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Tageszeitung ^Aus de«
Tannen"
Liebenswürdige Irenen
Von Hanna Erwin.
Es gibt Frauen, die geliebt und bewundert werden um ihrer Schönheit willen, ebenso wie es Frauen gibt, die an und für sich vielleicht nicht einmal mit besonderen Reizen begabt, es doch verstehen, durch ihr Auftreten, die Eleganz ihrer Kleidung und durch Geist und Grazie alle Welt zu bezaubern, „Ein schönes Gesicht ist überall ein trefflicher Empfehlungsbrief", das hat schon Goethe gesagt, und gerade er wußte wohl, wie richtig dies Wort war, da jedermann nicht nur von seinem Genie, sondern ebensosehr von dem Reiz und Adel seiner Erscheinung begeistert war. Mit Fug und Recht legen deshalb kluge Frauen großen Wert auf ihre Erscheinung und ihr Aussehen, Aber es gibt etwas, das noch weiter höher zu schätzen, viel wertvoller ist, als der Reiz -er Schönheit, als die Bewunderung, die man durch Klugheit, gewandtes Benehmen und elegante Toiletten erregt. Das ist ein liebenswürdiges, gewinnendes Wesen voller Gleichmaß und Güte. Ob man daheim oder unter Fremden ist, immer wird der Zauber der echten, aus der Bildung des Herzens und des Gemütes entspringenden Liebenswürdigkeit der Frau seine Wirkung bewahren und entfalten.
Es gibt Menschen, die jeder liebt, zu denen jeder sich Hingerogen fühlt auch schon nach kurzer Bekanntschaft; sie gewinnen unser Vertrauen, sobald wir nur einige Worte mit ihnen gewechselt haben, und ihr liebenswürdiges Wesen, ihr offener, freundlicher Blick, ihre sanfte, wohltuende Stimme wecken den Wunsch in uns, näher mit ihnen bekannt zu werden und mehr von ihrer angenehmen Gegenwart zu genießen. Namentlich gibt es Frauen, die dieses Zauberstäbchen der Beliebtheit besitzen. Dabei brauchen sie durchaus nicht körperlich schön zu sein, und -och wirken sie bezaubernd. Wohin sie gehen, bringen sie Sonnenschein. Wenn sie kommen, freut sich alles, und wenn sie gehen, bedauert jeder ihr Scheiden. Dabei pflegen sie garnichts zu tun, um auf sich aufmerksam zu machen oder sich in Szene zu setzen. Anscheinbar, still und freundlich gehen sie ihren Weg, und doch ist ihnen etwas eigen, wie der Duft und Reiz einer Blume, und dieses unnennbare Etwas ist es, das ihnen alle Herzen gewinnt: ihre Liebenswürdigkeit! —
Es gibt Häuser, deren Herrinnen eine große und kostspielige Geselligkeit pflegen und sich in ungeheure Arbeit und Kosten stürzen, um ihre Gäste köstlich zu bewirten und mit immer neuen Vergnügungen und Anregungen zu überraschen und zu unterhalten. Mit aufgeregter Liebenswürdigkeit flattern sie bei ihren Gesellschaften und Empfängen von einem ihrer Gäste zum an- derne, überschütten jeden mit einem überhöflichen, raschen Wortschwall und mit Fragen und Beteuerungen, ohne doch wirklich zuruhören, und ohne einen seelischen und geistigen Kontakt mit ihnen zu haben. Das ist die falsche Liebenswürdigkeit, die kalt ist, weil sie als gemacht und unwahr empfunden wird. Und dann gibt es andere Frauen, die in ihrem schlichten Heim dem Besucher nur eine einfache Gastlichkeit bieten, und zu denen doch jek^r gerne geht. Wie fühlt man sich wohl bei der Tasse Tee und der bescheidenen Bewirtung — und tief empfindet man das Behagen dieses beseelten Heims, in dem die Hausfrau Verständnis und Teilnahme für die Leiden und Freuden ihrer Gäste hat und bei allen den Eindruck zu wecken weiß, daß sie besonders lieb und willkommen sind! Das sind die wahrhaft liebenswürdigen Frauen, die eine Stimmung des Ausruhens und des Behagens um! sich zu verbreiten wissen. Ihre Haupttugend ist die, daß sie geduldig zuzuhören und — zu schweigen verstehen, und dies macht den Reiz ihres Wesens aus, daß sie voller Güte und ohne Launen find.
Ihr Wesen ist gemischt aus persönlicher Bescheidenheit und mü terlich-menschlichem Mitempfinden und ihre Liebenswürdigkeit macht sie so beliebt, weil sie aus einem warmen und aufrichtigen Herzen kommt und das Zeichen eines liebenswürdigen Charakters ist!
Zer „Imenklilb aller Berufe"
Wie erstaunt würden unsere Großmütter sein, wenn sie hörten, daß es heule in London einen Klub gibt, „The Women 's Club of all Trades", in dem alle Berufe vertreten sind, die heute der modernen Frau offenstehen. Obgleich jeder Beruf nur durch ein Mitglied vertreten sein darf, zählt dieser Klub heute bereits 135 Mitglieder. Da ist eine Sachverständige für Brennstoff- und Feuerungsfragen, eine Zeichnerin für die Entwürfe von Schmuckjachen, eine dritte besitzt ein Institut, in dem Hunde, Katzen und Vögel gepflegt werden, während ihre Herren auf Reisen sind. Man findet dorr die Inhaberin einer Garage und Reparaturwerkstätte für Kraftfahrzeuge, eine Uebersetzerin, eine Traiteuse, eine Gärtnerin, eine Architektin, eine Modezeichnerin, eine Rechtsanwältin, eine Aerztin und Zahnärztin. Eine Buchmacherin und eine Teekosterin sind vertreten und neben vielen anderen landläufigen Berufen auch ein weiblicher Kaminfeger.
Die Mitglieder des Klubs treffen sich einmal in der Woche zum Lunch. Bei dieser Gelegenheit besprechen sie Klubangelegenheiten und eines der Mitglieder hält einen kurzen Vortrag über die Erfahrungen, die es in seinem Berufe gemacht hat.
Der Klub verfolgt den Zweck, die Berufe einander näherzubringen und Verständnis für die Arbeit der anderen zu erwecken. Eine schöne Aufgabe, mit der sich vielleicht auch die deutschen Frauen befassen sollten.
Als deiüslhe Hmsm in 3«M
Bilder aus dem japanischen Kleinstadtleben Ueber ein Jahr lang lebte ich mit meinem Manne, der als Organisator und Betriebsleiter in eine japanische Fabrik berufen war, in einer japanischen Kleinstadt, fern von den vielfachen Erleichterungen und Annehmlichkeiten europäischer Kultur, die uns Hausfrauen das Wirtschaften so erleichtern. Vieles davon findet man ja auch schon in den japanischen Großstädten, aber hier, in der Kleinstadt, wirklich „im Herzen Japans", hieß es sich ohne alles dieses behelfen und — so gut oder so schlecht > dies gehen wollte, „auf japanisch" leben und wirtschaften. Als j
besonders unangenehm empfand ich z. D. das fast gänzliche Fehlen von Butter. Sie ist in einwandfreier Beschaffenheit nur in den Großstädten zu bekommen, sonst muß man sich die teure und zum Rohgenuß wenig verlockende kanadische Büchsenbutter schicken lassen. In Japan nimmt man zum Kochen und Braten fast nur Oel.
Mein erster Einkaufsgang durch die Straßen der japanischen Kleinstadt bleibt mir wegen der Fülle der fremdartigen Eindrücke unvergeßlich. Das erste Geschäft, das ich betrat, war ein Eoldfischladen, der immer voller Käufer, hauptsächlich Kinder ist, denn einige Goldfische müssen in jedem japanischen Sause sein.
In verschiedenen Schüsseln, Kannen und Elasbehältern, die primitiv auf Bänken, Brettern und aus der bloßen Erde umherstanden, schwammen unzählige Gold- und Silberfische in allen Größen. Auch Schleierschwänze waren da, die aber nicht ko beliebt sind wie die „Kingdscho's" — die Goldfische. Für lü und 15 Jen erhält man schon ganz ansehnliche Exemplare. De: nächste Laden war ein Blumengeschäft, übervoll mit Chrysanthemen, der Lieblingsblume des Japaners, Dann kam ein Kohlenladen. Der Japaner verbraucht viel Holzkohle für seine „Hibatschi", das sind meistens quadratische Steinguttöpfe, gefüllt mit Holzasche, worauf dann Holzkohle entzündet und zur Glut gebracht wird. An der Glut und der heißgewordenen Asche wärmen die Japaner ihre Hände und zünden sich ihre beliebten kleinen Tabakpfeifchen an. Zum Kochen der Speisen, huptsächlich des Reises, kaufen sie runde Kohlenstaub-Vrikette. Hinter dem Kohlenladen war ein Porzellangeschäft mit zierlichen kleinen Täßchen, Schälchen und Tellerchen, wie für ein Zwergenvolk bestimmt, da der Japaner nur kleine Portionen, nach Belieben öfters, zu sich nimmt. Im folgenden Geschäft wurden fleißig Hunderte der verschiedensten Papierlaternen angefertigt und zum Verkaufe bereitgestellt. Die Straßenbeleuchtung läßt in den Kleinstädten sehr zu wünschen übrig und so müssen sich dis Bewohner notgedrungen mit Papierlaiernen behelfen. Im anliegenden Hause meißelt ein Steinhauer an einer steinernen Tempelfigur, die einen Fuchs darstellen sollte. Es gibt in Japan ganze Tempel, sogenannte Fuchs-Tempel, die diesem heilig gehaltenen Tier geweiht sind. Der Fuchs gilt als Schutztier Buddahs. Nun folgten in bunter Reihe ein Fächerladen, ein Geschäft mit Papierdrachen für Kinder, bunten Fahnen und Federballschlägern, ein Friseurladen und ein Tiergeschäft. Der Fächer ist für den Japaner bei der drückenden und feuchten Sommerhitze ein Gegenstand, ohne den er nicht auskommen kann. Er trägt ihn in der Hand oder steckt ihn in seinen Kimonogurt. Bei starker Hitze weht er sich nicht nur Erfrischung ins Gesicht, sonder befächelt sich ungeniert sämtliche Körperteile, an denen Belüftung nottul, und es ist ihm dabei vollkommen egal, ob er sich in der Tramway, Restauration oder sonstwo befindet. Die Lebensmittelgeschäfte liegen meistens mehr oder weniger dicht zusammen, z. V. die Reis-, Fisch-, Gemüse-, Fleisch- unb Reisschnapsläden. Im Reisladen hört man im Hinterzimmer zu gewisser Zeit immer den Reisputzer und dis Reis- Mühle rattern, auch Bohnenmehl wird dort fabriziert, welches zur Herstellung von feinen Kuchen verwendet wird. Die Fisch- und Fleischläden sind besonders im Sommer recht unappetitlich duftende Plätze, in denen es zum Aeberfluß noch von großen Fleischfliegen wimmelt. Kunsteis ist teuer undschmilzt schnell, die Einnahmen eines Fleischers aber sind nicht groß, weil Fleisch wenig genossen wird, von Vuddihsten überhaupt nicht. Dagegen sieht es im Fischgeschäft weit besser aus, weil Fische gerne gekauft werden und frische Fische stets vorhanden find. Es gibt dort allerdings auch Waren, die stark riechen, das sind die verschieden zubereiteten Fische und Fischteile, die Leckerbissen für die dortigen Bewohner sind, unseren Appetit aber wenig reizen; vielmehr veranlaßt uns der durchdringende Geruch zur schleunigen Flucht.
Damit war mein erster Rundgang als deutsche Hausfrau durch die japanischen Läden beendet, und es hieß nun, sich mit den japanischen Koch- und Zubereeitungsmethoden befreunden. Doch hierüber erzähle ich Ihnen ein andermal!
Gertrud Ca spart.
Sie SWfMllge der Frau
Gedanken über Frauengesundheit Von Käthe Brustat-Schnedermann.
Warum ist für die Frau mehr noch als für den Mann die Frage der Gesundheit eine Schicksalsfrage? — Weil ihr Wirkungskreis weiter ist und ihre Verantwortung gröber!
Die Art, wie eine Frau ihren Pflichten gerecht wird, hängt zum groben Teil davon ab, wie sie sich fühlt, und die Wirkung dieser Pflichterfüllung rrifft in erster Linie Menschen, nicht Dinge, wie bei der Arbeit des Mannes.
Das hier Gesagte gilt für die Hausfrau, aber auch für die berufstätige Frau. Obgleich Hausfrau- und Muttersein an sich einen vollwertigen und vielleicht den vielseitigsten Beruf darstellt, sind doch viele Tausende von Frauen gezwungen, noch außerdem einer Erwerbstätigkeit nachzugehen; sie brennen also ihr Licht an zwei Enden, und doppelt wichtig ist es für sie, sich die körperliche Frische und Arbeitskraft zu erhalten.
Aber selbst im günstigsten Falle, wenn die Hausfrau und Mutter uneingeschränkt „nur" ihren häuslichen Pflichten nachgeben kann— wie kommt es da auf ihre körperliche und damit auch seelische Verfassung dabei an!
Haben wir es nicht alle an uns selber erfahren? Wenn wir schlecht geschlafen haben, vielleicht an Kopf- oder Rückenschmerzen (der häufigsten Beschwerde der Frau) leiden, unfrisch und nervös sind, so liegt schon morgens beim Erwachen die Arbeit des Tages vor uns wie ein unübersteigbarer Berg. And alles ist schwieriger als sonst. Das Kaffeewasser z. B. will nicht kochen, die Zimmerreinigung dauert länger als sonst; es gibt Hetzjagd und Aufregung, bis die Kinder und der Mann für Schule und Beruf versorgt sind — ach, und gerade heute, wo wir uns so schlecht fühlen, haben wir Wäsche, oder Plätten, oder Schneiderei, oder Einmachen! Wie sollen wir das nur alles schaffen? Wäre doch der Tag nur erst Überstunden!
Nun, wir llbersteben ihn zwar, aber mehr schlecht als recht. Weil wir alle Nervenkräfte anspannen müssen, um das körper
liche Mibbefinden zu überwinden, das uns Arbeiten erschwert, die wir sonst guten Mutes und mit Leichtigkeit erledigt hätten, so haben wir weder Geduld noch Stimmung für mehr als das Allernotwendigste, und alles, was nach Arbeitssteigerung aussieht, löst instinktive Abwehr in uns aus. Das sind die Tage, an denen wir die Anliegen unserer Kinder, etwas wegen des neuen Puppenkleides, der Klassenarbeit oder des deutschen Aufsatzes, mit einem nervösen „Alles soll ich auch können!"" beantworten und die Versuche des Eheherrn, uns für eine Berufsangelegenheit oder den Leitartikel der Zeitung zu interessieren, mit einem ungeduldigen „Ach lab mich zufrieden, ich weiß ohnehin nicht, wo mir der Kopf steht!" worauf sich die Betreffenden — eingeschüchtert bezw gekränkt — zurückzieben.
Wir aber haben ein schlechtes.Gewissen; denn wenn diese Unterlassungssünden auch nur kleine sind: Aus Kleinigkeiten setzt sich das Leben zusammen! Es sind oftmals Kleinigkeiten nur. die bei der Erziehung unserer Kinder versäumt wurden, und wie schwer können sie unter Umständen wiegen! Mit Kleinigkeit ten fängt die Entfremdung in so mancher Ehe an, und welches Gefolge von Herzeleid kann sie nach sich ziehen! Nein, wenn wir einmal den schönsten, aber vielleicht auch schwersten Beruf der Frau auf uns genommen haben, so müssen wir ihn auch voll erfüllen, und dazu müssen wir neben der gründlichen Vorbildung und persönlichen Eignung — auch körperlich volle Leistungsfähigkeit besitzen!
Nun ist ja kein Mensch gegen Krankheit gefeit, und schlimm genug, wenn die Hausfrau, als die Sonne, um die alles kreist, davon betroffen wird. Vielfach aber sind Krankheiten nur die Folge mangelhafter Vorbeugung; wir können sehr viel dazu tun, durch richtige Kleidung, Ernährung und Körperpflege unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken und so den Krankheiten den Boden zu entziehen, und wir werden es nicht nur an unserer gesteigerten Arbeitskraft, sondern auch der Arbeitsfreude merken, wenn wir widerstandsfähiger sind.
Endlich aber — und das gebt auch alle diejenigen an, die sich einer guten Gesundheit erfreuen —! Warum sollen wir vor der Zeit altern, und warum sollen wir ungepflegt ausseben, auch wenn wir tüchtig arbeiten müssen? Man bleibt nicht immer jung, und nicht jede Frau kann schön sein; was man aber unbedingt kann, ist dies: Reizvoll zu bleiben selbst bis ins hohe Alter! Es gibt ein anmutiges Altwerden, auch ohne Tinkturen, Mixturen, Kosten und Mühen!
Man kann sich Frische und Gesundheit schaffen und erhalten; ein gesunder, lebensfrischer, unverbildeter Mensch aber ist unbedingt schön. Und nicht mit Unrecht sagt man, das im gesunden Körper auch eine gesunde Seele wohnt — sollte dies nicht Grund genug sein für uns Frauen, unsere Gesundheit zu pflegen?
Hygiene in Schule md Haus
fp. Unlängst kam in Berlin ein Preisausschreiben für Schüler und Schülerinnen der öffentlichen Schulen Groß- Berlins zur Durchführung. Gegenstand der Preisarbeit sollte die Beantwortung der Frage sein: Was kann ich persönlich beitragen zur Durchführung hygienischer Maßnahmen. Das war eine ausgezeichnete Idee, denn Knaben und Mädchen werden bei den Vorbereitungen für das Preisausschreiben die Erwägungen und Untersuchungen, welche zu einer vernünftigen Beantwortung der Preisfrage führen konnten, im Familienkreise besprochen haben, und dabei werden hoffentlich die Eltern wieder einmal Gelegenheit gefunden haben, ihre Lebens- und Haushaltsgewohnheiten unter dem Gesichtspunkte der Hygiene einer Kritik und ihre eigene Handlungsweise der Selbstkritik zu unterstellen. Vernachlässigungen der einfachsten hygienischen Maßnahmen sind in den Familien leider durchaus gebräuchlich, die häusliche Erziehung der Kinder läßt darin so ziemlich alles zu wünschen übrig und das nicht etwa nur in den Kreisen der Allerärmsten und solcher Familien, deren Wohnungsverhältnisse sie von den Segnungen der Hygiene vollständig ausschließen und ihrer sind ja leider durch die chronische Wohnungsnot immer noch viele Tausende — von ihnen ist nichts zu erwarten, sie können sich und der Allgemeinheit nicht einmal durch fleißige Nutzung der öffentlichen Badeanstalten, der Spielplätze und Lesehallen usw. nützen, weil sie von allen diesen Stellen doch immer wieder zurückkehren müssen in ihre übervölkerten Wohnungen, die einfach nicht sauber zu halten sind. Die Wohnungsnot stellt ja für die von ihr Betroffenen eine doppelte Verurteilung dar, einerseits die zur Heim- und Heimatlosigkeit und andererseits die Verurteilung zum Leben unter dauernden schweren gesundheitlichen Gefahren. Unentschuldbar aber ist es, wenn Inhaber ausreichender Wohnungen selbst die einfachsten Pflichten der Hygiene vernachlässigen. Es gibt heute niemand, der sich dabei mit Unwissenheit entschuldigen könnte. Die Lüftung von Zimmern, Kleidern und Betten wird in vielen tausend Haushalten Deutschlands während des ganzen Winters unterlassen, und als Winter gilt in dieser Beziehung jeder kühle Tag. Die Furcht vor der sogenannten Zugluft ist eine Spezialität der Deutschen und in keinem anderen Lande ähnlich verbreitet, trotzdem heute in Deutschland gerade jeder über die Segnungen von Luft und Licht orientiert ist. Nicht einmal das Händewaschen nach jeder Besudlung oder auch nur vor den Mahlzeiten ist eine selbstverständliche Gewohnheit in den Familien, es wird vernachlässigt, trotzdem die Kinder in der Schule dazu angehalten werden, weil sie zu Hause das schlechte Beispiel der Eltern in diesen Dingen vor sich haben. Man sollte am Beginn jedes Semesters den Kindern die ganze Reihe der dringendsten hygienischen Forderungen in ein Heft diktieren und die Unterschrift der Eltern unter diese Sätze verlangen. Dazu würde auch gehören die immer wiederholte Belehrung über die Wichtigkeit der Hautatmung, als Abwehrvorkehrung des Körpers gegen Krankheitsstoffe, sie wird vollständig verhindert durch die Vorliebe für langärmlige mehr-