Nr. >58.

Amts- und Anzeigeblatt für den Vberamtsbezirk Lalw. 8Y. Jahrgang.

SrlchetnungSweif-: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im OberamtS- teztrk Lalw fiir die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg.. außerhalb desselben 12 Psg., Reklamen 2S Psg. Schluß sur Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon S.

Freitag, den Iv. Jul»

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post- bczugspreis sür den OrtS- und NachbarortLverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Psg-, in Bayern und Reich 42 Psg.

Ainttlch» Veka«ntmaeh«ngen.

Den Herren Verwaltungsaktuaren und geprüften Ortevorstehern

gehen heule die Listen über die besonders eingeschäu- ten Umlagekapitale unter Bezugnahme auf tz 14 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 26. Oktober 1912 (Reg.-Bl. S. 820) zu.

Zugleich werden die Vordrucke zu den gemäß §8 25 ff. a. a. O. zu fertigenden Katasternachweisun­gen in 2 Fertigungen versandt. Der Vorlage der Katasternachweisungen in einfacher Ausfertigung nebst Beilagen Anlage 1t bis II wird-bis spä­testens 1. August entgegengesehen.

Calw, den 9. Juli 1914.

K. Versicherungsamt:

Amtmann Rippmann.

Deutschlands finanzielle Rüstung.*)

Von Dr. Helfferich.

. . . Noch vor wenigen Jahren habe ich wieder­holt aus dem Munde von Ausländern gehört:Ihr Deutschen könnt die Partie finanziell nicht durch­halten!" An manchen Stellen hat man darauf ge­rechnet, daß wir unter der Last des großen Kapitals­bedarfs unserer verhältnismäßig jungen Industrie, verbunden mit dem Druck der gewaltigen Ausgaben für Heer und Flotte, zusammenbrechen müßten . . . Die finanzielle EinkreisungundAus- hungerung Deutschlands galt in manchen Köpfen bis vor kurzem, auch noch als die politische Einkreisung bereits gescheitert war, als ein langsames und unblutiges, aber unfehlbar sicheres Mittel, Deutschland auf die Knie zu zwingen . . . Tempi p388ati! .. . Deutschlands Finanzkraft hat den Stür­men standgehalten, so gut und besser als irgend ein anderes großes Land. Deutschland hat seine Flotte ausgebaut und zuletzt ohne Anleihe die große Heeres­verstärkung auf sich genommen; dabei trägt es für die sozialen Zwecke der Arbeiter- und Angestelltenver- ficherung einen Aufwand, der den laufenden Aus­gaben für Heer und Marine gleichkommt eine von keinem anderen Lande der Welt auch nur annähernd erreichte Leistung. Deutschlands Finanzkraft ist gleich­wohl unerschüttert geblieben, hat sich sogar durch die Rückzahlung vielberufener Auslandsgelder gefestigt und hat sich stark genug erwiesen, um in schwieriger Zeit auch dem befreundeten Ausland Stütze zu sein.

Das Bild gewinnt an Plastik durch den Vergleich mit Frankreich. Niemals war ein Land von größerem Stolz erfüllt auf seine finanzielle Ueber- legenheit; niemals hat ein Land seine Finanzkraft vollständiger in den Dienst seiner auswärtigen Poli­tik gestellt. Und das Ergebnis? Frankreichs budgetäres Gleichgewicht ist gestört, und schwere in­nere Kämpfe müssen um die Wiederherstellung der Ordnung in den Staatsfinanzen durchgefochten wer­den ... Es zeigt sich, daß Frankreich das Prinzip, die Finanzkraft in den Dienst der Politik zu stellen, überspannt hat, daß Frankreich seine eigene finan­zielle Stärke überschätzt, wie es die unselige unter­schätzt hat. . . Deutschland hat seine ganze wirtschaft­liche Ausrüstung erneuert und modernisiert, in der Industrie sowohl wie in der Landwirtschaft, in den kommunalen und staatlichen Betrieben . . . Frank­reich dagegen ist geradezu das Kehrbild unserer Ent- ^Eung: alter Reichtum und geringe wirtschaftliche -Lotigkeit im Innern, infolgedessen starker Ueberfluß von Kapitalien für Anlagen in ausländischen Wer- ^ - Wo wirklicher Kraftzuwachs, wo scheinbare

^ Dr. Helfferichs BuchDeutschlands Volks­wohlstand 18881913" erscheint soeben in vierter Auflage. (Verlag Georg Stille, Berlin 7). Im twrwort zu dieser vierten Auflage nimmt der Ver- Stellung zur wirtschaftlichen Entwicklung Eutzchlands in jüngster Zeit. Wir geben daraus das Wesentlichste wieder

Ueberlegenheit ist, das muß sich zeigen, wenn der in­nere Ausbau des deutschen Wirtschaftsapparates aus der Periode der völligen Neuschöpfung in die Periode ruhiger Weiterentwicklung eintritt. Wir sind augen­scheinlich in den Anfängen dieses Ueberganges. ^m Jahre 1912 hat seit langen Jahren zum ersten- malc die Gesamtheit der industriellen Aktiengesell­schaften eine beträchtlich größere Summe an Divi­denden ausgeschüttet, als sie gleichzeitig an neuen Kapitalien investierte.

Dagegen vollzieht sich in Frankreich die umge­kehrte Entwicklung: man beginnt einzusehen, wie sehr man nicht nur auf dem Gebiete der Industrie und der Verkehrsunternehmungen, sondern auch auf dem Felde der kommunalen Betätigung in Rückstand ge­raten ist, und man fängt an, das Bedürfnis zu emp­finden, sich zu rühren. Dazu kommen die außerordent­lichen Kosten, die sich die Republik aus Gründen der militärischen Bereitschaft glaubt auferlegen zu müs­sen und nur durch große Anleihen gedeckt werden kön­nen. Der Kapitalsbedarf Frankreichs für seine inne­ren Zwecke ist also im Wachsen und wird weiter wach­sen, seine finanzielle Aktionsfähigkeit nach außen bin wird dadurch ganz unabhängig von der gegenwär­tigen krisenhaften Zuspitzung aller Voraussicht nach beeinträchtigt werden, während umgekehrt alles dafür spricht, daß Deutschland sür ausländische Zwecke in fortschreitendem Maße größere Kapitalien zur Verfügung haben wird.

Wenn die jüngste Entwicklung der Dinge, insbe­sondere die Verlegenheit des Pariser Marktes, die Aufmerksamkeit der Welt mehr als zuvor auf diese Verhältnisse hingelenkt hat und dazu beiträgt, eine richtigere Einschätzung der deutschen Finanzkraft zur Geltung zu bringen, so wird hiervon nicht nur Deutschland den Gewinn haben. Es i ft geradezu ein Weltinteresse, daß die Illusion verschwin­det, durch Mittel der finanziellen Politik könne er­reicht werden, was bisher weder durch militärische Macht, noch durch Allianzen und Ententen zu errei­chen war: die Niederkämpfung Deutschlands.

St«dt, Bezirk und A«stzbars<Haft.

Calw, den 10. Juli 1914.

Vom Rathaus.

Oeffentliche Sitzung des Gemeinderats unter Vorsitz von Stadtschultheiß Conz am Donnerstag nachmittag von 4 Uhr ab. Anwesend sind 12 Ge­meinderäte,' ferner Dekan Roos, da eine Reihe Ange­legenheiten der Ortsarmenbehörde zur Verhandlung stehen; zunächst bauliche Veränderungen im Altersheim. Dabei handelt es sich um Durchbruch der das Haus in zwei Teile scheidenden Wand, daß der Hausmeister Wacker vom Innern des Hauses aus in sämtliche Stockwerke und Wohn- räume gelangen kann, ferner um Beschaffung eines neuen Herds, um Aenderung der Abortanlagen usw. Der vom Stadtbauamt ausgearbeitete Plan findet die Zustimmung der Ortsarmenbehörde; die Kosten sind auf 1000 <N vorgesehen, sie können dem Restver­mögen der Armenpflege, bas zu Armenhauszwecken, soweit notwendig, Vorbehalten ist. entnommen wer­den, ohne den Etat zu belasten. Darauf mußten Unterstützungsfälle erledigt werden. Der Ee- meinderat befaßte sich alsdann mit der Schuldauf­nahme für das Realprogymnasium bei der Württbg. Sparkasse. Diese teilt mit, daß das Gesuch um ein Darlehen von 250 000 .K von dem Verwaltungsaus­schuß der Sparkasse vorbehältlich der Zustimmung des Vorsteherkollegiums zu 41 / 2 A genehmigt worden sei. Die elektr. Metalldrahtlampen sind im Ankaufspreis wieder zurückgegangen. Dementspre­chend werden auch die Verkaufspreise herabgesetzt, und zwar von 2 auf 1,60 -K ohne Steuer. Die Urlaubszeit der städt. Beamten ist nach dem vom Vorsitzenden vorgetragenen Plan genehmigt worden. Für die Hermann Wagnersche

Schul st iftung von 10 000 »K, die hälftig für das Realprogymnasium und hälftig für die Volksschule bestimmt ist, ist die Stadt nun auch zur Schenkungs­steuer herangezogen worden und zwar in Höhe von insgesamt 624 Zl. Im Zusammenhang mit der Herausgabe eines Adreßbuches ist die Frage der Beigabe einer Karte Calws zu diesem Adreßbuch aufgetaucht. Augenblicklich aber will der Gemeinderat von der Herstellung einer Karte ab- sehen, weil die Häusernummerierung innerhalb Calws gar nicht durchgeführt ist. An diese systema­tische Nummerierung der Häuser will der Gemeinde­rat demnächst aber herantreten und solange die Fer­tigung einer Karte zurückstellen. Das Ehepaar Heugle, dem die Stadt anläßlich seines goldenen Ehe­jubiläums eine Geldspende zukommen ließ, läßt be­stens danken. Schluß der Sitzung mit dem Durch­gang von Rechnungen um Uhr.

Drei Jahre Jungdeutschland.

Am 6. Mai ds. Js. jährte es sich zum dritten­mal, daß die Ortsgruppe Jungdeutschland Calw von Herrn Professor Beuerlen unter Mitwirkung der Her­ren Oberstleutnant Böhringer als militärischem und Verwaltungsaktuar Staudenmeyer als bürgerlichem Vertrauensmann gegründet wurde.

Ihrem Ziel getreu, die Jugend Calws heranzu­ziehen zu einer kraftvollen Generation, hat sie in den verflossenen Jahren derselben Gelegenheit gegeben, sich an den von ihr veranstalteten Wanderungen, Spielen und turnerischen Hebungen zu beteiligen. Diese Gelegenheit ist, trotz mancher Anfeindungen, in überaus reichlicher Weise benützt worden und gegen 150 Jungmannen beteiligen sich an diesen Veranstaltungen. Daß die ausgestreute Saat auf einen fruchtbaren Boden gefallen und die bei Jung­deutschland verbrachte Zeit den aus Berufsgründen in die Ferne ziehenden, Heranwachsenden Jungman­nen eine schöne, bleibende Erinnerung ist, geht aus den zahlreichen Schreiben und Grüßen hervor, die von früheren Mitgliedern der Ortsgruppe immer und im­mer wieder an die Leitung derselben einlaufen. Be­sonders tätig war die Ortsgruppe im letzten Jahr, sie ist nicht nur mit den in Sulz, Wildbad, Nagold, Her­renberg, Altensteig und Gechingen bestehenden Orts­gruppen in Fühlung getreten und hat gemeinsam mit diesen sich bei Uebungen, wie z. B. in Wildberg, zu­sammengefunden, sondern hat sich auch an der großen Jungdeutschlandübung in Waldenbuch und auf der Solitude, bei der sie von Sr. Majestät dem König begrüßte wurde und hervorragende Leistungen er­zielte, beteiligt. Auf Kosten der Kasse wurden außerdem mehrere erholungsbedürftige Jungmannen in das Ferienheim Klause des Landesausschusses Württemberg-Jungdeutschland bei Rottenburg ge­sandt. Bei der Weihe ihrer Fahne, die von Müttern und Angehörigen der Jungmannen gestiftet wurde, ist sodann die Ortsgruppe zum erstenmal mit musika­lischen, turnerischen und theatralischen Aufführungen an die Öffentlichkeit getreten, und hat Proben ihres Könnens und Wirkens abgelegt.

Ilm auch im kommenden Jahr wiederum das be­gonnene Werk fortführen zu können, werden die Ein­wohner Calws gebeten, wie im letzten Jahr, durch Zuwendung von Beiträgen die Sache zu unterstützen. Zu diesem Zweck wird der Ausschuß der Ortsgruppe in den nächsten Tagen sich erlauben, durch Jungmannen eine Haussammlung vorzunehmen und bittet die verehrten Einwohner Calws, zum weiteren Gelingen der Sache ihr Scherflein beizutragen.

Monbachtal-Vesichtigung.

Die Schäden, die das Unwetter des vorigen Mo­nats insbesondere im schönen Monbachtal angerichtet hat, machten eine gründliche Ausbesserung notwen­dig. Heute trifft ein Hauptmann vom Ulmer Pio­nierbataillon ein, der unter Führung der Herren Reg.-Rat Binder und Vauinspektor Schaal das Mon-