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Urrmmer 59 I Altenfteig, Donnevslag den 12. Marx 1931 j 84. Jahrgang
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Stimmenenthaliung der Sozialdemokraten
Berlin, 11. März. Die Beratung des Marineetats im Haus» haltsausschutz des Reichtsages wurde eingeleitet durch ben Bericht des Berichterstatters Stückle« (Soz.). Dann sprach als Vertreter der soz-oldemokratischen Fraktion der Abgeordnete Hün- sich. Er wandte sich gegen nationalsozialistische Propaganda in -er Reichsmarine und warnte vor einem übereilten Abbau der Deckosfiziere Auf den Marinewerften müsse die Arbeitszeit verkürzt werden. Zur Panzerschiff-Frage verlas der Redner folgende
Erklärung der Sozialdemokratie:
Ls ist Ihnen bekannt, daß die sozialdemokratische Fraktion den angeforderten Raten für den Bau des Panzerschiffes A ihre Zustimmung versagt hat und sachlich liegt für sie keinerlei Veranlassung vor, gegenüber dem Panzerschiff B eine andere Stellung einzunehmen. Von allem anderen abgesehen, erinnert sie aber an die Erklärung, die der Herr Reichswehrminister bei der Beratung des vorjährigen Haushalts seines Ministeriums in diesem Ausschuß abgegeben hat. Der Herr Reichswehrminister pellte damals fest datz er auf die Einsetzung einer ersten Rate für das Panzerschiff B in Anbetracht der besonders angespannten Haushaltslage verzichtet habe, nachdem vom Reichskabinett in einer besonderen Entschließung festgelegt worden ist. Saß mit dem Etat 1931 ein Schiffsbau-Ersatzplan, der auch den Ersatz der Linienschiffe enthalten sollte, vorgelegt würde. Die Haushalts- lage des Jahres 1931 ist noch angespannter als die des Jahres 1838 und es wäre also nach Ansicht der sozialdemokratischen Fraktion für dir Regierung alle Veranlassung gegeben, auch diesmal auf dir Inangriffnahme des Panzerkreuzers B zu verzichten.
Wenn nun von Seiten der Regierung und der bürgerlichen Parteien in diesem Zusammenhangs auf die innerpolitische Ee- samtlage hingewiesen wird, so verschließt sich auch die sozialdemokratische Fraktion nicht der Erkenntnis, daß alle an der Aufrechterhaltung des demokratischen Regierungssystems und der Abwehr des Faschismus interessierten Parteien ans der gegenwärtige« Situation gewisse politische Schlußfolgerungen zu ziehen haben. Sie hat aber gerade deshalb unter allen Umständen das Recht, zu verlangen, datz, wenn überhaupt der Flottenbau nach den Plänen der Regierung oorgenommen wird, zum mindesten die finanzielle Belastung, die durch das Flottenbauprogramm erwächst. durch eine entsprechende Entlastung der arbeitenden Bevölkerung ausgeglichen wird. Zu diesem Zweck wird sie bestimmte fteuerpolitische Anträge einbringen und sie erwartet gleichzeitig rin Entgegenkommen an ihre Forderungen auf sozialpolitischem Gebiete. Erst wenn diese Fragen geklärt sind, kann eine endgültige Stellungnahme der sozialdemokratischen Fraktion zu den angesorderten Schisfsbauraten erfolgen. Wir werden uns deshalb be' der Abstimmung über die angeforderte erste Rate für den Bau des Panzerschiffes V im Ausschuß der Stimme enthalten
Für die Staatspartei gab dann Abg. Dr. Külz folgende Erklärung ab:
Die Marine ist integrierender Bestandteil der deutschen Wehrmacht. Sie ist nach der geographischen, politischen und handels- Wirtschaftlichen Lage Deutschlands eine Lebensnotwendigkeit für das deutiche Reich. Daraus ergibt sich die Pflicht, auch die Marine innerhalb der gegebenen Grenzen und Möglichkeiten auf der größtmöglichen Leistungshöhe zu halten. Der Marineetit steht im Dienste dieser Gedanken. Auch das Ersatzbauprogramm der Marineleitung enthält nur das Mindestmaß dessen, was notwendig ist, um die Zweckbestimmung der Marine als Küstenschutz und als Korelat unserer Handelsschiffahrt zu gewährleisten Die hierfür aufgewendeten Mittel find produktiver Natur. Wir werden sie beswegey bewilligen, ohne politische Kompensationen auf anderen Gebieten hiermit in Verbindung zu bringen.
Abg. Ersing (Z) verweist namens seiner Fraktion auf Erklärungen, die tn früheren Jahren zu dem Wehretat abgegeben worden sind. Deutschlands Interessen erforderten es, daß alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die die Abrllftungsvorschrif- ten des Versailler Vertrages für die Landesverteidigung gelassen haben. So schwierig die Finanzlage des Reiches heute auch sei, so müsse auch um deswillen der Bau des zweiten Schiffes M Angriff genommen werden, weil sonst in Wilhelmshaven und Kiel größere Arbeiterentlassungen bei den Marinebetrieben erfolgen müßten.
Abg. Francois (W.Pt.j hielt es für bedauerlich, daß die Er- satzbauten der Reichsmarine zum Gegenstand von partsipoliti- >chon Auseinandersetzungen gemacht werden. Seihst vom wirtschaftlichen Standpunkt müsse man zu der Erkenntnis kommen, daß die Vornahme von Ersatzbauten für die Marine der deutschen Arbeiterschaft nur nützlich sein könne.
Abg. Hotzmann (D.Vp.) erklärte, seine politischen Freunde stimmen der ersten Vaurate des Panzerkreuzers B ohne jede daran geknüpfte Bedingung zu.
Abg Döbrich <Lv.) gab sich der Hoffnung hin, daß die Bedingungen der Sozialdemokratie für die Zustimmung zum Pan- zerkreuzerbau derart sein werden, daß sie nicht noch mehr dazu oettragen werden, die große Arbeitslosigkeit durch wirtschaftlich unvernünftige Steuer- und Sozialmatznahmen noch mehr zu erhöhen. Das Landvolk stimme der Baurate zu.
Abg Stöcker (Kam.) warf den Sozialdemokraten eine unehrliche Haltung vor.
Abg Laibl. lB.Vp.): Die Bayerische Volkspartei stimmt dem Marineetat und damit dem Verlangen der ersten Rate des Panzerkreuzers „Ersatz Lothringen" zu.
Abg. Gras Westarp (Kso.1 erklärte, er könne kein Verständnis aufbringen für die Stellung der Sozialdemokratie, die an ihre Zustimmung zur Vaurate eines Panzerkreuzers gar nicht damit zusammenhängende sozialpolitische und steuerliche Forderungen knüpft.
Reichswehrminister Dr. Gröner wies darauf hin, daß bei der Landesverteidigung Deutschlands die Ostsee eine besondere strategische Nolle spiele. Diese strategische Bedeutung der Ostsee ist nach dem Weltkrieg durch die unglückliche Grenzziehung im Osten noch gestiegen. Das strategische Kernstück stellt die Verteidigung Ostpreußens dar. Der Minister schloß mit der Versicherung, daß er bei seinen pflichtmäßigen Vorbereitungen für die Landesverteidigung alles tun werde, zu Lande und zu Wasser, um dem Schutze Ostpreußens mit den äußersten Mitteln zu gewährleisten. (Lebhafter Beifall.) — Nachdem sich der Minister aus militärischen und politischen Gründen heraus zum Wiederaufbau unserer Seestreitkräfte im Rahmen, den uns der Versailler Vertrag noch ließ, entschlossen habe, stehe und falle er mit dieser einmal in Angriff genommenen Flottenpolitik. Ein Zurück gebe es für ihn nicht.
In der Abstimmung wurde ei« sozialdemokratischer Antrag . angenommen, bei allen HaushaltMgen den soprozeuiigcn Zu- ^ schlag zur Unterhaltung der Dicnstgevönoe ans 22 Prozent herab- j zusetzen. Die Banrate für den Panzerkreuzer B wnrde mit alle» Stimmen gegen die Stimme» der Kommunisten bei Stimment- haltnng der Sozialdemokratie angenommen. Auch der übrige Etat der Marine wurde entsprechend der Regierungsvorlage angenommen.
Dr. Mrfvhren Mt sich mit Dr. Brüning auseinander
Weimar, 12. März. Am Mittwoch sprach vor einer Versammlung der Deutschnationalen Volkspartei der Vorsitzende der Reichstagsfraktien Dr. Oberfohren über das Thema „Hie Brüning — hie Hugenberg!" Nachdem er die bekannten Vorgänge beim Ausmarsch der nationalen Opposition aus dem Reichstage geschildert hatte, nahm der Redner zu der Behauptung Stellung, Reichskanzler Dr. Brüning habe die Deutschnationalen wiederholt aufgefordert, an seiner Regierung im Sinne einer Erweiterung nach rechts teilzunehmen. Diese Nachricht überrasche, so sagte Dr. Oberfohren, weil der politisch die ! Dinge sorgfältig Verfolgende sich erinnern werde, dag der I Reichskanzler kurz nach seiner Regierungsübernahme in Köln öffentlich erklärt habe, eine Begleitaktion seiner Regierungstätigkeit solle die Zerschlagung der Deutschnationalen Volkspartei sein. Am Tage vor der Reichstagsauflösung hätten Hugenberg und Oberfohren bei Brüning eine politische Besprechung erbeten, die sofort bewilligt wurde. Der Inhalt dieser Besprechung sei nachträglich entstellt widergegeben worden.
Dr. Oberfohren führte aus: Er will deshalb ihren Inhalt nochmals genau feststellen. Dem Reichskanzler wurde gesagt: l Wir sind bereit, Ihre Regierung in ihrer Existenz zu verlängern und gegen das von der Sozialdemokratie eingebrachte Miß- i trauensvotum zu stimmen. Das soll aber nicht sofort geschehen, ! sondern die Abstimmung mutz hinausgeschoben werden, damit ? Sie zwei Forderungen vorher erfüllen können, die wir zur Be- > dingung machen: 1. Sie müssen als Führer der Regierung und ! als prominentestes Zentrumsmitglied Ihren Einfluß bei Ihrer Partei dahin einsetzen, daß das Zentrum als Partei zur Förderung christlicher Belange sich auch der Gemeinschaft mit der das Christentum bekämpfenden Sozialdemokratie löst. Diese Forderung wurde rundweg abgelehnt. Die zweite Forderung lautete: Nachdem der Reichskanzler sich als Chef einer bürgerlichen Regierung bezeichnet hat, soll er sich bereit erklären, seinen Einfluß dahin einzusetzen, daß nunmehr in der Führung der Reichspolitik erkennbar werde, daß er bereit sei, sein Kabinett im Sinne einer wirklich bürgerlichen Rechtsregierung umzugestalten. Auch diese Forderung wurde abgelehnt.
Heute behaupten der Regierung nahestehende Kreise, fuhr Dr. Oberfohren fort, wenn nicht schon damals, so sei doch am 6. Oktober 1930 ein Angebot des Reichskanzlers an die beauftragten deutschnationalen Verhandlungssührer gemacht worden. Es handle sich hier um eine Irreführung der Öffentlichkeit. Denn der Reichskanzler habe sich am 6. Oktober lediglich darauf beschränkt, den Inhalt seines Sanierungsprogramms vorzutragen, und gefragt, ob Oberfohren mit seiner Fraktion bereit sei, diese Sanierungsaktion mitzumachen. Hierzu erklärte Dr. Oberfohren, man könne doch diese Frage unmöglich als ein Angebot betrachten, in die Regierung einzutreten. Am 14. Oktober sei in einem Briefe an den Reichskanzler besonders darauf hingewiesen worden, daß die Besprechung nicht als ein Angebot zur Teilnahme an der Regierung angesehen worden sei.
Rückkehr -er deutschen Mustrlellen
Günstige Nutzlandeindrücke der deutschen Industriellen — Empfang beim Kanzler — Bevorstehende Kreditverhandlunge« in
Berlin
Berlin, 11. März. Die deutschen Industriellen, die sich einige Tage in Rußland zum Studium aufgehalten haben, trafen beute vormittag auf dem schlesischen Bahnhof ein, mit ihnen der Referent des Rußlandausschusses der deutschen Wirtschaft, Veil. Der Führer der Delegation, Gebeimrat Dr. Peter Klöckner, ist nach Westen weitergereist.
Im Reichsverbnad der deutschen Industrie berichteten die Industriellen über ihre russischen Eindrücke und Erfahrungen. In Unterredungen äußerten die Herren sich sehr befriedigt über ihre Reise. Sie beurteilten die Aussichten des Rußlandsgcschäfte« recht optimistisch und erklären, daß Rußland tatsächlich einen sehe starken Bedarf an Maschinen und andern Produktionsmittel« habe und daß sich hier für die deutsche Industrie zweifellos Möglichkeiten bieten, die angesichts der gegenwärtigen Arbeitslosigkeit besonders wertvoll sind. Man bedauert, daß die von Rußland eingeladenen Bankiers an der Reise nicht teilnebmen konnten, da sie durch die Bilanzvorbereitungen verhindert waren. Deshalb konnte über die Kredit- und Fiwanzierungskragen »och nicht gesprochen werden; man glaubt aber, daß dieser Teil der Verhandlungen durchaus in Berlin geführt werden kann, zumal das Urteil der deutschen Industriellen über die Verhältnisse der russischen Wirtschaftsorganisation eine sachliche Grundlage bilden würde. Die Industriellen äußern sich übrigens auch sehr anerkennend über den herzlichen Empfang, den die russischen Behörden und Wirtschaftsfaktoren ihnen bereitet haben. Die Herren wurden in Gegenwart des Reichsaußenministers, des Reichswirt- schasts- und des Reichsarbeitsministers vom Kanzler empfangen, um auch hier Bericht zu erstatten. Außer den bereit genannten Reichsministern haben auch der Reichsfinanzminister und der Reichsbankoräsident an der Besprechung teilgenommen. Eine Stellungnahme der Regierung ist für später zu erwarten.
«
Die Finanzierung des Russengeschäfts
Berlin, 12. März. Zu den Besprechungen des Reichskanzlers mit den aus Moskau zurückgekehrten deutschen Industriellen melden mehrere Berliner Morgenblätter, daß Reich und Länder bereit feien, für die in Moskau vereinbarten neue» Aufträge weitgehende Ausfallbürgschaften zu übernehmen. Dies« Bürgschaften für die sich im ganzen auf 300 Millionen beziffernden Neuaufträge sollen vom Reich zu 40 Prozent, von den Ländern zu 30 Prozent getragen werden. Nach einer anderen Vläti termeldung soll ferner der Reichsbankpräsident bereit sein, di« Russenwechsel mit 20 Prozent zu bevorschussen. Auch einzelne Städte sollen sich zur Uebernahme weiterer Ausfallbürgschaften bereit erklärt haben, in der Hoffnung, dadurch in der Wohlfahrtspflege entlastet zu werden.
Wie wir zu diesen Meldungen erfahren, handelt es sich bet den obigen Angaben lediglich um Erwägungen, da die ganze Angelegenheit noch einer eingehenden Untersuchung und Nachprüfung bedarf. Beschlüsse sind demgemäß noch in keiner Richtung gefaßt worden. Das Reichskabinett wird sich mit der Frage des Russengeschäfts in seiner Sitzung am Montag beschäftigen, von deren Ergebnissen die weitere Regelung der Angelegenheit naturgemäß abhängt.
Sie Arbettsmarttlagr im Reich
Leichte Entlastung
Berlin, 11. März. Ende Februar hatte nach dem Bericht der Reichsanstalt für die Zeit vom 16. bis 28. Februar dieses Jahres sowohl die Zahl der Arbeitssuchenden wie die der Hauptunterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung etwas ab ge nommen. Nur die Zahl der Krisenunterstützten ist noch gestiegen, jedoch langsamer als im Vormonat. Die Zählung vom 28. Februar ergab, daß von ben bei den Arbeitsämtern eingetragenen verfügbaren Arbeitssuchenden rund 4S72VSS arbeitslos waren, d. h. rund IS SSV weniger als am IS. Februar. Von der Gesamtzahl der Arbeitslosen wurden Ende Februar rund 2 589 900 aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung, rund 908 OOS aus denen der Krisenfllrsorge unterstützt. Die Entlastung der Arbeitslosenversicherung gegenüber dem letzten Stichtage beläuft sich auf annähernd 13 000, die Mehrbelastung in der Krisenfürsorge auf rund 46 000 Hauptunterstützungs-- empfänger. In den beiden versicherungsmägigen Unterstützungseinrichtungen wurden mithin Ende Februar rund 3.5 Millionen Arbeitslose betreut.
Sir frans, ttal. ziMimbmachimgm
London. 11. März. Der Text Lee französisch-iraliemschen Flottenabkommens wurde heute hier veröffentlicht. Nach dem Abkommen dürfen Frankreich und Italien in der Zeit bis zum 31. Dezember 1936 je 2 Schlachtschiffe fertigstellen, deren Deplacement 23 333 Tonnen nichr überschreiten darf. Die Bestückung darf kein größeres Kaliber aufweüen als 12 Zoll. Sobald einer der Reu-