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Keine weiteren Zollerhöhunsen bevorstehend Berlin, 16 Dez. Wie wir erfahren, hat das Reichskabinett sich in seiner Nachtsitzung mit der Frage befaßt, ob der gegenwärtig« Zollschutz — r. B. kür Butter— unter dem stärker werdenden Druck des Auslandes ausreicht. Der Reichsernährungsminister hatte offenbar den Wunsch, daß das Kabinett sich vom Reichstag die Ermächtigung geben lassen sollte, die Zölle je nach den Schwankungen der Weltlage zu variieren. Nach diesem System wird die französische Zollpolitik praktisch gehandhabt. Die Diskussion im Kabinett hat aber ergeben, daß die Reichsregierung es nicht für zweckmähig hält, sich jetzt kurz vor dem Auseinandergehen des Reichstags noch um eine solche Ermächtigung zu bemühen. Dabei wurde auch daraus hingewiesen, dah weitere Zoll- heraufsetzungen nur schwer mit einer Politik vereinbart werden können, die auf die Herabsetzung der Preise und Löhne hinwir- ken will. Man beurteilt zudem die Lage der Landwirtschaft dahin, dah eine Reibe von Symptomen dafür sprechen, dah die Agrarkrise nun doch allmählich zum Stillstand kommt So wickelt sich die Rückzahlung der Düngemittelkredite, iür die man recht schwarz sah, jetzt viel glatter ab als in früheren Jahren. Schließlich siebt man z. B. in der Tatsache, daß der Weizenpreis im Hamburger Freihafen 6.20 M. und in Berlin 12.80 M. steht, einen Beweis dafür, wie unabhängig ein Teil der Agrarprodukt« vreismäbig bereits von der Weltlage geworden ist die eine ständig sinkende Preistendenz zeigt. In politischen Kreisen sieht man hierin ein wesentliches Verdienst des Reichsernährungsministers Schiele, der sich übrigens selbst den Argumenten nicht verschlossen bat, die für den Augenblick gegen weitere Zollerböbuusen sprechen. Das bedeutet, daß die Darstellung eines Berliner Abendblattes, aus der man auf eine Schiele-Krise schließen mußte, vollkommen unrichtig ist.
Sie Sirasrechisoorloge im Reichstag
Vor Eintritt in die Tagesordnung protestiert Abg. Dr. Frick (NS.) gegen die Verhaftung des nationalsozialistischen Abgeordneten Dr. Fabricius, der im Zusammenhang mit den nationalsozialistischen Demonstrationen gegen den Remarque-Film auf Befehl des Polizeiobersten Seimannsberg festgenommen worden ist. Er beantragt die Freilassung des Abgeordneten Dr. Fabricius.
Der sofortigen Beratung des nanonalsoialistischen Antrages wird von den Sozialdemokraten widersprochen. (Stürmische Pfuirufe bei den Nationalsozialisten.) Abg Dr. Frick (NS.) beantragt hierauf die Vertagung der Sitzung. Dieser Antrag wird im Hammelsprung mit 214 gegen 187 bei einer Stimmenthaltung angenommen. Für die Vertagung haben mit den Nationalsozialisten auch die Deutschnationalen, das Landvolk, die Kommunisten, die Christlich-Sozialen und die Volksnationalen gestimmt. Die Wirtschastsvartei hat sich an der Abstimmung nicht beteiligt. Das Abstimmungsergebnis wird von den Nationalsozialisten mit stürmischem Beifall begrüßt. Ein Nationalsozialist ruft: „Köpfe werden rollen!" Präsident Löbe vertagt die Sitzung bis 4 llhr.j
Schon 26 Minuten vor 4 Uhr eröfsnete Präsident Löbe die Sitzung wieder und teilt mit, daß im Aeltestenrat eine Einigung erzielt worden sei, der sofortigen Beratung des nationalsozialistischen Antrages nicht mehr zu widersprechen.
Präsident Löbe stellt dann ohne Widerspruch fest, daß der Frei- lassungsantrag für Dr. Fabricius ohne Debatte angenommen sei.
Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des Antrags des Abg. Dr. Kahl (DVv.), wonach die bisherigen Beschlüsse des alten Ausschusses für Strafrechtsreform dem neuen Reichstags ausjchuß überwiesen werden solle».
Abg. Dr. Kahl (DDp.) begründet den Antrag. Es wäre nicht Lu rechtfertigen, wenn die wertvolle Arbeit von zwei Reichstagen für die Strafrechtsreform verloren ginge. Die Strafrechtsreform, die auch die Angleichung des deutschen und österreichischen Rechts bringen soll, sei dringend notwendig.
Staatssekretär Joel spricht dem Abgeordneten Dr. Kahl den Dank dafür aus, daß er den Anstoß gegeben habe zur Wiederaufnahme der Strafrechtsreform, mit der Kabls Name für alle Zeiten untrennbar verbunden sein werde.
Abg. Muntau (ChrSoz.) begrüßt den Vorstoß des Abg. Dr. Kahl. Die Fortsetzung der Reforlarbeit am Strafrecht sei notwendig.
Abg. Dr. Löwenthal (K.) erklärt, der bisherige Reformentwurf sei ein Werk der politischen, sozialen und kulturellen Reaktion.
Als der Redner sich gegen die Nationalsozialisten wendet, kommt es zu Lärmszenen, die nun stundenlang anhalten. Abg. Heines (NS.) und andere NS. rufen: Unverschämter Judenjunge! Sie werden dafür zur Ordnung gerufen. Die NS. verlassen teils den Saal, teils kehren sie dem Redner den Rücken zu.
Abg. Dr. Frank (NS.) beginnt seine Rede mit den Worten: Der Proletarier Löwenthal hat die echt jüdische Unverschämtheit besessen.... wofür er vom Präsident Löbe zur Ordnung gerufen wird. Die Kommunisten erzeugen nun künstliches Gemurmel, als Dr. Frank meint, Kommunisten und Juden könnten ihn nicht beleidigen. Im Laufe der Rede macht Dr. Frank mehrfache heftige Angriffe und »«letzt wird ihm das Wort entzogen.
trs KablmM
I Abg. Wegmann (Z.) erklärt daß seine Partei Bedenken gegen I die bisherige Reformarbeit habe, aber der Ausschußüberweisung I zustimme.
I Abg. Rosenfeld (S.) wird von den Nationalsozialisten mit Zurufen empfangen. Dr. Goebbels (NS.) erhält einen Ordnungsruf, weil er gerufen hat: „A?as bat der Jude im Deutschen Reichstag zu tun?". Rosenfeld stimmt dem Antrag Kahl zu fordert aber Beseitigung der Todes- und Zuchthausstrafe. Nach weiteren Zwischenfällen erklärt Abg. Dr Kahl, daß er bei dem Tiefstand der Diskussion auf das Schlußwort verzichte. Sein Antrag wird gegen NS.. Kommunisten und Deutschnationale dem Strafrechtsausschub überwiesen.
Bei der weiteren Beratung des Penstonskürzungsgesetzes spricht sich Rheinhold (Staatspartei) für den Entwurf aus, während Lucke (WP.) die Entfernung von Härten und Ungerechtigkeiten fordert.
Während der Rede des Abg. Völker (S.) kommt es zu neuen Zusammenstößen mit den Nationalsozialisten. Es entstehen beinahe tätliche Szenen, der NS. Dreher springt mit erhobenen Fäusten auf die Sozialdemokraten zu.
In der weiteren Aussprache wurde der Pensionskürzungsem- wurf von weiteren Parteirednern gebilligt und der lleberwei- sung des Entwurfs an den Haushaltsausjchuß zugestimmt. Zwischen dem Abg. Groß (Z.) und der Wirtschaftspartei kommt es noch zu Auseinandersetzungen, weil der Redner Beamtenseindlich- keit vorwirft Bei der Eeschäktsordnungsdedatte für die Sitzung am Donnerstag, wünschen die Deutschnationalen die Hereinnahme ihrer drei Mibtrauenroxträge, bleiben aber in oer Minderheit.
Schließung der Gaststätten am Heiligabend
5 Uhr-Ladenschluß am Heiligabend Berlin, 10. Dez. Im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstages wurde ein Antrag angenommen, wonach für offene Verkaufsstellen. auch wenn sie keine Angestellten beschäftigen, der Ladenschluß am Heiligabend allgemein auf 5 Uhr festgelegt wird. Bis zu einer halben Stunde nach Ladenschluß dürfen noch bereits anwesende Käufer bedient und Aufräumungsarbeiten geleistet werden. Dieser Beschluß bedeutet, daß die in der bisherigen Regelung enthaltene Ausnahme für Lebens- und Eenußmittel- geschäfte und für Geschäfte ohne Angestellte, die bis um 6 Uhr offenhalten durften, beseitigt wird. Dieser Beschluß wurde mit großer Mehrheit gefaßt, da Sozialdemokraten, Kommunisten. Nationalsozialisten und Christlich-Soziale geschloffen dafür eintraten. Dagegen stimmten die - Wirtschaftspartei, die Deutschnationalen, das Landvolk und ein Vertreter der Deutsches Volkspartei. Weiter beschloß der Ausschuß, daß alle Gaststätten am Heiligabend, auch wenn sie keine Angestellten beschäftigen »m 7 Uhr schließe» müssen.
Gegen den Remarque-Film
Verbot des Reutarque-Films?
Berlin, g. Dez. Die öffentlichen Vorführungen des Remarque- Films werden demnächst verboten, da sie „die öffentliche Ruhe und Sicherheit gefährden". Es ist grundverkehrt, wenn man die Dinge so darstellt, als handle es sich nur um einen von den Nationalsozialisten zu Agitationszwecken inszenierten Rummel. Der Film ist in der jetzigen Fassung insofern als deutschfeindlich zu bezeichnen, als er ein unvollständiges Teilwerk ist. Im Ausland geht eine Originalfassung durch die Welt, die deutschfeindliche, zum mindesten aber Deutschland beleidigende Szenen enthält.
Die Entscheidung der Filmobcrpriifstclle ist für Donnerstag zu erwarten, wenn nicht das Reichskabinett den Film verbietet.
Auch der Reichsverband Deutscher Lichtspieltheaterbesitzer gegen den Film
Berlin, 9. Dez. Der Reichsverband Deutscher Lichtspieltbeater- besitzer hat auf einer Vertretertagung folgende Entschließung ge- faßt: „Die Delegierten des Reichsverbandes Deutscher Lichtspieltheaterbesitzer lehnen es ah Filme zu zeigen, die ihre Theater zum Schauplatz politischer Kämpfe machen. Sie bedauern es außerordentlich, daß der Deutsch-Amerikaner Karl Laemmle 12 Jahre nach Friedensschlub noch einen Kriegsfilm hergestellt bat, der in Berlin nicht in der gleichen Fassung wie in London und Paris laufen kann".
Demonstrationsoerbot in Berlin
Berlin, 16 Dez. Der Polizeipräsident teilt mit: Nachdem die verschiedenen politischen Kundgebungen in den letzten Tagen trotz geringfügiger Beteiligung (in keinem Falle mehr als 6066) eine Störung der öffentlichen Ordnung herbeigesührt haben, hat der Polizeipräsident in Berlin von Mittwoch ab sämtliche Kundgebungen und Umzüge unter freiem Himmel verboten. Dieses Verbot wird bis auf weiteres aufrecht erhalten. Eine Anzahl von Plätzen, deren Namen noch bekanntgegeben werden, soll für Versammlungen freigegeben bleiben. Umzüge bleiben «uO dann in jedem Falle untersagt.
Die Zusammensetzung der Filmoberprüfstelle Berlin, 11. Dezember. Die Oberprüfstelle, die heule über das Weiterspielen oder das Verbot des Remarque» Films „Zm Westen nichts Neues" zu entscheiden hat, ist, den Blättern zufolge, wie folgt zusammengesetzt: Vorsitzender Ministerialrat Seeger vom Reichsinnenministerium» der in dieser Funktion richterliche Unabhängigkeit besitzt; Beisitzer werden sein Fräulein Reinhardt, eine Tochter des Generals Reinhardt, Paul Vaecker, Chefredakteur der „Deutschen Tageszeitung", außerdem ein Vorführer aus der Filmindustrie und ein evangelischer Professor der Theologie.
Fabricius verurteilt
Berlin. 16 Dez. Der bei den Zusammenrottungen festgenom- mene nationalsozialistische Abgeordnete, Regierungsrat a. D. Dr. Fabricius, wurde dem Schnellrichter vorgeführt. Er ist nach seiner Vernehmung wegen Nichtbefolgung polizeilicher Anordnungen zu 30 NM Geldstrafe bezw. 3 Tagen Haft und wegen Beleidigung zu 150 RM. Geldstrafe bezw. 16 Tagen Gefängnis verurteilt worden Die Staatsanwaltschaft hat Berufung eingelegt.
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Ruhe am Nollendorfplatz in Berlin Berlin, 10. Dezember. Auf dem Nollendorfplatz, wo in den letzten Tagen wegen der Vorführung des Films „Im Westen nichts Neues" große Demonstrationen stattgefunden hatten, herrschte heute abend Ruhe. Die Polizei hatte nichtsdestoweniger die gleichen Maßnahmen zur Sicherung der ungestörten Vorführung des Films getroffen, wie an den Tagen zuvor. Auch die Verlegung der Verkehrsmittelhaltestellen und die verschärfte Bewachung des Unter- grundbahnhofes war aufrecht erhalten. Die Besucher des Films wurden wiederum von Beamten der Abteilung I ^ in Stichproben untersucht.
Sie Arbeilsmarkilagr im Reich
Berlin, 9. Dez. Die Zunahme der Arbeitslosigkeit, die die Wintermonate mir sich zu bringen pflegen, hat nach dem Bericht der Reichsanstalt in der zweiten Novemberhälfte dieses Jahres nicht das Ausmaß erreicht wie in der gleichen Zeit des Vorjahres. Einen Ausschnitt der gesamten Arbeitslosigkeit geben die Ziffern der rlnterstlltzungseinrichtungen. Am 36. November standen in der Arbeitslosenversicherung rund 1788 660, in der Krisenunterstützung rund 566 666 Hauptunrerstützungsempfänger. Das bedeutet gegenüber dem 15. November eine Zunahme von rund 127 060 in der Arbeitslosenversicherung (im Vorjahre Zunahme von rund 1015 006 um 155 600 auf rund 1206 606).
Aehnlich ist das Bild, das die Entwicklung der Zahlen der Arbeitssuchenden gibt. Von den Arbeitssuchenden, die am 30. November bei den Arbeitsämtern verfügbar waren, find etwa 3 762 666 als Arbeitslose zu zählen, d. h. etwa 204 666 oder 5,7 v. H. mehr als am 15. November. Die entsprechende Zahl des Vorjahres belief sich aus rund 2101 066, die Zunahme in der zweiten Novemberhölfle mit fast 262 000 oder 14,2 v. H. war jedoch sowohl absolut, wie im Verhältnis nicht unerheblich höher als in diesem Jahr.
Die Arbeitslosigkeit in England. Die Zahl der eingetragenen Arbeitslosen wird amtlich für den 1. Dezember mit 2 305 639 angegeben. Diese Ziffer ist um 19 179 höher als die der Vorwoche und um 1662 769 höher als die am 1. Dezember 1929.
öesterreichs neue Regierung
(Wiener Brief)
Die politische Krise in Oesterreich ist beendet, die neue Regierung ist gebildet. An ihrer Spitze steht der Landeshauptmann von Vorarlberg, Dr. Otto Ender. Er gehört der Christlich-Sozialen Partei an, war aber an den politischen Kämpfen der letzten Zeit nicht beteiligt. Er trägt also keine Verantwortung für die Schwenkung, die die Christlich-Sozialen unter Führung Vaugoins zugunsten der Heimwehr durchgemacht haben, eine Schwenkung, die zu den Neuwahlen geführt hat. Zusammen mit dem Landeshauptmann von Niederösterreich, Dr Karl Vuresch, hat Dr. Ender versucht, eine Rückkehr zu der früheren bürgerlichen Koalition zu ermöglichen. Dieser Versuch ist von Erfolg gekrönt worden: anstelle der Regierung Vaugoin—Starhemberg ist die Regierung Ender—Schober getreten.
Es ist äußerst bezeichnend, daß der ehemalige Bundeskanzler Schober den Posten des Vizekanzlers übernommen hat, den in der Regierung Vaugoin der ehemalige Bundeskanzler Dr. Seipel innehatte. Seipel und Schober sind nicht gerade als Freunde zu bezeichnen. Sie scheinen nicht nur in politischer Hinsicht, sondern e.uch persönlich nicht gut nit- einander auszukommen. Dr. Seipel hat in der letzten Zeit aus seiner Zuneigung zu der Heimwehr kein Hehl gemacht. Er war es. der dem Rechtsflügel der Christlich-Soziale«