Ehlingen, 2. Mar. Zur Zeit werden in den Turn­vereinen die Wettspiele um die Gaumeisterschaft im Faustball, Eilbotenlauf, Tauziehen und Speerwerfen ausgefochten. Im Juni werden dann in Tübingen, Stuttgart und Bietigheim die Ausscheidungswettkämpfe unter den Siegern der etwa 30 Gaue abgehalten. Die Endkämpfe um die Kreismeisterschaften Schwabens fin­den im Juli statt.

Au« Welt und Zeit.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 2. Mai.

Präsident Dr. Kaempf eröffnete die Sitzung um 10 Uhr und erhielt die Ermächtigung, dem Kronprinzen zu seinem Geburtstag die Glückwünsche des Reichstags auszusprechen. Es folgte dann die erste Beratung des Entwurfs eines Rennwettgesetzes. Staatssekr. Kühn begründete den Entwurf, indem er hervorhob, datz die Wettleidenschaft eine unerfreuliche Begleit-Er- scheinung der sportlichen Veranstaltungen sei. Die Re­gierung stehe auf demselben Standpunkt, wie ein großer Teil der öffentlichen Meinung, daß hier Wandel geschaf­fen werden müsse. Außerdem bedeute die private un­erlaubte Wettvermittelung einen Schaden für das Reich, da die dort angelegten Beträge der Besteuerung ent­zogen würden. Da könne man nur durch die Gesetzgebung mit Strafbestimmungen erfolgreich eingreifen. Der Buchmacher habe von jeder bei ihm abgeschlossenen Wette eine Abgabe von 6 A des Wetteinsatzes an das Reich zu zahlen, außerdem der Wettnehmer 8 des ihm zu­fallenden Gewinnes. Das Gesamtergebnis der Steuer schätzt Kühn auf 25 Millionen. Davon entfallen auf die Bundesstaaten 67 Millionen für Zwecke der Pferde­zucht. Nachdem die Redner sämtlicher Parteien zu dem Entwurf gesprochen hatten, ging er an eine 21glied- rige Kommission. Nächste Sitzung am Montag.

Soldatenbriefe aus dem Elsaß.

Die sozialdemokratische Freie Presse veröffentlicht heute eine Reihe von Soldatenbriefen, die auf die Be­antwortung der kurzen Anfrage im Reichstag ein eigen­tümliches Licht werfen. Die Briefe stammen von dem im letzten Herbst eingezogenen Musketier Hitzblech aus Vaelbert. Der Briefschreiber war Schlosser von Beruf, ein gesunder, kräftiger Mensch, der vor seiner Militär­zeit niemals einen Arzt gebraucht hat. Aus dem Brief geht hervor, daß er bei seinen Vorgesetzten wohl gelitten war. Er erhebt auch keinen persönlichen Vorwurf ge­gen sie. Als seine Verwandten auf einen Brief nach drei Wochen noch keine Antwort hatten, schrieben sie an das Lazarett. Als Antwort kam ein Telegramm, daß der Sohn an Gehirnhautentzündung schwer erkrankt sei. Der Vater fuhr hin und besuchte den Sohn im Lazarett. Kaum war er zu Hause, als er die Nachricht erhielt, der Sohn sei a n Genickstarre gestorben. In dem obenerwähnten Brief wird auch von dem Selbstmord zweier Kameraden und dem Tod eines anderen Kame­raden berichtet,' wie im Brief behauptet wird, als Folge übermenschlicher Strapazen. Aus dem Schreiben des Hitzblech seien kurz folgende Stellen mitgeteilt: Karte vom 8. Januar 1914: Ich sollte ins Lazarett kommen, doch war dies überfüllt. Brief vom 18. Januar: Als ich meine zwei Stunden Wache um hatte, wollte ich hineingehen. Doch da kommt der Unteroffizier und sagt, ich müßte noch zwei Stunden stehen, denn der andere sei krank geworden. Ich mußte wieder auf den Platz zurück. Nach einer halben Stunde war das Kran­kenautomobil da und holte den Halbtoten. Er war näm­lich schon halb tot, denn er ist schon nach einer halben Stunde, als er im Lazarett war, gestorben. Brief vom 22. Februar 1914: Wir waren diese Woche nicht hier in Straßburg, sondern hatten eine Uebung bis Samstag. Es ging jeden Tag weiter. Bis an der Grenze sind wir gewesen. Des morgens früh gings los bis abends spät. Dann dachten wir ins Quartier zu kommen. Doch statt dessen mußten wir in der Scheune schlafen. Das Zeug konnten wir nicht ausziehen. So haben wir von Dienstag bis Samstag abend das Zeug nicht vom Leibe gebracht.

Brief vom 15. März 1914: Ich wollte, die Zeit wäre um. Ich werde es hier so leid, besonders diese Woche war ich nahe der Verzweiflung. Man kann es manchmal nicht aushalten. Ich habe des nachts geweint vor Wut und Leide. Macht Euch keine Sorgen, wenn sich auch diese Woche einer hier aufgehängt hat. Den haben sie so weit gebracht, daß er sich das Leben nahm aus Verzweiflung. Der sich neulich geschossen hat, ist auch gestorben und am Dienstag werden wir ihn be­erdigen. Die letzte Karte enthielt die Mitteilung, daß der Soldat an Rippfellentzündung im Lazarett liege.

Rcichsbotenfahrt nach Hamburg.

Hamburg, 2. Mai. 20 Mitglieder des Bundesrats und 200 des Reichstags sind heute abend auf dem hies. Bahnhof der Hamburg-Amerika-Linie angelangt. Be­sondere Empfangsfeierlichkeiten fanden nicht statt. Die Herren, unter denen man die Minister Delbrück, von Falkenhayn und Sydow und das Reichstagspräsidium bemerkte, begaben sich zur Landungsstelle Neue Liebe, wo der Dampfer Cobra bereit lag, um die Gäste an Bord der bei Altenbruch verankertenVaterland" zu bringen. Alsbald fand auf der Vaterland ein Essen statt. Morgen ist eine eingehende Besichtigung des Dampfers und Frühstück an Bord.

Der Waldbrand.

Osterfeld, 2. Mai. Gestern abend gegen 10 Uhr war der Waldbrand völlig gelöscht. Insgesamt sind 1200 Morgen vernichtet. In der Nacht wurde ein Mann unter dem dringenden Verdachte der Brandstiftung verhaftet.

Kaution für die deutschen Luftschiffer.

Berlin, 2. Mai. Der Deutsche Luftfahrerverband hat heute mittag den Luftschiffern Dr. Berliner, Nikolai und Haase 6000 Rubel (1 Rubel 2,30 -4t), zur Kau­tionsleistung telegraphisch nach Perm übersandt. Von der Summe waren 4000 Rubel von den Familien der Luftschiffer zur Verfügung gestellt worden.

Aus dem Reiche des Mbret.

Durazzo, 2. Mai. Der Regierung zugegangene Tele­gramme besagen, daß Kolonia von den aufständischen Epiroten, die über zahlreiche Kanonen und Mitrailleu- sen verfügen, eingenommen worden sei. Kolonia hatte, da von dort nach Koritza Gendarmerie zur Verstärkung der Besatzung abgegangen war, nur eine kleine Garnison die dem Ansturm nicht standzuhalten vermochte. Am Nachmittag bei dem hiesigen Gendarmerie-Kommando eingegangene Telegramme berichten, daß die Aufständi­schen nach der Einnahme Kolonias Frauen und Kinder hingemordet und die Stadt in Brand gesteckt hätten. Die Aufständischen rücken jetzt, wie es heißt, weiter vor. Diese Nachrichten haben eine große Erregung hervorgerufen. In der Stadt fanden Umzüge statt, bei denen patriotische Reden gehalten und Rufe gegen Griechenland laut wurden. Für morgen ist eine große Protestversammlung gegen die an den Albanern verübten Greueltaten angekündigt.

Mexikanische Schandtat an einer Deutschen?

Der Köln. Ztg. wird telegraphiert: Nach einer bis­her unbestätigten Meldung hat der Pöbel in der Haupt­stadt Mexiko am 27. April die deutsche Frau Klara Beckmeyer zu Tode mißhandelt. Es wird erzählt: Frau Veckmeyer, die seit einem Viertel­jahr Witwe ist und sich ohne männlichen Begleiter auf die Straße wagte, trug am Halskragen eine kleine deut­sche Seidenfahne. Der Pöbel hat nun das Anstecken der deutschen Farben für einen Versuch gehalten, die wahre, amerikanische, Nationalität zu verbergen. Er zerrte die Frau durch die Straßen und mißhandelte sie derart, daß sie später starb.

Karlsruhe, 3. Mai. Nach Mitteilung des groß­herzoglichen Geheimen Kabinetts wird das Kaiser- paar auf der Rückreise von Korfu Donnerstag, den 7. Mai, nachmittags 4.30 Uhr, zum Besuch der groß­herzoglichen Herrschaften hier eintreffen und Freitag, den 8. Mai, spät abends nach Braunschweig abreisen. Das Wehrbeitragsergebnis der fünf größten Städte Ba­dens ist folgendes: Mannheim 8,9, Karlsruhe 4,1, Frei­burg 3,5, Heidelberg 2,8, Pforzheim 1,8 Millionen, sodaß diese Städte über Zweidrittel des auf Baden ent­fallenden Wehrbeitrages aufringen.

Bregenz, 3. Mai. Im Jagdgebiet des deutschen Kronprinzen im Bregenzerwald sind während des Win­ters über 20 Hirsche und Gemsen durch Lawinen getötet worden. Zu der beginnenden Auerhahnjagd hat der Kronprinz wieder mehrere Jagdgäste nach Hopfreben geladen.

Gericht»!»«!.

Schon wieder ein Todesurteil.

Heilbronn, 2. Mai. Der Eisenhobler Gustav Wurst von Bückingen, der seine Gattin durch Ersticken im Bette ermordet hatte, wurde heute, nachdem die Geschworenen die Schuldfrage auf Mord bejaht hatten, von dem Ge­richt zum Tode verurteilt. Da der Angeklagte ein Ge­ständnis nicht abgelegt hatte, wurde das Urteil auf Grund des Indizienbeweises gefällt. Die Anklage hatte nur auf Totschlag gelautet, der Verteidiger dagegen die Aufhebung des Urteils beantragt.

Zum 2. Mal wegen Milchfälschung ins Gefängnis.

Das Amtsgericht StuttgartAmt hat die vermög- liche Bäuerin Rosine Günther von Möhringen, die schon einmal wegen Milchfälschung mit Geld und ein zweites- mal mit einer Gefängnisstrafe von einer Woche vor­bestraft war, zu der Gefängnisstrafe von 10 Tagen ver­urteilt und überdies die Veröffentlichung des Urteils im Filderboten angeordnet. Ihre Mitangeklagte Tochter wurde freigesprochen, obwohl sie angab, sie habe, da sie krank gewesen sei, tagsüber und bei Nacht Milch getrun­ken und für diese dann der übrigen Milch Wasser zu­gesetzt, ohne zu wissen, daß die betreffende Milch zum Verkauf bestimmt gewesensei. Die Eesamtwasserzusätze an den beiden Kontrolltagen, die von der Stuttgarter Nahrungsmittelkontrolle festgestellt wurden, beliefen sich auf I X Liter.

Eine seltsame Geschichte.

Vor dem italienischen Schwurgericht in Oneglia spielt gegenwärtig ein Prozeß, zu dem eine Gräfin und ein Offiziersbursche das Material liefern. Im November des verfl. Jahres hat die Gräfin Maria Oggioni-Tiepolo den Offiziersburschen ihres Gemahls mit einem Schuß niedergestreckt. Sie tat das, weil ihr der Bursche angeb­lich allzu zudringlich wurde mit seinen Liebesanträgen. So sei sie, erzählte die Gräfin dem Untersuchungsrichter, eines schönen Morgens länger als sonst im Bett ge­blieben. Als sie sich dann erhoben und der Bursche sie bemerkt habe, sei dieser ihr in das Schlafzimmer ge­

folgt und wollte sie dort umarmen. Selbst hinter ver­schlossener Türe mußte sie sich gegen die Zudringlichkeiten des Polimanti, so hieß dSr Erschossene wehren. Im Kinderzimmer habe sie mit ihm gerungen und ihn gekratzt und gebissen und ihm endlich gedroht, sie er­schieße ihn, wenn er nicht auf der Stelle verschwinde. Das hielt den guten Mann aber nicht ab; er fürchte sich nicht vor ihr, habe er gesagt, und nun hätte sie keine andere Wahl gehabt, als nach der Browningpistole ihres Gatten zu greifen und zu schießen. Polimanti stürzte sofort tot nieder, während die Gräfin zu Nachbarn flüch­tete. Von diesen wird ausgesagt, daß sich der Bursche schon früher der Offiziersdame gegenüber gemein be­nommen habe, solange der Herr des Hauses abwesend gewesen war. Deshalb hätte der Soldat zur Truppe zu­rückkommen sollen, aber die Eheleute gewährten ihm Verzeihung, weil er versprach, sich zu bessern. Soweit wäre die Sache klar und die Gräfin im Recht. Aber. Im August vorigen Jahres verreiste der Bursche zu sei­ner Schwester nach Parma. Dorthin erhielt er von der Gräfin Postkarten mitKüsten und allerherzlichsten Grüßen". Die Oggioni-Tiepoli aber stellt diese auf den ersten Blick nicht so harmlosen Kartengrüße als be­langlos hin, denn die habe sie aus Gutmütigkeit ge­schrieben und zudem habe die Adresse auf die Schwester Polimantis gelautet. Außer diesen Karten fand man auch einen Brief von der Hand des nun Toten an die Gräfin gerichtet, ihre Photographie und eine Locke von ihr. Die hohe Frau sagt aber, sie habe sich dem jungen Manne gegenüber nur freundlich, nicht aber vertraulich gezeigt. Zu dem Prozeß sind über 100 Zeugen geladen.

Vermischter.

Wildschlächterei in Südwestafrika.

Ein weidgerechter Jäger klagte kürzlich in einer Zuschrift an die ZeitungSüdwest" über Wildver­wüstung durch die Buren.Zwischen Gochas und Ara- hoab, wo dank einer weisen Selbstbeschränkung der Truppe beim Abschuß sich das Hochwild (Eemsbock, Harte- beest und Wildebeest) wieder stark vermehrt hat, jagen Buren aus der Maltahöher Gegend mit einem Jagd­schein des Bezirksamts Eibeon. Sie hatten vor wenigen Monaten schon über 120 Eemsböcke gemordet! Mithin werden sie jetzt wohl die Zahl 300 vollgemacht oder über­schritten haben! Ist das nicht geradezu scheußlich und empörend? Es hat den Anschein, als ob auch hier trotzdem so viel vom Schonen und Erhalten unseres Wildstandes geredet und geschrieben wird gerade Buren, denen der Begriff des Wildschutzes fremd zu sein scheint, wie in anderen Teilen Südafrikas das Wild schließlich doch noch vernichten werden. Im vori­gen Jahre passierten Buren, aus dem Süden des Schutz­gebietes kommend, die Kalahari. Sie wollten über Riet- fontein-Ost ins Englische, um sich dort anzusiedeln. Im Vorbeigehen schossen diese Kerle Großwild, hauptsächlich Strauße. Einer schoß nach seiner eigenen Aussage allein 73 der schönen Riesenvögel!! Im gleichen Jahr zog ein Farmer mit sage und schreibe sieben Eemsböcken auf Karre an einer Truppenstation vorbei! Wo, fragt man sich, fängt denn nun eigentlich das in der Verordnung besonders hoch besteuertegewerbsmäßige" Jagen an, wenn eine solche Jagdbeute mit gewerbsmäßiger Jagd nichts zu tun hat? Eines ist jedenfalls gewiß, daß eine derartig wüste Schießerei selbst der Wildbestand der Kalahari nicht aushalten kann. Warum beschränkt man nicht nach englischem (und jetzt ostafrikanischem) Muster die Anzahl der Stücke Hochwildes, die man auf einen Jahresjagdschein schießen darf? Das wäre mei­ner Ansicht nach das einzige Mittel, um der völligen Vernichtung des Wildstandes im Schutzgebiet vorzu­beugen." Das allersicherste Mittel, die Vernichtung des Wildstandes in den Kolonien zu verhindern, ist die Errichtung von großen Naturschutzparken. Sobald das Zustandekommen des süddeutschen Naturschutzparkes ge­sichert ist, wird, so hoffen wir, der Verein Naturschutz­park e. V. in Stuttgart seine Aufmerksamkeit auch den deutschen Kolonien zuwenden.

Landrv.rttusaft rrn- Märkte.

Stuttgart, 2. Mai. Schlachtviehmarkt. Zugetrie­ben: 108 St. Großvieh (19 verkft.), IW Kälber (alle verkauft), 477 Schweine (100 verkft.). Ochset 1. Kl. 8894 -4t. Bullen 1. Kl. 7780 -4t. Stiere 1. Kl. 90 bis 93 -4t. Jungrinder 2. Kl. 8790 -4t. Kälber 1. Klasse 108114 -4t, 2. Kl. 102107 -4t, 3. Kl. 92 bis 100 -4t. Schweine 1. Kl. 5759 -4t, 2. Kl. 5256 -4t, 3. Kl. 4246 -4t. Verlauf des Marktes: langsam.

Göppingen, 2. Mai. Der Viehmarkt gestaltete sich bester als der letzte. Es wurde ein Umsatz von 14 450 Mark erzielt. Zugetrieben waren 2 Ochsen, 68 Kühe, und 85 Stück Schmalvieh. Verkauft wurden 0 Ochsen, 20 Kühe zum Preise von 300460 -4t und 23 Stück Jungvieh zum Preise von 165400 -R das Stück.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.

Reklain-tett.

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