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Uirrnrner 379

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ALtensteig, Mittwoch den 37. U^emvev 1939

33. Jahrgang

Ruffischer Einmarsch in die Mandschurei

Ist China kampfbereit?

Die militärischen Handlungen in der Mandschurei find «s dem Stadium der kleinen Grenzzwischenfälle heraus- Mschritten. Heute kann man schon non einer großen Offen- Kve der Russen und von der ebenso großen Gegenoffensive »er Chinesen sprechen. Der Krieg ist hiermit in vollem Lange, ohne erklärt zu sein.

Die Alarmstimmung in China nimmt mit jeder Stunde zu. Man sprach schon seit langem in maßgebenden chine- fischen Kreisen von der Absicht Sowjetrußlands, die nord­mandschurische Bahn, die bekanntlich zu Beginn des Jahr­hunderts mit russischem Geld erbaut wurde und unter rus­sischer, seit 1922 unter gemischter chinesisch-russischer Ver­waltung stand, ist zum Kriegsgegenstand zwischen Sowjet- cußland und China seit dem Augenblick geworden, wo die Chinesen die russischen Beamten vertrieben haben. Das hätten die Chinesen nicht tun sollen. Denn nun haben sie sich des Vertragsbruchs schuldig gemacht. Ob jedoch der Mandschureikonflikt mit Waffengewalt gelöst zu werde« braucht, ist eine andere Frage.

An Einigungversuchen hat es nicht gefehlt. Sie sind abe, Me sehlgegangen. Wie nicht anders erwartet werden konnte machen die Chinesen die Russen dafür verantwortlich unk die Russen die Chinesen. Tatsache ist, daß russischerseits ei« Vertragsentwurf ausgearbeitet und den Chinesen zui Unterzeichnung vorgelegt wurde, der die Wiederherstellung des status quo auf der mandschurischen Bahn voraussieht Die Chinesen haben sich zu diesem Vertragsentwurf nich geäußert, also muffen sie mit ihm nicht einverstanden sein Wollen sie also die mandschurische Bahn für sich behalten- Inzwischen war die Kriegsstimmung an den beiden russisch mandschurischen Grenzen es gibt zwei lussisch-mandschu rische Grenzen, weil die Mandschurei in das russische Ge lnet eingekeilt ist und weil die mandschurische Nordbahn ir twei Punkten in die russische Bahn Übergeht und es sal »ie ganze Zeit so aus, als käme es darauf an, bei wem zuerst die Geduld reißt bezw. wer zuerst mit den kriegerische« Vorbereitungen, die infolge der ungeheuren Entfernungen lange Zeit in Anspruch nehmen müssen, fertig werden wird. Nun haben die Russen vor wenigen Monaten die Reorganisation der fernöstlichen Sonderarmee durchgeführt, »n deren Spitze der rote Oberbefehlshaber Blücher gestellt wurde. Diese fernöstlichen Sonderarmee besteht aus Trup­pen, die sich ihrer Existenz nicht zu schämen brauchen. Was haben inzwischen die Chinesen erreicht?

Die Chinesen haben sich erstens damit beschäftigt, daß sie vergeblich versuchten, die Machtverhältniffe in Nanking und in Mukden zu klären. Zn Nanking, der offiziellen Haupt­stadt Gesamtchinas, weilt die zentrale chinesische Regierung unter Führung des Marschalls Tschiangkaischek. Zn Muk­den, der Hauptstadt der drei mandschurischen Provinzen, herrscht der 28jährige Tschanghsüliang, der Sohn von Tschiangkaischeks Erbfeind, dem ermordeten nordischen Dik­tator Tschangtsolin. Der junge Tschanghsüliang hat offiziell die Kuomintang-Fahne Nankings gehißt. Zn der Praxis aber verfügt er über die größte Selbständigkeit. Bei den Rußlandverhandlungen wußte man monatelang nicht, wer tonangebend ist, Nanking oder Mukden, und wer die In­struktionen den chinesischen Bevollmächtigten erteilt. Dieser Wirrwar hat den Gang der russisch-chinesischen Verhand­lungen nicht unerheblich beeinflußt, selbstverständlich in ungünstigster Weise.

Bon dem Gegensatz Nanking-Mukden abgesehn, hat aber China noch größere Sorgen: den Bürgerkrieg. Zm Reiche der Mitte war nämlich in den letzten Wochen der Bürger­krieg in vollem Gange und der christliche Marschall Feng und der Nankinger Marschall Tschiangkaischek, von den übrigen kleinen Marschällen unterstützt bezw. verraten, leiteten mit großer Leidenschaft militärisch« Operationen gegeneinander ein, deren gegenseitiges Ziel es war, die Flanke des Gegners zu umgehen. Nun hat Tschiangkaischek einen Aufruf erlaffen, der das Ende des Bürgerkriegs und das Sammeln der Kräfte gegen Rußland vorschlägt. Wird dieser Aufruf von Erfolg sein? Ist er nicht nur ein Ma­növer Tschiangkaischeks, dessen militärische Lage, soweit inan sich in ihr auskennt, keineswegs glücklich zu sein scheint? Wird vor allen Dingen der Mukdener Herrscher Tschanghsüliang imstande sein, einen Kampf um die nord­mandschurische Bahn auszutragen? Dies alles sind Fragen, die die letzten Ereignisse in der Mandschurei ungemein Euell gemacht haben und deren Beantwortung die wei­teren Ereignisse bringen werden.

Mitteilung Chinas an die Mächte des Kelloggpattes Schanghai, 26. Nov. Die chinesischen Gesandten im Aus­land sind angewiesen worden, den Signatarmächten des Kelloggpaktes von dem Einfall in chinesisches Gebiet und von der Besetzung der Orte Mandschuli und Dalainor Kenntnis zu geben. Die Gesandten wurden ferner angewie­sen, den Signatarmächten folgendes mitzuteilen: China wird die Bestimmungen des Kelloggpaktes beobachten, ist aber zu seiner Selbstverteidigung gezwungen, die Sowjet­angriffe abzuwehren. Die Signatarmächte werden gebeten, angemessene Maßnahmen gegen die Sowjetunion wegen Verletzung des Kelloggpaktes zu ergreifen. China seiner­seits ist bereit, die Streitfrage zwischen China und der Sowjetunion gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Völkerbnndssatzung dem Völkerbund z« unterbreiten.

Räumung von Hailar. Die Stadt in Brand gesteckt Washington, 26. November. Nach einer heute hier ein­gegangenen Meldung aus Chardin hat der Gouverneur von Heilungkiang den Militärbehörden von Hailar Befehl ge­geben, beim Abtransport sämtlicher Amerikaner aus der Stadt mitzuwirken. Wie weiter berichtet wurde, ist von den chinesischen Behörden Befehl gegeben worden, Hailar niederzubrennen. Im Chinesenviertel hat die Brandlegung am 25. d. M. begonnen.

Aus dem Reichstag

Auswärtiger Ausschutz des Reichstages Berlin, 26. Nov. Im Auswärtigen Ausschub des Reichstages, »er unter dem Vorsitz des Abgeordneten Scheidemann (S.) statt- land, erstattete Reichsminister des Auswärtigen Dr. Curtius ei- gea ausführlichen Bericht über die Haager Konferenzen. An den Verhandlungen des Ausschusses nahmen auch die Reichsminister vr. Wirth, Dr. Hilferdins und Dr. Stegerwald teil. Die Aus- stirache wurde durch umfangreiche kritische Aeuberungen des Abgeordneten Graf Westarp (Dn.) eröffnet. Als weitere Red­ner sprachen Abgeordneter Freiherr von Rbeinaben (DDv.) und Lbg. Stöcker (K.). Die Polenfrage soll später behandelt werden.

Ein Gesetz für 5-llhr-Ladcnschluh am heilige« Abend Im Reichstag haben die Sozialdemokraten ein Jnitiativgejetz eiugebracht, wonach offene Verkaufsstellen, auch solche von Kon­sum- und ähnlichen Vereinen, auch wenn in ihnen keine Arbeit­nehmer beschäftigt werden, am 24. Dezember u«r in der Zeit von 7 Uhr morgens bis S Ubr nachmittags für de« geschäftliche« Berkebr geöffnet sein dürfen.

Dem Reichstage ist eine Interpellation der Dentschnational» -ugegangen, in der es «. a. beibt: Den deutschen Verzichte» ste­hen nicht ausreichende polnische Earantieen und ein ungeheu­rer moralischer und politischer, materieller und rechtlicher Ge­winn Polens gegenüber. Diese Preisgabe deutscher Ansprüche ist «mso unverständlicher, als sie noch durch die Zugeständnisse ei­nes sogenannten kleinen Handelsvertrages mit Polen verstärkt wird. Ist die Reichsregierung bereit dem deutschen Reichstage alsbald Auskunft über den Stand der deutsch-polnischen Ver­handlungen zu gc >, in Sonderheit den Wortlaut des vara- Merten Abkommens und authentische Zahlen über das Aus- matz der beiderseitigen Zugeständnisse mit-utLilen ujw.

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Friedrichshafen, 26 Nov Die Leitung des LuftschiffesGraf Zeppelin" übergibt eine Zusammenstellung der Fahrten desGraf Zeppelin", der bekanntlich nach Beendigung der 50. Fahrt zwecks Üeberholung und Vornahme einiger Abänderungen im Hinblick namentlich auf den geplanten Polarflug außer Dienst gestellt wurde, der Öffentlichkeit. Die Eesamtstrecke, die von dem Luft­schiff zurückgelegt wurde, betragt nach den Bordbüchern genau 116 985 Kilometer oder durchschnittlich 2340 Kilometer für jede Fahrt. Die Eesamtstrecke der Weltfahrt FriedrichshafenFried­richshasen beträgt 34 200 Kilometer und wurde in 20 Tagen und 4 Stunden ausgeführt unter Anrechnung der Zwischenlandezeiten.

Der Eesamtverbrauch an Betriebsmitteln auf den 50 Fahrten betrug an Kraftgas 235 065 Kubikmeter gleich 319 688,4 Kilo­gramm, an Benzin 76187 Kilogramm, an Oel 14132 Kilogramm. Hieraus errechnet sich ein Verbrauch an Betriebsmitteln für je 10 Kilometer Fahrtstrecke von nur 340 Kilogramm. Ausschließ­lich Besatzung wurden befördert 1574 Personen, also durchschnitt­lich 31 auf jeder Fahrt. Auf 42 Fahrten wurde Post befördert und zwar insgesamt rund 820 Sendungen an Postkarten und Briefen. An Proviant wurde mitgeführt 15 57Z Kilogramm Trockenprooiant und 16 400 Kilogramm Getränke und Trink­wasser, zusammen 31 973 Kilogramm oder 639 Kilogramm pro Fahrt.

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Neues vom Tage

Abänderung des neuen Repnblikfchutzgesetzes

Berlin, 27. November. DasBerliner Tageblatt" teilt mit: Der Entwurf des neuen Republikschutzgesetzes, dessen Name unter Umständen eine Aenderung oder Ergänzung erfahren soll, wurde gestern von dem zuständigen Reichs­ratsausschuß beraten und in verschiedenen Punkten so weit­gehend umgestaltet, daß es nötig ist, ihn für die Vollsitzung des Reichsrats am Donnerstag unter Berücksichtigung der zahlreichen Aenderungen erheblich umzuarbeiten. Wenn der Entwurf in der Donnerstagsitzung erledigt werden sollte, wird er Ende der Woche dem Reichstag zugehen.

Die Volkspartei fordert den Spardiktator

Berlin, 26. Nov. Der am Diensiag im Reichs-Haushalts« ausfchuß eingegangene, aber zunächst in der Beratung zu» rückgestellte volksparteikiche Antrag fordert die Einsetz««- eines Spardiktators. Der Antrag verlangt im wesentlichen, daß der Reichsfparkommissar eine der Reichsregierung gegenüber selbständige, uu: dem Gesetz unterworfene oberste Reichsbehörde ist. Der Kommissar nimmt an den Sitzungen der Reichsregierung mit beratender Stimme teil und kann Anträge stellen Er ist auch befugt, sich an den Sitzungen des Reichstags, des Reichsrats und des Reichswirtschafts­rats sowie ihrer Ausschüsse zu beteiligen. Gutachten kann er ohne Aufforderung von sich aus abgeben. Der Reichs­sparkommissar muß vom Reichsfinauzministerium vor der Genehmigung von Haushaltsüberschreitungen und außer­planmäßigen Ausgaben gehört werden. Mit Zustimmung der Landesregierungen kann der Reichskommissar auch iu den Landes- und Gemeindebehörden Prüfungen vornehmen.

Ein Hopfengesetz

Berlin. 26. Nov. Der volkswirtschaftliche Ausfchuß de- Reichstags nahm heute ein Gesetz an, nach welchem im ge­werbsmäßigen Verkehr mit deutschem Hopfen die örtliche« rnländifchen Bezeichnungen nur zur Kennzeichnung der ört­lichen Herkunft des Hopfens verwendet werden dürfen Die Hopfensorten, die sich als minderwertig erwiesen haben können von der amtlichen Bezeichnung ausgeschlossen wer- den. Künftig sollen die Erzeuger den Hopfen in die ge­meindlichen Signierhallen bringen. Dort wird er auf feim Herkunft aus der betreffenden Gemeinde geprüft und »er­wogen. Dann wird die Verhüllung mit de: Herkunfts­bezeichnung versehen, verschlossen und versiegelt. Gleich­zeitig wird eine Begleiturkunde ausgestellt, die die auf der Umhüllung des Hopfens getroffenen Feststellungen wieder­holt und beglaubigt.

Ausreisegenehmigung für die dentfch-ruffijcheu Bauern

Berlin, 26. Nov. Rach einem Bericht der deutschen Bor fchast in Moskau hat der stellvertretende Außenkommissa, Litwinow dem deutschen Botschafter mitgeteilt, daß der Rai der Volkskommissare beschlossen habe, die Ausreiseerlaubnis für die noch bei Moskau befindliche» deutschen Flüchtling« zu geben. Demnach hat die Sowjetregierung die bereits vo, einem Monat erteilte und vor einer Woche von den admini­strativen Behörden zurückgezogene Ausreiseerlaubnis wie der in Kraft gesetzt. Nach weiterer Mitteilung des stellver­tretenden Außenkommissars befinden sich noch LVVV bis 4ÜSK Kolonisten vor Moskau, während die übrigen zurücktrans portiert worden find. Die deutsche Regierung ist bereit diese 3000 bis 4000 Kolonisten sofort aufzunehmen.

Die Abstimmung über die Feiertagsvorkage im sächsischen Landtag

Dresden, 26. Nov Zm sächsischen Landtag wurde in der Beratung über die Feiertagsvorlagen der Antrag der Deutfchnationalen, der die Aufhebung des 9. November» und des 1. Mai als gesetzliche Feiertage verlangte, mit 41 gegen 48 Stimmen abgelehnt. 2 Abgeordnete enthielten sich der Stimme, 5 Abgeordnete fehlten. Sodann wurde über die Regierungsvorlage abgestimmt, welche -je Abschaffung des 9. Novembers als gesetzlichen Feiertag Vorsicht. Die Regierungsvorlage wurde mit 47 gegen 44 Stimmen « zweiter Lesung angenommen.

Noch keine englische Rote wegen der Freigabesrage

Berlin, 27. November. Wie von zuständiger Stelle, der Germania" zufolge, mitgeteilt wird, ist eine englische Note über die Freigabesrage, entgegen der Meldung des diplo­matischen Mitarbeiters desDaily Telegraph" im Berliner Auswärtigen Amt noch nicht überreicht worden. Infolge dessen könne auch über die angeblichen englischen Zugeständ­nisse, die in dieser Mitteilung enthalten fein sollen, noch nichts gesagt werden.