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UnmMer? 97 I Alten steig. Montag den 28. April 1930. j 53 Jahrgang
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Friedrichshasen, 26. April. In den Strahlen der ersten Mor- i gensonne ist das Luftschiff „Graf Zeppelin" Samstag morgen j 6.62 Ubr zu seiner Fahrt nach England gestartet. An Bord befin- k den sich 13 Passagiere, darunter Kapitänleutnant Dietrich aus '' Kassel, der vor Jahren auch schon als Luftschifführer tätig war, ferner Lady Drummond-Hay, die bekanntlich an der Weltreise des „Graf Zeppelin" teilgenommen bat, und Miß Cleaver, die bekannte Fliegerin, die vor acht Tagen mit den englischen Fliegern auf dem Kontinent-Rundflug in Friedrichshafen gelandet war. Der Aufstieg ging glatt vor sich. Um 7.25 Ubr überflog „Graf Zeppelin" Säckingen, 7.35 Uhr bei ziemlich bedecktem Himmel Basel, um 11.10 Uhr Paris.
Mit dem Zeppelin über Frankreich
An Bord des „Gras Zeppelin", 26. April. Um 10 Uhr befinden wir uns 50 Kilometer nordöstlich von Dijon. Das Luftschiff bewegt sich in einer durchschnittlichen Höhe von 400 Meter mit 100 Kilometer Stundengeschwindigkeit vorwärts. Alle fünf Motoren arbeiten. Schweizer Flieger, die den „Graf Zeppelin" von Basel an begleiten, umkreisen das Luftschiff in unverantwortlicher Nähe. Ueber Dijon klärt sich das Wetter auf. Das Luftschiff schaukelt in leichten Böen. Wir werden von einem französischen Flugzeuggeschwader begrüßt und nehmen direkt Kurs auf Paris. Samstag 11 Uhr sind war 110 Kilometer südöstlich Paris.
Paris steht einen Moment still
Paris, 26. April. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" schwebte etwa 20 Minuten über Paris. Es hatte vorher auf dem Flugplag Orly Post für Paris abgeworfen. Es war Mittag, und man kann sagen, dag einen Augenblick lang der gewaltige Pariser Verkehr gestockt hat. Selbst die Chauffeure und Trambahnschaffner stoppten ihre Wagen, um in den dunstigen Aprilhimmel hinaufzusehen. Es wäre falsch, von einem Jubel der Bevölkerung M reden. Es war vielmehr eine merkwürdige Mischung von Erinnerung an Nächte des Krieges, durchsetzt mit einem großen Staunen vor dem Apparat.
Sensation in London — Ueber dem Wembley-Stadion Landung in Cardington
London, 26. April. Zehn Minuten nach 4 Uhr überflog „Graf »Zeppelin" London. Ueberall auf den Dächern standen die Menschen und bewunderten das herrlich» r^hauspiel. Das Luftschiff Kam von Süden her und flog auf die Themse zu, machte eine Wendung und kreuzte in weitem Bogen über dem Westend. Dann machte „Graf Zeppelin" abermals eine Wendung und flog auf die City und direkt auf den Westminsterpalast, die St. Paulskathedrale und den Tower zu. Das Erscheinen des Luftschiffes bedeutete auf allen Straßen und Plätzen der Stadt eine wahre Sensation. Das Luftschiff kreuzte mehr als 20 Minuten über London, schließlich wandte es sich dem Norden zu.
Zunächst flog „Graf Zeppelin" über das Wembley-Stadion, wo gerade das Endspiel um den englischen Fußballpokal ausgetragen wurde. Die rund 100 000 Menschen zählende Menge brach in laute begeisternde Kundgebungen aus, und Minuten hindurch wurde die Aufmerksamkeit von den Spielvorgängen auf bem Fußballgelände abgelenkt.
Im Luftschiffhafen Cardington war schon vor dem Eintreffen des Luftschiffes alles bereit zur Landung. Die 200 Mann starke ELandungsmannschaft stand bereit bei den großen Hallen. Am Ankermast hing das englische Luftschiff „R. 100". Rings um den Flugplatz waren tausende von Automobilen aufgefahren. Aus der nahe liegenden Universitätsstadt Cambridge schien die ganze Studentenschaft ausgewandert zu sein, um dem Schauspiel bei- guwohnen, die beiden Luftschiffriesen auf dem Platze zu sehen. Dr. Eckener war am Morgen eingetroffen und besichtigte den »R. 100" am Ankermast und den „R. 101" in der Halle. Im Salon des „R. 101" wurde dann gemeinsam mit dem englischen Luftfahrtmarschall und den Leitern des Flughafens ein Früh- Istück eingenommen. Kurz nach 5 Uhr erschien „Graf Zeppelin" Aber den Hügeln und flog in großem Bogen südlich um den Flugplatz herum. Das Luftschiff landete glatt, sodaß die Haltemannschaften kaum die heruntergelassenen Taue zu halten brauchten. In diesem Augenblick zog jemand aus der Menge «ine bereitgehaltene Flagge hervor und enthüllte sie. Es war die alte deutsche Flagge. Eine Riesenovation der Menschenmenge ßetzte ein. Dr. Eckener erschien mit den Passagieren, ging an Word, und nach kurzer Zeit (22 Minuten) verließ das Luftschiff Wieder den Flughafen.
Als das Luftschiff wieder aufstieg, hielt Dr. Eckener in aus- 'gezeichnetem Englisch eine kurze Dankesrede. Er rief der Masse M: >,3ch danke Euch für den freundlichen Empfang, den Ihr unserem Luftschiff bereitet habt. Ich hoffe die englischen Luftschiffe 'bald in Friedrichshafen als Freunde und Kameraden begrüßen M können."
Einzelheiten von der Landung
Cardington, 26. April. „Lebt wohl! Ich hoffe „R. 100" bald in Friedrichshafen zu sehen!" Mit diesen Worten verabschiedete sich Dr. Eckener von seinen englischen Freunden, als er das Luftschiff „Graf Zeppelin" zur Heimfahrt nach Deutschland bestieg. !Er hätte, so erklärte er, von der in Cardington geleisteten Ar
beit die besten Eindrücke gewonnen und sei auch von üer guten Bergung des „Graf Zeppelin" außerordentlich befriedigt. „Ich glaube", so schloß Dr. Eckener, „wir werden in der Lage sein, mindestens ein Jahr lang uns Versuche zu ersparen, wenn wir auf der Grundlage arbeiten, die ich heute geprüft habe. Lusr- schiffreisen müssen international sein. Für geringe Entfernungen ist das Luftschiff wertlos. Deutschland, Großbritannien und Amerika müssen Zusammenarbeiten, und ich sehe im Geiste bereits eine Kette von Lustschiffstationen mit gleichmäßigen Einrichtungen, so daß unsere Lustschiffe an den Masten eines jeden Landes verankert werden können."
Als das Luftschiff von 200 britischen Fliegern und Hunderten von Arbeitslosen, die sich sreiwillg zum Seilehalten gemeldet hatten, zu Boden geholt wurde, durchbrachen tausende von Männern und Frauen, die am Rande des Landungsplatzes gestanden hatten, plötzlich die polizcilche Sperre und stürmten auf das Luftschiff zu. Die wenigen anwesenden Polizisten waren machtlos, und hätten nicht die britischen Flieger in aller Eile mit Seilen eine Notschranke errchtet, so wären zahlreiche Personen in ernste Gefahr gekommen.
Für die Rückfahrt nahm das Luftschiff über ein Dutzend neuer Passagiere an Bord, darunter Sir Sefron Brancker, den Master of Sempill, den Kammerherrn des Herzogs von Hork, Campbell, sowie eine Dame. Das Kommando über das Luftschiff übernahm Dr. Eckener. Gerade als der Zeppelin sich zu erheben im Begriff war, begann ein leichter Regen zu fallen. Dr. Eckener, der in der vorderen Kabine stand, gab den Befehl zum Lockern der Taue, und die Hunderte von Männern, die das Schiff hielten, ließen die Taue langsam los. und das Luftschiff erhob sich sofort in die Höhe.
lleber Brüssel
Brüssel, 26. April. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" hat um 22.30 Uhr Samstag abend die Stadt in geringer Höhe überflogen. Die Lichter an Bord der großen Kabinengondel waren deutlich sichtbar. Die Ankunft des Luftschiffes kam völlig überraschend, da es ursprünglich den gleichen Weg, den es auf der Hinfahrt nach London einschlug, zurücknehmen sollte.
Rückkehr des „Graf Zeppelin"
Friedrichshafen, 27. April Um 2.30 Uhr nachts überflog das Luftschiff Landau und um 4.40 Uhr Sonntag früh kam es über Friedrichshafen an. Es kreuzte dann noch 2 Stunden über dem Vodenseegebiet und landete um 6.42 Uhr bei leichtem Nebel glatt auf dem Werftgelände. Das Luftschiff hat also in rascher Fahrt die Strecke Lardington-Friedrichin nicht ganz 11 Stunden zurückgelegt.
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Der von seiner Englandfahrt zurückkehrende „Graf Zeppelin" wurde in der Sonntagsfrühe zwischen V-4 und 4 Uhr verschiedentlich gesichtet.
Re Frage der AchWademger
Paris, 26. April. Ueber die Debatte, die innerhalb des Verwaltungsrates des Internationalen Arbeitsamts über die Möglichkeit der Revision des Wasihngtoner Abkommens über den Achtstundentag stattgefunden hat, verlautet: Der Antrag des schwedischen Regierungsvertreters auf Revision des Washingtoner Abkommens wurde von dem Vertreter Englands Wolfe da- hina bgeändert, der Verwaltungsrat möge diese Frage der Revision auf eine spätere Sitzung, etwa bis zum Oktober vertagen. Der schwedische Arbeitnehmervertreter erklärte sich für die Aufrechterhaltung des Abkommens über den Achtstundentag und kritisierte den Vorschlag des schwedischen Regierungsvertreters. Der Vertreter der belgischen Arbeitnehmer sprach sich gegen jede Revision des Achtstundentag-Abkommens aus. Der Vertreter der russischen Arbeitnehmer erklärte, er würde eine Revision dieses Abkommens nur dann zulassen, wenn sie eine Veminderung der Arbeitszeit herbeiführe. Der Vertreter der dänischen Arbeitgeber war für die Vertagung der Diskussion, wie der Engländer Wolfe. De Direktor des Internationalen Arbeitsamtes Albert Thomas machte dann den Vorschlag, die Diskussion über die Revision des Washingtoner Achtstundentag-Abkommens auf die Zuni-Tagung zu verschieben, was angenommen wurde. Der deutsche Regiernngsvertreter Regierungspräsident Weigert erklärte sich mit einer Vertagung der Diskussion des Abkommens über die Aufhebung der entgeltlichen Stellenvermittlungsbüros einverstanden, betonte jedoch die Bedeutung dieser Frage. Als Vertreter der deutschen Arbeitnehmer hat Reichstagsabgeordnetsr Müller sich gleichfalls für die Vertagung der Diskussion der vorliegenden Anträge auf Juni einverstanden " klärt.
Seuser Tag««« der Sichiheitskomitees
Berlin, 27. April. Die am Montag beginnende Tagung des Sicherheitskomitees wird, wie wir von unterrichteter Seite erfahren, etwa 14 Tage dauern und sich bis zum Beginn des Völkerbundsrates erstrecken. Auf der Tagesordnung steht als erster
Punkt die Wiederaufnahme einer früheren Anregung in Bezug auf die Verstärkung der Möglichkeit des Völkerbundes, Kriegen vorzubeugen. Im September hat der Völkerbundsrat einen Modellvertrag vorgelegt, der bann aber zu den Akten gegeben wurde. Die englische Regierung hat den Vertrag wieder hervor- geholt. Wenn es gelingt, in Genf das Vertragsmodell zu einem allgemeinen Vertrag zu erheben, so würde das von Deutschland begrüßt werden können. Als zweiten Punkt wird das Komitee die finanzielle Unterstützung angegriffener Staaten behandeln. Dritter Verhandlungsgegenstand des Sicherheitskomitees ist die Ermächtigung von Völkerbundsflugzeugen, während einer Krise unbehindert Völkerbundsgebiete zu überft'e--n
BM^rrsauimlung der WLrLt. Dandnnrtschastskarnmer
Stuttgart 15. Avril. Die Württ Landwirtschaftskammer trai am Freitag zu einer zweitägigen Sitzung zusammen. Präsident Adorno eröffnet« die Tagung mit einer Ansprache, in der er zunächst des Ueberfalls auf Justizminister Veyerle gedachte. Die Kammer spreche ibm die herzlichsten Glückwünsche und die besten Wünsche für eine baldige Wiedergenesung aus. Der Präsident führte ferner u. a. aus: Die Kammer feiert heute gleichsam ein kleines Jubiläum insofern, als wir nun ein Dezennium seit Errichtung der Kammer überstanden haben. Eines der schwierigsten, opferreichsten und krisenreichsten Wirtschaftsjahre liegt hinter uns. Wir erkennen mit großer Dankbarkeit an, daß sich Ereignisse vollzogen haben, die immerhin geeignet sind, die Aussichten ^für eine bessere Zukunft als hoffnungsvoller anzuseheu. Wu^»prfen mit Genugtuung feststellen, daß es endlich gelungen ist.^en Forderungen unserer sogenannten Grünen Front rum Durchbruch zu verhelfen. Für das mustervolle Vorgehen unserer Führer in vorderster Frsntrsagen wir allerbcrzlichsten Dank. Dieser Vorgang lehrt uns, was man durch zielbewußtes Zusammenarbeiten erzielen kann. Wir erkennen dankbar an, daß es infolge der gemeinsamen Bestrebungen aller einsichtigen Parteien und des mutvollen Eintretens des Kabinetts Brüning- Schiele endlich ermöglicht wurde, das sogenannte Agrarvro- gramm in die Tat umzusetzen. Dank schulde die Landwirtschaft auch den Vertretern von Industrie, Handel und Gewerbe, insbesondere den großen Handelskammern der rbein. westfälischen Industriegebiete, den süddeutschen Handelskammern usw., dem Jndustrieführer Eebeimrat Dr. Duisberg und auch einigen großen Bankinstituten, die sich für die Landwirtschaft eingesetzt haben. Mit all den seitherigen Maßnahmen ist die Landwrrt- schaft jedoch noch lange nicht über den Berg gekommen. . Es gibt noch manches zu feilen und weiter ourchzuführen. Nsrkent- lich erfüllen uns die sogenannten Zollbindungen in den betr. Handelsverträgen noch mir größter Sorge. Das empfinden wir zur Zeit recht deutlich an den Folgen für die Milch- und Käsewirtschaft, die auf der einen Seite unter Umständen das wieder nehmen, was man der Landwirtschaft auf der anderen Seite gegeben hat. Die Senkung der staatlichen Katastersteuer um 50 Prozent ist ein verheißungsvoller Anfang des Abbaus steuerlicher Ueberlastung, ebenso die Abschaffung der Renten bankzinsen. Es gibt viele landwirtschaftliche Betriebe, die heute mehr an Steuern bezahlen müssen, als was sie einnebmen. Die Folgen des Mißverhältnisses zwischen Einnahmen und Ausgaben werden in ein helleres Licht gestellt durch die Ergebnisse der Vuchstelle der Württ. Landwirtschaftskammer, welche beweisen, daß ungefähr 50 Prozent der gutgeleitetene Betriebe mit Verlust arbeiten. Die Schuldenlast ist von 51 Mark pro Hektar im Jahre 1924 auf 350 Mark im Jahre 1929 gestiegen. Dabei darf nicht übersehen werden, daß die Schulden vor dem Krieg durchschnittlich mit 4 Prozent gegen heute 9—11 Prozent verzinst werden müssen. Die Selbsthilfe hat allenthalben eingesetzt, sie kann aber nicht mit der notwendigen Energie durchgeführt werden gerade infolge der notorischen gegenwärtigen Verarmung der Landwirtschaft. Nur durch gegenseitiges, verständnisvolles Jneinanderarbeiten von Staat, Reich, Ländern und Gemeinden mit den Hauptberufen und durch zähen Zusammenschluß aller Landwirte wird es möglich sein, die Rentabilität allmählich wieder zu heben und damit dem Volksganzen zu dienen zu Nutz und Frommen unseres geliebten Vaterlandes.
Zu dem gedruckt vorliegenden Geschäftsbericht für 1920 gab Direktor Dr. Strobel Erläuterungen. Insgesamt geht aus dem Bericht hervor, daß die Tätigkeit der Landwirtschaftskammer eine sehr umfangreiche ist. Als Leitmoriv zieht sich durch unsere ganze Tätigkeit und deshalb auch durch den Geschäftsbericht die Erreichung folgender Ziele: Verbilligung der Produktion, Verbesserung der Qualität, Hebung der Preise und des Absatzes, Senkung der Steuern und der sonstigen Lasten der Landwirtschaft. Im allgemeinen darf wohl gesagt werden, daß wir in Württemberg zusammen mit anderen Organisationen im letzten Jahr mit größtem Nachdruck an der Erreichung dieser Ziele gearbeitet haben. In der Orga isation des Absatzes sind wir einen Schritt weiter gekommen. In der Qualitätsverbesserung und Produktionsverbilligung auch. Nur die Hebung der Preise ist trotz unserer vielfachen und immer wieder neuen Bemühungen nicht gelungen. Schuld daran ist die ungeheure Welternte im letzten Jahr und die damit verbundene Konkurrenz de« Auslandes. Schuld daran ist auch das zögernde Vorgehen der Reichsregierung und des Reichstages bezüglich eines ausreichenden und lückenlosen Zollschutzes. Wir hoffen, daß der frische Zug, der zu Beginn des neuen Berichtsjahres im Reichstag eingesetzt