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Nr. 22
Kommunistischer Augrisf aus eiue nationalsozialistische Autokolonne — 13 Verletzte
Görlitz, 27. Jan. Nach einer in Sagar bei Muskau abgehaltenen nationalsozialistischen Versammlung, bei der es bereits zu Schlägereien mit Kommunisten gekommen war, wurden die spät in der Nacht in zwei Lastkraftwagen nach Hause fahrenden Nationalsozialisten in der Nähe der Grube Theresia von ven Kommunisten mit Backsteinen beworfen, so daß 13 Nationalsozialisten Mm Teil schwer verletzt wurden. Die Verletzten mutzten im Muskauer Ratskeller verbunden werden. Von den Kommunisten, die sich in einer Stärke von etwa 38 Mann an dem Ueberfall beteiligt hatten, konnten im Laufe der Nacht elf Mann festgestellt werden
Politische Ausschreitungen in Geesthacht — 2 Tote Hamburg, 27. Jan. In Geesthacht sollte eine naationalsoziali- stische Versammlung abgehalien werden. Es hatten sich etwa 200 Personen eingesunden. Gegen 20 Uhr erhielt die Bergedorfer Polizei eine Mitteilung, nach welcher lvü Kommunisten nach Geesthacht im Anmarsch sein sollten. Die veriiigbaren Bergedorfer Polizeibeamten begaben sich sofort nach Geesthacht. Es kam hierbei sehr bald zu einem schweren Zusammenstoh. Die inzwischen ringetronenen Kommunisten versuchten, das Versammlungslokal zu stürmen. Die Polizeibeamlen wurden mit Steinen und Knüveln angegriffen, auch von einem Lastkraftwagen aus von Kommunisten beschossen. Ein Beamter erlitt einen Becken- und ein zweiter Polizist einen Oberschenkelschutz, ein dritter Polizeibeamter wurde durch Schläge erheblich verletzt. Die Beamten erwiderten das Feuer. Hierbei wurden der in Hamburg wohn- lraft gewesene 23jährtge Bernhard Eeick und der in Bramfeld wohnhaft gewesene 18jäbrige Alfons Bentbin getötet. Die Außenwände des Lokals weisen 32 Einschuhstellen aus. 19 Personen, fast sämtlich in Altona wohnhaft, wurden festgenommen.
Anschlag ans einen Eisenbahnzug Breslau, 27. Jan. Wie die Reichsbabndirektion mitteill, wurde auf der Strecke Melejchwitz-Breslau-Schottwitz ein 60 Kilogramm schwerer Chausseestein auf die rechtsseitigen Schienen gelegt. Der Triebwagen, der diese Stelle vassierte, schleifte den Stein ll Meier mit und kam zum Halten. Personen sind nicht verletzt. Die Täter sind noch nicht ermittelt. In der Nähe der jetzigen Attentatsstelle wurde vor etwa 5 Wochen ebenfalls ein Attentat verübt.
40 00» Liter Eriechenwein in den Ausguh geschüttet Emmendiugen, 26. Jan Von einem internationalen Lieferanten wurde vor ungefähr einem Jahr der Versuch unternommen, vier Waggon eines mit Alkoholdestillat vermengten Weines aus Griechenland in die Pfalz zur Bereitung von Weinbrand (Cog- nak) einzuiühren. Der Wein wurde bei der Untersuchung für gefälscht erkannt und an der Grenze zurückgewiesen, worauf die Sendung, die rund 40 000 Liter betrug, dreiviertel Jahre lang au feinem elsässisch-französischen Bahnhof stehen blieb. In der neuesten Zeit wurden die vier Wagen mit der weinähnlichen Flüssigkeit über Breisach nach Emmendingen geschafft, um hier zuletzt zu Essig verarbeitet zu werden Da aber zur Essigfabri» kation ebenfalls nur Weine zur Verwendung kommen dürfen, die den Anforderungen des deutschen Weingesetzes entsprechen, war es auch damit — Essig! Aebnllche Bestimmungen gelten auch in der Schweiz. Eigentümer des Weins war in der Zwischenzeit ein Spediteur in Genf geworden, der einseben lernte, daß mit dem Weingemisch aus Griechenland nichts anzusangen war. Ei gab deshalb den Auftrag, dis Flüssigkeit laufen zu lasten. Und so geschah es, die 40 000 Liter des „seinen" Weinchens flössen in die Emmendinger Kanalisation.
Attentat auf den italienischen Generalkonsul in Zürich Zürich. 27 Jan. Auf den italienischen Generalkonsul in Zürich wurde vormittags durch einen jungen Italiener namens Lina Basti, der schon mehrmals auf dem Konsulat wegen einer Unterstützung aus der Militärdienstzeit vorgesprochen hatte, ein Attentat verübt. Basti, der auch heute wiederum durch den Vizekonsul abgewiejen wurde, verlangte den Generalkonsul zu sprechen, der ihm den Entscheid der Regierungsstelle aut Ablehnung vorlas Darauf schoh Basti aus den Generalkonsul Bianchi, der eine Verletzung der linken Lunge, des unteren Leibes und der linken Sand erlitt. Sein Zustand ist nicht lebensgefährlich. Der Täter konnte auf der Stratze verhaftet werden
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Roman von I. Schneider-Förstl N a ch d r u ck verboten.
14. Fortsetzung
Der Papa aber war so viele Tage von zu Hause fort. Er war der einzige, der nie spottete, nie verächtlich lachte, man konnte fragen, was man wollte, der schalt und drohte nicht, der hatte immer Zeit für sein Kind.
Annemarie wußte nicht einmal, daß es nicht ihr rechter Vater war. Sie wurde von Nella aus deren ersten Verbindung mit in die Ehe gebracht.
Renkcll hatte bei seiner Verheiratung darauf bestanden, daß das Kind seinen Namen erhielt. Er hatte es adoptiert und ihm die vollen Rechte einer leiblichen Tochter eingeräumt.
Die beiden hingen mit einer Liebe aneinander, die fast an Vergötterung streifte. Wenn Renkell auf Reisen ging, begann für die Kleme die schwerste Zeit. Sie sehnte sich stets namenlos nach dem Papa.
Heute kam er wieder, aber es dauerte immer noch zwei Stunden bis zu seinem Eintreffen. Das war gräßlich lange. Sie würde Vergißmeinnicht pflücken und Tausendschön und Wucherblumen, dann lief die Zeit rascher. Aber all die schönen Blüten standen drüben überm Flusse auf der großen Waldwiese, und da sollte sie nicht hinüber. Wie schade. — Doch schließlich überwog das Verlangen, dem Papa eine Freude zu machen, die Furcht vor der Strafe. Sie wollte den nächsten Weg nehmen, der durch den Fluß ging. Er war nicht tief. Ertrinken konnte man sicher nicht.
Noch einmal flogen Annemaries Augen die Fensterreihen entlang. Mit raschen, geübten Fingerchen streifte sie Schuhe und Strümpfchen ab, nahm diese unter den Arm, hob das weiße Kittelkleidchen und setzte einen Fuß ins Wasser. Brrr! Wie kalt! Tapfer patschte das andere Füßchen nach. Ohne umzuschauen stapfte sie mitten durch. Wie die große Waldwiese in der Morgensonne lachte! Und diese Blumen! O, so viele! Die Dingerchen pflückten, die Augen glänzten und
Aus Stadt und Land
Altensteig» den 28. Januar 1931.
Ortsoorfteher- und Körperschaftsbeamtenverein für den Bezirk Nagold. In der zahlreich besuchten Versammlung der Körperschaftsbeamten und Ortsoorfteher am 24. ds. Mts. in Nagold im Gasthaus zum „Löwen" wurde unter Vorsitz von Bürgermeister Maier, Nagold mit der Besprechung der neuen Gemeindeordnung fortgefahren. Referenten waren für den Abschnitt: Rechtsverhältnisse der Eemeinderatsmitglieder und Eemeindebeamten Bürgermeister Bernhardt, Haiterbach und für die Abschnitte Ortspolizei und Ortsgesetzgebung Bürgermeister Wid- mann, Eültlingen. Beide Redner zeichneten sich durch eine klare und übersichtliche Behandlung des Stoffes aus. Das neue Eaststättengesetz, worüber Obersekretär Wagner in einem einleitenden Vortrag das Wesentlichste aus dem in vielen Gesetzen und Verordnungen zerstreuten Recht klar herausstellte, löste eine lebhafte und fruchtbare Erörterung in der Versammlung aus. Nach dem Referenten gehen die Tendenzen des Gesetzes auf eine wesentliche Einschränkung der Neukonzessionen und auf eine Erleichterung der Verjährung der ruhenden persönlichen und Realrechte. Eine Wirtschaftskonzession verjährt auch bei einem Realrecht jetzt in einem Jahr. Die weiteren Verhandlungen drehten sich um die Aufstellung des durch den Holzpreissturz bei uns so schwierig gewordenen Etats 1931. Es mutz vereinfacht und abgebaut werden, wo es ohne Schädigung vitaler Interessen immer nur möglich ist und es kann hier auch an den Schulen aller Art nicht vorübergegangen werden. Der Städtetag hat hier bereits geeignete Richtlinien aufgestellt.
Die Lieblingsvesperle unserer Standvögel im Zeichen der Not. Das beste Futter für unsere befiederten Lieblinge von den Tauben bis zu den Meiselein sind fetthaltige Sämereien. Hanfsamen und Sonnenblumenkerne, Welschnllsse und Erdnüsse bilden das Lieblingsvesperle der Meiselein. Wenn die Nüsse in hängenden, großmaschigen Netzchen untergebracht werden, dann kann der Fütterer seine Freude an den Turnübungen der Meiselein erleben. Je fetter die Sau, um so willkommener ist deren Nabel den Spechten, dem Klaiber und den Baumläufern mit ihrem stark gekrümmten Schnabel, man hänge den Saunabel aber so auf, daß die Katzen denselben nicht stehlen können; das feine Naschen des Mullikätzchens verrät dem Kletterkünstler das Wohlriechende. Der kleinsten Majestät, dem Zaunschlüpferlein und dem Rotbrüstle, muß man wegen ihrer zarten Schnäbel den Tisch mit einem Gemisch von trocken zerkleinertem Weißbrot, Ameiseneiern, Mohn, etwas geriebenen gelben Rüben und getrockneten Holunderbeeren decken. Die Rotbrüstle, von denen ich schon mehrere Anfang Dezember am Futterplatz entdeckte, sind Verehrer von Mehlwürmern. Schwarzbrot ist unbedingt zur Fütterung zu vermeiden. Auch Abfälle von Tisch und Küche sind namentlich Finken, Amseln und den Emmerle willkommen, nur dürfen sie nicht gewürzt sein. Die Futterplätze sind vor Regen und Schnee zu schützen. Man füttert am besten Abends, damit am nächsten Morgen der Tisch gedeckt ist, morgens ist der Hunger am größten.
„Ihr Menschen helft! Groß ist die Not In diesen Tagen!
Vergebens suchen wir nach Brot,
O helft, hört unsere Klagen."
Vom Schwarzwald, 26. Januar. (Der Hochschwarzwald eingeschneit!) Die ergiebigen Scbneefälle vom Sonntag fanden in der Nacht und während des Montag ihre Fortsetzung. Besonders in den obersten Lagen des Schwarzwaldes schneit es unge-
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die Bäckchen begannen sich glühend zu färben. Immer üppiger wurde der Strauß! Immer farbenprächtiger! Immer heißer brannte das Gesichtchen. Mama und Fräulein waren vergessen. Nur der Papa bekam ab und zu einen Gedanken zugeschickt.
Ein Ruck geht durch das Kinderkörperchen.
Scharf und befehlend erklingt die Stimme ein zweites Mal vom anderen Ufer herüber.
Annemarie sieht die gefürchtete knochige Gestalt der Erzieherin und deren drohend erhobene Hand. Ihr Schrecken ist maßlos. In raschen Sprüngen eilt sie dem Hochwald zu. Immer tiefer hinein, daß die Stämme, die Büsche sie decken. Atemlos setzt sie über Daumwurzeln und Heidelbeeresträuche. Ueberspringt gewandt kleine Wässerchen, welche urchs Moos gurgeln.
Eue rann nicht mehr! Mit wildklopsendem Herzchen fällt sie zwischen Heidekraut und Wacholder. Da findet sie niemand. Weit unterhalb blitzt die weiße Straße. Aus der muß der Papa kommen! Wenn sie ihn hört, wird sie dem Wagen entgegenlaufen. Aber sie blutet ja! Die Füßchen sind wund! Brombeerstrauch und Wacholderdorn haben sie so zerrissen. Und das Röckchen geschlitzt! Schrecklich war das! — Aber es war doch schön gewesen, war — doch — Die Kinderaugen schlossen sich. Das Herzchen pocht im ruhigen Gleichtakt. Hoch auf dem Gipfel der Weißtanne, die Annemarie beschattete, pfiff eine Amsel. Einige Minuten später rollt auf der Waldstraße ein Wagen vorüber.
Der Hüttenkönig Renkell kehrte heim.
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Ueber den Toilettentisch Frau Nellas fiel ein breites, flimmerndes Sonnenband. Auf dem Perser, der das ganze Zimmer bedeckte und große, brennrote Blütensträuche in den Ecken trug, hüpften sich haschend Lichtpllnktchen.
Die Spitzen des reich in Falten liegenden Morgenkleides berührten zagend den Boden, als Frau Nella nach dem Fenster ging, um die Ketten der Jalousien zu lösen.
Hell flutete die Sommersonne herein. Geblendet schloß sie die Äugen. Ein harter, grausamer Zug legte sich um ihren Mund.
Sie gedachte des gestrigen Abends.
Es war niederträchtig, wie er sie in Gegenwart des anderen aedemütigt hatte! Diesen Schimvf — für all ihre
stüm weiter und die allgemeine Schneedecke wächst stündlich weiter an. Die Schneestürme und Böen sind zeitweilig von solcher Heftigkeit, daß ein Vorwärtskommen kaum möglich ist und selbst gute Skifahrer gegen den Sturm nur ganz allmählich weiterkommen. — Ueber das Feldbergmasstv gehen gewaltige Schneewehen hinweg. Hohe Schneewächten und Anwehungen sind jetzt an den Bergrändern und Kesseln zu erkennen. Beim Seebuck in der Senke oberhalb des Feldsees ist der Schnee bis zu drei und vier Meter fest angeweht. Die Höhenstraßen sind stark verschneit, so daß täglich, oft mehrmals, die Bahnschlitte» geführt werden müssen. Niedere Bergtannen und Gestrüpp schauen jetzt nur mehr mit den Spitzen und den Kronen aus der weißen Masse heraus. — Der Nordschwarzwald meldet bis Montag abend 30 bis 50 Zentimeter Schneehöhe. Die gleichmäßige Schneedecke wird durch den wirbelnden Wind und die Schneeböen beeinträchtigt. So ist auf dem Kamme der Hornisgrinde und dem Hochkopf eine starke Verwehung und Verwirbelung des Neuschnees eingetreten. In den Hochwäldern liegt dagegen ein halber Meter gleichmäßig gelagerter, dichter Pulverschnee. — In Freuden st adt war gestern früh die Schneehöhe 38 Zentimeter bei 2 Grad Kälte. Die Bahnschlitten mußten in Tätigkeit treten. Der Autoverkehr auf der Straße Alexanderschanze—Oppenau ist nicht möglich. Ein Vahnschlitten mit zehn Pferden statt mit sonst bloß 8 zog heute früh nach Zwieselberg los.
Freudenstadt, 26. Januar. Die Freudenstädter Wirtschaftliche Arbeitsgemeinschaft der drei großen Vereine, Eewerbeverein, Kaufm. Verein und D.H.V. veranstalteten am Samstag im Saal des „Murgtäler-Hofs" ihren ersten Vortragsabend. Bürgermeister Dr. Blaicher sprach dabei über „Freudenstadts Fremdenindustrie und ihre Bedeutung für die lokale Wirtschaft". Er erwähnte, daß gezählt wurden im Jahr 1881 1 Kurgast; 1886 500 Kurgäste; 1890 1400 Kurgäste; 1895 1700 Kurgäste; 1900 3766 Kurgäste; 1905 6289 Kurgäste; 1909 7002 Kurgäste; 1914 5000 Kurgäste; 1930 14 000 Kurgäste. Der zweistündige Vortrag fand lebhaften Beifall.
Wildbad, 26. Januar. Die Erwerbslosenzahl hat in Wildbad in den vergangenen zwei Wochen ganz erheblich zugenommen. Von amtlicher Seite wird die Zahl der Erwerbslosen einschließlich die der Parzellen zwischen vier- und fünfhundert angegeben. Allein die Parzellen Sprollen- Haus-Nonnenmitz zählen z. Zt. weit über hundert Erwerbslose. Wildbad und Dobel stehen prozentual in Bezug des Anteils der Erwerbslosenziffer im Oberamtsbezirk an erster Stelle. Der Reichsdurchschnitt in der letzten Woche betrug ca. 6 Prozent. In Wildbad geht nahezu jede zehnte Person stempeln.
Calmbach, 26. Januar. Gut abgelaufen ist gestern abend ein Autounfall in der Lalwerstratze. Das Auto eines Herrn aus Herrenalb kam, aus Hirsau kommend, auf der glatten Stratze ins Rutschen und Lberschlug sich. Die Insassen, vom nachfolgenden Auto aus ihrer mißlichen Lage befreit, kamen mit dem Schrecken davon. Ein Glück, daß der geistesgegenwärtige Fahrer auf die aufsteigende Böschung zugefahren ist.
Birkenfeld» 26. Januar. (Unfall oder Verbrechen?) Im Walde in der Nähe unseres Ortes wurde ein hier wohnhafter etwa 50 Jahre alter verheirateter Mitinhaber eines Pforzheimer Autohauses in seinem Auto sitzend erschossen aufgefunden. Ob ein Verbrechen oder Selbstmord vorliegt, konnte noch nicht festgestellt werden.
Neuenbürg, 26. Januar. Der Derkehrsverein hat beschlossen, in diesem Jahr wieder einen Heimattag zu veranstalten, evtl, in Verbindung mit dem zwanzigjährigen Jubiläum des Bezirksobst- und Eartenbauvereins, sowie des Landwirtschaftlichen Bezirksvereins. Aus der Mitte der Versammlung wurde mitgeteilt, daß im Jahre 1933 der Schützenverein und im Jahre 1935 der Männergesang- ^ verein „Liederkranz" das 100jährige Jubiläum feiern.
Schwenningen» 27. Januar. (Politische lleberfälle.) Am Montag vormittag wurden verschiedentlich Passanten in der Bahnhofstratze durch hiesige, zahlreich in dieser Stratze sich aufhaltende Arbeitslose belästigt und teilweise
Liebe! War er wirklich all die Tränen wert, die sie um ihn geweint? All die schlaflosen Nächte, die sie ihm geopfert?
Wie toll von ihr, daß sie in ihrer Angst dem Wagen nachgelaufen war! Aber sie hatte alle Ueberlegung verloren gehabt, nur mehr dem einen Gedanken gelebt, zu wissen, ob er lebte. O, diese schreckliche Nacht!
Sie erlebte es schaudernd noch einmal und schrie auf, als die Türe ihres Zimmers sich plötzlich in den Angeln drehte.
Ein erleichterter Atemzug entströmte ihrer Brust, als sie ihren Mann gewahrte.
„Du, Ferdinand? — Jetzt schon?"
„Donnerwetter!" sagte Renkell lachend, indem er auf sie zuging. „Da hast du dir einen warmen Willkommgruß ausgedacht, Nella — jetzt schon! — Ich komme wohl zu früh?"
Er wehrte zwischen Lachen und Aerger.
„Ich bitte dich, Nella! Nun fahre ich ununterbrochen von Genf hierher! Tag und Nacht! Ich sehne mich nicht sagbar nach dir und dem Kind und das ist nun der ganze Willkomm, den du mir zu bieten hast!"
Seine schwarzblauen Augen bekamen einen müden, beinahe gleichgültigen Ausdruck, als er sie von Nella weg durchs Zimmer schweifen ließ. „Wo ist die Kleine?"
„Ich weiß nicht! — Jedenfalls bei Fräulein Gerhard."
„Gut! Ich hole sie mir."
„Jetzt nicht. Sie wird Unterricht haben!"
„Dann erst recht. Gott, ich weiß aus meiner Kinderzeit, wie selig ich war, wenn mitten unter der Stunde Besuch kam, der meine Wenigkeit zu sehen wünschte. Also ich hol' sie mir."
Sie zuckte verärgert die Achseln. Aber er sah es nicht mehr.
Mit müden Schritten durchmaß er den langen, durch ein Oberlicht erhellten Korridor.
Im Begriff, Annemaries Zimmer zu betreten, begrüßte ihn eine tiefe Altstimme mit einem etwas zu untertänig klingenden „Guten Morgen".
„Guten Tag, Fräulein Gerhard," sagte er reserviert freundlich.
(Fortsetzung folgt.)