Nr. 48/280
Schwarzwülder L»»»t«,,tl»tt
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nichts, alter Mann, es ist nicht de» Menschen Recht und Sache, Rache zu üben und Vergeltung zu fordern. Und nun geben Sie mir die Bücher".
Zwei Stunden währte die Revision. Die Bücher waren in Ordnung, in der Kasse aber fehlten, wie der Kassierer gesagt hatte, 280 Mark.
Rudolf Hildner entnahm seiner Geldtasche diesen Benag, den er zufällig Lei sich führte, legte ihn in die Kasse, unterfertigte Las Revisionsprotokoll, langte nach seinem Hut und sprach: „Das Darlehen können Sie mir in beliebigen Monatsraten zu- rückzablen, ich wohne in M., Königstrabe 5. Leben Sie wohl!"
Bevor der Kassierer sich von seinem Staunen und seiner Ueber- »aschung erholte und ein Wort des Dankes stammeln konnte, hatte Rudolf Hildner das Zimmer verlassen.
Jas Lexikon
Groteske von Jo Hanns Rösler
Max hat ein Wort nötig; er möchte wissen, wie man „Sympathie" schreibt. Aber er hat kein Lexikon zu Hause.
Max sagt: „Ich bin ein freier Staatsbürger, und das genügt. Ich werde in die Staatsbibliothek gehen und dort im Lexikon Nachsehen."-
Max kommt in die Staatsbibliothek. Vor dem Tore mustert ihn mißtrauisch der Portier. „Wohin?" — „In die Staatsbibliothek." — „Geradeaus. Mittelste Tür."
Hinter der Tür steht schon wieder einer: „Schirme und Stöcke sind abzugeben."
„Verzeihen Sie", meint Max, „ich will nur auf einen Sprung — nur schnell etwas Nachsehen — ich komme sofort zurück. . ."
„Schirme und Stöcke sind abzugeben. Hier ist Ihre Marke."
Max gibt seinen Stock ab und geht durch die Halle. Hinter einer Säule schießt einer auf ihn zu. „Wohin?" — „Zn die Staatsbibliothek." — „Da sind Sie. Was wollen Sie hier?" — „Etwas Nachsehen." — „Was Nachsehen?"
— „Ein Wort im Lexikon." — „Also Sie wollen hier lesen?" — „Ja." — „Lesesaal dritte Tür rechts."
Max geht in den Lesesaal dritte Tür rechts."-
„Ihren Ausweis?" fragt der Mann am Eingang. — „Was für einen Ausweis?" — „Ihre Lesekarte." — „Ich habe keine Lesekarte." — „Ohne Lesekarte dürfen Sie hier nicht herein. Lesekarten zweiter Stock, rechter Gang, Tür 39." — „Aber ich will doch nur ein Wort ..." — „Lesekarten zweiter Stock, rechter Gang, Tür 39."
Max steigt in den zweiten Stock.-
„Ich möchte eine Lesekarte haben." — „Für einen Monat? Für ein Jahr?" — „Nein. Nur für einen Tag."
— „Für wann?" — „Für heute." — „Das geht nicht. Lesekarten werden nur vormittags von elf bis zwölf Uhr ausgestellt." — „So? Verzeihen Sie, aber warum ist dann dieses Büro jetzt nachmittags geöffnet?" — „Wir haben nicht geöffnet. Wir haben nur offen." — „Was ist da für ein Unterschied?" — „Wenn jemand dringend eine Karte braucht." — „Ich brauche dringend eine Karte."
„Dann müssen Sie einen Dringlichkeitsantrag stellen. Dem Antrag sind beizufügen Eeburts- und Impfschein, Einwohnermeldesckein, letzte Steuerguittung, Trauschein der Eltern mit Vatersnamen der Mutter und ein Strafregisterauszug. Ferner ist anzugeben, warum und wozu Dringlichkeit vorliegt."
„Aber, verehrter Herr", wurde jetzt Max unruhig, „ich will doch nicht hier Ehrenmitglied werden! Ich will doch nur ein Wort im Lexikon Nachsehen, ein einziges Wort!"
„Dann brauchen Sie keinen Leseschein."
„Aber der Beamte im Lesesaal sagte, daß ich ohne Schein nicht in den Lesesaal darf."
„Da hat er recht."
„Aber —"
„Was wollen Sie denn im Lesesaal? Sie wollen doch nicht im Lexikon lesen, sondern nur Nachsehen. Das können Eie auch ohne Leseschein im etymologischen Kabinett, erster Stock, Tür 22."
Max stieg wieder in den ersten Stock.
„Kann ich ein Lexikon haben?"
„Da müssen Sie erst einen Antragsschein unterschreiben."
Max unterschreibt den Antragsschein. Der Beamte stempelt daraus das Wort „Genehmigt". — „Kann ich ein Lexikon haben?" fragt Max nochmals.
„Ja. Wenden Sie sich an den Herrn gegenüber."
Max wendet sich an den Herrn gegenüber. „Ich möchte ein Lexikon." — Der Beamte schiebt Max einen Zettel zu. „Schreiben Sie Ihre Wünsche auf den Bllcherzettel."
Max füllt den Bücherzettel aus. Schreibt: ein Lexikon. Max gibt den Zettel dem Beamten. Der Beamte gibt Max eine Nummer. „Ihre Nummer wird ausgerufen. Warten Sie da drüben."
Max hat die Nummer 235. Der Beamte ruft gerade aus: „Nummern 83 bis 87."
Nach zwanzig Minuten hört Max: „Nummer 253 bis 256." — Max eilt zur Ausgabe. Erwartet sein Buch. Aber Max erhält nur seinen Zettel. Darauf steht: „Nähere Bezeichnung?"
„Wieso?" steht Max dumm.
„Sie müssen angeben, was für ein Lexikon Sie wünschen. Wir haben hier das große Konversationslexikon, das kleine Konversationslexikon, das Elossarlexikon, das Onomastiklexikon, das Jdiotiklexikon, das etymologische Lexikon, das Synonymenlexikon, dazu noch Hunderte Fach-, Spezial- und Realwörterbücher. Der Nächste bitte."
„Das ist mir zu hoch", meint Max wütend, „ich will doch nur ein gewöhnliches Wörterbuch, weil ich Nachsehen will, wie ein Wort geschrieben wird!"
„Dann genügt doch ein orthographisches Wörterbuch."
„Freilich."
Max gibt wieder einen Zettel ab und erhält diesmal die Nummer 388. Max muß wieder zwanzig Minuten warten. — Endlich erhält er sein Wörterbuch. Max macht sich auf die Suche. Nach dem Wort „Sympathie". Endlich kommt er näher. Liest: „Symbol — Symachie — Syme- trie — sympathetisch — Syrup — System." Max liest wieder zurück nach vorn. Von vorn nach hinten. Von
Advent
Licht der Liebe, Licht der Höhe, blüh in allen Haß hinein!
Laß nach so viel wirrem Wehe eine Stunde Sabbath sein!
Und aus all dem Meer der Schmerzen komm, o Stern, und führe du all die sremdewehen Herzen gnädig ihrer Heimat zu!
Gib, damit sie Weihnacht halten, einen Bissen Herzensbrot —
Ach, ein Stündchen Händefalten in dem Sturm von Not und Tod!
Gustav Schüler.
TTGTNTGGETTTTTGT EG STTTSTKKATTSTTGTGTTGG
hinten nach vorn. Das Wort „Sympathie" ist nicht vorhanden.
„Hier stimmt etwas nicht", trägt Max das Buch zurück, „hier fehlt etwas." — „Wieso?" — „Das Wort Sympathie steht nicht darin." — „Zeigen Sie", ist der Beamte gefällig, „das gibt es nicht — das ist doch ausgeschlossen — natürlich — hier fehlt ja ein ganzes Blatt."
„So?" sagt Max.
Der Beamte wird sachlich: „Wann haben Sie das Buch ausgeliehen?" — „Das wissen Sie doch. Sie haben es mir doch selbst gegeben." „Ich weiß gar nichts. Ich arbeite nur nach Zettel und Nummer. Also wann haben Sie das Buch ausgeliehen?" — „Vor zehn Minuten."
„Dann müssen Sie den Band ersetzen. Beschädigungen müssen sofort bei Empfang gemeldet werden, sonst ist der Entleiher haftbar. Laut Paragraph 22 der Leseordnung. Widerspruch hat gar keinen Zweck, Herr, Sie haben sich selbst durch Unterschrift des Antragscheines den Bedingungen unterworfen. Wo kämen wir hin, wenn jeder Mensch sich aus jedem Buch eine Seite Herausreißen wollte? Was würden Sie sagen, wenn Sie ein Buch erhalten und gerade jene Seite fehlt, die Sie interessiert?"
Max sagte gar nichts. Max wird rot und . . . handgreiflich. Max weiß nicht mehr, was geschah. Als er wieder zu sich kam, saß er im Gefängnis. Vor ihm stand ein Wärter: „Haben Sie einen Wunsch? Schreibmaterial? Bücher?"
Da sagte Max: „Ja. Geben Sie mir schnell, aber sehr schnell ein Lexikon, in dem das Wort Sympathie steht. Als freier Staatsbürger habe ich ein Dutzend Beamte um Erlaubnis fragen und mehrere Zettel unterschreiben müssen, wurde von Pontius zu Pilatus geschickt, mußte fünf Stunden warten, und dann habe ich es doch nicht bekommen. Jetzt bin ich kein freier Bürger mehr, jetzt sitze ich im Loch und möchte einmal wissen, wie lange es da dauert."
Eine Minute später hielt Max das Lexikon in der Hand und las: „Sympathie — Mitempfindung, Mitfreude, unwillkürliche Teilnahme an Personen, Dingen oder Staatseinrichtungen."
Buntes Amerika
Chicago. Was da bloß für übertriebene Gerüchte ausgestreut werden! In Wirklichkeit gibt es noch Hunderte von Menschen in Chicago, auf die noch nie geschossen worden ist.
„John, John", schrie die Frau am Steuer, „ich kann den Wagen nicht mehr bremsen!"
„Um Himmels willen", antwortete der Mann, „dann sieh zu, daß Du gegen etwas Billiges fährst!"
Ein kanadischer Hinterwäldler fand eines Tages einen Spiegel, den ein Tourist verloren hatte. Er sah hinein und staunte: Ja, wenn das nicht mein guter alter Vater ist, das habe ich gar nicht gewußt, daß der sich hat photographieren lassen!
Er nahm den Spiegel mit heim und versteckte ihn in einer Ecke vor seiner bösartigen Frau.
Am nächsten Vormittage fand ihn diese, sah auch hinein und sagte wütend: Und mit diesem alten Scheusal betrügt er mich!
Aus Chicago führen 39 Eisenbahnlinien heraus. Das kann ihnen aber auch niemand verdenken.
Buntes Allerlei
Adventsbräuche
Nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Erwachsenen, soweit sie nicht völlig im Drange der Tagessorgen und Tagesgeschäfte untergehen, ist die Adventszeit eine Zeit des Höffens und Erwartens. Lange zurückgestaute Innerlichkeit drängt sich aufs neue ans Licht und fordert ihr Recht. Man überlegt, was man seinen Lieben zum nahenden Fest schenken, womit man sie erfreuen kann. Der Städter weiß kaum noch etwas von den mannigfaltigen Sitten und Bräuchen, die gerade die Wochen vor dem Weihnachtsfeste bunt und schön umkleiden. Der Andreastag, der auf den 30. November fällt, gilt als eigentlicher Beginn der Adventszeit. In Ungarn ist es verpönt, an diesem Tage zu nähen, während bei den Wenden das Spinnen untersagt ist. Für die Zukunft ist der 30. November verheißungsvoll. Wie an ihm das Wetter ist, so wird es in den kommenden Wochen und Monaten sein, ja, die Witterung des ganzen Winters läßt sich aus dem Andreaswetter Voraussagen. Man wirft Schuhe und Apfelschalen am Abend dieses Tages hinter sich, besonders, um den Namen des zukünftigen Ehegefährten zu erfahren; auch das Schütteln von bestimmten Bäumen, das Treten der Bettlade und ähnliche Gepflogenheiten zählen zu den heiteren Adventsbräuchen. Wer zur Weihnachtszeit blühende Zweige in der Stube haben will, muß sie am Andreastage schnei
den. Brechen die Knospen gerade am vierundzwanzigstei» Dezember auf, so bedeutet dies Glück und Segen im neuen Jahre. In manchen Gegenden ist der Brauch, Zweige von den Obstbäumen zu schneiden, am Barbaratage, dem 4. Dezember, anzutreffen.
Neue Rekordblüte
p. Ein französischer Rennfahrer versuchte, einen ganz neuartigen Rekord aufzustellen. Er wollte von Paris nach Nizza in seinem Auto rückwärts fahren! Der Mann hatte schon ein ziemliches Stück zurückgelegt, als die Pariser Polizei von seinem Vorhaben Kenntnis erhielt und ihn zur Umkehr zwang, weil er in allen Orten, die er durchfuhr, ein schweres Verkehrshindernis bildete.
Amerikanisches Wunderauto
p. Ein „unbemanntes" Automobil, das der Stimme und nicht der Hand seines Herrn und Meisters folgt, ist die neueste Erfindung auf dem Gebiete des Automobilwesens. In Newyork wurde dieses Wunderauto zum erstenmal öffentlich vorgeführt. Ein junger Ingenieur erteilte mit ruhiger und gleichmäßiger Stimme seine Befehle durch ein Telephon. Der Wagen gehorchte. Hier folgt die Konversation, die sich zwischen Mann und Maschine entwickelte: „Dreh die Lichter an, bitte", „Fahr zurück", „Halt" und „Vorwärts". Der ganze Versuch war auf das „elektrische Auge" aufgebaut, das in der Industrie mehr und mehr in Gebrauch kommt. Jeder telephonische Befehl wurde auf elektrischem Wege in den Hinteren Teil des Wagens übertragen. Die Befehle hatten zuerst das Aufleuchten eines Lichtes in der hinter dem Auto befindlichen Wand zur Folge. Das „elektrische Auge" war eine kleine runde Oeff- nung im Rücken des Autos, wo die Uebertragung durch photoelektrische Zellen von Lichtimpulsen in elektrische Kraftimpulse erfolgt. Die neue Erfindung soll auf den Landstraßen der Vororte durch den Newyorker Polizeikommissär erprobt werden.
Die Eoldquelle Syphilis
p. In diesem Jahre kann das zwanzigjährige Bestehen der Salvarsan-Vehandlung gegen die Syphilis begangen werden. Die Syphilis ist eine der furchtbarsten Volkskrankheiten und die Menschheit hat ein Interesse daran, daß sie niedergekämpft wird. Aber die Industrie verdient an diesem für die Gesundheit der Menschheit wichtigen Präparat eine ungeheuerliche Summe. Ein Kilo Salvarsan kostet in der Herstellung 200 Mark und wird an die Apotheker für 8000 Mark abgegeben, die es für den vorgeschriebenen Preis von 16 000 Mark verkaufen. Das bedeutet 8000 Prozent Gewinn für Salvarsan. Was in diesem speziellen Falle die wucherische Preispolitik bedeutet, wird erst klar, wenn man weiß, daß für eine Kur etwa 5 Gramm Salvarsan gebraucht werden, die 80 Mark kosten, während sie für eine Mark hergestellt werden können! Allein der Profit, der an einem Kilo gemacht wird, würde genügen, um 15 800 weitere Salvarsan-Kuren zu machen.
Drehbares Sanatorium
p. In Aix les Vains in Südfrankreich ist ein drehbares Sanatorium errichtet worden. Auf einem Mittelturm befindet sich ein 27 Meter langer Zimmerkomplex, der mit seinem 100-Tonnen-Gewicht von einem Motor von nur vier Pferdekrästen gedreht werden kann, so daß die Krankenzimmer stets der Sonne zugewandt bleiben.
Seltsames Preisausschreiben
§ Eines der seltsamsten Preisausschreiben, das je erlaffen wurde, wird gegenwärtig in Kanada ausgetragen. Im Jahre 1926 starb in Toronto ein Sonderling, der Rechtsanwalt Charles Millar, der in seinem Testament die Summe von zwei Millionen Mark für diejenige Mutter aussetzte, die in der Zeit von 1926 bis 1936 die größte Anzahl Kinder aufweisen könne. Es gibt bereits einige sehr aussichtsreiche Anwärter auf diesen stattlichen Preis. Bis vor kurzem war der „Favorit" eine Frau Vagnato, die im Alter von 37 Jahren bereits ihr 20. Kind, zur Welt gebracht hatte. Jetzt aber ist sie durch eine andere „Rekordmutter" übertroffen worden, nämlich die 42jährige Frau Brown, die in den letzten 22 Jahren 26 Kinder geboren hat, davon fünf in der Zeit seit dem Tode Millars.
Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei, Altenfrei». Für die Schriftleitung verantwortlich: Ludwig LauL
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