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38. Jahrgang

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Reichspräsident und Volksbegehren »

Berlin, 17. Okt. Reichspräsident von Hindenburg hatte, wie bekannt, ein Schreiben an Reichskanzler Müller ge­richtet, in dem er die Anhänger und die Gegner des Volks­begehrens aufforderte, seine Person mit der Frage des Volksbegehrens nicht in Zusammenhang zu bringen. Wie verlautet, hat nunmehr der Reichsausschuß für das Volks­begehren auch seinen Werbefilm, in dem auch Bilder aus dem Leben des Reichspräsidenten enthalten sind, zurück­gezogen. Diese Maßnahme dürfte ein erster Erfolg des Schreibens des Reichspräsidenten an den Reichskanzler sein.

Ein Aufruf rheinischer Wirtschaftsführer Berlin, 18. Oktober. Eine Anzahl bekannter rheinischer Wirtschaftsfllhrer, unter ihnen Bankdirektor Dr. Pferd- menges, die Generaldirektoren Paul Silverberg und Dr. Zapf, Geheimer Regierungsrat Dr. Brecht, der Vorsitzende des Vorstandes der Rheinischen Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation, Geheimrat Louis Hagen, Präsident des Landw. Vereins für Rhein­preußen, Heuser und Alfred Freiherr v. Oppenheim, haben folgenden Aufruf veröffentlicht: Die Unterzeichneten be­trachten das Volksbegehren, insbesondere bei der schwie­rigen Lage der deutschen Wirtschaft, nicht als einen geeig­neten und richtigen zur Behandlung der Reparationsfrage. Sie raten deshalb dringend davon ab, dem Volksbegehren zuzustimmen.

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Volksbegehren und Beamte

Berlin, 16. Okt. Der Reichsminister des Innern bat ein an ihn gerichtetes Schreiben des Reichsausschusses für das deutsche Volksbegehren folgendermaßen beantwortet:

Die Reichsregierung ist bereit, die verfassungsmäßigen Rechte der Beamtenschaft vor jeder unzulässigen Beeinträchtigung zu bewahren. Nach der Rechtsprechung des Rcichsdisziplinarhofes muß sich jedoch auch der Beamte bei der Ausübung seiner staatsbürgerlichen Rechte innerhalb des gebotenen Anstandes und insbesondere der Strafgesetze halten. Paragraph 4 des Volksbegehrens überschreitet diese Grenze. Indem er die Tätig­keit von Reichspräsident und Reichsregicrung als Landesverrat zu brandmarken sucht, enthält er eine Beschimpfung der höch­sten Organe des Reiches. Die erdrückende Mehrheit der deutschen Beamtenschaft teilt übrigens die Rechtsiiberzeugung der Reichs­regierung, wie sich aus den dankenswerten Aufrufen der Be­amtenorganisationen ergibt. Die Reichsregierung ist nicht in der Lage und nicht gewillt, Beamte, die durch Eintreten für diesen Paragraphen 4 des Volksbegehrens die verfassungsmäßi­gen Grenzen überschreiten, vor disziplinarischem Einschreiten der «kündigen Behörden zu schützen. .

Erwiderung des Reich sausschusses für das Volksbegehren Berlin, 16. Okt. Das Präsidium des Reichsausschusses für das Volksbegehren, gezeichnet Seldte und Hugenberg, veröffentlicht Deinerseits einenAufruf an das deutsche Volk", in dem nach ei­nem Hinweis auf die Auslegung der Listen zur Einzeichnung Mr das Volksbegehren als Ziel desselben erklärt wird, es wolle verhindern, daß mit Annahme des Pariser Tributplanes uner­füllbare Wechsel unterschrieben würden. Es fordere, daß ans den jahrelangen Redekämpsen um die Kriegsschuldlüge, am der das Versailler Diktat und alle Tributvervflichtungen ruh­ten, seitens der Regierung die politischen Folgerungen gezogen würden. Der Aufruf bezeichnet dann als Zweck des Volksbe­gehrens eine Abkehr von der Außenpolitik der letzten Jahre und ihre Ersetzung durch eine Außenpolitik, die, wie er sagt, dem deutschen Volke dienatürlichen Lebensgrundlagen der Freiheit, des Nahrungsmittelsvielraums und der vollen Selbst­bestimmung" wiedergebe. Für den Abschluß schicksalsschwerer Verträge solle künftig das Handeln der entscheidenden Regie­rungsstellen unter besondere Verantwortlichkeit gestellt werden.

Der Aufruf polemisiert dann dagegen, daß, wie er behauptet, i» Regierungsaufrufen und Ministerreden die heutige Lage des deutschen Volkes und seine Aussichten unter dem Voung- vkanin rosigen Farben" geschildert würden. Nach der theoreti­schen Frage, ob die von allen gewünschte Befreiung der Rhein­lands mit Opfern erkauft werden dürfe, die er alsFinans- «nd Wirtschaftsversklavung des Eesamtvolks" bezeichnet, meint der Aufruf, es wäre Pflicht der Regierung gewesen, in dieser Schicksalsfrage des gesamten Deutschtums ihrerseits zu einem Volksbegehren aufzurufen. Nach einer Polemik gegen die Heran­ziehung des Rundfunks für Borträge gegen das Volksbegehren und weitere behördliche Schritte, wie z. B. die Auflösung des Stalhelms im Rheinland und die amtlichen Aeußerungen zur Frage der Beteiligung von Beamten am Volksbegehren, bezeich­net der Aufruf schließlich die Eintragung in di« Liste des Volksbegehren als dasgesetzesmätzige Mittel des Widerstan­des gegen unerträgliche Zustände '.nd Methoden der inneren und äußeren Politik."

Interpellation der Deutschnationalen Berlin, 16. Okt. Im Reichstage har die deutschnationale Frak­tion folgende Interpellation eingebracht: Die von der Reichs­regierung gegen das Volksbegehren und die hinter ihm stehen­den Parteien und Verbände getriebene parteipolitische Propa­ganda erfordert offensichtlich einen groben Kostenaufwand. Ist die Reichsregieruns bereit, Auskunft darüber zu geben, aus welchem Fonds sie diese Kosten bestreitet und aufgrund welcher gesetzlichen Bestimmungen sie sich dazu berechtigt hält?

Sturm im Preußenparlament

Im Preußischen Landtag kam es Mittwoch aus Anlaß der Po- ungplandebatte zu stürmischen Szenen. Als am Schlüsse einer scharfen Rede gegen die hemmungslose Agitation der Deutsch­nationalen Ministerpräsident Dr. Braun erklärte, daß ein Be­amter es unmöglich mit seinen Verpflichtungen vereinbaren könne, an einem Volksbegehren mitzuwirken, das die verant­wortlichen Leiter der deutschen Politik ins Zuchthaus bringen wolle, kam es auf der Rechten und bei den Kommunisten zu heftigen Protesten. Diese Proteste steigerten sich, als der Innen­minister Grzesinski das Verbot des Stahlhelms rechtfertigte und eine Tafel hereinbringen ließ, auf der Munition und Waffen aller Art befestigt waren, die man dem Stahlhelm abgenommen bat. Es kam zu Tumultsrenen. Von rechts her drängte man ge­gen die Tribüne an. Vergebens versuchte, Grzesinski, sich ver­ständlich zu machen. Der Präsident vermochte ihm kein Gehör « verschaffen und mußte, um Schlimmeres zu verhüten, die Sitzung schließlich unterbrechen.

Die Eintragungen zum Volksbegehren in Berlin Berlin, 17. Okt. Wie das Nachrichtcnamt der Stadt Berlin mitteilt, haben sich am ersten Tage der Einzeichnung in den 20 Bezirken Groß-Berlins insgesamt 26110 Personen in die Lifte iür das VolksbegehrenFreiheitsgesetz" eingetragen.

Me Schlestcnschrt desGraf Zev-elin" Meirichen

Wieder daheim Ueber Breslau

Das LuftschiftGraf Zeppelin" erschien Donnerstag früh S Uhr über Breslau. Das Luftschiff machte nach seinem Eintref­fen über Breslau zunächst eine Schleife nach Süden. Zehn Mi­nuten später war der Zeppelin über dem Flughafen. Ein Tele­gramm von Bord des LuftschiffesGras Zeppelin" besagte: Beabsichtige Landung Breslau etwa 9 Uhr. Auswechseln Pas­sagiere gegen Schlesienpassagiere. Zweite Landung Breslau nach­mittag etwa 4 Uhr für Passagierwechsel.Balkanpassagiere rück- sabren nach Friedrichshofen."

Keine Landung in Breslau

Breslau, 17. Okt. Um 8.26 Uhr erschien am Horizont im dich­ten Nebel das LuftschiffGraf Zeppelin", das von den Menge mit lauten Hochrufen begrübt wurde. Zu gleicher Zeit traf bei der Leitung der Landemannschaft ein Funkspruch Dr. Eckeners ein, worin mitgeteilt wird, daß das Luftschiff wegen Wetter­verschlechterung, verbunden mit stark zunehmender Unsichtigleit m»d niedriger Bewölkung auf der ganzen Nordstrecke leider ge­zwungen sei, von einer Landung in Breslau abzusehen und nach dem Besuch Oberschlesiens die Rückfahrt über Wien, München »och bei Tage »«zutreten.

Das Luftschiff überflog die innere Stadt, kam um 8.45 Uhr wieder zum Flugplatz zurück und warf die mit einem Fall­schirm versehene Post ab. Die Nachricht, daß derGraf Zeppe­lin" nicht landen werde, rief unter den Tausenden, die sich im Flughafen eingefunden haben, große Enttäuschung hervor. Ein «euer Funkspruch von Dr. Eckener zerstört die letzten Hoff­nungen, daß das Luftschiff doch landen werde, und teilte mit, daß die Landung unmöglich sei.

Grobe Erregung in Breslau wesen der Nichtlandung

Breslau, 17. Okt. Da die Erregung des Breslauer Publi­kums in Erwartung desGraf Zeppelin" einen Grad erreicht batte, daß es schien, als wollte es das Flughafenlasino stür­men, wurde eine starkes Polizeiaufgebot eingesetzt, um den Platz vor dem Flughafen zu räumen. Gleichzeitig sandte der Polizei­präsident Tbaiß an den Zeppelin folgendes Funktelegramm: Gebet Antwort, ob mit Landung des Schiffes in Breslau heute noch zu rechnen ist, da Publikum unruhig. Polizeipräsident". Kurz nach 1 Uhr ging die Antwort ein:Nein. Befinden uns bereits auf Heimfahrt kurz vor Brünn." Auch unter denjenigen, die im Breslauer Flughafen stundenlang warteten, um mitzu­fliegen. herrschte eine sehr erregte Stimmung.

Dr. Eckener an den Oberbürgermeister von Breslau

Breslau, 17. Okt. Auf die gemeldete Begrüßungsrede des Oberbürgermeisters Dr. Wagner ist von Bord desGraf Zeppe­lin" folgende Antwort eingegangen: Hern Oberbürgermeister Wagner Breslau! Keiner bedauert mehr als die Besatzung und ich, daß wir die Landung in Breslau und das ganze von «ns geplante schlesische Programm nicht durchführen können. Wir sehen unseren lebhaften Wunsch, in Schlesien unseren welt­gefahrenden Graf Zeppelin vorzufiihren, und auch unseren Be­schluß und Versuch nach der anstrengenden Ballonfahrt zu Ihnen zu kommen, zerstört. Es muß leider bei einer teilweisen Ausführung unserer geplanten Visite bleiben. Nebel und tief- hängeude Wolken spielen im Herbst die Hauptrolle, namentlich in gebirgigen Gegenden. Jetzt kommt es sehr schlecht von Rord-

westen herein; wir müssen die noch gute Sicht benutzen, auf süd­lichem Wege alsbald dem heimischen Hafen zuzusteuern. Auf ein andermal! Ergebener Gruß Dr. Eckener.

Kursänderung desGraf Zeppelin"

Ratibor, 17. Okt.Gras Zevvelin" hat nach Ueberiliegung van Raribor kurz nach 12 Ilbr den Kurs geändert und ist in Rich­tung auf Oderberg-Wien weiter geflogen. Damit bat die Ober- schlesienfahrt in Ratibor ihr Ende gefunden.

Ueber Oberschlesien

Breslau, 17. Okt. Um 16.35 Uhr überflog das LuftschiffGraf Zevvelin" Eroßstreblitz, um 11 Uhr Beuthen, um 11.15 Ubr Eleiwitz. Es herrscht starker Gegenwind.

Graf Zeppelin" über Linz

Linz, 17. Okt. Das LuftschiffGras Zeppelin" überflog um t.36 Uhr nachmittags Linz mit Kurs donauaufwärts.

Graf Zeppelin" über München München, 17. Okt. Das LuftschiffGraf Zeppelin" traf am Donnerstag abend 6.36 Uhr auf seiner Rückfahrt nach Friedrichs­hafen über München ein. Obwohl Abendnebel über der Stadt lagen, zeichneten sich die Konturen des Luftriesen deutlich am Horizont ab. Das Luftschiff zog mehrere Schleifen und nahm um ».45 Uhr scharfen Kurs nach S-'dwest.

Graf Zeppelin" glatt gelandet

Friedrichshafen, 17. Oktober. Das LuftschiffGraf Zeppelin" erreichte auf der Rückkehr von seiner Valkan- fahrt um 8.15 Uhr wieder den Heimathafen, den es zu­nächst in langsamer Fahrt zweimal überflog. Das Luft­schiff bot im Vollmondschein wiederum einen fantastischen Anblick, zumal um diese Zeit noch gute Sicht vorhanden war. Als das Luftschiff um 8.45 Ahr die Landung vor­nehmen wollte, hatte sich das Werstgelände mit einem leichten Nebelschleier überzogen, so daß der erste Lan­dungsversuch aufgegeben werden mußte. Trotz des immer stärker werdenden Bodennebels konnte dann aber um 9.03 Uhr die Landung glatt durchgefllhrt werden. Die Fahr­gäste sind von der Reise sehr befriedigt, wenn auch hin und wieder die Sicht behindert war. Einen besonders nachhaltigen Eindruck auf die Passagiere hat die Begrüßung desGraf Zeppelin" durch die Bevölkerung des ober­schlesischen Industriegebiets gemacht.

Reichstag erst Ende Nmem-er

Berlin, 16. Okt. Die Verhandlungen zwischen den beteiligten Staaten über den Voungplan nehmen derartig viel Zeit in Anspruch, daß auch der bisher für den 19. November in Aus­sicht genommene Wiederzusammeutritt des Reichstags sich ver­zögern wird. In parlamentarischen Kreisen rechnet man deshalb damit, daß der Reichstag frühestens am Dienstag, den 26. No­vember seine Sitzungen wieder aufnimmt, vorausgesetzt, daß bis dahin der Voungplan für die parlamentarische Behandlung reif ist.

Ende November könnte die Regierung dann allerdings dem Reichstag auch schon den Nachtragsetat zugehen lassen, sodaß bis Weihnachten reichlich Arbeitsstoff vorhanden wäre. Dieser Nach­tragsetat dürfte eine Summe von über 466 Millionen Mark ent­halten, nämlich die Abdeckung des wahrscheinlich mehr als 156 Millionen betragenden Defizits aus dem Reichshaushalt des laufenden Jahres, ferner eine Erhökung des Reichszuschusses für die Invalidenversicherung, die sich als erforderlich heraus­gestellt hat, sodann eine größere Summe für die Weiterzahlung der Krisenfürsorge an die ausgesteuerten Erwerbslosen und etwa 56 Millionen für Kriegsbeschädigtenrenten. Diese letzte Neuanforderung des Reichsarbeitsministeriums ist notwendig geworden, weil sich die Zahl der Kriegsrcntncr durch Wieder­gewährung von Renten an die ehemals abgeiundenen nur bis zu 26 Prozent Beschädigten bedeutend erhöbt bat. Künftig dürfte der Reichshaushalt durch diese Tatsache sogar noch stär­ker belastet werden, da noch rund 266 666 neue Rentenanträge schweben, lieber diese Rentenfragen bat schon in den ersten Ok­tobertagen eine Besprechung des Finanzministers und des Reichsarbeitsministers mit den Führern der Regierungsparteien ftattgefunden. Vor allen Dingen zu regeln ist noch die Frage, wieviel im Nachtragshauhalt noch für die produktive Erwerbs- losenftirsorge bewilligt werden kann.

Die Frage der Reichsfinanzreform dürfte frühestens zugleich mit dem Haushalt für 1936 spruchreif werden. Zurzeit liegen noch nicht einmal Referentenentwürfe, geschweige denn ein Vor­schlag des Reichsfinanzministers für das Kabinett vor. Das ist auch praktisch noch gar nichk möglich, weil die Finanzreform von der endgültigen Gestaltung des Voungvlanes und der Zünd­holzanleihe abbängt. Beide Fragen sind aber heute «och nicht geklärt. Ueber das Ausmaß der Finanzreform gehen die Mei­nungen unter den Parteien noch weit auseinander. Während S- V. die Demokraten aus dem Voungplan die Möglichkeit zu wesentlichen Steuererleichterungen herleiten möchten, warne« andererseits namentlich die Sozialdemokraten vor übertriebene«