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Altenj^ei^, SarnsNig den ^0. Dererndev 1880
58.
Jahrgang
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Vertreter der Veamtenspitzenorganisationen beim Reichskanzler Berlin, IS. Dez Reichskanzler Dr. Brüning empfing heute in Gegenwart des Reichsministers des Innern, Dr. Wirth, und des Reichspostministers, Dr Schätze!, Vertreter der Beamten- und Svitzenorganisationen. Er hatte diese Aussprache mit ihnen erbeten, um gegen die verschiedentlich in der Oeffentlichken sich breit machende unverantwortlichebeamtenfeindliche Hetze Stellung zu nehmen und die Haltung der Reichsregierung zu der Beamtenschaft klarzulegen. Der Reichskanzler erinnerte daran, dab er bereits bei Gelegenheit der Einbringung des Wirtschafts- und Finanzplans in seiner Rede vom 16. Oktober 1930 vor dem Reichstag von der Schicksalsverbundenheit zwischen Beamten und Staat gesprochen habe. Er habe schon damals namens der Reichsregierung versprochen, für die Erhaltung eines pflichtse- treuen Beamtentums tatkräftig einzutreten, sowie alle unberechtigten Angriffe von ihm abzuwehren. Bei der heutigen Besprechung ging der Reichskanzler näher auf diese Frage ein und betonte, Laß gerade in der heutigen schweren Zeit das Berufs- beamtentnm die zuverlässigste Stütze des Staates sein müsse. Er könne sich nicht vorstellen, wie die schweren Aufgaben ohne ein treues und zuverlässiges Berufsbeamtentum zu lösen seien. Gegenüber den vorgetragenen Beschwerden über die lautgewordenen beamtenfeindlichen Angriffe wies der Reichskanzler darauf bin, dab die Beamtenschaft mit vollem Recht beanspruchen könne, daß die Allgemeinheit mehr Verständnis für ihre Tätigkeit aufbringe. Die Beamtenschaft setze ihre ganze Kraft und ihre ganze Persönlichkeit für Volk und Staat ein. Ihre ausschließliche Hingabe an den öffentlichen Dienst müsse daher auch von der Oef- ientlichkeit anerkannt und richtig gewürdigt werden. Von jeher habe der deutsche Beamte weit über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus als Vorbild uneigennütziger Pflichttreue und Unbestechlichkeit gegolten. Er sei stets die stärkste Stütze eines geordneten Staatslebens gewesen und auch in den jetzigen überaus schwierigen Zeiten baue die Reichsregierung auf den opferbereiten und dienstkreudigen Geist der Beamtenschaft.
' Namens der Reichsregierung sprach der Reichskanzler die Erwartung aus. daß die Beamtenschaft nach wie vor unverdrossen ihre ganze Arbeitskraft dem Staate hingebe. Nur dann werde es möglich sein, die gegenwärtige schwere Notlage des Staates zu überwinden. Als unverantwortlich bezeichnete es der Reichskanzler, daß den Beamten vielfach ihre Entlohnung, die nur einer angemessenen Lebenshaltung entspreche, mißgönnt werde. Wer die Dinge wirklich objektiv beurteile, müsse zugeben, daß die heutigen Bezüge nur bei sparsamster Wirtschaftsführung ausreichend seien. In der Öffentlichkeit werde übersehen, daß die Bezüge der Beamten gesetzlich gebunden seien. Die Beamtenschaft habe nicht die Möglichkeit, ihre Bezüge tariflich zu regeln und damit den jeweiligen Wirtscha?tsvsrhältnissen anzupassen. Dieser Nachteil wirke sich bei Konjunkturschwankungen zum Schaden der Beamtenschaft aus Die Sanierung der gesamten öffentlichen Hand habe eine Kürzung der Veamtengehälter notwendig gemacht, die angesichts der in gewissem Umfange zweifellos gesteigerten Kaufkraft des Geldes begründet erscheine. Er vertraue mit der gesamten Reichsregierung darauf, daß die Beamtenschaft Verständnis dafür habe, daß auch sie materielle Opfer bringen müsse. Im Zuge der Weltpreisentwicklung sei auch in Deutschland ein Herangehen an das Preisniveau, also auch bei Löhnen und Gehältern notwendig geworden. Gerade im beamtenvoliti- schen Interesse sei ein etwas geringeres Gehalt bei gesick-e-ten Staatsfinanzen bei weitem einem unverändert höheren Gehalt vorzuziehen, dessen Auszahlungsmöglichkeit infolge zerrütteten Staatshaushalts aber mehr als zweifelhaft geworden wäre. Der Reichskanzler versicherte am Schluß seiner Ausführungen, daß die Reichsregierung die ungerechten Angriffe gegen die Beamtenschaft lebhaft bedaure. Da die Reichsregierung es nicht dulden könne, daß die Beamtenschaft zu unrecht Zielscheibe der öffentlichen Verhetzung werde, werde er, der Reichskanzler, im Interesse des Staates alles tun, um gegen die Verleumder des Berufsbeamtentums vorzugehen und die schweren unberechtigten Angriffe von der Beamtenschaft mit Nachdruck abzuwebren. Die Beamtenschaft könne daher zu der Reichsregierung das größte Vertrauen haben.
ZvilivEenstillstailMbkomMN vor dem Reichstag
Berlin, 20. Dezember. Die Reichsregierung hat sich, wie der „Vörsenkurier" berichtet, entschlossen, den gesetzgebenden Körperschaften das Genfer Handelsabkommen vom 24. März 1930 zur Ratifikation vorzulegen. In der Begründung der Reichsregierung zum Genfer Handelsabkommen heißt es u. a.: Die im Handelsabkommen vorgesehene Regelung beschränkt sich auf den Versuch einer gewissen Stabilisierung des bestehenden Zolltarifniveaus.
Als weiteres Merkmal des Handelsabkommens ist hervorzuheben, daß es sich zwar nicht rechtlich, wohl aber tatsächlich auf europäische Staaten beschränkt. Von den durch Deutschland zu übernehmenden Verpflichtungen kommt die größte Tragweite dem Verzicht auf die Kündigung der mit
den anderen Teilnehmerstaaten abgeschlossenen Handels- s vertrage zu. Nicht ausgeschloffen ist die Aenderung be- s stehender vertraglicher Abreden im Wege der Verein- § barung mit dem jeweiligen Vertragspartner, allerdings s vorbehaltlich des Kündigungsrechts betroffener dritter Staaten.
Die weitere Verpflichtung, Zollerhöhungen den Teilnehmerstaaten vor ihrer Inkraftsetzung anzuzeigen, und sich auf Verhandlungen über eine gütliche Verständigung einzulaffen, kann zu Unträglichkeiten kaum Anlaß geben, da jeder Staat in von ihm als dringend angesehenen Fäl- j len berechtigt ist, von einer Voranzeige abzusehen mit der s Folge, daß auch die Verhandlungspflicht entfällt. Das im i Falle von Zollerhöhungen den betreffenden Staaten zu- ! stehende Kündigungsrecht ist daher die einzige unbedingt ! eintretende Folge von Zollerhöhungen. j
Die so getroffene Regelung ist als das Mindeste dessen ! anzusehen, was gefordert werden mußte, wenn das Ab- z kommen der deutschen Ausfuhr einen gewissen Schutz gegenüber handelspolitischen Maßnahmen des Auslandes geben soll. Von dem Abkommen darf eine nicht zu unterschätzende Entlastung der deutschen Ausfuhr erwartet werden.
Zr. Lurttus zur vstafrikamMn Frage
Berlin, 20. Dezember. Reichsaußenminister Dr. Cur- tius empfing den Präsidenten der Deutschen Kolonialgesellschaft Dr. Schnee, sowie als Vertreter des Vorstandes Dr. Hindorf, Generaldirektor Kemner und Frau Hedwig von Bredow, Vorsitzende des Frauenbundes der Deutschen Kolonialgesellschaft. Die Abordnung überreichte eine vom großen Vorstand der Deutschen Kolonialgesellschaft einstimmig gefaßte Entschließung, in der an die Reichsregierung die Aufforderung gerichtet wird, eine entschlossene, kraftvolle Politik zum Schutze der deutschen kolonialen Rechte und Ansprüche zu verfolgen. Vor allem müsse erwartet werden, daß die Reichsregierung allen Bestrebungen der englischen Regierung, den Mandatscharakter von Deutfch- Ostafrika zu verwischen, mit allem Nachdruck entgegentritt.
Der Reichsautzenminister Dr. Curtius betonte in seiner Erwiderung, daß die deutsche Regierung nach wie vor zu ihrem Memorandum von 1924 stehe, das der Erwartung Ausdruck gibt, daß Deutschland zu gegebener Zeit aktiv am Mandatssystem beteiligt werde, sowie zur Erklärung des Reichsministers Dr. Stresemann in der Reichstagsrede vom 24. 6. 1929, wonach die deutsche Wirtschaft eine Erweiterung ihrer Rohstoffbasis benötige, und zu der von ihm selbst in der Reichstagsrede vom 26. 6. 1930 abgegebenen Erklärung, daß Deutschland seine Forderung nach kolonialer Betätigung aufrecht erhalte. Er sagte zu, die Entschließung zur Kenntnis des Reichskabinetts zu bringen und sie zum Gegenstand der Behandlung im Rahmen der Eesamtaußen- politik zu machen. Zu der ostafrikanischen Frage wies Dr. Curtius auf die wiederholten, auch heute noch gültigen Erklärungen hin, die er und sein Amtsvorgänger im Reichstag abgegeben haben, daß die Reichsregierung eine tatsächliche Bedrohung des Mandatssystems mit allen Mitteln zu verhindern suchen werde.
Aus dem Reichsral
In der Sitzung des Reichsrates wurde der Gesetzentwurf zur Aenderung des Lichtspielgesetzes an den Ausschuß überwiesen. Gegen das Gesetz über den Ladenschluß am 24. Dezember wurde Einspruch erhoben und eine Entschließung angenommen, vie Regierung zu ersuchen, mit möglichster Beschleunigung einen Gesetzentwurf über die Arbettsruhe am 24 Dezember vorzulegen.
Gegen die Stimmen der meisten preußischen Provinzen und bei Stimmenthaltung Thüringens wurde das Entschädigungsgesetz für die gewerbsmäßigen Stellenvermittler angenommen Die Tätigkeit der Vermittler von künstlerischem und artistischem Personal hört mit dem 1. Januar 1931 auf. Diese Vermittler sollen eine Entschädigung erhalten, die sich nach dem Durchschnitt ihres Einkommens aus den Jahren 1927 bis 1929 berechnet. Den Konzertagenten, für die es noch keine Ersatzeinrichtung gibt, soll die weitere Vermittlung erlaubt werden. Auch für die Vermittler von Saus-, Eastwirtschafts- und Landwirtschaftspersonal ist eine Entschädigung nicht vorgesehen. Sie dürfen tbre Tätigkeit noch zweieinhalb Jahre iortjetzen, wenn sie ihr Gewerbe vor I960 begonnen oder mindestens seit 1910 ausgeübt haben. — Auf eine Beschwerde der im Beirat der Reichsmonovolverwaltung vertretenen Brenner setzte der Reichsrat den Grundpreis für das Hektoliter Weingeist von 51 aus 63 Mark herauf
Sie Reichsbahn im November isZa
Berlin, 18. Dez. Infolge der anhaltend schlechten Wirtschaftslage ist ver Personenverkehr im November weiter zurückgegangen. Die Einnahmen aus dem Personen- und Eeväckverkehr betrugen im Oktober 104,629 (September 118,12) Millionen Mark^ aus dem Güterverkehr 260,109 (242,99) Millionen Mark und au» Sonstigem 40,681 (26,77) insgesamt also 405,319 (387,88 Millionen Mark. Die Ausgaben stellen sich im Oktober auf insgesamt 406,930 (419,13) Millionen, davon für Betrieb uns Unterhaltung 287,049 (296,03) Millionen und für Erneuerung der Reichseisendahnanlagen 54,779 (58,10) Millionen. Im Oktober 1930 hielte» sich die Verkehrseinnabmen auf der Höbe des Vormonats Im ganzen blieb das Monatseinnahmeergebnis unter Sem des Oktobers um 73,5 Millionen Reichsmark zurück, sodaß sich die Einnahmeausfälle seit Beginn dos Geschäftsjahres gegenüber der gleichen Vorjahreszeit auf 630,4 Millionen Reichsmark erhöhen. Der Personalbestand betrug Ende Oktober einschließlich der Zeit- und Ausbilssarbeiter 676 341 Köpfe gegenüber 693 848 im September.
Feierschichten bei der Reichsbahn
Berlin, 18. Dez. Die Meldungen über eine vom 1. Februar 1931 bevorstehende Entlassung von 25 000 Arbeitern bei der Reichsbahn sind, wie wir von unterrichteter Seite erfahren, nicht zutreffend. Richtig ist, daß infolge des anhaltenden Verkehrsrückgangs der Arbeitsanfall bei der Reichsbahn zurückgegange« ist. Es fehlt zur Zeit in der Bahnunterhaltung an Arbeit ?ür 17 000 Arbeiter und in den Ausbesserungswerken an Arbeit für 8700 Arbeiter. Um eine Entlastung dieser Arbeiter zu vermeiden, bat der Verhaltungsrat der Reichsbahn mit den Gewerkschaften Verhandlungen gepflogen mit dem Ziel, Feierschichten einzulegen. Die Gewerkschaften haben den Abschluß eines solchen Feierschichtenabschlusses jedoch abgelebni.
Reue Reichsbanknvten
Berlin, 19. Der. Die Reichsbank bat einen neuen Typ von Banknoten geschaffen, als deren erster Wert die Zwanzig Reichsmark-Note dem Verkehr nunmehr übergeben wird. Die Zehn Reichsmark-Note folgt in wenigen Wochen. Fünfziger, Hunderter und Tausender sind in Arbeit. Dem Wunsche, in den Reichsdanknoten das Schaffen und Streben des deutschen Volkes zu versinnbildlichen, wurde durch die Wahl der Bildnisse entsprochen, die hervorragende Persönlichkeiten aus Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie, Handel, Wissenschaft und Kunst darstellen. Die jetzt zur Ausgabe gelangte Zwanzig Reichsmark-Note trägt das Bildnis von Werner v. Siemens, die Note zu 10 Reichsmark wird das Bildnis von Tbaer zeigen Be, der Herstellung der neuen Noten gelangen alle technischen Neuerungen der lebten Jahre zur Anwendung. Mit der Anfertigung eines Reliefs für die Rückseite und dann des ganzen Entwurfes wurde der Bildhauer Professor Langer in Düsseldorf beauftragt Durch Hinzunahme des Stahldruckverfahrens, zu dem bisher angewandten Buchdruckversahren ist sowohl der äußere Eindruck der Note, wie auch ihre Sicherung gegen Fälschungen noch wesentlich verbessert worden. Bei dem jetzt verwendeten Papier wurde erstmalig versucht, das gestochene Porträt aus den Geldscheinen auch als Wasserzeichen erscheinen zu lassen. Das Ergebnis äußert sich in den gut gelungenen Wasserzeichen und der wesentlich erhöhten Festigkeit des Papiers, besten Widerstandsfähigkeit das doppelte des bisherigen beträgt.
Mussolini-Rede
über de« Ausgleich des italienischen Defizits
Rom» 18. Dez. Bei der Beratung der Eesetzesvorlage über die Herabsetzung der Beamten- und Angestelltengehälter im Senat dielt Mussolini eine Rede über die Finanz- und Wirtschaftslage und teilte mit, daß das Defizit im Rechnungsjahr 1930 aus etwa 900 Millionen geschätzt werden könne. Es sei möglich, neue Steuern einzuführen oder die bereits bestehenden zu erhöhen, denn der Steuerdruck in Italien sei sehr erheblich. Man habe daher eine Erleichterung des Budgets durch Herabsetzung der Beamten- gehälter herbeiiübren müssen. Andere Ersparnismöglichkeiten gebe es nicht. Auch eine Einschränkung der Militärausgaben. die von 650 Millionen in der Vorkriegszeit aur etwa 5 Milliarden gestiegen seien, sei im gegenwärtigen Augenblick nicht möglich, wo alle Mächte stark rüsteten, soviel sie auch von Frieden sprächen.
Neues vom Tage
Anschluß Lübecks an Hamburg?
Hamburg, 19. Dez. Schon seit einiger Zeit ist Lübeck mit Hamburg auf dem Gebiete des Eefängniswesens, der öffentlichen Heilanstalten, der Luftfahrt zusammen an die Ileber- nahme öffentlicher Aufgaben herangegangen. Jetzt scheinen die stärksten politischen Faktoren beider Länder, die Sozialdemokratische Partei in Hamburg und Lübeck, einen völligen Zusammenschluß der beiden Hansastädte, also einen Anschluß Lübecks an Hamburg, befürworten zu wollen