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Notwendige Einheitsfront gegen die Nach
Der unzureichend revidierte Dawesplan hat auch als Houng- oder Haager Plan nicht die in Aussicht gestellte Entlastung Deutschlands gebracht. Unter diesem neuen Zeichen verschärfte sich vielmehr die Lage Deutschlands zu einer hart in die Katastrophe einmündenden Wirtschafts- und Staatskrise. Die damit verbundene überhitzte innerpolitische Spannung in Deutschland entwickelte sich zu einem Faktor -er Außenpolitik.
Schon das Verhalten des Auslandes, namentlich der Finanzgewalten der Vereinigten Staaten, gegenüber der Sjounganleihe erwies eindeutig, daß man das Werk des Morganvertreters Poung im Haag als brüchig berrachtete. Wenn jetzt die Morgangruppe bei der Erteilung des sogenannten Ueberbrückungskredits Zurückhaltung geübt hat und auch den Bemühungen Schachts in Neuyork und Washington frostig gegenübersteht, so beweist sie damit eine Empfindlichkeit, die ebenso gut einem Schuldgefühl wie einer Enttäuschung entspringen könnte. Peinlich muß es dieser großen Geldmacht auf jeden Fall sein, daß der Haager Plan in kürzerer Zeit seiner Wirksamkeit zusammenbricht, als seine Beratung gedauert hat. Aber gerade die Morgangruppe hätte voraussehen können, daß dem Haager Plan nur ein recht kurzes Dasein beschieden sein würde, weil die Fortsetzung des Spiels der Finanzierung der Tribute aus hoch zu verzinsenden Anleihen der Tributempfänger nun einmal nicht mehr möglich ist.
Der Abgeordnete McFadden als Vorsitzender des Ausschusses für Bankwesen und Währungsfragen im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten erklärte in dem führenden Neuyorker Finanzorgan unter anderem: „Deutschland steht einer ernsten Wirtschaftskrise gegenüber. Zur Erleichterung seiner Lage muß unverzüglich etwas geschehen. Jetzt ist die Zeit für eine rückhaltlose Erörterung des Reparationsproblems gekommen. Eine Anleihe ausländischer Banken zur Tilgung früherer Schulden Deutschlands wäre nur eine Hinausschebung der Lösung des Reparationsproblems." Damit ist alles gesagt, was sachlich zu dem glücklich in unsere Kaffen geretteten lleberbrückungskredit bemerkt werden kann, denn er bringt keine Lösung der Krise, sondern nur eine Verschleppung der Katastrophe, nur einen Zeitgewinn für die Einleitung unaufschiebbarer Rettungsmaßnahmen. Auch in dieser Richtung äußerte sich McFadden eindeutig mit dem Verlangen eines Moratoriums oder einer Revision des Poungplanes mit dem Ziele der Herabsetzung der Zahlungen Deutschlands als einer „sofortigen Notwendigkeit". Fadden denkt an ein fünfjähriges Moratorium Amerikas für die Kriegsschulden der Alliierten und die Entbindung Deutschlands in dieser Zeit von Reparationszahlungen. Vermutlich entsprechen diese Anregungen des bekannten amerikanischen Parlamentariers einem der Regierung vorgelegten Plan des Gouverneurs Harrison vom Federal Reserve Board in Neuyork, der ebenso wahrscheinlich auch in den Unterhaltungen Dr. Schachts mit den führenden amerikanischen Staatsmännern eine Rolle gespielt hat.
Man könnte mit einiger Heiterkeit die eifrigen Kabelmeldungen amerikanischer Agenturen beiseite legen, in Lenen Schachts Eigenschaft als „Privatmann" so geflissentlich unterstrichen wird, wenn derartige angesichts der Tatsachen lächerliche Hinweise nicht zu dem Netzwerk der ausländischen Gegenmine zur Verhinderung der Aufrollung der Tributfrage gehörten. Die Finanzsachverständigen waren in dieser Hinsicht den Politikern, in deren Hand natürlich die letzten Entscheidungen liegen, immer um einige Millionen Lichtjahre voran; denn nicht die Bankiers, sondern die Politiker verantworten die Steuern, die in diesem Falle mit der Trockenlegung der Zinsquellen für die amerikanischen Kriegsanleihen verbunden sein würden. Die Politiker wiederum beurteilen die Leistungsfähigkeit Deutschlands viel leichtfertiger als die Finanzleute. Das klassische Verspiel dafür bildete jene Rede des damaligen Reichsinnenministers Seoering, die vom Auslande zum Anlaß der Vermutung genommen worden ist, daß Deutschland sich bei einem Reparationsnachlaß von 500 Millionen Mark schon genügend entlastet fühlen würde, und die damit das Programm Schachts unter schädlichster Untergrabung seines Ansehens als deutscher Unterhändler vollkommen zerschlug.
In der Pariser und Haager Zeit redete bei uns eben alles durcheinander ohne Rücksicht auf die Lebensnotwendigkeiten der deutschen Wirtschaft und der deutschen Arbeitnehmerschaft. Heute kommt es deshalb auf die ganz besonders plan- mäkiae Rüsiuna für die rasch heranziehende Aufrollung der
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legsverträge. — Von Paul Oskar Seidl
Tributs- und Friedensverträge an. Das Moratorium für den Poungplan allein tut's nicht, schon weil es Zahlungsaufschub, aber nicht Zahlungsaufhebung bedeutet und obendrein nur für den aufschisbbaren Teil der Poungzahlungen in Anspruch genommen werden kann, während der 660 Millionen Mark umfassende unaufschiebbare Teil weiter geleistet werden müßte. Das Poungplan-Moratorium könnte günstigenfalls genutzt werden, um der bereits in vollem Gange befindlichen internationalen Aussprache über das Revisionsproblem durch einen formalen Schritt auch noch amtlichen Charakter zu geben und Zeit für die Vorbereitung der Weltkonferenz zu schaffen, die nun doch unter der Peitsche der Weltkrise und des drohenden deutschen Zusammenbruchs an den Verhandlungstisch über Versailles und die Folgen getrieben werden wird. Dafür bedarf es in Deutschland einer eisern geschloffenen Front, bei deren Bildung parieiagitatorische Extratänze sich als „starke Männer' vorkommender einzelner Landesminister nicht geduldet werden können. Keine Lösung der Weltkrise ohne die Wiederaufrichtung eines tributfreien, schulden- und schuldentlasteten Deutschlands ohne Korridorzersplitterung und ander- politisch« und wirtschaftspolitische Benachteiligungen. Das D die Fahne, der wir alle folge» müsie».
Kein deutscher Moratoriumsantrag beabsichtigt Berlin, 26. Nov. Die Meldung des Londoner Korrespondenten der Neuyorker „Times", daß Deutschland beabsichtige, anfangs des nächsten Zahres ein Moratorium nachzusuchen und daß Reichsaußenminister Dr. Curtius diese Absicht den Botschaftern der Reparationsgläubiger mitteilen wolle» entbehrt, wie wir von zuständiger Seite hören, jeder Grundlage.
Deutschland verlangt außerordentliche Ratstagung
Deutsche Note an den Völkerbund Berlin, 28. Nov. Das Reichskabinett wird am Donnerstag zu einer Sitzung zusammentreten, um sich mit den skandalösen Vorgängen in Ostoberschlesien zu befassen. Es wird eine Note an den Völkerbund beschließen, die die Vorgänge in Ostoberschlesien genau klarlegen wird und die auch der Oeffentlichkeit übergeben werden soll. Das Reichskabinett wird sich ferner darüber schlüssig werden» ob es beim Generalseketär des Völkerbundes die Einberufung einer außerordentlichen Tagung des Völkerbundes beantragen wird.
Einberufung des Auswärtigen Ausschusses Berlin, 26. Nov. Der auswärtige Ausschuß des Reichstags ist jetzt nunmehr für nächsten Dienstag, 10 Uhr vormittag, einberufen worden, um zu den Vorgängen in Pol- nisch-Oberschlesien Stellung zu nehmen. Ferner sind für Dienstag die Reichstagsfraktionen der Deutschen Volkspartei und der Deutschnationalen einberufen.
Zur Frage einer außerordentlichen Tagung -es Völkerbundsrates
Berlin, 26. Nov. Das Reichskabinett, das sich zur Zeit mit den polnischen Terrorhandlungen gegen die deutsche Minderheit in Oberschlesien beschäftigt, prüft auch die rechtliche Frage, ob es möglich ist, auf Grund des vorliegenden Tatsachenmaterials eine außerordentliche Tagung des Völkerbundsrates zu beantragen. Nach Artikel 1 Absatz 5 und 6 der Geschäftsordnung des Völkerbundsrates muß unter Einhaltung einer ausreichenden Frist eine außerordentliche Tagung des Rates einberufen werden, wenn ein Mitglied des Rates oder drei Mitglieder des Völkerbundes einen dahingehenden Antrag an den Generalsekretär stellen. Der Auswärtige Ausschuß wird am 2. Dezember zusammentrsten, um ebenfalls zu den Zwischenfällen in Oberschlesien Stellung zu nehmen.
Deutschland verlangt außerordentliche Ratstagung Berlin, 27. November. In der gestrigen Kabinettssitzung, die sich mit der Prüfung der polnischen Terrorakte beschäftigte, erstattete Reichsaußenminister Curtius einen eingehenden Bericht über das dem Auswärtigen Amt vorliegende Material zu den polnischen Terrorakten gegen
Deutsche in Ostoberschlesien. Die Prüfung der Rechtslage hat, wie die „Vosstsche Zeitung" berichtet, ergeben, daß ein Appell an den Generalsekretär des Völkerbundes zur Einberufung einer außerordentlichen Ratstagung auf Grund des Artikels 11 der Völkerbundssatzung möglich ist. Die Reichsregierung hat daher beschlossen, in einer Note an den Generalsekretär des Völkerbundes die Einberufung des Völkerbundsrates zu velangen. Außerdem wird die Reichsregierung das gesamte amtliche Material über die Vorgänge in Ostoberschlesien und die deutschen Ermittlungen dem Völkerbund zuleiten.
Die Notverordnung «»vermeidlich
Die Besprechungen des Kanzlers mit den Parteiführern
Berlin, 26. November. Die Parteiführerbesprechungen sind heute im wesentlichen abgeschlossen worden. Der Kanzler empfing nacheinander die Deutschnationalen, für die Herr Hugenberg persönlich erschienen war, die Sozialdemokraten und die Bayerische Volkspartei. Auch Herr Dingel- Ley von der Deutschen Volkspartei ist noch einmal zu ihm gebeten worden, lieber den Eesamteindruck, den er aus diesen vorparlamentarischen Verhandlungen geschöpft hat, wird Dr. Brüning morgen dem Kabinett berichten. Es ist indes wieder fraglich geworden, ob dann schon die endgültige Entscheidung über die Anwendung des Artikels 48 fallen wird, zumal das dem Sanierungsprogramm angehörende sehr wichtige Steuervereinheitlichungsgesetz erst noch in der morgigen Vollsitzung des Reichsrats verabschiedet werden muß, gegen das Bayern starke Einwände erhoben hat. Es ist durchaus möglich, daß diese Vorlage noch eine Veränderung erhält. Jedenfalls scheint der Kanzler aus den Unterhaltungen mit den Parteiführern die Ueber- zeugung gefunden zu haben, daß bei der gegenwärtigen Konstellation im Reichstag eine Verabschiedung der Finanzgesetze auf einem anderen als dem Verordnungsweg nicht zu erreichen ist.
Die Inkraftsetzung der Finanzvorlage noch vor Weihnachten ist deswegen schon unerläßlich notwendig, da sonst der Reichskaffe am kritischen 1. Januar Schwierigkeiten erwachsen würden. Die Gesetze sollen, wie wir hören, bevor sie auf Grund des Artikels 48 in Kraft treten, noch einer Umredigierung unterzogen werden.
Brüning will parlamentarische Erledigung der Finanzgesetze
Berlin, 27. November. In den Besprechungen mit den Parteiführern hat der Reichskanzler, wie das „Berliner Tageblatt" erfährt, nochmals hervorgehoben, daß er, wenn irgend möglich, das Finanzprogramm auf parlamentarischem Wege erledigen wolle. In diesem Falle wird der Reichstag wahrscheinlich bis zum 23. Dezember versammelt bleiben. — Der Vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion wird sich im Laufe des heutigen Tages mit dem Ergebnis der Besprechungen mit dem Reichskanzler beschäftigen.
Schweres Erdbeben in Japan
Tokio» 26. Nov. Die etwa 7Ü Kilometer südwestlich von Tokio gelegente Stadt Mischima auf der Halbinsel Zsu ich von einem schweren Erdbeben heimgesucht worden. Etwa 9VÜ Personen sollen getötet oder verletzt worden sein. Bisher werde« 15 Leichen gezählt. Nach dem Erdbeben brachen Brände aus. Die Insel Zsu ist in der letzten Zeit bereits mehrmals der Schauplatz schwerer Erd- erschLtterunge« gewesen. Das heutige Erdbeben begann um 4.V3 Uhr früh und dauerte ungefähr zehn Minute«. Zufolge Störung der Verbindungen fehlen Einzelheiten, doch scheint es, daß großer Schaden in Mischima und auch in oer benachbarten Stadt Numau sowie zwei benachbarten Dörfern angerichtet worden ist.
Auch in Tokio, das etwa 168 Kilometer vom Zentrum des Erdbeben entfernt liegt, sowie in Pokohame, wurden um 4 Uhr vormittags japanischer Zeit heftige Erdstöße verspürt. Z« Mischima und Numazu sind zahlreiche Gebäude eingestürzt. Der Straßenbahnverkehr mußte unterbrochen werden. Da die Telephon- und Telegraphen- verbiudungen zerstört sind, war es bisher immer noch unmöglich, genaue Einzelheiten zu erhalten.
Eine weitere Meldung besagt: Das Erdbeben hat auf einem groben Teil des Bezirks Schimisoka bis westlich der Hauptstadt besonders gewüstet. Die Zahl der Todesopfer wird auf 266 geschätzt, diejenige der Verletzten übersteigt 1666. Ueberall haben Brände die Schäden der Erdstöbe noch vermehrt. Die Orte, die am meisten gelitten haben, sind Mischoma, Numasu, Nagako, Jto nnd Atmai. Die Sommerstation Hakonenatschi, die 1923 bereits zerstört worden war, wurde von neue« dem Erdboden gle'cho e