Der Untergang der Calypso.
Toulon, 8. Juli. Heute eingegangene Nachrichten ergeben ein wesentlich trauriges Bild von dem Unfall des Unterseeboots Calypso. Danach ist die Calypso gestern nachmittag mit dem Unterseeboot Circe zusammengestotzen, und zwar bei Manövern mit hoher Fahrt zum Angriff auf eine Panzerschifs- division. Nach dem Zusammenstotz, bei dem auch die Circe schwer beschädigt worden sein soll, eilten der Torpedobootzerstörer und andere Unterseeboote zur Hilfe herbei. Der Kommandant der Calypso traf sofort Matzregeln, um die ganze Mannschaft.aus dem Schiff zu bringen, da ein Verstopfen des Lecks sich sofort als unmöglich ergab. Alle Mann sprangen über Bord und wurden von Booten aufgefischt. Bet dem hohen Seegang erlitten zwei Mann einen Schlag- ansall und starben bald nach ihrer Rettung. Ein Mann wird vermitzt, ein anderer wurde schwer verwundet. Das Linienschiff St. Louis hat die Leichen heute hier gelandet.
12VV0 staatliche Arbeiter im Ausstand.
Nacheinander traten am Montag im englischen Arsenal zu Woolwich zwölftausend Arbeiter in den Ausstand. Die Ursache dazu liegt in einem Streit, der in den Lafettenwerkstätten entbrannt ist. Dort sollte eine neue Maschine auf einem Zementunterboden aufgebaut werden, der von Nichtgewerkvereinlern gelegt worden war. Der Urheber des ganzen Streiks, der Mann, der sich weigerte, die erwähnte Maschine auszustellen, erklärt ausdrücklich, nicht weil die Leute, die den Unterboden gebaut, zu keinem Eewerkverein gehörten, sondern weil sie mit Rücksicht auf die Stockung im Baugewerbe Streikbrecher seien, könne er die ihm aufgetragene Arbeit nicht tun. — Von der Regierung sowohl, wie von der Arbeiterpartei, sind Abgesandte zur Untersuchung an Ort und Stelle abgegangen.
Keine Abreise der Fürstin.
Wie die „Albanische Korrespondenz" aus Du- razzo meldet, sind die Nachrichten über die bevorstehende oder bereits erfolgte Abreise der Fürstin aus Durazzo unbegründet.
Colmar, 8. Juli. Das hiesige Schöffengericht hat heute den verantwortlichen Redakteur der „Stratzburger Post" wegen Beleidigung des Reichs- tagsabgeordneten Dr. Haegy zu 25 Mark Geldstrafe verurteilt mit der Begründung, daß die von der „Straßburger Post" gebrauchte Wendung, „der El sätzer Kurier, dessen Leiter Familienvater Abbe Haegy" eine Beleidigung enthält. Dr. Haegy hatte s. Zt. im „Elsätzer Kurier" ein Eingesandt mit „Ein Familienvater" unterzeichnet, veröffentlicht und die Verfasserschaft des Artikels, die bereits in einem früheren Prozeß festgestellt worden war, auch heute zugegeben.
Vermischt«».
Allerlei Zahlen.
Mehr als 93 000 Kraftfahrzeuge verkehren augenblicklich in Deutschland. In einem Jahr betrug der Zuwachs 15 000 Wagen. Fast 12 000 Automobil- untzlücksfälle wurden in dersellien Zeit beobachtet.
Eine große Tageszeitung braucht jährlich etwa 18000 Doppelwagen Papier. Zur Beschaffung des dazu nötigen Holzstoffs mutz ein 36 000 Hektar umfassendes Waldgebiet planmäßig ausgebeutet werden.
Aus einem Güterwagen des als Pechblende bekannten Radium führenden Gesteins kann in monatelanger Arbeit ^ Gramm Radium gewonnen werden. Man begreift, weshalb das Radium so außerordentlich teuer ist.
Mit der von der Sonne während einer einzigen Sekunde ausgestrahlten Wärme könnte man alle auf der Erde vorhandenen Maschinen 700 Jahre lang Tag und Nacht in Gang halten.
Ein Personenwagen unserer Staatseisenbahnen kostet rund 30 000 -tt, eine moderne Schnellzugslokomotive 100 000 -4l. Man sieht, welch ungeheure Kapitalanlage allein der Wagen- und Maschinenpark der Bahnvermaltungen darstellt.
LrrstiA« Eck«.
Der gestrenge Herr Inspektor tritt unversehens in das kleine Telegraphenamt, überwacht den Dienst und beginnt den Telegraphisten zu befragen. Da tickt plötzlich der Morseapparat, und pflichtgetreu eilt der Telegraphist an seinen Posten. Das Telegramm kommt vom Nachbaramt, ein Kollege warnt den Telegraphisten: „Achtung, Inspektor unterwegs, steckt Nase in alles." Allein der Inspektor vermag ohne Mühe aus dem rhytmischen Klopfen des Lmpfangs- appavates die Meldung abzulesen. Lächelnd schiebt er den vor Verlegenheit sprachlosen Telegraphisten beiseite, ergreift den Hebel und telegraphiert zurück: „Zu spät: hat sie schon drin ...."
In einem Irrenhaus sieht eine Besucherin zwei Insassen mit verzweifelter Miene in einer Ecke sitzen. Auf ihre Frage, wie die beiden so elend hätten werden können, antwortet der Arzt: „Ach, das ist eine sehr traurige Geschichte. Der eine verliebte sich in ein Fräulein, warb um sie und ward abgewiesen, und so verlor er den Verstand vor Schmerz. Der andere dagegen wurde wahnsinnig, weil dasselbe ihn erhört und geheiratet hatte."
Lan-wkftfihaft «n- Märkte.
Die Obsternteausfichten für Württemberg
sind im allgemeinen für Aepfel gut bis mittel. Die günstige Witterung der letzten Woche hat vieles gerettet. Die Frühblüher kamen diesmal viel günstiger durch, als die Spätblüher, weil die Blütezeit der letzteren in eine anhaltende Regenperiode fiel. Die Ernte wird voraussichtlich in ein und demselben Gebiet ganz verschieden ausfallen. Vollernte wird ebensowenig gemeldet, als vollständige Mißernte. In Birnen könnte in einzelnen Gegenden der eigene Bedarf gedeckt werden; besonders gut haben die Formbäume angesetzt. In den vom Frost im vorigen Jahr stark befallenen Gebieten ist die geringste Ernte zu erwarten. Zwelschen, Pflaumen, Reineclauden, Mirabellen, Pfirsiche und Aprikosen versprechen fast überall gute Erträge, soweit die Bäume nicht durch Raupenfraß geschädigt wurden. Das Beeren- obst ist gleichfalls recht ergiebig, auch die Waldbeeren lassen sich gut an. Die Erdbeerernte geht zu Ende, sie hat vollauf befriedigt. Die Kirschen dagegen gar nicht. Dreiviertel der erwarteten Ernte ist durch Ungezieferfratz und Krankheiten zu Grund gegangen; für diesen Herbst wird ein allgemeiner Kampf gegen den Frostspanner nötig sein. Walnüsse versprechen gute Erträge. — Die Berichte aus dem Deutschen Reich lauten sehr unterschiedlich. Die Kirschenernte war fast überall ergiebiger -als bei uns: Baden hat große Mengen hierher geliefert. In Aepseln ist nirgends Vollernte zu
erhoffen, einzelne Gebiete melden jedoch übermittel. Die Fröste vom 1.—3. Mai, die hierzulande nur ganz vereinzelt geschadet hatten, haben in ganz Norddeutschland viele Hoffnungen zunichte gemacht. Dies gilt auch für die Waldbeeren in den Gebieten, die für den Stuttgarter Markt in Betracht kommen.
Vom Ausland liegen bis jetzt nur spärliche Nachrichten- vor. Frankreich hat sehr gute Kirschen- und Steinobsternte, eine reiche Apfelernte ist jedoch nach dem außergewöhnlich günstigen Vorjahr wohl nicht zu erwarten. Italien hatte sehr reiche Ernte in Kirschen, auch Frühbirnen, Pfirsiche und Aprikosen werden voraussichtlich reichlich von dorther zugeführt. Bis jetzt lauten auch die Berichte über Apsel- ernteaussichten günstig. Die Schweiz hofft nach zuverlässigen Spezialberichten auf reiche Ernte in Aepfeln, ebenso -an späten Mostbirnen. Die Kirschenernte beträgt in den Urkantonen Luzern, Solothurn, Freiburg und Wallis über 100 A, des Durchschnitts der letzten 10 Jahre. Oesterreich hatte in den nördlichen Kronländern Frostschaden; die Ernte für Böhmen wird in Aepfeln auf mittelmäßig bis gut, in Steiermark, Kärnthen und den Küstenländern auf gut bis mittel geschätzt, Birnen etwas geringer. Zwetschen, Pflaumen, Aprikosen, Pfirsiche und Nüsse versprechen reiche Ernten. Holland hat gute Apfelernte in Aussicht.
FamMcn-Nachrichtsn.
Veränderungen im Familienstand Calws.
(Vom 30. Mai bis 27. Juni.)
Getauft wurden 31. Mai (geb. 19. Mai) Wilhelm, Kind des August Grotzmann, Schlachthaus- Heizers hier. 31. Mai (geb. 10. Mai) Christian Ernst Otto, Kind des Wilhelm Gebhardt, Bahnschaffners hier. 7. Juni (geb. 21. Mai) Anna Maria, Kind des David Hardecker, Fabrikarbeiters hier. 7. Juni (geb. 10. Mai) Hans Gottlieb, Kind der Pauline Keller, f Stadttaglöhners Tochter. 21. Juni (geb. 29. Mai) Karl Wilhelm, Kind des Karl Hennefarth, Delegraphenarbeiters hier. 21. Juni (geb. 22. Mai) Christine Hildegard, Kind des Julius Kunz, Maschinenstrickers hier. 21. Juni (geb. 10. Juni) Karl, Kind der Luise Graf, Schuhmachers Witwe hier. Zusammen 7. — Getraut wurden Johann Georg Rentschler, Fuhrmann in Stammheim, gebürtig von Oberhaugstett, und Luise Schechinger, Tochter des Georg Jakob Schechinger, Landwirts hier. — Kirchlich beerdigt wurden 4. Juni Christian Stäudle, Damenschneider hier, 771/2 I- 7. Juni Ulrich Geiger, Kind des Konrad G.. Fabrikarbeiters in Tanneneck, 2tz4 I- (ertrunken). 10. Juni Marie Widmann, Witwe des j Tuchscherers Christian Eugen W. hier, 83s^ I. 12. Juni Marie Frey, Tochter des Julius Frey, Goldarbeiters hier, 16^ I. 12. Juni Marie Lindner-Depretto, Witwe des Johann Friedrich L., Steinhauers hier, 69^ I. 12. Juni Christian Grießler, Strumpfweber hier, 651/2 I. 14. Juni Marie Frohnmüller, Frau des Bäckermeisters Frohnmüller hier, 52^ I. 14. Juni Franz Schwendenmann, Kind des Franz Karl Schwendenmann, Reguleurs hier, 6 I. (ertrunken). 18. Juni Heinrike Kuppler, ledige Privatiere hier, 86 I. 24. Juni Christian Zipperle, Schuhmacher hier, 75 I. Zusammen 10. (Evgl. Gdebl.)
Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei. Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchne:
Die wahre Schönheit.
Du bist der Schönste unter den Menschenkindern, holdselig sind deine Lippen. Psalm 45, 3.
Es war ein warmer, milder Abend. Am Rande des Himmels lag noch ein zartes Rot als letzter Sonnen- grutz, und matt und mild aus der graubraunen Tiefe leuchtete der Mond, halbfertig und doch vollkommen, in die Tannenäste hinein. Diese hingen schwarz und still herab, zufrieden und müde. Die Saat am Waldrande rauschte leise auf und nieder, einige Glühwürmchen trugen ihr kleines Licht von Strauch zu Strauch. Zn der Ferne rollte ein leichter Wagen, und als er hinweg war, fühlte man erst ganz, wie unendlich still der Abend war, wohltuend bis in die Seele hinein. Da, in dieser Stille kamen zwei Mädchenstimmen vom Tale H": „Schön sind die Wälder, noch schöner sind die Felder in der schönen Frühlingszeit; Jesus ist schöner, Je- sus ist reiner, der unser traurig Herz erfreut."
Co sangen sie, und wir fingen mitten in der stillen Abendschönheit an, darüber nachzusinnen, ob sie recht hätten. Jesus ist schöner! Ist das eigentlich wahr, oder Öi es nur so ein alter Klang aus dem Mittelalter, wo "ran von Naturschönheit so wenig wußte? Damals, als das Lied entstand, das jetzt zwei Mädchen singen, hielt rrran nur die Elasfenster in den Kirchen und die Altarbilder für schön, damals mochte man so singen. Und doch sangen es die Mädchen noch heute, sie sangen eben: »Schön leucht' der Monden, noch schöner leucht' die Sonne als die Sternlein allzumal; Jesus leucht'schöner, Jesus leucht' reiner als alle Engel im Himmelssaal."
Was hat nun dies alte Lied solange am Leben erhalten? Seine Form ist für uns veraltet, und doch läßt es uns nicht los, es hat eine so seltene Innigkeit, eine so tiefe, schwer zu beschreibende Wahrheit, es legt sich leise in die Seele hinein und ist dann nicht wieder aus ihr zu entfernen.
Oh, wenn uns doch einer sagen könnte, worin eigentlich die Schönheit besteht! In Büchern steht allerlei geschrieben über Harmonie und Kontrast, über Flächen und Linien, über Bilder, Bauten, Lieder und Landschaften, — und vieles, was darüber geschrieben wurde, ist sehr gut. Das aber, was eigentlich schön ist, kann kein Buch sagen, denn es ist etwas ganz Persönliches, für jeden vielleicht etwas Verschiedenes. Schön ist das, was meine Seele so ausfüllt, daß sie beruhigt ist. Es gibt Augen oder Lichter oder Töne, die mir wohltun, von denen aber andere gequält werden. Es gibt aber auch Dinge, die fast allen denen wohltun, die ihnen wirklich nahe kommen. Was den meisten Menschen wirklich innerlich wohltut, was ihre Seelen still und befriedigt macht, das ist das Schönste!
„Schönster Herr Jesu, Herrscher aller Enden, Gottes und Mariä Sohn, dich will ich lieben, dich will ich ehren, du meiner Seele Freud und Krön." So hatten die Mädchen gesungen. War es nicht doch vielleicht richtig? Der Sommerabend wird ja bald versinken, der Mond wird untergehen, die Schönheit der Nacht zerfließt in Morgengrauen, alle solche Schönheit ist nur ein Tropfen ins wartende Herz. Eine wahre Schönheit mutz bleibender sein, sie mutz tiefer, persönlicher, ewiger sein. Die wahre Schönheit mutz bei uns bleiben, wenn wir selber
welk werden wie müdes Laub im Herbst, sie mutz bleiben, wenn die alten schwarzen Tannen fallen, um uns zum Sarg zu dienen. Eine solche Schönheit scheint im ersten Augenblick Jesus nicht zu sein. Er hat soviel Kampf und soviel Marter. Aber sein Kampf ist nicht Leidenschaft, seine Hände sind Hilfe, er ist das Bild des gütigen Gottes. Eine Schönheit für Zeit und Ewigkeit, eine Sonne, die man auch nachts suchen kann, eine Ruhe in aller Unruhe, ein Trost in aller Verzweiflung: Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Friedrich Naumann.
(„Gotteshilfe." Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht.)
Rosen.
Rosen — wohin das Auge blickt,
Rosen — die jedes Herz entzückt,
Rosen an Strauch und Gemäuer.
Schneeige, schimmernd gar zauberisch,
Rosige, lockend, verführerisch,
Purpurne, flammend wie Feuer.
Rosen — voll holdester Wundermacht,
Wonne des Lebens -aus ihnen lacht, Wogendes Duftmeer oh'n Ende.
Rosen — von Anmut und Schönheft geküßt, Daß man berauscht ihrer Dornen vergißt — Des Sommers köstlichste Spende.
Gertrud Eleonore Cogho
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