Nr. Mi. Amis- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk (Lalw. 89. Jahrgang.
Erscheinungsweise: 6 mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamts- bezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg.. cncherliald desselben 12 Pfg., Reklamen 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormiNagv. Telefon L.
Hreltag, den 8. Mai
Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteliährlich. Poft- bezugspreis für den Lrts- und Nachbarortöverkehr Mk. 1.20. im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.
Amtliche Vekanirtmachringen.
Bekanntmachung, betreffend die an der K. Baugewerkschule abzuhaltendc Vorprüfung zur Baumeisterprüfung.
Die Gesuche um Zulassung zur vorbezeichneten, am Ende des Eommersemesters stattfindenden Prüfung sind unter Beachtung der in der Ministerialverfügung vom l3. Mai 1902 (Regierungsblatt Seite 169) enthaltenen Vorschriften bis 1. Juni d. I. bei der Direktion der K. Baugewerkschule einzurichten.
Der Beginn der Prüfung wird den Kandidaten mitgeteilt werden.
Calw, den 6. Mai 1914.
K. Oberamt:
Binder.
Die Bugra.
Dieses seltsame Wort Bugra ist die Abkürzung für die „Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1914", die am vergangenen Mittwoch feierlich eröffnet wurde und bis Oktober dauern soll.
Die Ausstellung, schreibt der Etaatsanz., deren Protektor König Friedrich August von Sachsen ist, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Entwicklung des gesamten Papier-, Bild-, Schrift- und Druckwesens von den Anfängen bis zur Gegenwart in möglichst anschaulicher und lebendiger Weise darzustellen. Fachtechnisch-belehrende Abteilungen sind den einzelnen Industrie-Gruppen vorangestellt worden. Hier kann der Besucher die geschichtliche Entwicklung jedes einzelnen Zweiges studieren und den technischen Werdegang jeden Verfahrens an Modellen und betriebsfähigen Maschinen kennen lernen. Auch in den Industrie-Abteilungen selbst entstehen die verschiedenen Erzeugnisse zum Teil vor den Augen des Publikums. Eine Kulturgeschichtliche Abteilung führt die ganze Entwicklung von Buchgewerbe und Graphik vor. Dazu kommen die Paläste der fremden Staaten und eine große Anzahl von Sonderausstellungen. — Die Anlage der Ausstellung läßt den Blick auf das Völkerschlachtdenkmal frei, zu dessen Füßen sich das 400 000 qm große Ausstellungsgelände ausdehnt. Die „Straße des 18. Oktober", an der der Haupteingang liegt, durchschneidet die Ausstellung in ihrer ganzen Länge. Zur Rechten liegt die deutsche Haupthalle, die eine Grundfläche von 20 000 qm bedeckt und mit ihren Flügelbauten einen Schmuckplatz, den „Rosenhof" umfaßt. Der rechte Flügel des mächtigen Bauwerkes ist dem deutschen Buchgewerbe und den verwandten Industrien einschl. der Vervielfältigungsarten gewidmet. Die Mittelbauten beherbergen die Gruppen „Bibliographie" und Bibliothekswesen", „Bibliophile", „Graphisches Sammelwesen". Auch Erzeugnisse der deutschen Buchbinderkunst, der Reichsdruckerei und des Kais. Patentamts sind hier untergebracht. Der linke Flügel bildet eine „Ruhmeshalle des deutschen Verlags". Die Verbindungshalle der beiden Flügel enthält die Perkaufsabteilung für Bücher und Musikalien. Verläßt man die Deutsche Haupthalle auf der Rückseite, so gelangt man auf den „Eutenbergplatz". An ihm liegen die drei mächtigen Maschinenhallen, die zusammen eine Grundfläche von 18 000 qm bedecken. Während in der Maschinenhalle II Druck-, Setz- und Gießmaschinen im Betrieb gezeigt werden, sind in der Maschinenhalle I Papierverarbeitungsmaschinen in Tätigkeit zu sehen; die dahinter gelegene dritte Maschinenhalle zeigt u. a. eine moderne Eroßbuchbinderei mit ca. 50 Hilfsmaschinen im Betrieb. Zur Linken des Eutenbergplatzes liegt die „Halle der Kultur", in der alle Zeiten und Völker vertreten sind. Auch in dieser Kulturgeschichtlichen Abteilung, die von Eeheimrat Lamprecht und anderen Dozenten der Leipziger Universität unter Mithilfe auswärtiger Gelehrter zusammengestellt wurde, wird durch lebensgroße Gruppen, durch Wiedergabe ganzer Wohnstätten, der Eebrauchsgegenstände früherer Zeiten, durch die naturgetreue Nachbildung alter Schul- und Schreibstuben usw. alles möglichst lebendig vor Augen geführt. In drei großen Anbauten sind die Erapische und die Photographische Kunst untergebracht. Hier sind unter
Führung der deutschen Künstlerverbände Meisterwerke der zeitgenössischen Graphik aller Länder (Radierung, Kupferstich, Holzschnitt, Steinzeichnung usw.) vereinigt. Auch die angewandte Graphik, wie sie in der Ausstattung des Bucheinbandes, des Buchschnittes, der Schrift usw. auftritt, und der Buchschmuck ist hervorragend vertreten. In einer der großen Hallen gelangt die Photographie als freie Kunst zur Darstellung; auch die Liebhaberphotographie ist in Auslese vertreten, dazu Flugzeug- und Ballonaufnahmen. Auch die wissenschaftliche Entwicklung der photographischen Kunst und ihrer Hilfsmittel wird vorgeführt, ferner die Kinematographie und die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der Photographie und Kinematographie im Dienst der Wissenschaft und vieles andere.
Von der „Halle der Kultur" bis zu dem gegenüberliegenden, vom Verwaltungsgebäude gebildeten zweiten Eingang der Ausstellung zieht sich die „Straße der Nationen", an der die an der Ausstellung beteiligten fremden Staaten ihre Paläste errichtet haben. Zur Rechten erheben sich die Gebäude Italiens und Frankreichs, zwei ganz in Weiß gehaltene Pavillons im Renaissancestil. Dazwischen etwas eingerückt die große Halle, die die Internationale Sonderausstellung „Der Kaufmann" beherbergt. In ihr wird das kaufmännische Bildungs- wesen vorgeführt. (Schluß folgt.)
Stadt, Bezirk rrnd Nachbarschaft.
Calw, den 8. Mai 1914.
Vom Rathaus.
Oeffenrliche Sitzung des Eemeinderats unter dem stellvertretenden Vorsitz von E.R. Dreißam Donnerstag nachmittag von )45 Uhr ab. Anwesend sind 11 Ee- meinderäte. — Von Oekonom Dingler lag namens der Allmandbaumbesitzer eine Eingabe vor, in der gefragt wird, warum auf die im August vor. Js. von den All- mandbaumbesitzern abgegebene Erklärung noch keine Antwort eingelaufen sei. Die Antwort wird in der Eingabe erbeten. Die Allmandbaumbesitzer schlugen in dieser damaligen Erklärung vor: 1. Anstelle von abgängigen Bäumen werden keine jungen Bäume mehr von Privatpersonen nachgepflanzt. 2. Alte, krüppelhafte usw. Bäume werden durch eine Zgliedrige Kommission Sachverständiger entfernt. 3. Von den noch bestehenden Bäumen wird der Stadt eine Erkennungsgebühr von 10 Pfg. für Baum und Jahr vergütet. — Dem entgegen aber sagte der Eemeinderatsbeschluß, daß 1. die seit 1900 gepflanzten Bäume eingezogen werden. 2. Alte Bäume dürfen nicht mehr verkauft und vererbt werden und fallen ohne Entschädigung der Stadt zu. Im übrigen deckt sich dieser Beschluß mit den Forderungen der Allmandbesitzer. Stadtschultheih Conz hat, wie Herr Dreiß mitteilte, Schritte getan, um die Kommission zu bilden. Ihr wird u. a. auch Earenbauinspek- tor Winckelmann-Ulm angehören, der Ende Mai abkom- mcn kann. Ueber den oben angeführten Eemeinderats- beschluß entspinnt sich eine längere Erörterung, in der hauptsächlich dagegen geltend gemacht wurde, daß die Bestimmung, Kauf und Erwerbung der Allmandbäume seien verboten, nicht zurecht bestehe. Das sei eine Härte und großes Unrecht, denn vielfach seien die Allmandbäume von den Eltern auf die Kinder vererbt worden und bildeten einen Teil von deren Vermögen, und würden deshalb mit versteuert; ungerecht wirke sie auch gegenüber Leuten, die Allmandbäume kauften und jetzt durch die Stadt dieser verlustig gehen müßten. Das Bürger!. Gesetzbuch stehe auf der Seite der Allmandbaumbesitzer. E.R. Baeuchle, der diesen Standpunkt zum Ausdruck brachte, stellte den Antrag, diese Bestimmungen wieder aufzuheben. Gegen einen Vorschlag des stellvertr. Vorsitzenden, der Stadt wenigstens das Vorkaufsrecht einzuräumen, hätte er nichts einzuwenden. G.R. Staudenmeyer kommt mit seinen Ausführungen zu demselben Ergebnis, wie E.R. Vaeuch- le. Er habe schon früher hervorgehoben, daß der damalige Beschluß des Eemeinderats rechtlich ungültig sei und er ist fest überzeugt, daß bei einer gericht
lichen Entscheidung die Allmandbaumbesitzer glänzend obsiegen würden. Die Gemeindevertretung habe keinen Grund, Bürger vermögensrechtlich zu schädigen, die einst in gutem Glauben die Bäume erwarben. E.R. Wagner ist gleichfalls der Ansicht, daß, was vor 1900 Eigentum gewesen sei, auch heute noch Eigentum ist und über ein solches stehe dem Besitzer freies Verkaufsrecht oder Vererbungsrecht zu. Bon den E.R. Kirchherr, Marquardt und Feldweg werden Fälle aus früheren Jahren angeführt, nach welchen Enteignungen durch die Stadt an Allmandbäumen ohne Vergütung stattgefunden hätten. Im Verlauf der Besprechung ergriff auch E.R. Dr. Autenrieth das Wort, ferner G.R. Zahn und schließlich war das Ergebnis, daß ein endgültiger Beschluß mit Rücksicht darauf nicht zustande kam, daß ohne den Stadtvorstand, unter dem der vorjährige Eemeinderatsbeschluß gefaßt wurde, eine Aenderung dieses Beschlusses nicht vorgenommen werden soll. Der Eemeinderat läßt Herrn Dingler aber die Antwort zukommen, daß er in seiner Mehrheit das Bestreben zum Ausdruck brachte, die Allmandbaum-Ange- legenheit mit den betr. Baumbesitzern schiedlich-fried- lich zu erledigen und daß Schritte eingeleitet seien, die Sachverständigenkommission in Tätigkeit treten zu lassen. Bei der Verwaltung soll beantragt werden, die Allmandbaumsache auf eine der nächsten Sitzungen zur Beratung zu stellen. — Vom 16.—18. Mai soll Calw Einquartierung erhalten und zwar durch die 5. Funkerkompagnie in Freiburg. Es müssen 25 Mann und 28 Pferde untergebracht werden. — Die Kohlenlieferung für den Bedarf der städt. Gebäude wird an das Kohlengeschäft Dingler übertragen, von dem ein Angebot mit 1.27 -K für den Zentner Ruhrfettnußkohlen und 1.75 -K für den Zentner Ruhr-Anthracit vorlag; zu liefern sind 250 Zentner. — E.R. Etau- denmeyer beantragt bei der Verwaltung, bei einer der kommenden Eemeinderatssitzungen einen Erlaß ortspolizeilicher Vorschriften über den Eierhandel auf die Tagesordnung zu setzen. Der Antrag begegnet keinem Widerspruch. — Die Etofflieferung zu Waffenröcken für die Schutzleute usw. wird an die Firmen Vinqon und Rühle hier vergeben. Die Anfertigung der Waffenröcke wird einem Stuttgarter, die der andern Kleidungsstücke hiesigen Schneidermeistern übertragen. Auf die Anfrage von E.R. Zahn, ob die Waffenröcke nicht auch hier angefertigt werden könnten, wird erwidert, daß derartige Stücke in der Regel Spezialisten zur Herstellung vergeben würden. — Die Fruchtschranne ist nunmehr, nachdem Schrannenmeister Echwämmle das Inventar der Stadt übergeben hat, vollständig aufgehoben. Herr Schwümmle hat seit 1889 das Amt des Schrannenmeisters unsrer Stadt treu und gewissenhaft besorgt, wofür ihm der Gemeinderat besten Dank ausspricht. — Schluß der Sitzung 6 Uhr.
8t. Die Bauwerkmeisterprüfung haben bestanden Gottlob Reichard von Deckenpfronn, Friedr. Bott von Calmbach, Heinrich Kübler von Wart, Friedr. Pfeiffer von Rotensol, Otto Rubensdörffer von Eräfenhausen, Christian Stängle von Rotfelden und Josef Singer von Salzstetten.
Die Alboereinsblätter in Len Kasernen. Im Benehmen mit dem Generalkommando des württ. Armeekorps hat, wie das Stuttg. Neue Tagbl. schreibt, der Vorstand des Schwäbischen Albvereins den Mannschaftsbüchereien der verschiedenen Standorte und Kasernen des 13. Armeekorps eine stattliche Anzahl von älteren Jahrgängen und von Mappen mit neueren Nummern der Alboereinsblätter zur Verfügung gestellt. Im ganzen gingen 189 solcher Mappen und 1000 ältere Jahrgänge an die Garnison Tübingen zur Weiterbeförderung ab. Verteilt wurden sie an 34 Mannschaftsbüchereien und Kantinen in Stuttgart, 58 in Ulm, je 13 in Heilbronn, Weingarten, Tübingen, Straßburg, 3 in Berlin« Schöneberg, je 1 in Friedrichshafen und Karlsruhe.