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Altensteig» Samstag den 19. Septernvee 1931 I S4. Kai-egang

SatastroM der deuljchen Nauwirtschaft

Die deutsche Bauwirtschaft ist in einem Ausmaße, wie es in der Geschichte der letzten 50 Jahre ohne Beispiel da­steht, von der Wirtschaftskrise betroffen.

Der Wert der baugewerblichen Produktion, an der die übrige Industrie und der Handel mittelbar stark beteiligt find, betrug in normaler Zeit über ein Viertel der gesamten industriellen Produktion oder ein Achtel des Volkseinkom­mens. Die normale volkswirtschaftliche Leistung der Bau­wirtschaft mit jährlich 8,5 Milliarden RM. steht unmittel­bar hinter der Textilindustrie, die jährlich etwa 10 Mil­liarden RM. Werte produziert. Sie erhebt sich weit über die Gesamtleistung des Kohlenbergbaues und der Eisen­industrie. Jede Baumarktkrise pflanzt sich im gesamten Wirtschaftskörper fort. Ein Teil der Produktionsschrum- pfuna anderer Industriezweige, ein Teil der Arbeitslosig­keit Dieser Industrien ist von der Baumarktkrise mitver- ursacht.

Die Bauwirtschaft in dem genannten Umfange zählt etwa 360 000 Betriebe, mit 2,5 Millionen Arbeitern und 220 000 Angestellten. Sie ernährt rund ein Neuntel des deutschen Volkes. Die Löhne der Arbeiter allein machen rund 70 bis 80 Prozeftt des Wertes der errichteten Bauwerke aus, d. h. sie belaufen sich bei normaler Beschäftigung auf rund 6,5 Milliarden RM. Jede Milliarde Produktionsausfall der Bauwirtschaft macht rund 350 000 Arbeiter arbeitslos. Die Arbeitslosigkeit in dem bedrohlichen Umfange, der seit über einem Jahre die Entfaltung von Staat und Wirt­schaft hemmt, erhält den weitaus stärksten Zufluß aus der Bauwirtschaft. Fast ein Viertel aller Arbeitslosen entfällt im Jahresdurchschnitt auf die Bauwirtschaft. Schon 1929 waren 373 000 Baufach- und Bauhilfsarbeiter arbeitslos. SeiWem ist das Beschäftigungs- und Produktionsvolumen um weitere 55 dis 60 Prozent eingeschrumpft. Der Rück­gang in der gleichen Zeit beträgt bei anderen Produktions­güterindustrien etwa 26,3 Prozent, bei den Verbrauchs­güterindustrien etwa 13,8 Prozent. Die Bauwirtschaft mit einer mehrfachen Einbuße stellt daher nach Schwere und Ausdehnung den eigentlichen Herd der Sonderkrise dar, durch die die Weltkrise in Deutschland so unheilvoll ver­schärft wird.

lieber eine Million Arbeitslose in der Bewirtschaft be­deuten beinahe eine Milliarde jährlicher llnterstützungs- beiträge. Sie bedingen einen gewaltigen Steuerausfall und bedrohen den Bestand der Sozialversicherung. Da die Bauwirtichaft besonders zahlreiche selbständige, mittlere und kleinere Betriebe aufweist, bedeutet ihr Zusammenbruch zu­gleich das Erliegen von Tausenden von Existenzen des Mittelstandes. Das bedingt wiederum Kaufkraftausfall, Steuerrückgang, soziale Not.

Nachdem die Bauwirtschaft lange Jahre der Tummel­platz zwangswirtschaftlicher Eingriffe ins Wirtschaftsleben war, nachdem gerade in ihr eine ganz außergewöhnlich große Steigerung der Löhne um rund 100 Prozent über Friedenssätzen stattgefunden hat, nachdem der Staat durch die Sondersteuer auf den Hausbesitz durch übermäßige Ka­pitalbesteuerung sie schädigte, hat er nun. ebenso wie die Gemeinden, über Nacht seine Baufinanzierungstätigkeit außerordentlich eingeschränkt, ohne ein brauchbares Ueber- gangsprogramm, ohne entsprechende Rücksichtnahme aus ihre Folgen.

Die Vauwirtschaft, sonst das Gewerbe, von dem die Ueberwindung früherer Wirtschaftskrisen ihren Ausgang nahm, ist so in ihrer natürlichen Funktion lahmgelegt.

Die sämtlichen Verbände der deutschen Bauwirtschaft for­dern daher mit Recht geschlossen, daß das bisherige Vor­gehen der öffentlichen Körperschaften einer Revision unter­zogen und daß ein vernünftiges Vauwirtschaftsprogramm ausgestellt und durchgeführt wird, mit einer planvolleren llebersührung der noch bestehenden Reste von Zwangswirt­schaft in die freie Wirtschaft.

Zusammenstoß MijAn javanischen und chinesischen Auv ven

708V Chinesen getötet

Tokio, 18. September. In der Umgebung von Mulden kam es gestern abend zu einem Zusammenstoß zwischen japanischen und chinesischen Truppen, nachdem die Chinesen versucht hatten, die Brücken der südmandschurischen Eisen­bahn zu zerstören. Die Japaner nahmen die chinesische Garnison von Peitaying gefangen.

Nach einer ergänzenden Meldung über den gestrigen Zusammenstoß zwischen japanischen und chinesischen Trup­pen eröffnete eine japanische Abteilung, gestern abend das Feuer auf das Arsenal von Mulden. Im Anschluß daran beschoß sie auch das chinesische Lager und die Stadt. Von 10 Uhr abends ab fielen alle zehn Minuten Granaten nie­der, obwohl die Chinesen das Feuer nicht erwiderten. 70 bis 80 chinesische Soldaten wurden getötet.

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Fortsetzung der Aussprache des Wirtschaftsausschusses

Genf, 18. Sevt. In der Aussprache des Wirtschaftsausschusses der Völkerbundsversammlung legte der italienische Korvora- tionsminister Vottai den Standpunkt der italienischen Regie­rung zur internationalen Handels- und Wirtschaftspolitik dar. Sebr scharf wandte sich der italienische Vertreter gegen Zoll­union und internationale Industrievcreinbarungen. Solche Gruppierungen verbinderten eine harmonische Lösung des euro­päischen Wirtschaftssystems. Italien sei grundsätzlich auch gegen die Präferenzbehandlung, die nach Ansicht der italienischen Re­gierung mit der Meistbegünstigungsklausel und den italienischen Interessen nicht vereinbar sei. Bottai setzte sich für eine Inkraft­setzung der Genfer Handelskonvention ein.

Als Vertreter Grobbritanniens betonte in der heutigen Aus­sprache des Wirtschaftsausschusses Sir Ador, der frühere Direktor der Finanz- und Wirtschaftsabteilung des Völkerbundes, er teile den Standpunkt des deutschen Vertreter, daß die Wirtschafts­und Finanzprobleme im Hinblick auf die jetzige Krise eng Zu­sammenhängen. Er behalte sich vor. auf diese Fragen im weiteren Verlauf der Verhandlungen des Wirtschaftsausschusses besonders einzugehen. Diese Mitteilungen werden allgemein so gedeuret, daß Sir Ador die Absicht hat, noch besonders auf die Frage der Reparationen und internationalen Vereinbarungen einzugeken.

Er sprach sich weiter ziemlich skeptisch über die französische Anre­gung internationaler Industrievereinigungen aus. Der englische Vertreter sagte schließlich den deutschen Delegierten Dank für die Bereitwilligkeit, die Deutschland den englischen Wünschen auf Herabsetzung gewisser Zölle entgegenbringe. In der Präierenz- frage äußerte sich Ador sehr zurückhaltend.

Ankündigung einer neuen Handelspolitik der Schweiz

Der holländische Delegierte Colijn, kritisierte sebr scharf die bisherigen Arbeiten des Völkerbundes auf wirtschaftlichem Ge­biet. Sodann äußerte Colijn schwerwiegende Bedenken gegen die französischen Zollabsichten,' gegen die Präferenzen für Ee- rreide werde Holland keinen Einspruch erbeben, aber er möchte sich schon jetzt dagegen wenden, daß die Präferenzbebandlung auch auf andere Produkte ausgedehnt werde.

Der Direktor des Wirtschafts- und Handelsdevartements der schweizerischen Eidgenossenschaft, Stucki, teilte mit, daß von fast sämtlichen Gruppen des Ständerates eine Eingabe an den Bun­desrat unterzeichnet worden sei, worin sofortige Maßnahmen ->um Schutze der internationalen Wirtschaft gefordert würden. Die Rede des schweizerischen Delegierten wird in Völkerbunds­kreisen so ausgelegt, daß sie die Ankündigung einer grundsätz­lichen Abkehr der Schweiz von ihrer bisherigen Handelspolitik bedeutet. Man befürchtet, daß die Schweiz zu einem System von Einfuhrverboten und Zollerböbungen schreiten werde.

Das System der Handelsverträge habe Schifsbruch erlirren. Nirgends sei ein Fortschritt zu verzeichnen Ueberall sehe man nur Rückschläge. Man kan uns nicht verwehren, unseren inneren Markt zu schützen, der ständig steigenden Arbeitslosigkeit ent- gegenzutreren. Der Ausblick in die Zukunft ist düster. Die Lage der schweizerischen Wirtschaft zwingt uns, unverzüglich zu han­deln. Wir müssen vorübergehend einen neuen Weg einschlagen. Wir müssen eine neue Zollpolitik einschlagen. Wir verlangen hierzu nicht nur die juristische, sondern auch die moralische Frei­heit.

Als der Gouverneur der Mandschurei, Marschall Tschangsuehliang, diese Nachricht erhielt, befahl er den chinesischen Truppen, die Waffen in die Waffendepots zu bringen, und das Feuer nicht zu erwidern. In Peking glaubt man, daß die japanischen Militärbehörden so unver­mutet gehandelt haben, um die Chinesen zu zwingen, die Angelegenheit des Hauptmanns Nakamura zu regeln, der dem japanischen Eeneralstabe angehört und im Juni in der Mongolei ermordet wurde, angeblich von chinesischen Soldaten der Mukdener Armee. Chinas Zögerung, auf die japanischen Proteste wegen der Ermordung Nakamuras zu antworten, rief größte Erbitterung in den militärischen Kreisen Japans hervor.

MS wird mit Nr. Curtius?

Berlin, 18. Sept. Wie dem Nachrichtenbüro des V.d.Z. er­klärt wird, ist es bisher ungewiß, ob Reichsautzenminister Dr' Curtius, der erst am Dienstag, den 22. September, aus Genf zurückkehrt, schon an der Sitzung der volksparteilichen Reichstags, fraktion teilnehmen kann, die am Mittwoch, den 23, September in Hamburg stattfindet. Es wird in volksparteilichen Kreisen versichert, daß das Genfer Telegramm des Dr. Curtius, worin er ziemlich strikte die Beachtung eines Votums seiner Partei über sein Verbleiben im Amte zurückgewiesen habe sollte, un­genau wiedergegeben sei. Andererseits sei es auch unwahrschein­lich, daß die Deutsche Volkspartei von sich aus einen Schritt in dieser Angelegenheit tun werde. Man könne annehmen, daß Dr. Curtius seine Entscheidung von den Unterhaltungen ab­hängig machen werde, die er mit dem Reichskanzler führen wird, wobei es den Wünschen der Reichsregierung entsprechen dürfte, daß die Entscheidung Dr. Curtius' erst nach dem Besuch der fran­zösischen Staatsmänner falle.

Re Krediwedinoimgen für die WmWM Anleihe

Genf, 18. Sevt. Oesterreich dürfte die Zustimmung des Völker­bundes zu einer Anleihe erhalten. Der Finanzausschuß bat am Donnerstag seinen Bericht über die wirtschaftliche und finan­zielle Lage beendet, und es ist zu erwarten, daß der Völker­bundsrat den Bericht annebmen wird. Bundeskanzler Dr. Bu- resch ist nach Wien zurückgefahren. Man börr. die österreichische Regierung habe ein Sparprogramm annebmen müssen, das u. a. folgendes enthält:

1. Herabsetzung der Gehälter der Staatsbeamten um 10 Pro­zent.

2. Schatte Kontrolle der Finanzgebahrung der Länder und Gemeinden.

3. Aufgabe der bisherigen finanziellen Unterstützung der Post und Eisenbahn.

4. Festsetzung des österreichischen Haushalts auf etwa zwei Milliarden Schilling.

5. Aenderung der bisherigen Sozialpolitik.

Dazu kommt die Einsetzung einesBeraters" bei der öster­reichischen Nationalbank durch den Völkerbund, zunächst auf un­bestimmte Zeit, der die Kontrolle über die Oesterreichische Na- tionalbank übernimm!. Die Durchführung der Svarvläne ge­schieht unter Mitwirkung des Finanzausschusses des Völker­bunds und unter dessen Kontrolle.

Unter diesen Voraussetzungen bat Oesterreich Aussicht, einen Kredit zu bekommen Es braucht ihn vor allem zur Rückzahlung des kurzfristigen Kredits den es von England erhalten bat. als die Oesterreichische Kreditanstalt zujammengebrochen war und Frankreich seinen Ervressungsversuch machte. Jetzt sind die Fran­zosen vorsichtiger geworden und lassen sich nicht m-.rken daß sie Oesterreich ein Würgehalsband anlegen wollen.

Zum EilendahmmMag

Zwei verdächtige ungarische Kommunisten verhaftet Budapest, 17. Sevt. Ein stellungsloser Chauffeur teilte der Po­lizei mit, daß vorige Woche zwei Arbeiter, die Schlosser Sza- tacsi und Rezner, ihn aufgefordert hätten, für gutes Geld an ei­nem Bombenattentat teilzunebmen. Detektive ermittelten Sza- kacsi und Rezner bald und stellten zunächst fest, daß beide Mit­glieder der Kommunistischen Partei sind. In den Taschen des Sza- kacsi wurde ein Notizbuch entdeckt, das u. a. einen Situations- vlan in dem Maßstab der Eisenbahnbrücke in Uivest, ferner che­mische Formeln für Schießbaumwolle und andere Sprengmittel enthielt. Bei der Vernehmung erklärte Szakacst, er sei Kom­munist aus Ileberzeugung und habe die Absicht gehabt, die Brücke mit sich selbst m die Luft zu sprengen, um hierdurch die Auf­merksamkeit der Oefseutlichkeit auf das Elend der Arbeitslosen zu lenken. Da beide wegen kommunistischer Umtriebe bereits be­straft sind, wurden sie von der polnischen Polizei verhaftet, die nun eingehend nach ihrer Tätigkeit während der letzten Zeit for­schen wird.

Neues vom Tage

Kein Empfang Hitlers beim Reichspräsidenten Berlin, 18. Sept. In einem Teil der Presse ist berichtet worden, daß der Reichspräsident den Führer der National­sozialistischen Partei, Adolf Hitler, empfangen werde. Von zuständiger Stelle werden diese Nachrichten als reine Kom­binationen bezeichnet, wenn auch die Ansicht vorherrscht, daß der Reichspräsident auch Hitler empfangen würde, wenn das beantragt würde.

Besprechungen über die Vantenaufsicht Berlin, 18. Sept. Die Besprechungen des Reichsfinanz­ministers Dietrich mit dem Bankenausschuß über die vom Reichskabinett vorgesehene Regelung der Bankenaufsicht sind zu Ende geführt worden. Es scheint sich zu bestätigen, daß diese Angelegenheit und auch die vorliegende Aktien- rer: i-reform schon in den nächsten Tagen durch Notverord- Hing endgültig geregelt werden wird. Es verlautet, daß Preußen die Vankenaufsicht, wie sie vom Reichskabinett vorgesehen ist, nicht weit genug geht.