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AlteiraeiiZ, Srrrnstrrjr den ^8. Mävz 1931^

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Von Direktor Dr. S1 röbel, M. d. L., Stuttgart

Die Ankündigung, daß zwischen Deutschland und Oester- ^ich eineZollunion" vereinbart worden sei, hat überall überrascht. Nun stellt sich allerdings heraus, daß es sich nicht um eine Zollunion handelt, sondern zunächst nur um «ine grundsätzliche Einigung darüber, daß nach Ostern Ver­handlungen über die Angleichung der zoll- und handels­politischen Verhältnisse der beiden Länder ausgenommen werden sollen. Es handelt sich also nicht einmal um einen Vorvertrag. Zunächst scheinen nur, wie man aus den spär­lichen Veröffentlichungen entnehmen kann,Richtlinien" für den Plan einer Angleichung der Zölle vereinbart wor­den zu sein. Ueber 90 Prozent der Tarifpositionen sollen in Wegfall kommen. Was mit den restlich n 19 Prozent geschieh: und welche Waren hier in Betragt kommen, ist noch nicht veröffentlicht worden. Jedenfalls beginnen jetzt erst die Verhandlungen über die wichtigsten Einzelheiten. Weshalb der Plan in so sensationeller und unklarer Form bekanntgegeben wurde, ist nicht recht verständlich. Jeden­falls hat er so mehr Staub aufgewirbelt als nötig war. Die Presse von Paris und Prag schäumt vor Wut, weil sie in der Vereinbarung den ersten Schritt zum Anschluß Oesterreichs an Deutschland sieht. Da es sich nur um einen einheitlichen Zolltarif bei voller Unabhängigkeit der beiden Staaten handelt, kann hiervon nicht die Rede sein. Immer­hin zeigt die Mißstimmung in den fremden Staaten, daß Deutschland wahrscheinlich auf dem rechten Wege ist. Die Regierung spricht allerdings von einer Verwirklichung des Briandschen Gedankens eines Zusammenschlusses der Länder Europas. Sie spricht von der Möglichkeit, daß es anderen Ländern unbenommen sei, sich dem regionalen Wirtschaftsabkommen Deutschlands und Oesterreichs an­zuschließen. Diese Paneuropapolitik müßte vom Standpunkt der Landwirtschaft aus abgelehnt werden. Man wird sich darüber klar sein müssen, daß die Zollangleichung Haupts sächlich im Interesse der Exportindustrie erfolgt. Schon der Name Curtius bürgt dafür.

. Die deutsche Landwirtschaft hat also mit wach­samem Auge die kommenden Verhandlungen zu verfolgen. Jeder Schritt, der zu Paneuropa führt und der uns schutzlos der Konkurrenz der billig produzierenden Süd- und Ost­staaten aussetzt, wäre für die deutsche Landwirtschaft ver­hängnisvoll. Wir haben außerdem bei dieser Einigung zu befürchten, daß Oesterreich das Einfalltor für land­wirtschaftliche Erzeugnisse aus den Ost- und Slldstaaten werden kann. Das könnte beispielsweise schon durch eine laxere Handhabung des Ssuchenschutzes möglich sein. Ein .-Loch im Süoen" in unserer Zollmauer könnte uns schwere Sorgen machen. Wenn dort die Mauer nicht intakt bleibt, werden die kürzlich beschlossenen Schutzmaßnahmen des Reiches wirkungslos bleiben. Von Oesterreich selbst wird die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen keine übermäßig große Nolle spielen. Es handelt sich um Vieh, Pinzgauer Pferde, Obst und Leder. Das Vieh ist auf dem Wege über den kleinen Erenzverkehr bis jetzt schon in die südlichen Teile Württembergs und Bayerns zu einem ver­billigten Zollsatz gekommen. Diese Vergünstigungen, die den Landwirten für das Einstellvieh gewährt wurden, fallen künftig weg. Je nach der Konjunktur haben die Landwirts dadurch bisweilen gewisse Vorteile gehabt, auf die sie jetzt ungern verzichten werden. Noch bedenklicher ist die un­gehinderte beträchtliche Einfuhr von Holz. Wenn auch zu­nächst der Waldbau in Bayern getroffen wird, so wird doch der Druck auch in Württemberg und Baden spür­bar sein.

Die deutsche Land- und Forstwirtschaft hat also nicht nu mit einer gewissen direkten Konkurrenz aus Oesterreic zu rechnen, sondern sie hat besonders ein etwaigesLoch ir Lüden" zu fürchten. In den kommenden Verhandlungen «erden deshalb sehr ernste Fragen zu erörtern sein. Man Merle: Hindernisse sind zu beseitigen und eins Reihe von vorsorglichen Bindungen werden in die neue Vereinbarun mngebaut werden müssen Jedenfalls mutz die deutsch Landwirtschaft auf der Hut sein, daß nicht auf ihrem Rücken die Angleichungsverhandlungen zum Abschluß gebracht wer »en. Die Reichsregierung hat bisher die Länder in diese ^age nicht gehört Wir erwarten, daß jetzt die weiteren ^Handlungen nur noch im Benehmen mit den Haupt beteiligten Länderregierungen geführt werden.

, Zollunion im britische« Unterhaus

! London, 26. März. Im Unterhaus eröisnete der liberale Sir Donald Maclean eine Debatte über die deutsch-österreichischen Zollvereinbarungen. Er erklärte, von den Liberalen könne es - nur begrübt werden, wenn dank dieser Abmachungen wenigstens f eine einzige Zollmauer in Europa zum Stürzen gebracht werde. Er bedauerte aber, dab von den vertragschließenden Mächten keine die Gelegenheit der Tagung des Organisationsausschusses benutzt habe, um vor dem Abschluß der Vereinbarungen eine persönliche Fühlungnahme und Aussprache mit den Vertretern anderer Staaten herbeizuiübren. Er verfehlte dabei nicht, wiede- i rum darauf hinzuweisen, daß Oesterreich dem Völkerbund das ! Wiedererstehen seiner finanziellen Selbständigkeit zu danken ! habe.

! Abg. Wise, ein Vertreter des linken Flügels der Arbeiterpar­tei wendete sich scharf gegen Bestimmungen der Friedensverträge, die dazu bestimmt sind, die Trennung zwischen Deutschland und Oesterreich aufrechtzuerhalten. Eine solche Bestimmung laute der Vernunft zuwider.

llnterstaatssekretär Dalton erklärte, eine schwierige Frage wie diese, mub in der freundschaftlichen Atmosphäre des Völkerbun­des geprüft werden. Man hat den Vorschlag gemacht, daß der Völkerbund die Angelegenheit untersucht, um festzustellen, inwie­weit die projektierte Vereinbarung aus juristischen Gründen als den aus den Verträgen und den Handelsverträgen sich ergeben­den Verpflichtungen zuwiderlaukend angesehen werden könnte. Die Regierung wird von dem Wunsch erfüllt, die ganze Trag­weite des Plans sorgfältig und «»parteiisch zu untersuchen.

Der frühere Außenminister Sir Austen Chamberlain sagte: Ich glaube, die anderen Nationen, die an der Konferenz über den Zollwaffenstillstanü oder an den Erörterungen über andere Ver­einbarungen Europas beteiligt waren haben einigen Grund zu« Beschwerde, wenn ein Plan dieser Art in Heimlichkeit vorbereitet wird, während die erwähnten Konferenzen im Gange sind und wenn dann die Mächte plötzlich mit einem Plan überrumpelt werden. Was die ernstere Frage des Inhalts und der Tragweite dieser Vereinbarungen betrifft, so bin ich mit Henderso» der Meinung, dab sie vor den Völkerbund gebracht werden solle». Außer den juristischen Fragen werde durch diese Vereinbarung auch verschiedene politische Fragen aufgerollt, die vielleicht nicht weniger wichtig sind

Scharfe Entschließung des französischen Kammerausschusses

Paris, 26. März. Der Kammerausschuß für Handels- und Zoll­fragen hat rum deutsch-österreichischen Zollangleichungsvrotokoll eine Entschließung angenommen. Der Ausschuß ersucht den Au­benminister und den Handelsminister sich energisch dem endgülti­gen Abschluß der österreichisch-deutschen Zollunion zu widersetze« und falls diese Opposition ergebnislos bleiben sollte, sofort de» französisch-deutschen und französisch-österreichischen Handelsver­trag zu kündigen, wie es nach dreimonatlicher Vorankündigung die in beiden Verträgen aufgenommene Schlußklausel erlaubt. Der Ausschuß verlangt außerdem die Aufnahme von Verhandlun­gen mit den übrigen europäischen Mächten, um sie für den An- uullierungsatt zu gewinnen.

London, 26. März. Der Pariser Korrespondent desManchester Euardan" schreibt: Vriand habe auf einen gemeinsamen Protest- schritt in Wien von seiten Englands, Frankreichs. Italiens und der Tschechoslowakei bestanden. Henderson habe es jedoch abge­lehnt, sich einem solchen Protest dnzuschlieben. Die italienische Regierung habe das gleiche getan mit dem Erfolg, daß dieser Protest jetzt fallen gelasse« worden sei.

Beruhigung in London und Paris

London, 27. März.Times" schreibt: Sendersons Anregung wegen Prüfung der österreichisch-deutschen Vereinbarung durch den Völkerbundsrat habe die legale, nicht die politische und wirtschaftliche Seite betroffen. Man dürfe mit einiger Zuversicht boffen, daß Brüning Hendersons Anregung akzeptieren werde.

Der Pariser Korrespondent derTimes" schreibt: Zm Ton der französischen Presse ist ei» bemerkenswerter Wechsel eingetreten. Blätter, die sich noch vor zwei Tagen in den heftigsten Aus­drücken gegenüber dem österreichisch-deutschen Plan ergingen, sind jetzt ganz bescheiden geworden und beeilen sich, Hcndersous Ak­tion als eine eindrucksvolle Erneuerung der französisch-britischen Zusammenarbeit zu bezeichnen. Der Grund für diesen Wechsel ist, dab die französische Presse und sogar derQuai d'Orsay", nach­dem sie den kaltblütigen Rat Hendersons angehört haben, sich jetzt eingestehen müssen daß ihre ersten Schlußfolgerungen sich wohl mehr durch Schnelligkeit, als durch lleberlegung auszeich- neten.

«euls nocil

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! Beschlüsse des ReWralö

> Ablehnung der Steuererhöhungen Zustimmung zum Stal

i Der Reichsrat beschloß am Freitag abend, gegen einige Stim- i men bei Stimmenthaltung Hessens gegen die auf Antrag der So- i zialdemokraten vom Reichstag beschlossenen erhöhten Zuschläge ? zur Einkommensteuer über 26 660 Mark und zur Aussichtsrats­steuer Einspruch zu erbeben und zwar mit Rücksicht auf die Kapi« ! talbildung und auf die Stärkung des Vertrauens der Wirt-

- schüft, denen nach Ansicht des Reichsrates Steuererböbunsen wi- : versprechen würden. Der Reichsrat spricht jedoch die Erwartung,

aus, daß den Gemeinden di« Wohlfahrtserwerbslosenlasten aut andere Weise erleichtert werden, durch sofortige Verlängerung s der Auslauffristen der Krisenunterstützung. Die beim Etat vom

- Reichslag beschlossene Umstellung von 2666 Assistentenstellen auf ! den Landessinanzämtern und Versorgungsämtern wurde vom s Reichsrat abgelehnt. Desgleichen fiel die Ueberweisung von 8

Millionen an die Knappschaftsverficherung, die aus der vom

- Reichsrat abgelebnten Tantiemensteuererböbung bestritten wer- i den sollte. Im übrigen beschloß der Reichsrat den vom Reichstag« s vorgenommenen Ausgabeerhöhungen im Etat zuzustimmen. Auch i den drei Millionen für die Kinderspeisuag wurde zugestimmt, s obwohl dieser Betrag gleichfalls durch die Tantiemensteuer ge» s deckt werden sollte. Der Berichterstatter, Ministerialdirektor Dr. j Brecht, brachte hierzu »um Ausdruck, dab der Reichsrat in de» ! heutigen Zeit eine Streichung des Betrages nicht für angebracht

- hält und dab der Ausgleich im Rahmen des gesamten Hausbal» s tes von der Reichsregierung aufgrund der ihr vom Reichstag «r-

teilten Sparermächtigung gesucht werden müsse, k Dem Etat wurde endgültig zugestimmt. In einer Entschließung r spricht der Reichsrat die Erwartung aus, daß die Reichsregie- ! rung, wenn durch eine Notverordnung Länder und Gemeinden j berührt werden, vorher mit dem Reichsrat Fühlung nehme» l wird.

! Den Reichstagsbeschlüssen zur Osthilfe und zur Zollvorlag, i wurde zugestimmt, ebenso den Beschlüssen über die Aenderun« s des Lichtsvielgesetzes, die Verlängerung der Pachtschutzordnun« i and der Verschärfung der Verficherungsaufstcht.

ilm den EKenkeroerkrag

Berlin, 27. März. Der Sleichsverkehrsminister hat dem in der Öffentlichkeit bekannten Vertrage zwischen der Deut- ! schen Reichsbahngesellschaft, Hauptverwaltung, und der ; Firma Deutsche Bahnspedition Schenker L Co. E.m.b.H. j in Berlin über den Rollfuhrdienst, Sammelspedition, Ver» s kehrswetbung und Kraftwagenoerkehr in der vorgelegten ! Fassung namens der Reichsregierung die nach § 31 Ziffer > des Reichsbahngesetzes vorbehaltene Genehmigung versagt, s Von Reichsbahnseite wird mitgeteilt: Es muß an den Standpunkt der Reichsbahn erinnert werden, daß der Bahn» ! speditionsvertrag nicht der Genehmigung der Reichsregie» s rung bedürfe. Auf der anderen Seite wurde von der Reichs- - bahn nach der letzten Verwaltungsratssitzung vor einigen ; Tagen die Auffassung vertreten, daß in gemeinsamen Be» ! ratungen mit der Reichsregierung sowie mit den Spitzen» j verbänden der Wirtschaft ein Ausgleich in der Bahnspedi« i lionsfrage gesucht werden muß.

! Dramatische Szenen lm Stuttgarter i FrauengeWgnis

E Frau Dr. Kienle macht ihr Testament

's Berlin, 28. März. Im Stuttgarter Frauengefängnis, wo die wegen Vergehen gegen den 8 218 verhaftete Frau Dr. Kienle untergebracht ist, kam es, wie dieVossische Zei­tung" berichtet, gestern abend zu dramatischen Szenen. Der Eerichtsarzt, der auf Antrag der Verteidiger vormittags die jetzt seit einer Woche hungernde Aerztin untersucht und dem Untersuchungsrichter gegenüber erklärt hatte, es be­stehe z. Zt. bei der Untersuchungsgefangenen keine Gefahr für ihr Leben, und man brauche vor den nächsten acht bis ' vierzehn Tagen nicht mit wesentlichen Erschöpsungszustän»

- den zu rechnen, mußte auf dringenden Anruf der Eefäng»

! nisoerwaltung gegen 6.30 Uhr nochmals herbeigerufen ! werden, da sich Frau Kienle in einem Zustand größter Erschöpfung befand.

Nach der zweiten Untersuchung ordnete der Eerichtsarzt ! dis sofortige lleberführung in ein Krankenhaus an, der sich jedoch Frau Dr. Kienle aufs entschiedenste widersetzte. Nach der Drohung des Eerichtsarztes, man werde sie nun mit Gewalt sortschaffen, erlitt Frau Kienle einen neuen Er­schöpfungsanfall. Sie verlangte dringend nach einem Notar, um ihr Testament zu machen. Dieser Bitte wurdtz nun auch sofort entsprochen. Im Beisein zweier Gefängnis- ! beamten als Zeugen diktierte Frau Kienle dann dem Notar s ihre letzte Verfügung für den Fall ihres Todes.