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AlterMeU'» FveitiT9 den 47. Mär? 1931

54. KaL?rgnns

RliMagSMtasung bis ll. Sktoter

Das Zollermächtigungsgefetz angenommen

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Der Reichstag hat nach der starken Kräiteanspannung der letz­te« Wochen Len reichen Arbeitsstoff bewältigt und in der heuti­ge« Sitzung die letzten Reste erledigt, um nun bis zum 13. Okto­ber zu vausiere«, wenigstens so weit die Plenarsitzungen in Frage kommen, die Ausschutzarbeit wird noch fortgesetzt werden müssen. Heute wurde nach kurzer Aussprache Las Zollermächtigungsgesetz m dritter Beratung mit 285 gegen 82 Stimmen endgültig ange- uomme». Auch das Landvolk stimmte dafür, weil kür den Ber- hiaucherschutzartikel eine Kompromißfassung gesunden ist die U,m annehmbar erschien. Dagegen stimmten nur die Kommunisten und die Wirtschaktsvarlei.

Endgültig angenommen wurde auch das Osthilfegesetz mit dem landwirtschaftlichen Siedlungsgesetz und dem Jndustriebankgesetz. Beim Jndustriebankgesetz wurden einige Aenderungen gegenüber der zweiten Lesung beschlossen. Die landwirtschaftlichen Vertreter rm Aufsichtsrat sollen nach der neuen Fassung nicht von den landwirtschaftlichen Organisationen präsentiert, sondern durch die Reichsregierung unter Berücksichtigung der verschiedenen Betriebsformen bestimmt werden. Die Aufgabe der Bank wird ausgedehnt auch auf die Gewährung von Krediten für allge­meine Zwecke der Wirtschaft.

Der Reichstag batte dann noch Anträge der Justizbehörden ans Strafverfolgung von Abgeordneten in etwa 30 Fällen zu er­ledigen. Es handelte sich in der Hauptsache um Kommunisten und Nationalsozialisten. So wurde die Vollstreckung von 180 Ta­gen Gefängnis für den nationalsozialistischen Abgeordneten Koch- Ostvreutzen beantragt. Dieser Fall wurde mit einigen anderen dem Eeschäftsordnungsausschutz überwiesen; der Abgeordnete Koch wird sich also mindestens bis zum Oktober weiter der Frei­heit erfreuen können. In den übrigen Fällen wurden die An­träge der Justizbehörden bewilligt.

Kegen, die vom Aeltestenrat vorgeschlagene Vertagung bis zum 13. Oktober protestierten die Kommunisten, die schon für den April Len Wiederzusammentritt des Reichstags verlangten. Abg. Esser (Z.) und Präsident Löbe wiesen jedoch darauf hin, daß die Ausschutzarbeit auch während der Sommerpause nicht ruhen werde und Latz die Reichstagsmehrbeit jederzeit in der Lage sei. einen früheren Zusammentritt durchzusetzen.

Sie Beisetzung Kermmm Müllers

Berlin, 26. März. Das äußere Bild Ser Reichshauptstadt stand im Zeichen der Beisetzung Hermann Müllers. Auf allen öffent­lichen Gebäuden sind die schwarz-rot-goldenen und die schwarz­weihen Fahnen Halbstock gesetzt. Vom Brandenburger Tor wehen fünf riesige schwarze Fahnen. Auch zahlreiche Privat­häuser zeigen Fahnen auf Halbmast. Die Häuser der Sozial­demokratischen Partei am Belle Allianz-Platz und dasVor- wärts"-Eebäude in der Lrndenstratze tragen florverhüllte rote Fahnen. Schon lange bevor die Trauerfeier begann, hatten sich auf den Straßen, durch die der Trauerzug führt, namentlich am Belle Allianz-Platz und in der Lindenstrahe. ungeheure Zu- fchauermengen eingefunden.

Auf dem ersten Hof des Parteigebäudes ist der Sarg in einem Meer von Blumen aufgestellt. Reichsbanner hält die Toten- wacht

llm 4 Ahr begann mit einer Trauerweise die Totenfeier.

Alle führenden Mitglieder der sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die sozialdemokratischen Parlamentsfraktionen und eine Reihe führender Sozialisten des Auslandes hatten sich ein­gefunden Im Namen der dänischen Sozialisten legte Minister­präsident Stauning einen Kranz am Sarge nieder. Weiter waren anwesend Staatskanzler a. D. Renner und Bürgermeister Eeitz-Wien als Vertreter der österreichischen Sozialdemokratie, Leon Blum (Frankreich), Vanderoelde (Belgien) und Roosbroek, Senator Habermann-Prag, der Vorsitzende der holländischen So­zialdemokratie, Bürgermeister Vliegen-Amsterdam, Abg. Taub von der deutschen Sozialdemokratischen Partei in der tschecho­slowakischen Republik, und Friedrich Adler, der Sekretär der So­zialistischen Arbeiterinternationale Zürich.

Nachdem die feierlichen Klänge der Prometheus-Ouverture verklungen waren, folgte der Vortrag eines Männerchors. Dann uat Otto Wels an den Sarg, um als Vorsitzender der Sozial­demokratischen Partei Deutschlands dem töten Freunde einen tetzten Gruß zu widmen. Er sprachim Namen des Millionen- heeres der Arbeiter", das sich in der Sozialdemokratischen Par- tm, in den Freien Gewerkschaften, den Angestellten- und Be­amtenorganisationen, den Sportverbänden der Partei und ihren ^vnsumorganisationen zusammengefunden hat. Er war ein Mann mit einem Kämpferherzen.wie es nur wenige gegeben hat.

Otto Wels schilderte sann den Entwicklungsgang des Ver­storbenen von dem Augenblick ab, da Bebel ihn im Jahre 1006 m de» Parteivorstand berief. Noch sieben Jahre hat Hermann Müller mit Bebel zusammengearbeitet: dann verband ihn mit ^drrt und Echeidemann die Ausgabe, die Partei zu führen. Als der Krieg »»«-«brachen drohte, hat der Parteivorftand ihn nach

Der Senior des Reichstages, Abg. Dr. Kahl (DVp.) richtete i am Schlutz der Sitzung unter der lebhaften Zustimmung der Reichstagsmehrbeit herzliche Dankesworte an den Reichstags­präsidenten Löbe, dessen vorbildliche Verhandlungsleitung es dem Parlament ermöglicht habe, seine Arbeiten in so befriedi- ! gender Weise wie selten vorher zu leisten.

Der volkswirtschaftliche Ausschuß des Reichstages

stimmte einer Verordnung der Reichsregierung zu, durch die die Ausmahlungsquote für Roggenmehl von 80 auf 70 Prozent , heraufgesetzt wird. Die Verordnung soll erst drei Wochen nach l ihrer Verkündung in Kraft treten. Man nimmt an, daß der s Reichsrat dem Entwurf bereits am Freitag zustimmt, so daß die Veröffentlichung der Verordnung am Samstag erfolgen kann. '

Der Fall Jacobowitz-Kienle im Reichstag

Berlin, 25. März. Im Reichstag wurde mit den Stimmen der ! Sozialdemokraten, Kommunisten und der Staatsvartei mit Aus- s nähme des Abg. Dr. Külz gegen alle übrigen Parteien eine Ent- s fchlietzung Frau Dr. Schreiber-Krieger (S.) angenommen, in der : die Reichsregierung ersucht wird, auf das württ. Justizmini- ^ sterium einzuwirken, daß der zuständige Staatsanwalt schleunigst den Antrag auf Aushebung des Haftbefehls gegen Frau Dr. i Kienle stellt. Die kommunistischen Anträge auf Aufhebung des s Paragraph 218 wurden dem zuständigen Ausschuh überwiesen. j

Preußen und der Einkommensteuerzuschlag Entscheidung für den Einspruch im Reichsrat Berlin, 27. März. Wie dieGermania" erfährt, har >> das preußische Startsministorium beschlossen, die preußischen Stimmen im Reichsrat für den Einspruch gegen die Ver- ^ doppelung des Einkommensteuerzuschlages für Einkommen ; über 20 000 Mark abgeben zu lassen. Dem Blatt zufolge ! kann nunmehr mit Sicherheit erwartet werden, daß der - Einspruch eine Mehrheit findet und dementsprechend die ; Verdoppelung des Zuschlages nicht Gesetz werden wird. ' Gegen die Verdoppelung der sogenannten Tantiemesteuer i werde die preußische Regierung nicht Einspruch erheben. ^

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Paris entsandt, uw. an dem Versuch mitzurbirkeu, das Unheil ! doch noch von Europa abzuwenden. Nach dem Kriege galt seine ! Arbeit der Anwendung internationaler Thesen. Er war ein i großer Brückenbauer. Weiter schilderte Otto Wels, wie Her- - mann Müller unter innerer Ueberwindung die Unterschrift unter ? den Vertrag von Versailles gesetzt hat. die schließlich doch die ' Grundlage für die Befreiung der Rheinlande geworden ist, für s die Hermann Müller mit Gustav Stresemann gekämpft hat. Er s war ein Idealist und ein Optimist, er selbst trat hinter der > Aufgabe zurück. Licht und lauter blieb immer sein persönliches s Bild. Sturm und Not drückten ihm das Steuer nur fester in i die Hand Ein treuer Eckehardt, kämpfte er für die hehren Ideale der neuen Menschheit. Otto Wels schloß: Wir haben die Begeisterung und die Kraft, sein Werk fortzusetzen. !

Dann nahm der frühere belgische Außenminister Emile Bänder- s velde das Wort. Er gab als Vertreter der Internationale der ; tiefen Teilnahme Ausdruck, die die Sozialisten aller anderen ! Länder empfinden. Der Tod Hermann Müllers, sagte er, ist i nicht nur ein nicht wieder gutzumachendes Unglück für die deutsche ! Sozialdemokratie, sondern auch für die Internationale. Zwi- i scheu der alten Generation und den Jungen war Hermann ; Müller die Verbindung, die Brücke. Aber er hat auch die Bande ^ erneuert, die durch die tragische Prüfung des Krieges zerrisse« i waren. Die Internationale wird ihn nicht vergessen. s

Dann trug der Männerchor die norwegische Ballade von Thord i Foleson vor, die mit den Worten schließt:Das ist das Große ; und Herrlich? in der Welt: das Banner steht, wenn der Mann > auch fällt" Das Orchester spielte den Trauermarsch aus der s Götterdämmerung: noch einmal klang ein Lhorgesang auf, und ' dann trug die Totenwache des Reichsbanners den Sarg zum ( Leichenwagen.

Unter den Klängen der Trauermustk setzte der Zug sich in Be- , wegung. Dem Wagen folgten die Angehörigen des Verstorbenen, i seine politischen Freunde, eine weitere große Abteilung Reichs- s banner und den Schluß bildeten die 20 Berliner Kreise der So- ! zialdemokratischen Partei Deutschlands mit etwa 20 000 Teil- ' nehmer« ^

Der Trauerakt vor der Reichskanzlei i

Kurz nach 5.45 Uhr näherte sich der Trauerzug der Reichs- i kanzlei. Im Vorgarten des Reichskanzlerhauses hattkn sich das ! diplomatische Corps, Reichskanzler Dr. Brüning, Staatssekretär ! Dr. Meißner, die preußische Staatsregierung, die Vertreter der :

Länder, die Abgeordneten des Reichstages usw. eingefunden. An der Reichskanzlei, der einstmaligen Wirkungsstätte Hermann Müllers, hielt der Trauerzug für wenige Minuten. Reichskanzler Dr. Brüning trat an den Sarg heran und legte mit folgenden j Worten «ine» Kranz nieder: >

Im Namen der Reichsregierung lege ich diesen Kranz an der Bahre Hermann Müllers an der Stätte nieder, an welcher er zum Besten von Reich und Volk selbstlos und treu gewirkt hat. Dieser letzte Gruß gilt dem Mann, dessen Hillscheiden unser Volk tief und schmerzlich betrauert, dessen Andenken es aber in Dankbarkeit in Ehre» halten wird."

Sodann legten Staatssekretär Dr. Meißner im Namen des Reichspräsidenten und Staatssekretär Dr. Weismann namens des Reichsrates einen Kranz am Sarge nieder.

Nun setzte sich der Zug langsam wieder in Bewegung. I« den Zug ordneten sich ein Vas diplomatische Corps, die Reichs­regierung und die übrigen Versammelten. Während der Vor- beifahrt des Leichenwagens vor dem Palais des Reichspräsi­denten trat der Herr Reichspräsident auf die Freitreppe, «m dem Toten seinen letzten Gruß zu entbieten.

Der feierliche Akt am Reichstag

Gegen 6.15 Uhr abends traf die Spitze des Trauerzuges auf dem Platz der Republik ein. Aus der großen Freitreppe des Reichstagsgebäudes hatten Abgeordnete aller Fraktionen Auf­stellung genommen Unter dem ehrfurchtsvollen Schweigen der Tausende, die den Platz dicht umsäumt hielten, machte der Zug halt. Reichstagspräsident Löbe hielt die Gedächtnisrede.

Die Einäscherung Hermann Müllers

Der Abschied, den die Bevölkerung, die mit dem Trauerzug nach dem Krematorium zog, von ihrem Parteifreunde nahm, hinterließ bei allen Beteiligten einen tiefen Eindruck. Zehn­tausende standen hinter dem Ehrenspalier des Reichsbanners, und besonders in der Nähe des Krematoriums harrte die Be­völkerung Kopf an Kops. Hunderte umflorte Gau- und Bezirks­fahnen senkten sich vor dem Sarge. Auf dem Friedhof bildete- eine Ehrenkompagnie mit brennenden Fackel» Spalier. Das Krematorium war mit einem großen Reichsadler geschmückt. Nach einem Adagio von Lorelli widmete Reichstagsabgeordneter Dr. Breitfcheid dem toten Freunde herzliche Worte des Abschie­des. Als letzter getobte der Führer des Gaues Franken, des Wahlkreises Hermann Müllers, das Andenken des Führers durch treues Einhalten seiner Richtlinien zu ehren. Unter de» Klängen eines Adagios von Mozart glitt der Sarg in di« Tiefa begleitet vom dumpfen Trommelwirbel des Reichsbanners.

Zum deutschMerreiA. zollabkemmr«

Offiziöse Auslassung der Havasagentur

Paris, 26. März. Die Agentur Havas veröffentlicht folgende offiziöse Auslassung: Im Verlause der Unter­redung, die Staatssekretär Henderson und Außenminister Briand heute vormittag miteinander hatten, haben die Staatsmänner sich über die weiteren Schritte der diplo­matischen Aktion betreffend den Plan einer österreichisch­deutschen Zollunion ausgesprochen. Die negative Haltung der deutschen Regierung hat die offiziellen französischen und englischen Kreise nicht überrascht. Die Verhandlungen wer­den übrigens zwischen den interessierten Regierungen auf dem gewöhnlichen diplomatischen Wege fortgesetzt werden. Im übrigen ist man davon überzeugt, daß Berlin und Wien das grundsätzliche zwischen ihnen geschlossene Abkommen nicht vor der nächsten VölkerbunÄstagung in Kraft setze» werden, auf der das Problem sicher zur Sprache kommen wird, da es ja nur des Antrags einer einzigen Macht be­darf, um es auf die Tagesordnung zu bringen.

Benesch gegen die Zollunion Präs, 26. März. Außenminister Dr. Benesch gab im Außen- ausschuß des Abgeordnetenhauses bezüglich des zwischen Deutsch land u Oesterreich getroffenen Wirtschaftsabkommens Erklärun­gen ab. Die ganze Frage sei von drei Gesichtspunkten zu beur­teilen: vom wirtschaftlichen, politischen und völkerrechtlichen. Insbesondere könnten die politischen und wirtschaftlichen Fakto­ren in diesen Dingen überhaupt nicht voneinander gesonderr wer­den. Vom wirtschaftspolitischen Standpunkt könnte die Konstruk­tion nur dann befriedigen, wenn sie im gesamteuropäischen Rab- men und so abgeändert werde, das sie den Interessen aller Staa­ten entspricht. Die begrenzte Konstruktion» wie sie vorgelegt wird, würde weder den tschechischen politische», »och de« wirt­schaftliche» Interesse» entspreche» »«d de« tschechische» Staat i» feine« Lebeusinteressc» berühren. Sie könnte so nach Mittelen- ropa neue dem Frieden gefährliche Schwierigkeiten tragen. Die Regierung werde den gesamten Fragenkomplex ständig im Auae behalten, ihre inner- und außenpolitischen Vorbereitungen tref­fen und auf alle Eventualitäten vorbereitet sei«

Metallarbeikerverbanb wesm Taris- bruches zu SchMiMiak verurteilt

Berlin, 26. März. Die von der nordwestlichen Gruppe de» Vereins Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller gegen den Deut­schen Metallarbeiterverband vor dem Berliner Arbeitsgericht angestrengte Klage um die Auflösung des Oeynhaufener Schieds­spruches wurde heute dahin entschieden, datz der beklagte Ver­band für schadenersatzpflichtig erkannt wurde. Der Streit ent­sprang einer umstrittenen Auslegung des Oeynhaufener Schieds­spruches, der am 30. Mai v. I. für allgemeinverbindlich erklärt