Gegründet 1877

Begründet 1877

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Kummer 95

Alten steig, Freitag den 25. April 1930.

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63. Jahrgang

Eia Ehrentag des

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Fünf Jahre Reichspräsident

Am 26. April dieses Jahres jährt sich zum fünften Male der Tag, daß Telegraph, Rundfunk und Zeitungen einer auf den Wahlausgang gespannten Welt verkündeten, das deutsche Volk habe den Eeneralfeldmarschall von Hinden­burg zu seinem Präsidenten gewählt.

Ls waren keine schönen Tage damals, als Deutschland vom Fieber der ersten Präsidentenwahl geschüttelt wurde. Die politischen Meinungen platzten aufeinander, wie man es noch bei keiner Reichstagswahl erlebt hatte. Fast jede Partei hatte ihren Kandidaten aufgestellt und versuchte die breiten Massen des deutschen Volkes für ihn zu ge­winnen. Ueber den Ausgang der Wahl war man im Aus­land vielleicht weniger erstaunt als in Deutschland selbst. Niemand hatte Anstoß daran genommen, daß Deutschland feinen weitaus repräsentativsten Mann gewählt hatte. Man wäre eher über das Gegenteil erstaunt gewesen. Die ritterliche Glorie, die den Eeneralfeldmarschall von dem Weltkriege her umgab, weckte überall ein freundliches Echo. Der Streit verstummte für die Einsichtigen mit dem Mo­ment der erfolgten Wahl und das kleine Häuflein derer, die nach wie vor der lleberzeugung waren, daß die Wahl Hindenburgs nicht glücklich war, ist inzwischen bis auf einen unscheinbaren Rest zusammengeschmolzen. Um den neuen Präsidenten war sofort Stille, nicht jene beunruhi­gende Stille, die erzwungenes Schweigen und Abwarten­wollen verbreiten, sondern jene wohltuende Stille, die eine starke Persönlichkeit um sich verbreitet, jene Stille, die die Gewißheit des verantwortungsvollen Wirkens ankündigt.

Der Tod des ersten Reichspräsidenten Ebert am 28. Fe­bruar 1926 hatte eine wirre Lage hinterlassen. Das neue Deutschland besaß noch keine Erfahrung und Tradition, auf die es sich hätte stützen können. Zunächst mußte schleunigst «in Interregnum geschaffen werden. Es war dazu der Er­laß eines besonderen Gesetzes notwendig, das am 10. März 1925 vom Reichstag beschlossen wurde. Als Stellvertreter des Reichspräsidenten zog hierauf Dr. Simons, der da­malige Reichsgerichtspräsident, ins Präsidentenpalais ein.

Es ist bekannt, daß vom Reichsblock anstelle Hindenburgs ^ .Aarres aufgestellt worden war. Hindenburg hatte seine Aufstellung zuerst abgelehnt. Es gelang aber nachher den «indringlichen Vorstellungen, besonders des verstorbenen Großadmirals von Tirpitz, Hindenburg doch zur Annahme Der Kandidatur zu bewegen. Das Programm Hindenburgs war schlicht und einfach.

Einigkeit in friedlicher Arbeit am Wiederaufbau, An­erkennung der gegebenen Grundlagen der Verfassung und der heutigen Stellung Deutschlands in der Welt. Aufrichti-

Reilksprüsitkittkii

ges Streben nach friedlicher Orientierung als wichtiger Grundlage deutscher Außenpolitik." Das war die Quintessenz der Ansprache Hindenburgs in Hannover.

So rückte dann der entscheidende Wahlsonntag, der 25. April 1925, heran. Ganz Deutschland war an diesem Tag auf den Beinen. Auch diejenigen, die sich prinzipiell von jeder Reichstagswahl fernhalten, erschienen an diesem Tag an den Urnen. Es ging um die Wahl des ersten durch die Gesamtheit des Volkes gewählten Präsidenten. Ebert war bekanntlich von der Weimarer Nationalversammlung bestätigt worden, da an eine geordnete Wahl damals nicht zu denken war. An der Spitze der Reichsregierung stand damals Dr. Luther, der jetzige Reichsbankpräsident.

Man hat später gern zugegeben, daß auch Millionen von Republikanern für Hindenburg gestimmt haben. Dis Gründe lagen klar zutage. Zwei Momente waren es be­sonders, die Hindenburgs Sieg bestimmten: die werbende Kraft seiner Persönlichkeit und dann das konfessionelle, kulturpolitische Moment.

Am Tage der Wahl befand sich Hindenburg nicht an sei­nem ständigen Wohnsitz Hannover. Er war East des Herrn ^ von Marenholz auf dem Gute Eroß-Schwölpen bei Eil- ! Horn. Die endgültigen Ziffern mit dem Resultat wurden ? ihm am Montag morgen mitgeteilt. Hindenburg hatte 14 648 773 Stimmen erhalten, sein Gegenkandidat Marx 13 760 089 und der kommunistische Kandidat Thälmann 1931 635. Hindenburg war infolgedessen mit fast einer Million Stimmenmehrheit gewählt. Der erste Glückwunsch lief von Dr. Simons ein. Es folgte dann eine Zusammen­kunft zwischen Reichskanzler Dr. Luther und Hindenburg, wo die Einholungs- und Eidessormalitäten erörtert wur­den. Hindenburg hatte inzwischen die Wahl angenommen.

Die Eidesleistung sollte ursprünglich am 9. Mai statt­finden und wurde dann mehrere Male verschoben, schließ­lich endgültig auf den 12. Mai festgesetzt.

Am 11. Mai erfolgte die feierliche Einholung in Berlin vom Bahnhof Heerstraße. Hunderttausende jubelten Hin- denbu.^ zu, der im Auto langsam durch die Einzugsstraße fuhr. Der Jubel, der dem neuen Reichspräsidenten galt, war nicht geringer, als der, der einst dem siegreichen Feld­marschall gezollt worden war. Vor dem Reichskanzlerpalais in der Wilhelmstraße, in dem Hindenburg provisorisch Woh­nung nahm, stimmte die tausendköpfige Menge spontan das Deutschlandlied an. In Begleitung Hindenburgs waren Dr. Luther, Geßler. Schiele, Seeckt und Admiral Zenker. Am nächsten Tage folgte die feierliche Vereidigung im Reichstag.

Sesterreichische Beschwerden

Wien, 24. April. Die Christlichsoziale Nachrichtenstelle meldet: Die erste Auswirkung der neuen deutschen Agrar­gesetzgebung hat unter der Landwirtschaft des deutsch­österreichischen Grenzgebietes große Beunruhigung heroor- gerufen. So hat die Erhöhung des Milchzolles zahlreiche an Bayern grenzende oberösterreichische und Vorarlberger Gemeinden schon jetzt hart betroffen, da sie dadurch ihre diesxährigen natürlichen Absatzgebiete in den benachbarten deutschen Städten und Ortschaften, z. B. Pasfau und Lin­dau. verlieren. Es besteht auch die Befürchtung, daß sine weitere Verschlechterung der bisherigen Absatzmöglichkeiten durch den neuen österreichisch-deutschen Handelsvertrag in Aussicht steht. Eine Abordnung der betreffenden Gemein­den hat nun heute beim Landwirtschaftsminister Föder- mayer und beim Sektionschef Schüller gegen diese Ver­schlechterung des landwirtschaftlichen Verhältnisses zu Deutschland Einspruch erhoben und die Zusicherung erhal­ten, daß man sich für die Wiederherstellung des bisherigen Zustandes einsetzen werde. Das österreichische Außenamt habe bereits durch die Gesandtschaft in Berlin entsprechende Schritte unternommen. Die Abordnung sprach in der glei­chen Angelegenheit heute auch beim deutschen Geschäfts­träger vor.

Dr. Sahms Besuch i« Wie«

Wien, 24. April. Senatspriifident Dr. Sahm empfing heute aus Anlaß der morgen hier erfolgenden Eröffnung der Danzig-Ausstellung des Deutschen Auslandinstitutes die Vertreter der Wiener Presse und erklärte u. a..

Wir wollen deutsch bleiben, wie unsere Väter waren.

Wir fühlen uns schicksalsverbunden mit dem deutsche» Volke und kennen die ungeheure Verantwortung, die auf uns lastet. Die Verantwortung zu tragen, wird den Dan- zigern leichter, wenn sie wissen, daß das ganze deutsche Volk hinter ihnen steht. Bundeskanzler a. D. Streeruwitz, der Vorsitzende des Wiener Danzig-Komitees, erwiderte auf die Ansprache: Insoweit man gegenwärtig von sta­bilen Verhältnissen sprechen kann, ist in Deutschland im Westen eine gewisse Stabilisierung eingetreten. Ein Blick aus die Karte genügt, um zu erkennen, daß hoffentlich friedliche Entscheidungen in der nächsten Zeit sich im Osten abspielen werden. Trotz der großen Entfernung zwischen Danzig und Oesterreich besteht hier eine lebhafte Sym­pathie für unsere hartbedrängten Volksgenossen im Osten. Als ich im Vorjahr in Danzig weilte, konnte ich die Er­gebnisse der Friedens-Schneiderwerkstatt deutlich erkennen. Zweifellos werden die Deutschen im Laufe der Zeit wieder ihren früheren Rang im Osten erlangen, der ihnen in Wahrheit gebührt.

Sk Franzosen sprengen ln Ater

Trier, 24. April. Gestern vormittag um 11.45 Uhr wurde Trier plötzlich durch einen gewaltigen Schlag er­schüttert. Die Häuser erzitterten, Fensterscheiben klirrten; bald darauf wurde bekannt, daß die französische Besatzung auf dem Exerzierplatz Erüneberg angeblich eine Sprengung von Munition vorgenommen habe. Auf der von der Sprengstelle 250 Meter Luftlinie entfernt liegenden Do­mäne Avelsbach wurden durch den Luftdruck an drei Dop­pelhäusern die Dächer abgedeckt, bezw. schwer beschädigt. Im Innern der Gebäude wurden die Stucks und Verputz abgerissen. Die Türen aus den Angeln geworfen und Fensterscheiben zertrümmert. Ein auf dem Dach mit Aus­besserungsarbeiten beschäftigter alter Mann wurde ins Innere des Hauses geschleudert, blieb aber unverletzt.

Ueber die Munitionssprengung werden folgende Ein­zelheiten bekannt: Die französische Besatzung hatte eine Anzahl Fässer mit Sprengstoffen, die aus Geschossen stammten, nach dem ehemaligen, von ihr beschlagnahmten deutschen Exerzierplatz auf dem Erüneberg fahren lassen, wo die Sprengstoffe vernichtet werden sollten. Der kom­mandierende Offizier ließ eine Grube graben und in diese die Sprengstoffe schütten. Die Sprengung ritz einen Trich­ter von 45 Meter Tiefe und 1012 Meter Durchmesser am oberen Rande. Die Explosion wurde viele Kilometer weit gehört, brachte die Häuser zum Zittern und die Fen­sterscheiben zum Klirren. Außer den 6 Häusern der staat­lichen Domäne Avelsbach wurde auch an einem auf dem Exerzierplatz selbst stehenden Wirtshaus schwerer Schaden angerichtet. Die Fenster wurden zertrümmert, die Türen beschädigt, die Gesimse teilweise herausgerissen, im Innern

Möbel und Geschirr beschädigt. Viele Bewohner wurde« an die Wand geschleudert, ohne daß jemand verletzt wurde. Schwer gelitten hat auch das Vorwerk des Gutes Grün- Haus. Hier wurden mehrere Decken durchbrochen, die Fen­sterscheiben zertrümmert und Schaden an Möbel und Ge­schirr angerichtet. Ein Knecht des Vorwerkes, der sich auf dem Heimweg befand, wurde durch die Explosion vom Pferd geworfen und blieb schwer verletzt liegen. In ver­schiedenen Orten der umliegenden Täler wurde Schaden an Fensterscheiben und Schornsteinen angerichtet. In der Kirche von Ruwer fies ein Teil des Verputzes von der Decke. Die Kommunionskinder, die gerade vom Pfarrer unterrichtet wurden, verließen, von Panik ergriffen, die Kirche fluchtartig. Die Besatzung hatte den deutschen Be­hörden von der beabsichtigten Sprengung keinerlei Mittei­lung gemacht, so daß diese nicht in der Lage waren, irgend­welche Vorkehrungen zu treffen. In einem gewissen Um­kreis um die Sprengstelle waren allerdings einzelne Posten aufgestellt, die die Leute von dem Betreten der Wege ab­hielten. Auch die Domäne Avelsbach war nicht benach­richtigt worden. In einiger Entfernung war ein Posten aufgestellt, der die Leute mit der Warnung aufhrelt, drüben werde zweimal gesprengt. Nach der ersten Sprengung lie­fen die Bewohner der Domäne zu dem Posten und forder­ten ihn auf, den kommandierenden Offizier von dem ent­standenen Schaden zu benachrichtigen, damit die zweite Sprengung nicht vorgenommen werde. Dies geschah denn auch. Heute nachmittag haben bereits Kommissionen der deutschen Behörden und der französischen Besatzungsbehör­den die Schäden im einzelnen festgestellt.