelt von der Güte des Herzens," womit übrigens nicht ausge­schlossen ist, datz die Beliebtesten und Liebenswürdig­sten auch die Schönsten sein können; denn die Seelen­gute verschönert auch die physiognomischen Linien. Durch die Schiedsrichter (Blumenzähler) werden je drei Hauptpreise und verschiedene Nebenp-rsise (Trost­preise) zur Verteilung kommen. Wir wollen nicht indiskret sein, aber soviel dürfen wir schon verraten, datz der beliebteste Herr (wenn ein solcher überhaupt aufzutreiben ist) eine Sektflasche erhalten soll, deren erstes Glas er selbstverständlich sofort seiner Part­nerin, der beliebtesten Dame, kredenzen wird. Den Damen sollen nachhaltigere Prämien verabreicht wer­den. Wer undekoriert bleibt, mag sich damit trösten, datz er durch Blumenspenden an die Beliebtesten sich bei diesen selbst beliebt gemacht hat und so an ihrem Glanze sich sonnen kann. Dazu wird unser belieb­tes Kurorchester seine beliebtesten Weisen zum Vesten geben. Was sonst noch vorkommt, verkündigt das gedruckte Programm. Der Eintritt ist für die Be­sitzer der Kur- und Abonnementskarten frei und außerdem mit seinen 20 ^ für Erwachsene, und 10 -H für Kinder so erleichtert, datz man auf eine recht zahl­reiche Beteiligung hoffen darf, umsomehr als der Reinertrag zur Ausstattung der Anlagen be­stimmt ist. WennnurdieWolkenampoli- tischen und atmosphärischen Horizont unser Fe st nicht trüben!

X Bad Liebenzell, 30. Juli. Der Hauptmänn der Reserve, Forstamtmann Lorey, erhielt die Landwehr-Dienstauszeichnung I. Klasse. Wie uns mitgeteilt wird, machen sich die kriegerischen Un­ruhen im hiesigen Vadeleben weniger bemerkbar; dis jetzt sind nur ganz wenige Kurgäste mit Rück­sicht auf die spannende Lage abgereist.

Herrenberg, 29. Juli. Beim Rangieren blieb Hilfswärter Widmayer mit dem Futz in einer Weiche gerade in dem Augenblick stecken, als eine Maschine kam. Der Heizer merkte die Gefahr und es gelang chm, die Maschine zum Halten zu bringen, aber schon

war Widmayer eine Stange von der Lokomotive von hinten in den Körper gedrungen und hatte ihn ziemlich schwer, wenn auch nicht lebensgefährlich verletzt. Wäre es dem Heizer nicht gelungen, die Maschine noch rechtzeitig zum Stehen zu bringen, dann wäre Widmayer der Länge nach durchschnitten worden. Ein 36 Jahre alter Elektrotechniker von Etzlingen, der in Oeschelbronn auf Besuch war, und sich am Elektrizitätswerk unberechtigter Weise zu schäften machte, erlitt durch Berührung mit dem Draht von 200 000 Volt einen elektrischen Schlag, der ihn sofort tötete.

Württemberg.

Wahlen der soziald. Landespartei.

In den Landesvorstand wurden gewählt als Vor­sitzender Fischer-Stuttgart, als Sekretär Wasner- Stuttgart, als Beisitzer Fischer-Cannstatt, Frau Mül­ler-Stuttgart, Keil-Ludwigsburg, Harder-Stuttgart und Steinmayer-Stuttgart. Unter denen, die nicht in den Landesvorstand gewählt wurden, befindet sich auch Westmeyer mit 55 Stimmen. Die Wahlen vom Landesausschutz setzen sich zusammen: Bauer-Stutt­gart, Hoschka-Eannstatt, Stubenrauch-Feuerbach, Ho- senthien-Untertürkheim, Haug-Krummenacker, Kurz- Reutlingen und Göhring-Ulm.

Der Weinberg unter Glas.

Man hörte in letzter Zeit wiederholt von einem in Strümpfelbach unternommenen Versuch, Wein­reben, um Wein zu gewinnen, unter Glas aufzu­ziehen. Und auch die Weingärtnergesellschaft Strümpfelbach hat ein Rundschreiben erlassen, worin sie um weitere Beiträge zu Kosten für denGlas­weinberg" bittet, mit dem Hinweis darauf, datz der Versuch bereits gelungen sei. Da es jedoch nicht mög­lich ist, über einen erst einige Monate alten Versuch ein endgültiges Urteil zu fällen, so ist diese Behaup­tung als verfrüht anzusehen. Außerdem ist die Kost­spieligkeit der Sache, die zu der Traubengewinnung in keinem Verhältnis steht, nicht nutzer Acht zu lasten; denn der Aufwand für eine derartige Glasanlage be­trägt 3 Mark für den qw oder für einen württem- bergischen Morgen nahezu 10 000 Mark.

Die Messerstecherei.

Etzlingen, 29. Juli. Der Täter bei der gestrigen Messerstecherei ist ermittelt und festgenommen wor­den. Es ist der 40 Jahre alte, schon vielfach und schwer vorbestrafte Taglöhner Emil Nicht aus Baihin­gen an der Enz. Er gibt an. datz er von den Ver­letzten aus.dem Schlafe geweckt und gehänselt worden sei; als er sich das verbeten habe, sei er ins Gesicht geschlagen worden. Darauf habe er zum Messer ge­griffen. Den beiden Verletzten geht es ordentlich, so datz man hoffen kann, auch den schwerverletzten Zond- ler am Leben zu erhalten.

Stuttgart-Wangen, 29. Juli. Der Grand Prix- Sieger, Fahrmeister Lautenfchlager von der Daimler- Motoren-Gesellschaft weilte seit letzten Sonntag mit seiner ganzen Familie in Mittelzell auf der Boden- seeinsel Reichenau im Urlaub, um sich von den Stra­pazen und Aufregungen der letzten Zeit im Kreise seiner Lieben zu erholen. Heute früh wurde ihm, wie die Untertürkh. Ztg. berichtet, ganz unerwartet seine Gattin durch den Tod entrissen, wahrscheinlich infolge eines Herzschlags.

Margrethausen OA. Balingen, 29. Juli. Gestern abend fiel die ledige, Ende der 60er Jahve stehende Anna Maria Hege so unglücklich die Treppe herunter, datz sie an den Folgen des Sturzes nach wenigen Stunden gestorben ist.

A«» Welt r»nb Zeit.

Schreckliche Explosion im Bergwerk.

Kastei, 29. Juli. Auf dem im Abteufen be­griffenen Kaliberbergwerk Kraja ereignete sich heute nacht eine schwere Explosion, bei der 11 Bergleute und 1 Steiger tödlich verunglückten.' Die Dynamit­explosion erfolgte gegen 1 Uhr früh in einem engen Hohlraum. In der Höhle befanden sich 12 Mann, die durch die explodierenden 8V Pfund Dynamit in Fetzen gerissen wurden. Nur ein Bergmann gab noch schwache Lebenszeichen von sich. Er wurde in das Bleichröder Krankenhaus geschafft. Da die Zeugen des Unglücks sämtlich der Explosion zum Opfer fielen, ist die Enstehungsursache nicht zu ermitteln.

PoincarS wieder zurück.

Paris, 29. Juli. Präsident PoincarZ ist heute mittag 1.20 Uhr auf dem Nordbahnhof eingetroffen und von den Ministern, sowie dem russischen Botschaf­ter Jswolski empfangen worden. Das Publikum be­reitete ihm einen begeisterten Empfang.

25 Menschen bei einer Explosion umgekommen.

Madrid, 29. Juli. Aus Pudela wird gemel­det, daß dort infolge der Explosion eines Feuerwerks bei einem Volksfest 25 Menschen getötet und etwa 25 verletzt worden sind. Von letzteren liegen mehrere im Sterben. Die Mehrzahl der Leichen ist auf schreck­liche Weise geköpft worden. Die Köpfe wurden auf weite Strecken fortgeschleudert.

Ulm, 29. Juli. Der Bauer Stef. Reichle von Ditzenbach stand heute wegen Grenzsteinversetzung vor der Strafkammer. Er grenzt mit seinem Privat­wald an den Staatswald. Gar zu gern wäre er Be­sitzer einer schönen an der Grenze auf dem nachbar­lichen Wald stehenden Esche gewesen. Einen Holz­frevel wollte er nicht machen; da kam ihm derglück­liche Gedanke", den Grenzstein um 1,20 Meter zu ver­setzen. Nun stand die Esche auf feinem Walde. Das Gericht konnte sein Vorbringen, datz die Versetzung aus Versehen beim Graben nach einem Maulwurf ge­schehen sei, nicht recht glauben und verurteilte ihn zu 5 Tagen Haft und 25 Mark Geldstrafe.

Milchfälscherinnen.

Marbach, 29. Juli. Wegen 50 Prozent Wasser­zusatz zu einer an die Molkereigenossenschaft Klein-, bottwar abgelieferten Milch wurde die dortige Bauernehefrau Pauline Orth vom hiesigen Schöffen­gericht zu 70 Mark Geldstrafe oder 14 Tage Gefäng­nis verurteilt. Mit ihr wurden zwei weitere Bauern­frauen zu je 3 Mark verurteilt. Die eingelegte Be­rufung hat die Ferienstrafkammer Heilbronn ver­worfen^_

LanbrvirtsrHaft Märkte.

Die Welternte im Jahr 1914.

Das internationale Landwirtschastsinstitut in Rom charakterisiert im Juliheft der Nachrichten zur landwirtschaftlichen Produktions- und Handelsstatistik den neuesten Stand über Anbau, Saatenstand und Ernte der wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte auf den Ländern der nördlichen und südlichen Erd­hälfte so:

Getreide: Die voraussichtliche Getreideernte 1914 auf den wichtigsten Getreideländern der nörd­lichen Erdhälfte in Prozent der Ernte des Vorjahres, gestaltet sich folgendermatzen: Belgien 103,7 Prozent der Ernte von 1913, Spanien, 120,7, Ungarn 89,7, England und Wales 98,2, Italien 79,2 Luxemburg 106,4, Schweiz 99,9, Vereinigte Staaten, Winterwei­zen 107,1, Afrika, Tunis 16,7 Prozent. Ernte­schätzungen von Mais und Reis sind noch nicht be­kannt. Doch lauten die Saatenstandsberichte günstig. Baumwolle: Die Anbaufläche für Baumwolle beträgt in den Vereinigten Staaten 14 937 342 Hek­tar d. s. 102,6 Proz. der Anbaufläche des Vorjahres, der Saatenstand nach dem System des Instituts (100 Stand durchsnittlichen Hektarertrages aus den letz­ten 10 Jahren) 99 gegenüber 102 im Vorjahre. In Aegypten sind die Baumwollkulturen in ihrem Wachstum im Rückstand, in Unterägypten gibt die Ausbreitung des Baumwollwurmes zu Befürchtungen Anlatz. Lein: Die voraussichtliche Leinsamen­ernte betragt in den Vereinigten Staaten 4 572180 Doppelzentner, d. s. 100,8 Proz. der Ernte 1913; in Indien 3 883 332 Doppelzentner, d. s. 71,0 Prozent der Ernte 1913. Tabak: Die Tabakanbaufläche in den Vereinigten Staaten beträgt 465 798 Hektar, d. s. 96,4 Proz. der Anbaufläche 1913, der Saaten­stand nach dem System des Institutes 78 gegenüber 98 im Vorjahre. Die Tabakkulturen stehen mittel in Oesterreich, Ungarn, Belgien und Italien, gut in Frankreich. Kartoffeln: Der Stand der Kar­toffeln ist gut in Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Belgien und Italien, mittel in Dänemark, Großbri­tannien, Irland, Norwegen, Vereinigte Staaten und Japan. Zuckerrüben: Die Zuckerrüben stehen gut in Deutschland, Oesterreich, Ungarn. Frankreich, Italien, Schweden und den Vereinigten Staaten, mit­tel in Belgien, Dänemark und den Niederlanden. Wein: Die Weinreben stehen gut in Frankreich, Italien und Algier, mittel in der Schweiz und in Tunis. Oliven: Der Stand der Oliven ist gut in Frankreich und Italien, wenigere gut in Algier und Tunis. Seidenzucht: In der Mehrzahl der Länder sind günstige Ergebniste zu verzeichnen. Zn Italien wurden 50 000 000 Kilo Seidenkokon gegenüber 32 800 000 Kilo im Jahre 1913 geerntet, d. s. 152,4 Prozent. Die Ernte in Japan ergab 98 873 000 Kilo, d. s. 101,7 Prozent der Ernte 1913.

^e^tksch.

Die Lese in neuem Gewände.Die Lese", dieses von Theodor Etzel begründete, literarisch und künstlerisch auf so erfreulicher Höhe stehende billige Volksblatt, über­rascht seine Bezieher und Freunde durch eine vollständige Neuausstattung, die als außerordentlich gelungen be­zeichnet werden mutz. In der Umrahmung des mo­dernen und höchst geschmackvollen Umschlages, entworfen von Rudolf Erünewald, Hagen, erscheint fortan mit jeder Nummer ein wechselndes aktuelles Bild aus dem Jnterestenkreis der Lese, diesmal, als Symbol, die be­kannte ägyptische Statue: Der Leser. Neben dem be­währten Herausgeber Theodor Etzel sind als Mitheraus­geber in die Redaktion der Lese eingetreten: Martin Lang und Rudolf von Delius, beide in literarischen Kreisen hoch geschätzt.Glück auf" für weitere Fort­schritte und weiteren Erfolg!

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Duchdruckerei

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