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Neues vom Tage
Zusammentritt des Organisationsausschusses des Europakomitees
Senf, 4. März. Der von dem Studienkomitee für die europäische Union eingesetzte Organisationsausschuß, der ois Fragen der Organisation der Arbeitsmethoden und der Verfassung zu prüfen hat, tritt am 24. März in Paris zusammen. In diesem Ausschuß sind zwölf Staaten, darum ter auch Deutschland, vertreten. Die Bedeutung der Arbeiten dieses Komitees, die teilweise politischen Charakter tragen, geht daraus hervor, daß an der Tagung in Paris mehrere aktive Außenminister, darunter Henderson (Großbritannien), Munch (Dänemark) und Prokope (Finnland) teilnehmen.
Italienische Anleihe und Flottenverständigung London, 4. März. „Times" meldet aus Paris, daß bereits Verhandlungen über eine größere Anleihe an Italien im Gange seien. Man spreche von 100 Millionen Dollar, und meint, daß die Anleihe nach der Flottenverständigung zustande kommt.
Das große Los gezogen — Gewinner in Hessen und Hessen-Nassau
Berlin, 4. März. In der heutigen Nachmittagsziehunz der Preußisch-Süddeutschen Klassenlotterie ist das große Los in Höhe von SOOOOü RM. auf die Losnummer 141 328 gezogen worden. Das Los wird in der ersten Abteilung in Achtellosen in Hessen-Nassau und in der zweiten in Viertellosen im Freistaat Hessen gespielt.
Für ca. SW VW RM. Eis verschoben Dortmund, 4 März Bei dem Dortmunder Eiswerk G.m.b.H. ist man großen Betrügereien des mit der Eisverteilung beschäftigten Fahr- und Maschinenpersonals auf die Spur gekommen. Zehn bei dem Werk beschäftigte Fuhrleute hatten täglich bis zu 4W Stangen Eis für eigene Rechnung verkauft und einen täglichen Reingewinn von 20 bis SV RM, erzielt. Ein Teil dieses Geldes wurde an dre Maschinisten, die mit den Fahrern unter einer Decke steckten, abgegeben. Eine von dem geschädigten Werk schon vor einiger Zeit eingesetzte Kontrollkommission stellte fest, daß die Betrügereien bis 1824 zurückgehen und allmählich eine Summe von 400 000 bis SW VW RM. erreicht haben.
Skandal bei der polnischen Staatslotterie Am Montag kam es in Warschau kurz vor der ersten Ziehung der polnischen staatlichen Dollarlotterie zu einem Skandal. Bei einer Stichprobe stellte sich heraus, daß einige Nummern, die in die Trommel gehörten, fehlten. Die Tatsache wirkte aus das anwesende Publikum wie eine Bombe Mit großer Mühe gelang es dem Vorsitzenden der Kommission, die erregten Menschen zu beruhigen. Tatsächlich fehlte eine Folge von Losen. Die fehlenden Nummern wurden daraufhin ersetzt, und mit einer ein- stündigen Verspätung konnte die Ziehung ordnungsgemäß beginnen, die dann auch ohne jede weitere Störung verlief.
Erdsenkungen in Griechenland Bei dem griechischen Dorfe Bissia (Provinz Korinth) auf dem Peleponnes har sich plötzlich die Erde in einem Umfang von 4 Quadratkilometern gesenkt. Das Dorf Kunina in der Nähe der Stadt Aigion, ein Ort mit SSV Häusern ist durch die Erdsenkung fast vollkommen zerstört. Ls sind bisher zwei Tote, acht Schwerverletzte und zahlreiche Leichtverletzte zu beklagen.
Weitere Erdsenkungen um 5Ü bis 200 Meter haben die Dörfer Olena. Eumero und Lokochori nahe der Stadt Pygos ebenfalls aus dem Peleponnes betroffen. Die Einwohner, unter denen bei Einbruch der Katastrophe große Panik ausbrach, nächtigen unter freiem Himmel
Präsident Hoover über die italienisch-französische Flottenverständigung
Washington, 4. März. Präsident Hoover erklärte, wie offiziell bekannt gegeben wird, die französisch-italienische Flottenverständigung sei ein Ereignis, zu dem die ganze Welt die beiden Nationen nur beglückwünschen könne.
Altensteig, den 5. März 1931.
Schwerer Betriebsunfall
Gestern vormittag kurz vor 12 Uhr ereignete sich in der Lederfabrik Armbrust er hier ein gräßlicher Betriebsunfall. Der ca. 18jährige Sohn des Besitzers wollte einen Riemen aufwerfen, wurde dabei aber von der Transmission erfaßt» so daß dem Bedauernswerten beide Füße mehrmals gebrochen wurden. Der Verletzte wurde mit dem Sanitätsauto ins Bezirkskrankenhaus nach Nagold verbracht, wo er heute morgen um ^,2 Ahr verschieden ist.
Amtliches. Der Herr Staatspräsident hat den Notariatspraktikanten Widmann in Freudenstadt zum Obersekretär bei dem Amtsgericht Münsingen ernannt.
Jungvolk. Wie wir erfahren, wird heute abend im Gemeindehaus der Jungvolkführer von Tübingen über das Thema „I u n g v o l k a r b e i t" sprechen. Das hiesige Jungvolk und die Jungschar, die Jugendabteilungen des Christlichen Vereins Junger Männer, laden die hiesige Jugend dazu herzlich ein.
Für die Hausfrauen Altensteigs. In diesen Tagen gehen zwei Vertreter der Singer Nähmaschinenfabrik hier bei den Hausfrauen herum und wollen Singer Nähmaschinen verkaufen. Die Singer Nähmaschinenfabrik Wittenberg, Bez. Halle a. S., ist eine Tochtergesellschaft der amerikanischen „Dtis LinZor UaiiukaeturinA Eompan^" und hat nach dem Kriege vom deutschen Reich 27 Millionen Eoldmark Kriegsschadenersatz gefordert und 21V- Millionen Goldmark erhalten. Diese 21V- Millionen Eoldmark müssen wir Deutsche aufbringen! Wir haben hier drei Geschäfte, welche Nähmaschinen zum Verkauf anbieten, preiswerte, solide Maschinen von guten deutschen Fabriken. Die Hausfrauen Altensteigs denken und handeln sicher gerne darnach, wie es in folg. Mahnung ausgedrückt ist: Willst Du als Deutscher Deutschland dienen,
So kaufe deutsche Nähmaschinen.
Bleibt hier das Geld in deutscher Hand,
So nützt Du Dir und Deinem Land.
Kauf gutes deutsches Fabrikat,
So bist Du deutsch auch mit der Tat.
Aufklärungs-Vortrag. Wir verweisen an dieser Stelle auf den heute abend 8.15 Uhr im Gasthof zur „Traube" stattfindenden Vortrag über die Heilkraft des Radiums. Dem Vortrag darf ziemliches Interesse entgegengebracht werden, da fast sämtliche Krankheiten durch Radium Heilung erfahren haben. Näheres siehe Anzeige.
Simmersfeld, 4. März. Aus Simmersfeld und Umgebung wird eine Schneehöhe von 80 Zentimeter und 20 Zentimeter Neuschnee gemeldet.
Martinsmoos, 4. März. Am letzten Samstag veranstaltete die hiesige Ortsgruppe der N.S.D.A.P. einen Deutschen Abend. Vor Beginn desselben fand ein Fackelzug unter Mitwirkung des Musik- und Spielmannszugs der Ortsgruppe Nagold und S.-A.-Abteilungen von Agenbach und Neuweiler statt. Es war ein imposanter Anblick, wie der Zug unter klingendem Spiel in unserem sonst so stillen Schwarzwalddörfchen einrückte. Trotz des schlechten Wetters hatte sich eine große Anzahl Einheimischer und Auswärtiger eingefunden. Im Mittelpunkt des Abends stand ein Vortrag von Stadtrat Bätzner-Nagold, der in fesselnder Weise über die Ziele der N.S.D.A.P. sprach. Seine von glühender Vaterlandsliebe getragenen Ausführungen, die immer und immer wieder durch lebhaften Beifall unterbrochen wurden, machten auf die Zuhörer einen nachhaltigen Eindruck. Zur Diskussion sprach ein älterer Landwirt. Er führte aus, oer Nationalsozialismus sei noch die einzige Bewegung, die dem immer drohender sein Haupt erhebenden Bolschewismus Einhalt gebieten könne, und deshalb sei es Pflicht eines jeden Bauern, diese Bewegung tatkräftig zu unterstützen. Engstirnige Parteipolitik habe den heutigen Zusammenbruch der Landwirtschaft herbeigesührt und nur der Nationalsozialismus könne uns noch retten. Die andern Parteien hätte alle Bankrott gemacht.
Mit einem Appell an die Jungen, sich der großen Armee Adolf Hitlers anzuschließen, schloß der Diskussionsredner unter Beifall der Versammlung seine Ausführungen. Unter schneidiger Marschmusik verging der Abend vollends allzu rasch. Zu« Abschluß sang die ganze Versammlung stehend den ersten und vierten Vers des Deutschlandliedes. Als die braunen Abteilungen abgerückt waren, herrschte wieder die übliche Stille in unserem Dörfchen; aber die alten vaterländischen Weisen werden noch lange nachklingen.
Freudenstadt, 4. März. (Teurer Schnee.) Die Stadtgemeinde Freudenstadt mußte Heuer für das Schneebahnsn bis jetzt 18 000 Mark ausgeben. Dazu wird aber voraussichtlich noch ein schöner Betrag kommen, bis der Winter vollends seinen Abschied genommen hat.
Frcudenstadt, 4. März. (Körperschaftsbeamtenversammlung.) Gestern nachmittag fand im Rathaus eine Bezirksversammluna der Gemeinde- und Körperschaftsbeamten des Bezirks Frcuoen- stadr statt. Bürgermeister Dr. Vlaicher begrüßte nach Feststellung der Anwesenheitsliste die zahlreichen Besucher von Stadt und Land herzlich. Wie er dann mitteilte, hat der Verein im neuen Jahren wieder ein Mitglied durch den Tod verloren und zwar Bürgermeister Bauer-Hochdorf, der verunglückte und an den Folgen am 2. Januar gestorben ist. Sein Gedächtnis wurde von den Anwesenden durch Erheben von den Sitzen geehrt. Ne« eingetreten ist sein Nachfolger, der seitherige Eemeindepfleger Gauß. Zur Wiederwahl beglückwünscht wurde der Bürgermeister von Röth. Bürgermeister Dr. Vlaicher kam anschlieAnd auf die Kosten zu sprechen, die das Schneebahnen verursacht hat u. auf die trostlose Lage des Arbeitsmarktes und des Holzmarktes. Er fand in diesem Zusammenhang sehr bittere Worte über di« willkürlichen Forderungen der Minister, die alle Sachen den Gemeinden aufhalsen und dem Staat allein an der Eebäudeent- schuldungssteuer ein Vermögen von 40 Millionen Mk. verschafft haben. Anschließend hielt der Direktor des Arbeitsamtes Nagold, Regierungsrat Dr. Stahlecker, einen Vortrag über Arbeitslosigkeit, Arbeitsvermittlung, Arbeitslosenunterstützung, Krisenfürsorge und Wohlfahrtserwerbslosigkeit.
Glatten, 3. März. (Verbot einer Kommunisten-Ver- sammlung.) Die auf Sonntag, den 1. März im Gasthaus zur „Linde" in Glatten angesetzte Versammlung der K.P.D., in der Frey-Stuttgart sprechen sollte, wurde schon am Samstag polizeilich verboten. Zur evtl. Sicherung der Ruhe erschienen dann am Sonntag nachmittag vier Landjäger, die aber keine Beschäftigung fanden.
Horb a. N., 3. März. Anscheinend haben auch die Frühjahrsboten der Tierwelt mit einem wärmeren Wetter gerechnet. So konnten Reisende nämlich, welche gestern mit dem halb 9-llhr- Zug neckaraufwärts fuhren, einen „Stör ch" beobachten, welcher frierend auf den Neckarwiesen bei Jhlingen im Schnee dastand. Hoffentlich kommt bald der ersehnte Frühling, damit auch dieser Zugvogel seiner Jagd nach Fröschen und Mäusen obliege» kann. Es wäre wirklich schade, wenn dieser in unserer Gegend so selten gewordene Vogel der Kälte und dem Hunger unterliegen würde.
Ludwigsburg, 4. März. (Zur Wah l.) Aus Eberbach in Baden, der Heimat des neuen Oberbürgermeisters, wird berichtet: Die Wahl des Herrn Dr. Frank in Ludwigsburg löste hier die verschiedensten Gefühle aus. Die einen be« dauern, die andern mißgönnen, andere freuen sich, weil ihr« politische Anschauungen andere Wege gehen. Nun gibt e» immer auch Menschen, die ihren Spott nicht verbergen Kirnen und einer oder einige dieser krochen die letzte Nacht auf das Dach der stillstehenden Dampfziegelei, brachten über dem großen Firmenschild, das über das ganze Dach hinzieht^ eine neue Transparentaufschrift an, auf der zu lesen stand: „Dr. Karl in Schulden heiter, macht in Ludwigsburg weiter".
Tübingen, 4. März. (75. E e b u r t s t a g.) Generalleutnant Freiherr von Brand vollendet am 5. März das 75 Lebensjahr. Er hat in der Stuttgarter Garnison sowohl im Erenadierregiment Königin Olga, als auch im Regiment Kaiser Friedrich gedient. Im Kriege führte er das Infanterieregiment 247, dann die 108. und die 54. Reserve- Jnfanteriebrigade, zuletzt war er Kommandeur der stell» Jnfanteriebrigade in Ulm.
IVlarl^rsr I^iebe
Roman von I. Schneider-Först!
Nachdruck verboten. ,
37. Fortsetzung
„Natürlich!" gab er zurück. „Ich hätte doch sonst nicht gewußt, daß meine Frau bei dir ist. Das habe ich von deinem Gatten erst erfahren. Und da dachte ich, die Liesl kann gut mit mir heimfahren."
Elisabeths Augen flammten leuchtend auf. Also, weil er wußte, daß sie hier sek, war er ins Herrenhaus gekommen. Nicht Nellas willen. Wie unrecht hatte sie ihm in ihrem Herzen getan und wie überflüssig war ihr Schrecken gewesen, als der Diener sein Kommen gemeldet hatte. Sie hätte ihm am liebsten beide Hände geküßt. Nella sah den Glücksausdruck in Elisabeths Gesicht und wie deren Blicke strahlend an ihrem Gatten hingen. Welche Liebe! dachte sie erschauernd. Ob sie je einer so großen fähig wäre?
Nach dem Abendtisch, als Reichmann nach seiner Zeitung greifen wollte, gestand ihm Elisabeth, welch großes Geheimnis sie bisher allein mit sich herumgetragen hatte und zeigte ihm das Knabenbild, das Nella ihr überlassen.
Er sah erstaunt auf die schönen, regelmäßigen Kinder- züge.
„Das habe ich doch schon irgendwo gesehen!" sagte er nachdenkcnd. „Nein, mache mich nicht irre," fiel er Elisabeth, die ihn etwas fragen wollte, ins Wort. „Wenn ich nur wüßte, wo das gewesen ist. Es war ganz genau der gleiche Kopf. Aber ich kann es nicht mehr finden, wo ich ihn gesehen habe. — Warum hast du mir denn nie von dem Zungen etwas erzählt oder überhaupt erwähnt?"
Sie wurde verlegen.
„Du hast dich einfach nicht getraut?" frug er. „Hast dich gefürchtet, es mir zu sagen!"
-Ja!"
„Ansehen!" befahl er, als sie ihren Kopf gegen seine Schulter drücken wollte. Als sie nicht sofort gehorchte, hob er ihr Gesicht hoch. „Warum fürchtest du mick?" forschte er.
„Mn ich nicht gut zu dir? — Doch? — Hast du Wünsche, die du erfüllt haben möchtest? — Nein! — Was ist es dann? — Ich will es wissen. Hörst du, Elisabeth!"
Wenn er „Elisabeth" sagte, war es immer ernst. Sie mußte eine Antwort geben und diese Antwort mußte befriedigend sein, sonst ließ er nicht nach mit Fragen. Das wußte die junge Frau nun zur Genüge. Sie gedachte der Worte Nellas, man sollte einem Manne nie zu sehr zeigen, wie man ihn liebte. Aber sie konnte nicht anders, als ihm gestehen: „Ich habe dich so maßlos lieb, daß ich immer in Sorge bin, so viel Liebe könnte dir lästig sein!"
Er lachte nicht einmal, wie sie gefürchtet hatte. Er blieb ganz ernst. „Hab' du mich nur lieb, soviel du kannst, mein HäschenI" ermunterte er. „Liebe ist nie zu viel, aber leicht zu wenig."
Sie mußte ihm alles erzählen, was sie über den unbekannten Bruder von Hanna und ihrem Vater erfahren hatte. Es war reichlich wenig. „Wenn er dich finden will, kann er es," sagte er im Nachdenken. „Will er nicht, dann laß ihn sein. Nur nichts erzwingen wollen, das macht das Leben störrisch und es hängt immer ein Haken daran."
„Aber wenn er eines Tages kommt!" wagte Elisabeth schüchtern zu fragen.
„Dann ist er eben da. Wenn er nicht gerade ein Zuchthäusler ist, werde ich ihn ganz gerne als Schwager begrüßen. Im Arbeitskittel kann er ruhig vorsprechen, das verschlägt mir nichts!"
„Danke!" sprach sie aufatmend.
„Ich wüßte nicht, wofür du zu danken hättest," sagte er barsch. „Uebrigens hast du nicht einmal einen richtigen Automantel. Das ist mir heute erst ausgefallen, als du in deinem Sommerkleid im Wagen gefroren hast. Laß dir eine Auswahl schicken, selbstverständlich auch von anderen Sachen, die du brauchst. Von Toilette verstehe ich absolut nichts. Ich kann nur sagen, ob mir etwas gefällt oder nicht. Das Geld hebst du von der Bank ab. Brauchst nicht zu knausern. Ich hab's zur Zeit. Wenn wir einmal knapp sind, sag' ich dir's scharr"
Sie legte beide Arme um seinen Hals und küßte ihn wortlos.
Als er eine Stunde darauf an ihr Bett trat, sah er noch Tranenspuren an ihren Augen, obwohl sie schon schlief. Es gab nichts Rätselhafteres als eine Frau,
Um das kleine Doktorhaus in Eisenbach wirbelten di« Flocken, dicht, in ununterbrochenem Reigen tanzten sie auf! das Schieferdach, breiteten eine weiße Decke über den gepflasterten Hof, saßen auf allen Zweigen und Aesten im Garten und guckten verstohlen in die Küche, wo Hanna ihres Amtes waltete.
Reichmann hatte alle Hände voll zu tun, um seiner ausgedehnten Praxis gerecht zu werden. Elisabeth sah ihn kaum zum Mittagessen. Wenn er abends kam, war er sterbensmüde und ließ sich erschöpft in seinen Lehnstuhl fallen. Er gewöhnte Elisabeths Umsorgen wie etwas Selbstverständliches. Sie schnitt ihm bisweilen sogar das Fleisch auf seinem Teller zurecht, damit er es nur möglichst bequem hatte. Er dankte meist nur mit einem Nicken und vertiefte sich in seine Fachblätter, während sie über eine Handarbeit geneigt
saß.
Schlag zehn Uhr mußte ihr Platz am Tische leer sein. Mit zweiundzwanzig Jahren ist eine Frau noch ein halbe» Kind, erklärte er. Und Kinder gehören zur rechten Zeit in ihr Bett. Mochte er noch so vertieft in einen Artikel sein, wenn sie die Schlafenszeit nicht einhielt, sah er auf und mahnte sie zum Gehen.
Elisabeth lebte ihre Wintertage in einem förmlich glücks- trunkenen Sein. Sie stürzte wie aus allen Himmeln, als Hanna zufällig einmal die Aeußerung machte: „Du dürftest dich ein bißchen mehr um deinen Mann sorgen, Liese. Er gefällt mir nicht! — Schon lange nicht mehr."
„Hanna, um Gotteswillen, was ist es denn!" sagte st« mit Entsetzen in den Augen. „Ich sorg' mich doch um ihn. Ich tue ja alles! — Ich . . . was sollte ich wohl noch sonst tun?"
„Schau ihn dir einmal an, aber genaul" hatte diese erwidert. „Das ist ja auch gar kein Leben mehr, so wie er's treibt. Ich mein', es müßt' doch nicht sein, daß er sich -u Tode rackert. Es reicht auch so."
„Brauchen wir denn so viel?" forschte die junge Frau. „Er wollte mir's doch sagen, wenn es knapp geht, hat er mir versprochen!"
„Daraus warte lieber nicht, mein Kindchen. Er selber kennt's vielleicht gar nicht, wie miserabel er ausfleht. Und spüren tut er's auch erst, wenn er schon zusammenklappt. Witwe bist du rasch!"
(Fortsetzung folgt.) -