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AtLensteig» Donnerstag den 8 Mat 1030
63. Jahrgang
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Bilder aus der Deutsche« Bergaugeuheil
Historische Heimatsviele im Jahre 1SM Bon Hans Zippel.
RDV. Wenn man das Programm der Veranstaltungen durch- blätrert, mit denen die deutschen Städte im kommenden Sommer ihre Besucher erfreuen wollen, so erwachen aus den toten Buchstaben die Zeiten des deutschen Mittelalters. Ja, es scheint, daß in diesem Jahre die längst vergangenen Jahrhunderte in einem Glanz und in einer Mannigfaltigkeit aufersteben werden, wie wir es bisher noch nicht erlebt haben. Besonders die süddeutschen Städte mit ihren wehrhaften Ringmauern, ragenden Burgen und ehrwürdigen Kirchen wetteifern darin, die malerischen Marktplätze, die winkligen Straßen für Tage und Stunden mit dem bunten Leben jener Zeiten zu erfüllen, denen sie ihr mittelalterliches Aussehen, ihren Ruhm, ja ihr ganzes Sein verdanken.
Rund SW Jahre ist es her, daß die Naumburser Juend aus der belagerten Stadt auf die Vogelwiese hinauszog, um mit unschuldig sonnigem Kinderlächeln den grimmigen Hussitengeneral Prokop milde zu stimmen. Was Diplomatie und Kriegskunst nicht vermochten, gelang den Kindern: Prokov lieb sich erweichen, er kaufte den Kleinen Kirschen und zog mit seinen Soldaten ab. Die Stadt Naumburg feiert seitdem zur Erinnerung an die glückliche Errettung Ende Juni das historische Kirschenfest. — Prunkvoller und „historischer" geht es am 2V. und 21. Juli in Dünkelsbühl zu. Auch hier spielen die Kinder die Hauptrolle in den entzückenden Szenen der „Kinderze che,,, einem mittelalterlichen Festspiel, das den siegreichen, für Dinkelsbühl aber gnädigen Einzug Gustav Adolfs im Jahre 1632 zeigt. Der Schwedenkönig wäre nicht so gnädig gewesen, wenn nicht — wie in Naumburg — die liebe Jugend sein hartes Herz erweicht hätte. — Und noch ein Spiel ist den Kindern gewidmet: das Ruthenfest in Landsberg am Lech, (15. bis 18. Juli). Genau wie das historische Kinder- schützenfest in Biberach a. d. Ritz (7. und 8. Juli) noch beute, war das Ruthenfest ein eigentliches Fest der Kinder. Im Laufe der Jahre aber hat es sich zu einer groben, allgemeinen Volksveranstaltung entwickelt. Wir erleben den Einzug Kaiser Lud- 2Äs des Bayern und die feierliche Verleihung des „Salz- und Wagenpsennigs" im Jahre 1315, den Abschluß des Landsberger Bundes mit obligatem Schauessen auf freiem Marktplatze und in einem besonderen Festspiel die schlimmen Zeiten der Schwedenbesatzung und des Dreibigjäbrigen Krieges. — Stürmischer geht es am 6., 9. und 15. Juni, ferner am 18. Juli, 17. August und 14. September in Rothenburg ob der Tauber zu. Dort hält Gustav Adolfs grober Gegenspieler, General Tilly, an der .Spitze der „Kaiserlichen" siegreichen Einzug, Kanonenschläge krachen, vom Turm der naben Jakobskirche läuten die Glocken Sturm, ein hoher Rat übergibt dem gefürchteten Sieger die Schlüssel der Stadt, und der Altbürgermeister hebt den Hum- -veu zu jenem Meistertrank, der die liebliche Stadt vor Plünderung und Zerstörung bewahrt haben soll und dem das Festspiel seinen Namen verdankt. Danach aber versammeln sich einmütig Freund und Feind, Ratsherr und Landsknecht, Marketenderin und Henker, Marschall und Gemeiner- um in langem, festlichen Zuge hinauszuziehen vor die Mauern der Stadt, wo auf den Wiesen alsbald ein fröhliches Treiben beginnt. Hans Sachssviele und der historische Schäfer tanz, der erstmalig am 8. Juni zur Aufführung gelangt, füllen die Pausen der festlichen Tage. — Noch eine Stadt versetzt uns 300 Jahre zurück: Rördlingen in seinem Festspiel „Anno 1634" (3., 10., 17., 24., 31. August, 7. September). Auf dem schönen Marktplatze -schwingen sich Burschen und Mädchen in altdeutschen Tänzen, und wenn wir Glück haben, konzertiert vor unserem Wirtshause, dem „Goldenen Rad" oder dem „Weißen Ochsen" Nördlingens Stolz, die aus 60 Knaben bestehende Jugendkapelle in histori- -scher Tracht! — Wenn wir weitere 100 Jahre zurückgehen, stehen wir mitten in der bewegten Zeit der Reformation, in jener 'Zeit, die der alten Stadt Augsburg-in diesem Jahre das Gepräge geben wird. Zwar sind er „Florian Geyer", ferner Lis- fauers „Luther und Thomas Münzer" und als Laienspiel „Das 'Bekenntnis von 1530", die man dort anläßlich der 4 0 0 - Iahr- lei e r der Confessio Augustana aufführen wird, Dichtungen unserer Zeit, sie werden uns aber, zumal mit dem „Goldenen Augusburg" als Hintergrund, Bilder aus der deutschen Vergangenheit zeigen, wie wir sie uns prächtiger nicht wünschen können.
Wenn es uns aus irgendeinem Grunde nicht möglich sein sollte, gerade Augsburg zu besuchen, so werden wir den groben Reformator auch in Coburg treffen, in Strindüergs „Luther" oder in den Freilichtaufführungen von Wolzogens Drama „L u- tber auf der Veste Cobur g", die vom 18. Mai ab bis in den Herbst hinein stattfinden sollen. — Im übrigen: es braucht weder Augsburg noch Coburg, es braucht auch nicht Luther zu lein! Am 15. Juli treffen wir in Mindelhelm. in dem historischen Frundsbergsviel eine andere, nicht weniger markante Gestalt des 16. Jahrhunderts, den „Vater der deutschen Landsknechte" nämlich, Georg von Frundsberg, der anno 1526 Kaiser Karl dem Fünften die Schlacht von Pavia gewinnen hals nnd bald danach auf der Mindelburs den Strobtod sterben mußte. — Noch weiter zurück bis in die Zeiten der Hohenstaufenkaiser! Da begegnet uns in einem Festspiel, das am 29. Juni und 6. Juli auf dem sagenumwobenen Kyffbäuser stattfindet, Kaiser Friedrich Barbarossa mit samt seiner Gemahlin Beatrix. Sein Vorgänger Konrad er Dritte aber erwacht in den Weibe r t r e u s e st s p i e l e n zu neuem Leben, die in dem lieblichen Städtchen Weinsberg von Mai bis Juli zur Aufführung gelangen. Vor unseren Augen spielt sich jene lustige Szene ab, die wir aus der Geschichte kennen. Als Konrd der Dritte die Burg Weibertreu erobert hatte, gestattete er nur den Frauen Abzug, und sie durften — der Hohenstaufe war Kavalier — soviel von ihrem Hab und Gut mitnebmen, wie sie selbst tragen konnten. Was taten aber die klugen Weiber von Weinst rg? Sie nahmen ihre Männer „huckepack" und schleppten sie an dem erstaunten kaiserlichen Sieger vorbei in die Freiheit hinaus! — Ernster sind ie Szenen, die in dem uralten Volk- i vom Schwabenher-
zog Ernst — demselben, den auch Ahle u seinem Trauerspiel verewigte — an uns vorüberziehen Heidenheim a. d. Brenz treffen wir in den Somme „onaten diesen Liebling des Volkes, der vor 800 Jahren seine Auflehnung gegen die kaiserliche Gewalt mit dem Leben büben mußte. Noch heute lebt sein Name im Volke, ebenso wie der Name jenes andern Helden, der 1809 sein Leben für Tirol ließ: Andreas Hofer. Er tritt vom 29. Mai bis Ende September inBadBentheim auf, und in den Oetigheimer Festspielen, die den ganzen Sommer über in der Nähe von Baden-Baden stattfinden.
Noch ein gutes Dutzend weiterer Heimatspiele könnte man aufzählen, die mehr oder minder in Süddeutschland zu Hause lind. Nicht alle bringen sie kriegerische Ereignisse zur Dar-stel- lung. So erscheint in dem „Weitzenvurger -wai 0 ,piei" 118 ., n. Mai, 15. Juni, 3. August, 7. September) Kaiser Maximilian der Erste, der „letzte Ritter", als Jagdgast bei dem Reichspfleger der freien Reichsstadt Weibenburg am Sand, dem Grafen Pappenheim. Der Kaiser verlobt unter Mitwirkung von Elfen, Zwergen und Waldgeistern das Töchterlein seines Gastgebers mit einem aus Zauberbann erlösten Grafen. Erleben wir hier eine mittelalterliche Verlobungsfeier wie sie anno 1495 üblich war, so können wir am 6.. 9. und 12. Juli in Landshut a. d. Isar an einer Hochzeit teilnebmen, die 20 Jahre früher stattfand, an der Prunkhochzeit des Bayernherzogs Georg des Reichen mir der schönen polnischen Königstochter Hadwiga. Zwar sind uns die historischen Zusammenhänge, die zu dieser Hochzeit im Jahre 1475 führten, abhandengekommen: die prächtigen Bilder indessen, die in Festspiel, Festzug und Festwiese, in einem historischen Hochzeittanzspiel, in Ritterturnieren und Zünftereigen an uns vorüberziehen, sind mehr als bloße Augenweide: sie zeigen uns das deutsche Mittelalter von jener anderen, liebenswürdigeren Seite, in seiner Fähigkeit, nach schlimmen Zeiten der Kriegsnot und Pestilenz auch die Freuden des Friedens festlich zu genießen.
Ja, selbst die deutsche Sage erwacht zu neuen Leben! Sankt «seorg reitet am 10. August durch die sonst so stillen Gassen des bayerischen Städtchens Furth im Wald, um den Drachen zu töten und Dr. Faust wird in diesem Jahre die letzten Stundes seines gottlosen Lebens noch einmal leben, in dem Festspiel „Doktor Faustens Tod" nämlich, das in Staufen gespielt werden wird. Noch heute stebr dort, am Markte das alte Gasthaus zum Löwen, wo anno 1539 der Teufel den berühmten Schwarzkünstler geholt haben soll...
Gefahren für die Arbeitslosenversicherung
Die Reichsanftalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat am 1. Mai ihren Jahresbericht für das Kalenderjahr 1929 veröffentlicht. Bei dieser Gelegenheit empfing der Präsident Dr. Syrup Vertreter der deutschen Presse, um die mehr geschichtlichen Ausführungen des Berichts durch Angaben aus der Gegenwart und durch Zukunstsbetrachtungen zu ergänzen. Die Arbeitslosenzahl,, d. h. die der sogenannten „Hauptunterstützungsempfänger", machte am IS. April d. I. rund 1850 000 aus. Das ist eine volle halbe Million mehr als zur gleichen Zeit des Vor-, jahres. Die Gründe dieser unbefriedigenden Entwicklung sind in folgendem zu suchen: 1. hat der milde Winter es den Landwirten ermöglicht, die Arbeiten der Frühjahrsbestellung in Wochen und Monaten mit häuslichen Kräften zu verrichten und die sonst benötigten Arbeitskräfte zu sparen, 2. hat die wirtschaftliche Konjun^ur sich noch nicht entscheidend gebessert, 3. ist der Vaumarkt wegen Kapitalmangels noch nicht recht in Gang gekommen und 4. beginnen einige Wirtschaftszweige (Stein- und Braunkohlen- Vergbau sowie die Schwerindustrie) notleidend zu werden, denen es bisher trotz der allgemeinen Ungunst der Konjunktur leidlich gut gegangen war.
Die der Reichsanstalt zur Verfügung stehenden Mittel setzen sich wie folgt zusammen: Der Z^prozentige Beitrag der Arbeitgeber und Arbeitnehmer bringt so viel, daß im Jahresdurchschnitt etwa 980 000 Hauptunterstützungsempfänger mit Renten ausgestattet werden können. Die weitere vom Reich zur Verfügung gestellten Mittel von 200 Millionen RM. gestatten die Versorgung von weiteren 190 000 Arbeitslosen. Im ganzen können also mit den Einnahmen des Rechnungsjahres 1930 etwa 1117 000 Arbeitslose betreut werden Nimmt die Abnahme der Arbeitslosen nicht bald ein schnelleres Tempo an, so wird die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger in diesem Sommer nicht unter diejenige Grenze sinken, von der an die Prämieneingänge die Rentenauszahlungen übersteigen. Dann mutz damit gerechnet werden, datz die Reichsanstalt gegen Ende des laufenden Rechnungsjahres mit neuen Anleihewünschen an die Reichskasse herantritt. Ende März d. I. hatte sich die Schuldsumme der Reichsanstalt beim Reich auf 620 Millionen RM. gehoben.
Es ist bekanntlich das Ziel des Reichsfinanzministers, die Reichskasse vor weiterer uferloser Inanspruchnahme durch die Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung zu bewahren. Einstweilen besteht aber die Darlehenspflicht des Reichs unbegrenzt weiter. Der Reichstag hat vor Ostern einem Gesetz zugestimmt, das die Reichsanstalt beauftragt Vorschläge für die finanzielle Sanierung der Arbeitslosenversicherung auszuarbeiten. Dieser Auftrag wird bereits im Laufe dieser Woche in Angriff genommen werden Grundsätzlich gibt es drei Wege, auf denen das gesteckt«
Ziel erreicht werden kann: 1. die innere Organisation kanr (einschließlich der Mittelaufbringung) so verbessert werden datz das Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahme» hergestellt wird; 2. die Leistungen der Reichsanstalt können den vorhandenen knappen Mitteln angepatzt werden: 3. da- Reich kann neue Einnahmequellen schaffen und aus diesen Mehreinnahmen finanzielle Ileberweisungen an die Reichs anstatt vornehmen. Man merkte es dem Präsidenten de: Reichsanstalt beim Presseempfang an, datz ihm die bedingt. Vollmacht zur Sanierung der Finanzen der Anstalt nich sonderlich zusagte, und datz er es begrüßen würde, wen» die Reichsanstalt in der gleichen Weise finanziell gestcher, werde, wie bisher alle Versuche einer Reform durchgeführ: worden sind: durch Reichsgesetz. Wie aber durch die finanzielle Sanierung der Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung im einzelnen aussehen mag, eines ist sicher: di« Reform wird eine Eintagsfliege sein, wenn nicht Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Publizistik alles aufbieten, um de, Mißbräuchen aus die Spur zu kommen und durch streng« Bestrafung der Unbefugten den Schwankenden eine heilsam« Lehre zu erteilen. Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauei — und dem Vernehmen nach auch Reichsarbeitsminister Dr. Stegerwald — sollen die feste Absicht hegen, die Arbeitslosenversicherung noch vor der Sommerpause des Reichstages zu reformieren. Dr. Croll.
Streiflichter
Nun ist wieder die Arbeitslosenversicherung an der Reihet; In Dortmund hat Reichsarbeitsminister Stegerwald erklärt: „In den nächsten Wochen werde eine Kernfrage- der deutschen Innenpolitik die sein, wieviel Arbeitslose Deutschland im Jahresdurchschnitt 1930 zu versorgen habe«: wird. Das Institut für Konjunkturforschung rechnet für 1930 mit einer durchschnittlichen Zahl von 1,5 bis 1,7 Millionen Unterstützten, während in der Arbeitslosenversicherung nur für 1,2 Millionen Mittel zur Verfügung stünden und in der Krisenunterstützung für rund 200 000. Treffe, die Annahme des Instituts für Konjunkturforschung zu, dann fehlten für 1930 noch einige hundert Millionen RM. Es könne aber auch noch schlimmer kommen."
Stegerwald erklärte sogar zum Schluß seiner Rede, „erstehe noch nicht fest» ob das Gesamtprogramm der Regierung in dem gegenwärtigen Reichstag erledigt werde« kaun» oder mit einem neuen durchgeführt werden mutz". — In der Berliner Presse rechnet man in der Tat damit, dast der gegenwärtige Reichstag dem Kabinett Brüning schon, in absehbarer Zeit in der einen oder anderen wichtigen Frage die Gefolgschaft versagt und es dann im Oktober zu Neuwahlen kommt. So schreibt die „D.A.Z.", die mit der Auslösung des Reichstags im Spätsommer rechnet: „Auch der Haushalt für 1930 gehört ja noch zum Restgut der Großen Koalition. Die neue Regierung kann seine gröbsten Schönheitsfehler beseitigen und inzwischen für den Osten und die Landwirtschaft das eben Dringendste tun. Aber schöpferische eigene Leistung, eine wirkliche Reform liegen darin noch nicht. Sobald jedoch, vielleicht im Juni, der Etat verabschiedet ist, beginnt endlich die individuelle und voll- verantwortliche eigene Regierungstätigkeit. Ohne allzu großem Pessimismus zu huldigen, kann man voraussetzen, datz dann möglicherweise der Zeitpunkt gekommen sein wird, um die Drohung mit der roten Mappe wahrzumachen. Der Reichskanzler dürfte damit rechnen müssen, datz er für ein Ermächtigungsgesetz, wie er es möglicherweise für nötig hält, keine Mehrheit im Reichstag findet. Das Parlament von 1928 würde dann in aller Stille für immer nach Hause gehen. Kommt dieser Wahlkamps schon so bald, so ist es ein geradezu unvorstellbarer Gedanke, daß das Bürgertum inmitten einer politischen Verwirrung, wie sie heute besteht, vor die Wähler treten müßte. Die Erörterung vor und hinter den Kulissen hat einen Zustand hervorgerufen, der nicht eine Kräftigung und Konsolidierung, sondern eine weitere Zersplitterung und Schwächung der bürgerlichen Kräfte bedeutet."
Habt Sonne im Herzen — und etzt Roggenbrot! schreibt die „Frankfurter Zeitung" und bemerkt dazu: Dafür werben in diesen Tagen die landwirtschaftlichen Organisationen. Zwei Jahre guter Roggenernten hintereinander haben uns, paradox genug, eine Roggenkrije gebracht. Nun soll der Verzehr gehoben werden, damit er sich der Ernte an- pasje. Auf die Dauer sehr viel wichtiger wäre das andere, wofür jetzt erfreulicherweise das preußische Landwirtschaftsministerium endlich die Initiative ergreifen will, nachdem unsere ganze verzweifelte Agrarzollpolitik bisher nur das Gegenteil erreicht hat — das andere, nämlich, datz die Ernte sich dem Verbrauch anpasse, datz also der Roggenanbau eingeschränkt und überall dort, wo der Böden es erlaubt, durch Weizenanbau ersetzt werde. Inzwischen aber schadet es gewiß nichts, wenn durch die Roggenbrotpropaganda weite Verbraucherschichten auf die wichtige Frage hin- gewiejen werden: ob nicht gerade in dem Jahrzehnt nach dem Kriege manche Aenderung der Verbrauchssitten sich bei uns durchgesetzt hat die, auf welchen Gründen auch immer sie beruhe, doch in unserer heutigen Lage, unter den furchtbaren Lasten eines verlorenen Krieges und unter bitteren Wirtschaftsnöten, ganz nackt als ein uns nicht zustehender Luxus angesehen werden mutz. Die Frage ist, Hand aufs
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