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Schwarzwälder Sonntagsblatt

Nr. 17/W

lasse dadurch deinen Glauben an die menschliche Natur nicht zerstören.

9. Verfolge einen bestimmten Lebensplan und erfreue dich an irgendeiner Liebhaberei. Achte dabei auf einen gewissen Ausgleich. Hast du regelmäßige geistige Arbeit zu verrichten, so wähle eine Liebhaberei, die dir körperliche Bewegung verschafft.

10. Sei auf Abwechslung in deinem Leben bedacht. Nimm einen Ferientag, wenn es dir möglich ist. Sieh zu, daß du deine Ferien in abwechselnder Umgebung verbringst. Kannst Lu dir auf diese Weise keine Abwechslung verschaffen, so steh zu, daß du gelegentlich einmal in einer Wohnung die Möbel umstellst. Denn das Einerlei mindert die Frische des Geistes.

Soweit der amerikanische Professor. Seine Regeln ent­halten in zusammengefaßter Form Lebensweisheiten, die auch von anderen Philosophen schon gepredigt worden sind.

Wässrige Musik

Musik aus Wasser und Wassertieren

Von A l i W e y l - N i s s e n

Eine besondere Rolle spielte das Wasser als Be­standteil von Musikinstrumenten. Als eines der ältesten Instrumente erfand der Alexandriner Ktesibios zwischen 300 und 280 v. Ehr. die Wasserorgel, denHydraulos". Er ruinierte damit den Menschen als Musikinstrument. Bis dahin hatte man noch allgemein gekonnt, was heute meist nur noch Chemiker und Glasbläser zuwege bringen: aus der Mundhöhle als Windbehälter beliebig lange (durch ununterbrochenes Weiteratmen) zu blasen. Jetzt hatte man Luftpumpen und hydraulische Kompressoren. Aber im Grunde war der Hydraulos eine Windorgel wie jede andere: Die Luft wurde mit ein oder zwei Pumpen in ein halb mit Wasser gefülltes Behältnis gedrückt und hydraulisch zusammen gepreßt. Der Hydraulos hat das Altertum nicht überdauert; nachdem er während der römi­schen Kaiserzeit besonders im Zirkus viel benutzt worden war, ging er in der Völkerwanderung verloren.

Wesentlich orgineller sind die Wasserglockenspiele aus dem 17. Jahrhundert, die noch heute, besonders in Zirkus und Varietö, gespielt werden. Gute Trinkgläser werden statt Metallglocken benutzt, auf eine Tuchunterlage gesetzt und durch Einfüllen von Wasser abgestimmt. Man spielt sie mit kleinen Schlegeln. Man kann die Schlegel auch mechanisch antreiben, wie es zuerst in das Elasglocken- spielen der Schwarzwälder Uhren um 1770 geschah.

Eine sehr seltsame Abart hiervon ist das Streichglocken­spiel; man schlägt hier nicht die Gläser mit Schlegeln, son­dern streicht ihren Rand mit angefeuchtetem Finger. Der Ton ist zart, aber sehr schneidend, er klingt ganz langsam an und lange nach, man kann also nur rhythmisch einfache und getragene Stücke auf solchem Instrument spielen. Später wurden die wassergefüllten Gläser vielfach abge­löst von solchen, die gleich richtig abgestimmt hergestellt wurden, man verzichtete auf das Wasser als Bestandteil der Musikinstrumente.

Das bekannte Experiment, Spiegelscheiben durch Eei- gentöne zum Springen zu bringen, läßt sich auch mit was­sergefüllten, dünnwandigen und bauchigen Gläsern machen. Man muß den Rand dann mit dem Finger reiben, manch­mal soll auch ein bloßes Hineinsummen genügen, um das Glas zu zertrümmern. Woraus die Störung der mole­kularen Struktur des Glases, um die es sich hier handeln muß, sich ergibt, ist noch nicht geklärt.

Zu diesen Instrumenten gesellen sich die direkten Ab­kömmlinge des Meeres, die Muscheln und Schnecken. Ein­mal hört man Klänge, wenn man eine leere Muschelschale ans Ohr hält, und auch viele Flaschen, Vasen und Dosen zeigen die gleiche akustische Erscheinung. Oder man braucht nur einer Muschel- oder Schneckenschale die Spitze abzu­schneiden und in das Loch zu blasen, dann hat man sofort die Muschel- bezw. Schneckentrompete. Letztere spielt in Asien, Amerika und der Südsee eine große Rolle, sie kommt auch in Slldeuropa vor; an der südslawischen Küste der Adria wird aus dem Tritonium (kroatisch: rogaca) ge­blasen; und 1890 rief man sogar noch in der Niederlausitz mit einer Meermuschel zur Gemeindeversammlung. Mit verwandten Hörnern wurde 1788 im St. Petersburger Schloß ein Tedeum aufgeführt, als Patjomkin die Festung Otschakow erobert hatte. Da jedes dieser Hörner nur einen Ton gab, brauchte man eine Menge Instrumente, beson­ders auch, weil die Begleitung geräuschvoll durch Kanonen­schüsse geliefert wurde.

Einen Irrtum gilt es zu berichtigen, der häufig zu finden ist: Trompete und Posaune gehen nicht auf Tier- Tierhörner oder Tierzähne zurück (wie etwa die westbal­tischen Luren auf Mammutzähne). Sondern der Ursprung der Trompete liegt bei einer Röhre, wie sie z. B. aus Schilf vom See- und Meeresstrand gewonnen wurde. Der eigentümliche Ton des Binsenrohres auf Sylt ist seit vie­len Jahrzehnten berühmt; schon bei leiser Luftbewegung gerät das Rohr in Torsionsschwingungen, sein Säuseln erinnert an Pfeifentöne und soll früher abergläubische «ee- und Küstenräuber vertrieben haben. Aus Schweden wird von demWetterseephänomen" berichtet; es sollen von einigen Seen dort rätselhafte Stimmen erschallen. Das sei nur erwähnt, weil es von okkultistischer Seite be- um die eifrig propagierten Gedanken von L^sugischer Musik" undTranszendentaler Musik" zu stutzen.

Chile kegrW «eile deutsche Kolonisten

V.^.I. Die Bemühungen der chilenischen Regierung, einen guten Stamm neuer deutscher Kolonisten zu erhal- ten, haben zu einem ersten erfreulichen Erfolg geführt. Am 12. Februar 1930 langte der erste Transport deuts Her Kolonisten, neun Familieü mit 58 Per­sonen, auf chilenischem Boden an. Diese deutschen Einwan­derer, die durchweg katholisch sind und aus Oberbayern stammen, sollen m der Eemllsekolonie Peüaflor bei Santiago angefetzt werden, wo die chilenische Koloni-

Gleich

Wenn du dich freust, will ich mich freuen Und wenn du weinst, will ich mit weinen. Wenn du im Herzen feierst Maien So will ich gern zugegen sein!

Wenn du im Glück bist, will ich teilen,

Wenn Wunden schmerzen, will ich heilen,

Wo Kanten sind, da will ich feilen,

Will überall zur Seite sein! L. 1,.

sationskasse bereits umfangreiche Vorarbeiten getroffen hatte. Der Wert der Einzelparzelle ist auf 77 000 chil. Pesos festgesetzt worden, wovon 10 Proz., also 7700 Pesos (etwa 28 00 R.M.) ebenso wie die Reisekosten sofort be­zahlt werden müssen. Der Rest ist in 33 Jahren zu beglei­chen, derart, daß das Kapital mit 6 Prozent zu verzinsen ist, wozu noch 1 Prozent Amortisation jährlich kommt; Zahlungsbeginn im Jahre 1932. Das Land, das vorwie­gend künstlich bewässert wird, wozu aber Hilfsmittel zur Verfügung stehen, soll in erster Linie dem Obst- und Ge­müsebau dienen. Insbesondere sollen Birnen und Pfir­siche gezogen werden; als Absatzmöglichkeit bieten sich die durch gute Wege und Eisenbahn erreichbare Hauptstadt des Landes, Santiago, und ferner das Salpetergebiet, darüber hinaus aber hofft die Regierung, daß es den deutschen Bauern gelingen wird, hervorragende Qualitätsware zu erzeugen, die auch zur Ausfuhr außer Landes geeignet ist.

Die Vorbereitungen waren im allgemeinen gut getrof­fen: für jede Familie war auf dem Koloniegelände ein Häuschen eingerichtet (Hausrat wurde zum größten Teil von den Einwanderern mitgebracht), die Obstbäume waren gepflanzt und die Bewässerungsanlagen instand gesetzt.

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Auch geeignete Maßnahmen zur Ausnahme genossenschaft­licher Arbeit sind getroffen worden. Die Leitung lag in Händen der Kolonisationskasse, ein deutscher Verwalter war gestellt worden.

Nach ziemlich langer Fahrt kamen die Deutschen mit dem Kosmos-DampferHeluan" in dem Hafen San An­tonio an. Dort hatten sich zur Begrüßung die leitenden Persönlichkeiten des Kolonisationsunternehmens, Vertre­ter der Regierung und Presse eingefunden. Mit herzlichen Worten begrüßte General Ah um ada, der frühere langjährige Direktor der Kriegsakademie in Santiago und treue Freund der deutschen Sache, die Neuankömmlinge in der heimatlichen Sprache und wünschte ihnen Glück und Segen zum neuen Werk. In bereitgestellten Sonderwagen 1. Klasse ging die Fahrt gleichzeitig mit dem Gepäck (150 große Ballen und Kisten) bis Talagante, wo die Einwohner durch große Plakate in deutscher Sprache ihre neuen Mitarbeiter begrüßten. Aus der Umgebung war die Bevölkerung zum Willkommengruß auf den Bahn­hof geeilt, und nachdem dieWacht am Rhein", von der Stadtkapelle gespielt, verklungen war, sagte der Alkalde seine tatkräftigste Hilfe und Unterstützung zu. Die Fahrt wurde im Kraftwagen fortgesetzt und nach kurzer Rund­tour durch die Stadt Peüaflor erreicht. Hier erwarteten der deutsche Gesandte, v. Olshausen, der Vorsitzende des Deutsch-Chilenischen Bundes, Winterhalter, und andere Mitglieder der deutschen Kolonie Santiagos die Ankommenden. Nochmals ergriff General Ahumada das Wort, indem er die Ankommenden mahnte, gute Deutsche zu bleiben. Damit würden sie ihrem neuen Vaterland den besten Dienst erweisen; sie würden hier ihre deutsche Schule haben, ihre deutsche Kirche, ihren deutschen Verein. Dann über­nahm Herr Wenz, der zum Verwalter der Kolonie bestellt ist, seine Schützlinge.

Außer derDeutschen Zeitung für Chile" schenkt die gesamte führende chilenische Presse den Vorgängen höchste Beachtung. Der Ton ist ganz betont freundschaftlich, ja herzlich. Durch eingehende Sonderberichterstattung sucht man die Anteilnahme der Bevölkerung zu wecken und zu fördern.

Bekanntlich ist seitens der Kolonisationskasse dieAuf- schließung weiterer Kolonien für Deutsch» geplant, es heißt, daß man in den nächsten Jahren bis zu 2000 Deutsche heranzuziehen beabsichtige. Der ursprüng­liche Plan einer Ansiedlung auf Chiloe scheint zunächst zu­rückgetreten zu sein. Genannt werden jetzt Cabrero in der Provinz Concepcion, ferner ein Ort in der Nähe von Antuco in der Vorkordillere, sowie eine Siedlung in der Nähe von Osorno am Rupanco-See.

Nach allem, was man hört, liegt der chilenischen Regie­rung und insbesondere dem Präsidenten Jbanez sehr viel an der Weiterführung des Kolonisationswerkes.

Buntes Allerlei

45156 Veteranen

der 1, r^ege 1866 und 1876 sind gegenwärtig noch in Deutschland ansässig, der Aufwand an Veteranenbeihilfen beträgt nach einer Veröffentlichung des Reichsbundes der Kriegsbeschädigten gegen­wärtig 12 Millionen RM. im Jahre.

Die vermißten Kriegsgefangenen Noch immer war es nicht möglich, Aufklärung über die hkche Zahl von 43 251 Restfällen zu schaffen, in denen ein Nachweis über den Verbleib deutscher Kriegsgefangener in Frankreich nicht geführt werden konnte. In Rußland sind noch 51213 deutsche Kriegsgefangene vermißt. Die Zahl aller unaufgeklärten Restfälle beträgt nach der amtlichen Statistik 97 385. Ein er­heblicher Teil der in dieser Summe enthaltenen Gefangenen wird auf dem Transport, in den Lazaretten und auf Wande­rungen gestorben sein. Die in den russischen Lagern verbreiteten Seuchen werden ebenfalls eine Menge unkontrollierbarer Opfer gefordert haben. Auch grobe Unrichtigkeiten in Eefangenenlisten und die in Rußland besonders ungeordnete Listenführung wird eine große Rolle bei dem Zustandekommen der hohen Summe vermißter Kriegsgefangener spielen. Eine zwangsweise Zurück­haltung deutscher Kriegsgefangener in Frankreich oder Rußland ist jedoch bisher nicht festgestellt worden.

1166 Kriegermütter pilgern über den Ozean ,

Me dem Vundesorgan des Reichsbundes der Kriegsbeschädig­ten usw. zu entnehmen ist, hat die amerikanische Regierung 11060 Mütter und Witwen von amerikanischen Soldaten, die in Frankreich gefallen sind, zu einer Fahrt an die Krieger­gräber eingeladen und dafür 21 Millionen RM .bereitgestellt. Bereits in diesem Sommer werden 5646 amerikanische Krieger­hinterbliebene als Gäste der amerikanischen Regierung nach Europa reisen. Für jede einzelne Person ist ein Betrag von durchschnittlich 3566 RM. ausgeworfen worden. Bei freier Reise. Unterbringung und Verpflegung erhalten diese Frauen außerdem noch täglich 10 Dollar für Nebenausgaben.

Ein russischer Emigrantenstaat?

Der ehemalige Adjutant des Zaren, Graf Boris Bobrinsky, führt zurzeit Verhandlungen mit den Regierungen von Nica­ragua und Costarica, die allgemeines Aufsehen in russischen Emigrantenkreisen erregen. Es handelt sich um den Erwerb eines großen Landstriches, auf dem russische Emigranten sich an­siedeln könnten. Graf Bobrinsky schlägt den mittelamerikanischen Republiken vor, hunderttausend russische Emigranten anzufie­deln. Dieses Lmigrantenheer würde der Regierung im Z>mle von Unruhen zur Verfügung stehen. Graf Bobrinsky hat sich auch an die Regierung der Vereinigten Staaten gewandt, da er «nnimmt, daß organisierte russische Kolonisten auch amerikani­schen Interessen dienen könnten. Amerikanische Kapitalisten sollen angeblich bereit sein, das Unternehmen zu finanzieren. Die Bevölkerung von Nicaragua und Costarica scheint dagegen von diesem Plan nicht besonders begeistert zu sein. Man fürchtet, daß die Russen einen Staat im Staate bilden und im Falle einer internationalen Aktion gegen die Sowjetunion eine Hilfsarmee repräsentieren würden.

Verantwortlicher Schriftleiter: Erwin Vollmer. Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei, Altenstet»,