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Alte»rUeig, Monlrrg den 6. Mcrvx 1931

54. Jahrgang

Mimiklur-MnmMN

Bor einer Wiederbelebung der Wirtschaft

Noch niemals haben die wirtschaftlichen Vorgänge so rm Mittelpunkt des allgemeinen Interesses gestanden w:e in unserer Zeit. Monat für Monat veröffentlicht das Institut für Konjunkturforschung seine Berichte. Es ist gleichsam, als Verde eine Taube ausgeschickt, um festzustellen, ob sich dis Wasser noch nicht verlaufen haben. Die Kunde, di« uns diesmal wurde, ist wieder alles andere als erfreulich. Der Gesamtbericht des Instituts für Konjunktur» forsch ung klingt in der Erklärung aus, daß wohl der Tiefstand der Depression erreicht sei, daß aber die saison­mäßige Belebung, die zu Beginn des Frühjahrs zu er­warten sei, keineAnzeichen einesKonjunktur- aufschwunges bringe, sondern daß sie günstigstenfalls mit einer Besserung für Deutschland im Herbst rechnen lasse

Zst eine solche pessimistische Auffassung berechtigt? Dis Begründung, die dem Bericht beigegeben ist, enthält wenig Neues Es wird auf die ungeheure Arbeitslosenzahl von k Millionen in Deutschland verwiesen, durch die die Kon­sumkraft weiter geschwächt worden ist, auf di« ungünstige Lage der Agrarländer, die sich weiterhin verschlechtert hat. Wodurch unsere Exportaussichten noch mehr sinken, sowie auf den verschärften Konkurrenzkampf der anderen Länder, die nach neuen Absatzmärkten suchen. Nun ist es zwar richtig, daß ein Umschwung in den hauptsächlich agrarisch eingestellten lleberseeländern nur sehr langsam vor sich gehen kann, da die Reduzierung der Anbauflächen nur un­wesentliche Fortschritte macht und außerdem die großen übrig gebliebenen Vorräte die Preise nach wie vor unter Druck halten ... Aber ist die weitere Wirtschaftsentwick­lung der Agrarländer wirklich ausschlaggebend für den künftigen Konsunkturverlauf namentlich in Deutschland? Cind nicht eine Reihe von Momenten unberücksichtigt ge­blieben, die zu einem Umschwung der Konjunktur führen können?

Es find jetzt gerade zwei große Veranstaltungen ab­geschlossen worden, die einen gewissen Anhaltspunkt für die künftige geschäftliche Entwicklung zulassen, und zwar die Internationale Automobil aus st ellung in Ber­lin und die Leipziger Messe. In ihrem Ergebnis zeigen sich wesentliche Unterschiede. Die Automobilaus- pellung brachte im großen und ganzen den ausstellrnden Firmen ein recht gutes, unter Berücksichtigung der allgemei­nen Verhältnisse sogar sehr gutes, unerwartetes Geschäft. In Leipzig dagegen ist nur in einem Maße eingekauft worden, das den Vorahnungen entsprach. Die Umsätze blie­ben nur gering, die Ausländsbeteiligung, namentlich aus llebersec, ließ viel zu wünschen übrig. Dieses Ergebnis kann kaum überraschen. Die Einkäufer aus Deutschland kennen die geschwächte Aufnahmefähigkeit der Massen. Mehr denn je sah man sich trotz starker Räumung der Lager zu vorsichtigster Disposition veranlaßt. Aber allgemein gab man der Hoffnung Ausdruck, daß man bei dem ersten An­zeichen einer Ceschäftsbslebung in größerem Maßstabe nach­kaufen werde. Also in Berlin Zuversicht, in Leipzig nur Hoffnungen. Nun ist aber Tatsache, daß auf Grund der großen Abschlüsse im Automobilgeschäft eine erhebliche Be­lebung in der Automobilindustrie zu verzeichnen ist, und daß es nicht ausgeschlossen erscheint, daß von hier aus Kräfte auf die Eesamtwirtschaft ausstrahlen. Don der Motorisie­rung Deutschlands bezw. von der Möglichkeit, Europa mit Automobilen, die in Deutschland hergestellt worden sind, zu versorgen, kann eine Konjunkturbelebung ausgehen, die unabhängig ist von anderen Depressionserscheinungen.

Das Beispiel ist gewählt worden, um zu zeigen, daß der. Konjunkturverlauf von einem Institut, das sich größter Objektivität befleißigen will, gar nicht mit Sicherheit be­stimmt werden kann, weil Imponderabilien dabei eine Rolle spielen, gie gar nicht in Rechnung gesetzt worden sind. Lehr fragwürdig ist auch die Stellungnahme des Berichtes zu den Vorgängen an der Börse. Man traute im Institut für Konjunkturforschung offenbar nicht der leichten Vekesti- Sung im Februar, im Gegenteil, man kündet ganz versteckt neue Tiefkurse mit der Begründung an, daß Amerika wahr­scheinlich gezwungen sein werde, weitere Teile seines Be­sitzes an deutschen Aktien abzustoßen. Diese Beurteilung erscheint reichlich unverständlich, da ganz außer acht gelassen wird, daß die Februar-Hausse nicht allein auf Deckungen der Baissiers zurückzuführen war, sondern auch auf neue Ruslandskäufc, die zum Teil offensichtlich amerikanischen «rivrunLs waren.

Frühere Depressionen wurden häufig durch einen Um­schwung an der Börse beendet. Es wird heute nie­mand mit Bestimmtheit Voraussagen können, ob die Be­festigung am Aktienmarkt bereits die Einleitung eines neuen Konjunkturaufschwunges bildet. Tatsache ist, daß in den Vereinigten Staaten eine Besserung der Konjunktur zu ver­zeichnen war. Es ist nicht zweifelhaft, daß Amerika als geschlossener Weltmarkt durchaus geeignet ist, die übrige Weltwirtschaft durch eine günstige Entwicklung anzuregen. Die Tatsache, daß Handelskredite, die von den Vereinigten Staaten gegeben wurden, eingefroren sind, zwingt sicher­lich nicht zu einer Abstoßung deutschen Aktienbesitzes. In der Beurteilung der Börsenlage hat das Institut für Kon­junkturforschung wohl zweifellos fehlgegriffen. Das ging allein schon daraus b.roor, daß dem Bericht, der sonst die Börse stark beeinflußt hat, gerade diesmal keine besondere Beachtung geschenkt worden ist, im Gegenteil, es trat sogar am Tage nach der Veröffentlichung eine erneute Befesti­gung der Kurse ein.

Als wesentlichster Antriebsfaktor für die deutsche Wirt­schaft wird die Bedarfsstauung, die infolge des Sinkens der Preise und der Unsicherheit über die künftige wirtschaft­liche Entwicklung Deutschlands eingetreten ist, bezeichnet. Mit dem Nachlassen der Wirksamkeit der Motive, die zu einer über das objektive Mag hinaus führenden Bedarfs­stauung geführt haben, ist trotz der Schwächung der Konsum­kraft mit einer allgemeinen Belebung des Absatzes zu rechnen.

Im großen und ganzen hat man den Eindruck, daß sich, falls innerpolitische Unruhen nicht eintreten, eine langsame wirtschaftliche Besserung anbahnt. Wenn deren Tempo auch nach Ansicht des Instituts für Konjunkturforschung lang­sam ist, wollen wir uns bei dem Gedanken trösten, daß das Schlimmste überwunden ist.

Aus dem Reichstag

Eine kurze Sitzung

Gerlin, 7. Mär».

Die Samstag-Reichstagssihung bat den Rekord an Kürze ge­schlagen. In dieser Sitzung wurde der Haushalt des Reichstage» in zweiter Beratung beendigt, die zweite Beratung des Gesetzes über die Entschädigung der gewerbsmäßigen Stellenvermittler wurde erledigt. Das Zusatzabkommen zum deutsch französischen Handelsabkommen gelangte in zweiter und dritter Beratung zur Annahme, der Notenwechsel zum deutsch-dänischen Handelsabkom­men und das Genfer Handelsabkommen gingen an den handels­politischen Ausschuß und trotz dieses reichen Arbeitsstoffes wurde alles in SS Minuten erledigt.

Beim Reichstagsetat begründete Abg. Dr. Weber (Stp.) einen Antrag, mit dem den Korruptionsvonrürien gegen die Parla­mentarier ein Ende gemacht werden soll. Nach diesem Anrrage sind die Abgeordneten vervilichtet, die Art ihrer Tätigkeit und ihres Einkommens genau anzugeben, vor allem auch anzumelden, welche Bezüge sie als Aussichtsratsmitglieder. Direktoren, Syndici usw. von vrivaten oder öffentlichen Unternehmungen beziehen. Dieser Antrag, dem auch die Sozialdemokraten zustimmten, wurde auf Zentrumsanrrag dem Aeltestenrat überwiesen, dazu ein An­trag des Landvolkes, der die Diäten der Abgeordneten allgemein um 10 Prozent, die der in Berlin ansässigen und in Beamten­stellungen befindlichen Abgeordneten um weitere 10 Prozent kür­zen und für die sitzungsfreie Zeit die Diäten auf die Hälfte her- absetzen will. Angenommen wurde ein Antrag der Wirtschafts- Partei, der 2000 Mark Mehraufwendungen für Erneuerung von Reichs'ratsmöbeln dem durch die Abwesenheit der äußersten Rech­ten ersv men Beträge entnehmen will.

In der zweiten Beratung des Gesetzentwurfes über die Ent­schädigung der gewerbsmäßigen Stellenvermittler begründete die sozialdemokratische Abgeordnete Frau Kunert einen Antrag ihrer Partei, der im Gegensatz zu der Ausschußvorlage die sofortige Schließung aller privaten Stellenvermittlungsbetriebe gegen Entschädigung verlangt. Da auch die Kommunisten für diesen Antrag sind, ist seine Annahme gesichert, aber die Abstimmung wurde am Samstag aus technischen Gründen noch nicht vorge­nommen, sondern auf später vertagt.

Die nächste Sitzung, in der der Haushalt des Reichsarbeits­ministeriums zur zweiten Beratung kommt, findet erst am Don­nerstag 3 llbr statt.

Im Reichstag wurde der Antrag Breitscheid angenommen, der das Verbot des Filmes2m Westen nichts Neues" sachlich für nicht begründet erklärt und von der Reichrregierung erwartet.

daß sie alle Borbereitungen trifft, um die Prüfung des Film­streifens zu beschleunigen, wenn dieser durch den Hersteller wie­der vorgelegt wird.

Ferner wurde der sozialdemokratische Gesetzentwurf zur Aen- derung des Lichtsvielgesetze» in zwei Lesungen angenommen. Er will, daß Bildstreifen, gegen deren unbeschränkte Vorführung Ver­sagungsgründe vorliegen, zur Vorführung vor bestimmte Per­sonenkreise zugelassen werde. Mit den Stimmen der Sozialdemo­kraten und Kommunisten wurde dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung angenommen. Gegen die dritte Lesung erhob die Rechte Einspruch.

Angenommen wurde mit derselben Mehrheit eine Resolution, die die Reichsregierung zur Vorlage eines Feuerbestattungsge­setzes ausfordert.

Irr Wstrtat angenommen

Berlin, 7. März. Der Verwalunssrat der Deutschen Reichspoft verabschiedete nach zweitägiger Aussprache den Haushaltsvoran­schlag für das Rechnungsjahr 1931. Die Gesamteinnahmen de» Deutschen Reichspost sind in den abgelaufenen zehn Monaten de» Rechnungsjahres 1930 um etwas mehr als 100 Millionen hinter dem Voranschlag zurückgeblieben. Für das ganze Rechnungsiah» 1930, das am 31. Mär» 1931 abschliebt, ist also mit einem Ein» nabmeausfall von 120 Millionen zu rechnen. Der Nachtrag zum Rechnungsjahr 1930 schlägt zur Abdeckung dieses Einnabmeaus- falls von 120 Millionen Mark für werbende Ausgaben ein« An­leihe von 50 Millionen, eine Einsparung von 40 Millionen an den Haushaltsmitteln und eine Kürzung der Ablieferung an das Reich um 30 Millionen vor.

Der Voranschlag für 1931, der nach Abzug der durchlaufende» Posten in Einnahmen und Ausgaben mit 2130 Millionen Mark blanciert, ist zu seinem Teil ein Spiegelbild der gegenwärtigen ernsten Zeitlage. Für die Deckung der Anlageausgaben können 1931 Betriebsmittel nicht zur Verfügung gestellt werden, sodaß »um Ausgleich der Anlagerechnuns eine weitere Anleihe von SO Millionen Mark erforderlich ist. Unter Hinzurechnung der Anleihe von 50 Millionen Mark, die zur Abdeckung des Einnah­meausfalls von 1930 norwendig ist, beläuft sich also der gegen- wärtige Anleihebedarf der Deutschen Reichspoft auf 140 Mil­lionen Mark. Die Gesamtsumme der der Wirtschaft zufließendei» Aufträge wird sich ungefähr auf der Höhe des ursprüngliche» Ansatzes für 1930, das beißt aus etwas über 400 Millionen Mark halten.

Etegerwaid über Wirtschaftskrise und ArbettslvWelt

Münster i. W 8. März. Bei einer Kundgebung der christlichen Gewerkschaften svrach heute hier Reichsarbeirsminister Dr. Ste- gerwald über die gegenwärtige Wirtschaftskrisis und Massenar­beitslosigkeit und über die Möglichkeiten zu ihrer Zurückdrän- gung. rvrjre ruorausjetzung für die Milderung der deutschen Wirt­schaftskrisis ist, so fuhr der Minister fort, das in vielen Jahren verwirtschaftete Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Wir sind immer von einem Extrem ins andere getaumelt. In Reich, Län­dern und Gemeinden wurde darauf losgewirlschastet. Man bat sich bei den Ausgaben nicht nach den Einnahmen gerichtet, son dern umgekehrt gehandelt. Mit Radikalismus, Romantik, Illu­sion und Gejammer ist de» Dinge« nicht beizukommen. Neben de» Wiederherstellung des Vertrauens zu Staat und Wirtschaft 'st eine planmäßig gepflegte Kreditpolitik das Gebot der Stund«. Geld ist an sich in Deutschland da. Was fehlt, ist Kapital, ist Geld für langfristige Anleihen zu einem erträglichen Zinsfuß, und kurzfristiges Geld zu langfristigen Anleihen zu einem er­träglichen Zinsfuß umzuwandeln, ist zn M Prozent eine Ver- trauensfrage.

Die Gewerkschaften müssen sich darüber klar werden, daß wir noch vor einer Reihe sehr schwerer Jahre stehen. Staat und Wirt­schaft eines 60 Millionen volles lassen sich nicht auf Kommando in Ordnung bringen.

Wir werden bestimmt auch die jetzigen Schwierigkeiten über­winden. Wir müssen insbesondere in dem Krisenjabr 1931 all« Kräfte straften und zusammensassen. Mit Wahrheit, Klarheit und sittlichem Ernst werden und müsse» wieder die Grundlagen ge­schaffen werden für die Gesundung von Volk und Staat.

Lurtlus berichte»

Berlin, 7. März. Reichsaubenminister Dr. Lurtius und Staats­sekretär Dr. Pllnder erstatteten am Sonnabend vormittag dem Reichskanzler Bericht über den Verlauf der Beratungen in Wien.

Im Anschluß daran hielt am Nachmittage des gleichen Tage, der Reichsminister des Auswärtigen dem Herrn Reichsvräsiden- ten Vortrag über das Ergebnis der Verhandlungen mit der öfter- reichischen Bundesregierung.

Im Laufe dieser Woche wird das Reichskabinett zu dem Bericht des Reichsaubenministers über die Wiener Reise Stel­lung nehmen.