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Schnmrzwillder TageszeitungAus den Tannen"

Nr. 94

Aus Stadt und Laad

Altensteig, den 23. April 1932.

Bericht über die Gemeinderatssitzung am 15. April 1932

Anwesend: Der Vorsitzende, Bürgermeister Pfizenmaier, und zehn Stadträte

Abwesend: Stadtrat Walz, Ackermann, Zimmermann u. Brenner

Die hiesige Ortsgruppe der NSDAP, hat unter Hinweis auf das Landtagswahlgesetz ersucht, ihr zu einer Wählerversamm­lung die Turnhalle zu überlassen. Nach einem früheren Gemeinderatsbeschlutz sollen aber städtische Räume zu poli­tischen Zwecken nicht zur Verfügung gestellt werden. Die­ser Beschlutz soll mit der aus dem Landtagswahlgesetz sich er­gebenden Einschränkung auch für künftig durchgeführt werden.

Auf ein Gesuch wurde einem Schüler der ersten Klasse der Realschule eine ganze Freistelle für das Schuljahr 1932/33 bewilligt.

Gewerbeschulrat Keppler, welcher nun ein Eigenheim erwor­ben hat, hat seine städtische Wohnung in dem neuen Kraftwerk bei der Wasserstubbrücke auf 1. Juli 1932 gekün­digt. Die Wohnung soll in ihrem bisherigen Umfang zur Wie- deroermietung ausgeschrieben werden, da das zur Erweiterung der Hochspannungsanlagc des Elektrizitätswerks vorgesehene Gastzimmer für diesen Zweck zunächst noch nicht erforderlich ist.

Studienassessor Kurz an der Lateinschule hier wurde nach Calw versetzt und für ihn Studienassessor Kull, bisher in Ehingen, unter den gleichen Bedingungen wie Studienasses­sor Kurz, als Lehrer an der Lateinabteilung angestellt. Das Oberamt teilte mit, daß nun die Erteilung der Genehmi­gung zu der zur Durchführung der Notstands­arbeiten erforderlichen Schuldaufnahme in Aussicht genommen werden könne, wenn die vom Arbeitsamt und der Württ. Zentralstelle für die Landwirtschaft zugesagten Darlehen und Beiträge noch gewährt werden. Seit Einreichung des Gesuchs um Genehmigung der Schuldaufnahme haben sich aber die Verhältnisse nun insofern wesentlich verändert, als die Stadt jetzt für 2030 Wohlfahrtserwerbslose zu sorgen hat und es nicht mehr möglich ist, neben dem Betrag, den die Stadt an den Kosten der Notstandsarbeit zu tragen hatte, auch noch die Mittel zur Weiterbeschäftigung der Wohlfahrtserwerbslosen, namentlich im nächsten Herbst und Winter, als Darlehen zu er­halten. Der Gemeinderat hat daher, durch die Entwicklung der Verhältnisse dazu gezwungen, beschlossen, von der Durchführung der Notstandsarbeit zunächst abzusehen und nur noch den Lyohl- fahrtserwerbslosen möglichst Arbeit, soweit dies zur Unter­stützung derselben erforderlich ist, zur Verfügung zu stellen.

Die hisiege Kinderschwester Pauline Merk wurde durch das Mutterhaus auf eine andere Stelle versetzt und für die hiesige Kinderschule Schwester Luise Servay bestimmt. Die neue Kinderschwester wird ihre Tätigkeit an der Schule am Montag, den 25. ds. Mts. beginnen.

Auf ein Wohnungsdeihilfegesuch wurde, wie in den bisherigen Fällen, der hälftige Betrag als Darlehen unter den bisherigen Bedingungen aus der Stadtkasse verwilligt.

Platzkonzert. Bei günstiger Witterung gibt die Stadr- kapelle am morgigen Sonntag punkt 12 Uhr ihr erstes Kon­zert auf dem Marktplatz. Programm: 1.Die Himmel rühmen", von Beethoven! 2. Ouvertüre zur OperNabuc- codonosor", von Giuseppe Verdi; 3.An die Musik", von Franz Schubert; 4.An der schönen blauen Donau", Wal­zer von Johann Strauß; 5.Carmen-Fantasie" aus der gleichnamigen Oper, von Georges Vizet; 6.Aus ernster Zeit", Marsch von Richter.

Zuteilung der C.C.N.-Bausparkasse Leonberg. Besondere Beachtung verdient bei der gegenwärtigen Kapitalknappheit die neue Zuteilung der bekannten C.C.N.-Bausparkasse Leonberg- Württ., die am 18. April ds. Js. 59 Sparern rund 700 000 R.M. niederverzinsliche, unkündbare Darlehen zur Verfügung stellte und damit in der kurzen Zeit von dreißig Monaten eine Gesamt­leistung von über 6,7 Millionen R.M. erreichte. In Alten- steig wurde zugeteilt der Sparer Christian Walz.

Ebhausen, 21. April. Noch einmal vor der Wahl rief die Deutschnationale Volkspartei die Bürger unserer Gemeinde zusammen, wobei Studien rat Sautter in längeren Ausführungen und mit reichem Zahlenmaterial die Ursachen aufzeigte, die zum Erlahmen der heutigen Wirtschaft führte. Dabei kam deutlich zum Ausdruck, daß durch die charaktervolle Sparsamkeit der württ. Regierung, vor allem unter dem Einfluß des Finanzministers Dr. Dehlinger, sowohl die Staatsfinanzen als auch die Wirtschaft selbst verglichen mit anderen Län­dern in Württemberg gesund und leistungsfähig geblieben find. Ausführlicher ging dann der Redner auf die beson­deren Belange des Kleingewerbes, des Kleinhandels und des Handwerks ein und charakterisierte kurz seine Stellung zu den Steuerproblemen, zu den Kaufhäusern und Ein­heitspreisgeschäften. In der Diskussion kamen verschiedene Wünsche zum Ausdruck, gleichzeitig aber eine allseitige Zustimmung zu den ruhigen und sympathischen Ausfüh­rungen des Redners, und konnte Sägewerksbesitzer Wil­helm Theurer-Nagold mit einigen kurzen und treffenden Worten und der Mahnung zu einer treuen Wahlarbeit die wohlgelungene Versammlung schließen.

Eöttelfingen, 22. April. (Beerdigung.) Unter zahl­reicher Beteiligung und herzlicher Anteilnahme fand am gestrigen Donnerstagnachmittag die Beerdigung des Alt- Schultheißen und Veteranen Robert Schumacher statt, der ein Alter von 83V- Jahren erreicht hatte. Der Kriegerverein, dessen Mitbegründer der Verstorbene war, hatte sich in stattlicher Vertretung mit Fahne beteiligt, ebenso der Gesangverein, dem er bis zu hohem Alter als Sänger angehörte. Der Ortsgeistliche legte seiner Rede am Grabe Hebr. 11 zu Grunde:Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht" und gab ein Bild des Entschlafenen und seines inhaltreichen Lebens. Nach seinen Ausführun­gen war Altschultheiß Schumacher der Sohn eines Lehrers, des Demokraten Adam Georg Schumacher in Sigmars­wangen. Er hatte sich 1886 mit der 18jährigen Trauben­wirtstochter von hier verheiratet, die ihm 17 Kinder schenkte, von denen heute noch 8 leben. 31 Jahre stand er der Gemeinde als Schultheiß vor und hat sein Amt in treuer Pflichterfüllung geführt, um alsdann noch einen langen Lebensabend zu genießen. Am Gesang hatte er eine besonders große Freude und konnte noch in den letzten Tagen seines Lebens ein Lied anstimmen. Aus den zahl­reichen Nachrufen ging die große Wertschätzung des Ent­schlafenen, die Verehrung und Dankbarkeit für ihn hervor. Namens der Gemeinde widmete ihm Eemeinderat Johs.

Pfeifle herzl. Dankesworte und legte zum Zeichen des Dankes der Gemeinde einen Kranz an seiner Ruhestätte nieder. Landrat Knapp führte aus, daß der Verstorbene das Wohl der Gemeinde nach bestem Wissen gefördert habe. Namens der Amtskörperschaft widmete er ihm einen Kranz als letzten Gruß. Für den Kirchengemeinderat widmete ihm Kirchenpfleger Kirn mit Dankesworten einen Kranz. Hauptlehrer Reichert hob hervor, daß mit Altschultheiß Schumacher eine der markantesten Persönlichkeiten mit einem sonnigen Wesen dahingegangen sei. Wer mit ihm zu tun gehabt habe, könne diesen würdigen Mann nie ver­gessen. Als Sohn eines Lehrers habe er für die Schule großes Interesse gezeigt, wovon auch das schöne stattliche Schulhaus Zeugnis gebe. Als Zeichen des Dankes wid­mete er namens des Ortsschulrats einen Kranz. Zimmer­meister S e e g e r-Hochdorf sprach namens des Krieger­vereins, dem der Verstorbene Ehrenvorstand war, und widmete dem treuen Kameraden und Veteran von 1870-71 herzliche Worte treuen Gedenkens, ebenfalls einen Kranz niederlegend. Die Fahne des Vereins senkte sich über das Grab des Kameraden, dessen stattliche Erscheinung in den Reihen seiner Kameraden bei festlichen Anlässen noch in bester Erinnerung ist. Für den Gesangverein, dessen Ehrensänger der Entschlafene war, sprach Postagent Finkbein er. Er hob hervor, wie der nun stumme Sänger immer ein Förderer des deutschen Liedes gewesen sei und widmete ihm unter Dankesworten einen Kranz. Altschultheiß Schumacher wird als rechtschaffener Mitbür­ger, als gerechter Ortsvorsteher und als edler Mann im Gedächtnis seiner Gemeinde und in demjenigen seiner Freunde und Bekannten fortleben. Er ruhe im Frieden!

Calw, 22. April. (Jubiläum im Stammheimer Er­ziehungsheim.) In aller Stille hat im Stammheimer Er­ziehungsheim ein Jubiläum stattgefunden. Sind es doch im April 25 Jahre, daß Inspektor Gugeler als Unter­lehrer in der Rettungsanstalt eingetreten ist. Als nach zwei Jahren Hausvater Rümelin als Oberlehrer nach Pfullingen ernannt wurde und wegging, übernahm Euge- ler die Leitung der Anstalt. Gugeler hat in den 25 Jah­ren viel erlebt und viel geschaffen. Der Verwaltungsrat hat den Jubilar durch die Ueberreichung der schönen Schä­ferbilderbibel geehrt, und die Zentralleitung für Wohl­tätigkeit in Württemberg durch ein Dankschreiben der von Inspektor Gugeler geleisteten Arbeit ihre volle Anerken­nung ausgesprochen. Möge er noch recht lange im Segen wirken.

Horb, 22. April. (Stillegung der Horber Uhrenfabrik.) DasSchw. Volksbl." erfährt aus sicherer Quelle, daß die Leitung der Uhrenfabrik Horb, die zur Zeit noch ca. 110 Arbeiter beschäftigt, nunmehr beim Gewerbeaufsichtsamt den Antrag auf endgültige Stillegung des Hor­ber Betriebs gestellt hat. Daß die hiesige Arbeiterschaft bezw. die Stadt Horb dadurch aufs schwerste getroffen wird, bedarf keiner Hervorhebung. Die Stadt Horb hat alles versucht, um die Stillegung abzuwehren, doch scheiter­ten die Bemühungen am stärkeren Diktat der Wirtschafts­not. Wie übrigens gesagt wird, wird auch das Fischtnger Werk außer Betrieb gesetzt. Auch dort bedeutet das eine beklagenswerte Erschwerung vieler kleiner Existenzen.

Rottweik, 22. April. (Ein Stallgebäude niedergebrannt.) Heute, vor Mitternacht, brach auf dem zum Schloß von Bissingen gehörigen landwirtschaftlichen Anwesen Feuer aus. Das nicht weit abseits des Schlosses liegende Stall- gebüude brannte in kurzer Zeit bis auf den Grund nieder.

Reutlingen, 21. April. (Ueberschlagen.) Gestern nacht verunglückte ein Honauer Auto auf der Heimfahrt von Ohmenhaüsen schwer. Der Führer hat offenbar durch den Einfluß des neben ihm sitzenden betrunkenen Fahrgasts die Herrschaft über den Wagen vollständig verloren. Rach dem Ansteuern des Banketts Lberschlug sich das Fahr­zeug. das überbesetzt war, zweimal. Die 5 Insassen wur­den herausgeschleudert. Sie kamen insoweit glimpflich da­von, als es mit Schürfungen und Hautrissen abging.

Welzheim, 22. April. (Mord Der Täter fliich - r i g.) In der Nacht zum Freitag wurde die Schreinerswitwe Adis, die ein kleines Haus mitten in Welzheim allein be- wohnt, ermordet. Frau Adis, die 67 Jahre alt war, ließ ge­legentlich Handwerksbursche« für einen geringen Preis in ihrem Hause übernachten. Heute früh wurde sie von Nach­barn in ihrem Zimmer erdrosselt aufgefnnden. Die sofort angestellten Nachforschungen der Stuttgarter Mordkommis­sion haben zu der Beschreibung des vermutlichen Täters ge­führt. Er soll etwa 23 Jahre alt sein, ist schlank, trägt dun­kelblondes, langes, nach rückwärts gekämmtes Haar und ist zirka 1,681,70 Meter groß. Er spricht pfälzischen Dialekt, ist Zigarettenraucher und trägt einen noch gut erhaltenen bräunlichen oder gräulichen Anzug mit langen Hosen und schwarze Stiesel

Kirchenkirnberg OA. Welzheim, 22. April. (Brand.) Nachmittags kurz nach 12 llhr brach im Schuppen des Gast­hauses zumAdler" Feuer aus. Das Feuer fand in den Stroh- und Heuvorräten reiche Nahrung und griff sofort auf das Wohngebäude über. Die Feuerwehr war sofort zur Hilfe herbeigeeilt. Das große Wohngebäude samt Schuppen ist ei« Raub der Flammen geworden.

Aus Bude»

Pforzheim, 21. April. Zn einer hiesigen Bijouteriefabrik wurden dieser Tage zwei Musterkoffer entwendet, in denen Markafitohrgehänge mit Steinen und Perlen, Markasit­ringe. Kolliers, Broschen, Broschetten und sonstige Fertigwaren im Gesamtwert von mehreren tausend Mark enthalten waren.

Pforzheim, 22. April. (Falschmünzerei.) Am Mitt­woch wurde durch Zusammenwirken der Stuttgarter und hiesigen Kriminalpolizei wiederum ein Falschmünzerwerk­stätte hier ermittelt und ausgehoben. Ein 29 Jahre alter Kunst- und Feingießer betrieb hier eine Gießerei, in der falsche 5-Mark-Stücke angefertigt wurden. Zwei auswärts wohnende Personen brachten die Falschstücke in Verkehr. Alle drei Personen wurden festgenommen und die Gießerei geschlossen. Eine Anzahl Falschstücke wurde beschlagnahmt.

Merartznm ober Arbeiter?

Bon Studienrat Sautter- Stuttgart

Schon seit Jahrzehnten über Blütezeit, Kriegsjahren, In­flation und Krisennot hinweg beherrscht diese Frage die deut­schen Wahlkämpfe. Verdächtigungen, daß eine Partei nur der Schwerindustrie diene und Behauptungen einseitig Vertreter der Arbeiterinteressen zu sein oder gar Klassenkämpfer, flogen herüber und hinüber und ließen auch auf innenpolitischem Ge­biet die Kampffronten nie zu der Ruhe kommen, die notwendig ist, wenn eine fruchtbare Arbeit zugunsten des ganzen Volkes geleistet werden soll. Wer sein Volk in allen seinen Ständen und Berufen wirklich liebt, mußte über diesen Tatbestand immer wieder traurig, aber durste nie müde werden. Und heute darf man in den Wahlversammlungen landauf, landab mit Befrie­digung den Erfolg treuer Bemühungen beobachten. Es gibt wohl immer noch einzelne Redner, die auch heute noch der Ver­suchung, Oel in das Feuer zu gießen und die einzelnen Berufs­stände gegeneinander auszuspielen nicht widerstehen können. Aber es bleibt bei Versuchen und diese Versuche bleiben stecken. Denn allzudeutlich drangen die Mahnungen und Warnungen in Ohren und Herzen aller Volksschichten. Und die Wirklichkeit besagte, daß eine Politik des Neides und der Mißgunst nur ver­giften und zerstören kann und wenn sie in noch so fromme und noch so rechtmeinende Redensarten eingepackt wird, denn es kann keinen Beruf, aber auch keinem einzigen ehrlichen Gewerbe aus die Dauer gut gehen, wenn die anderen Berufe notleiden und gar wenn die ganze Volkswirtschaft erkrankt.

Deshalb lautet die Frage nicht mehr: Unternehmer oder Arbeiter?, sondern es schallt vornehmlich durch die schwer be­drängte Wirtschaft der Ruf: Unternehmer u. Arbeiter!

Die beiden haben in emsiger Zusammenarbeit in den Blüte­zeiten vor dem Weltkrieg unsere deutsche Wirtschaft groß und mächtig gemacht. Die beiden müssen auch jetzt in gegenseitigem Verständnis die Krise überwinden und in bessere Zeiten vor­stoßen. Dabei müssen beide Opfer bringen.

Aber während es Zeiten gab, da man mit heiligem Eifer an das Verantwortlichkeitsgefiihl des Unternehmers appellieren und gegen Mißbräuche Stellung nehmen mußte, scheint heute die Stunde gekommen, wo man angesichts der massenhaften Still­legungen und Konkurse sich an die andere Seite und vor allem an die deutschen Verbraucherkreisc wenden muß: lasset die nationalen Notwendigkeiten Herr werden über egoistische Wünsche; Stärkt den Binnenmarkt mit allen Kräften! Reist nicht im Ausland! Eßt keine Bananen! Raucht deutschen Tabak in deutscher Pfeife! Braucht deutsches Holz, speist deutsches Ei, trinkt deutsche Milch! Das gibt deutschen Arbeitgebern Auf­träge und deutschen Arbeitern und Dienstboten Verdienst.

Ist das arbeiterfeindlich? Nein, es ist der sozialste Stand­punkt, den ich mir denken kann! Darum Unternehmer und Arbeiter, Kaufmann und Beamter, Bauer und Knecht: schließt die Reihen! Wählt Männer, die diesen gesunden Grundsätzen folgen.

Einsetzung eines Kolzkvmmissars

Bo» der Notgemeinschaft für Holz

Stuttgart, 22. April. Der Württ. Gesandte, Staatsrat Dr. Bosler. hat am 14. April im Reichsrat bei der Beratung de» Gesetzentwurfes über die Verlängerung des Rapallo-Vertrage« mit der Sowjetunion eine Erklärung namens der württembergk- schen Regierung abgegeben und unter Darlegung der außer­ordentlich gefährlichen Lage der Wald- und Holzwirtschaft ge­beten, dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen, es sei denn, daß andere ausreichende Sicherungen für die Wald- und Holzwirt­schaft geschaffen werden. Der Neichsrat ist zu einer gegenteilige« Auffassung gekommen und hat mit Mehrheit der Verlängerung des Vertrages zugestimmt. Dadurch verschlimmert sich die Lage der württembergischen Wald- und Holzwirtschaft weiterhin. Di« Notgemeinschaft sür Holz, der sämtliche wald- und holzwirt­schaftlichen Verbände Württembergs angeschlossen sind, sieht kein« anders Möglichkeit mehr, als die Einsetzung eines Holzkom­missars zu verlangen, dem mit gewisser Machtvollkommenheit die Vertretung der Wünsche von Wald- und Holzwirtschaft über­tragen werden. Die Notgemeinschaft für Holz hat eine Reih« von Richtlinien aufgestellt, die das Arbeitsgebiet dieses Holz­kommissars betreffen und hofft in Bälde mit der württembergi» fchen Staatsregierung hierüber zu einer Aussprache und Ver­ständigung zu gelangen.

Ein Eidlußwort zum Kapitel Krankenversicherung

Von Rrchnungsrat Lenz Nagold

Mit Hlirn Studienrat Sauc:?r aus Stuttgart, den ich als Theclogen und Religionslehrer gewiß schätze, möchte ich mich nicht weiter in der Oeffentlichkeit über ein Thema unterhalten, das ganz abseits seiner Laufbahn, seiner Tätigkeit und seines Gesichtskreises liegt, sondern ich überlasse die Lösung des ange­schnittenen Problems kompetenten Persönlichkeiten, insbeson­dere silchen, die aus vraktischen Erfahrungen heraus darüber etwas zu sagen haben und nicht blo-z oberflächliche, tendenziöse und uncrwiesene Behauptungen aufftellev Ich vermag das Urteil eines Mannes über den Wert oer reichsgesetzlichen Kran­kenversicherung nicht anzuerkennen, dsrseinWisjeninder Hauptsache aus einer einseitigen Lektüre von eingeschworenen und bekannten Gegnern der Sozialversicherung überhaupt die hetzerischen Schriften von Lieck und Bäumer sind zur Genüge bekannt schöpft und der außerdem durch falsche Zahlen über die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge und über angeblich vorhan­denesallgemein anerkanntes", statistisches Material betr. miß­bräuchliche Inanspruchnahme der Krankenkassen außerordentlich aufgefallen ist. Es darf einem Landtagskandidaten und dazu noch einem Theologen nicht Vorkommen/ daß er in einer öffent­lichen Betrachtung der Krankenversicherungaus Versehen' die tatsächlichen Zahlen mehr als verdoppelt und dadurch auf die ohnedies erregte Bevölkerung aufreizend wirkt. Dagegen mutz entschieden Stellung genommen und es darf erwartet werden, daß sich Herr Sautter gewissenhaft orientiert, bevor er einen Artikel schreibt. Es ist unmöglich, ernsthaft und sachlich über ein solch schwieriges Problem mit einem Manne zu diskutieren, der mit falschen bezw. unerwiesenen Zahlen operiert.

Abschließend stelle ich folgendes fest:

1. Dgs Gesetz über den Versicherungszwang ist auf Grund der bekannten kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 von Bismarck im Reichstag eingebracht und vertreten worden und die damals herrschende Partei, nämlich die Konservativen (heute Deutschnationalen) hat ihm zugestimmt. Es ist eine sehr kühne Behauptung, der eiserne Bismarck habe sich bei diesem Gesetz von einem anderen schieben lassen und gegen seine lleberzeugung gehandelt!

2. Die ursprünglich von Herrn Sautter genannten Zahlen über die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge sind absolut