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Urrmmer: Ä44 ! Le n fteigDörrl^Nst^g Äerr 1.7. Oktober 1926 " 53? Jahrgang

ReWMfidevt md Volkskegehre«

Berlin, 16. Okt. Der Herr Reichspräsident bat soeben an den Herrn Reichskanzler das nachstehende Schreiben gelangen lassen:

Sehr geehrter Herr Reichskanzler

Mit steigendem Befremden habe ich die Wahrnehmung machen müssen, dab in dem Kampf um das Volksbegehren sowohl von dem Reichsausschub für das Volksbegehren als auch von den das Volksbegehren bekämpfenden Parteien und Gruppen meine Per­son und meine mutmaßliche persönliche Meinung zur Frage des sogenannten Aoungplanes in die Diskussion hineingesogen wird. Von der anderen Seite wird behauptet, daß ich ein Freund des Volksbegehrens wäre und von der anderen Seite betont, daß ich mich für die Annahme des Noungplanes festgelegt hätte.

Demgegenüber stelle ich fest, daß ich niemanden die Ermäch­tigung oder sonst einen Anlab dazu gegeben hätte, meine per­sönliche Meinung zu diesem Problem bekannt zu geben. Ich habe im Gegenteil stets betont, dab ich mir meine endgültige Stellungnahme zu dem Noungplan bis zu dem Zeitpunkt Vor­behalte, in dem diese hochbedeutsame Frage zur Erledigung reif ist und nach Maßgabe der Artikel 70, 72 und 73 der Reichsver- Mssung zur Entscheidung über eine Verkündung oder eine Aus­setzung der Verkündung verfassungsmäßig zustande gekommener Gosetzesbeschlüsse an mich berantritt. Und hieran halte ich nach wie vor fest.

Ich bitte Sie, Herr Reichskanzler, hiervon Kenntnis zu neh­men und das Vorstehende den im Kampf um das Volksbegehren beteiligten Parteien und Gruppen in der Ihnen geeignet er­scheinenden Weise zur Kenntnis zu geben. Mit freundlichen Grü­ben bin ich Ihr ergebener gez. v. Hindenburs.

Die Reichsregierung erwartet, daß die an der Agitation für und gegen das Volksbegehren beteiligten Gruppen vor allem der Reichsausschub für das deutsche Volksbegehren" die Person des Herrn Reichspräsidenten entsprechend seinem Wunsche nun­mehr dem Meinungsstreit um die Gesetzesanträge für das deut­sche Volksbegehren fern halten.

Die Balümsahrt derGraf Zeppelin"

Budapests Enttäuschung

Budapest, 16. Ookt. Abends, nachdem bekannt geworden war, daß das Luftschiff gegen 8.30 Wr abends vno Friedrichshafen zu seinem Valkanflug aufgestiegen war, hegte man in Budapest allgemein die Hoffnung, zumal auch die Postdirektion verstän­digt worden war, daß das Luftschiff über der Stadt Postsäcke abwerfen werde, daß in den Nachtstunden das Luftschiff die Stadt überfliegen werde. Als nachts gegen 2 Uhr bekannt wurde, dab das Luftschiff Wien überflogen hatte, rechnete man damit, dab Graf Zeppelin bei günstigem Wetter zwischen 3 und 1 Uhr morgens die Hauptstadt erreichen werde. Er wurde je­doch nicht gesichtet. Erst in den Morgenstunden wurde die Bel­grader Nachricht bekannt, dab Graf Zeppelin dort um 7.28 Uhr erschienen war. Daraufhin bemächtigte sich der Vudapester Be­völkerung große Enttäuschung, da man diesmal ganz bestimmt mir dem Erscheinen des Luftschiffes gerechnet hatte. Man nimmt an, dab Kapitän Eckener in den frühen Morgenstunden auf den Besuch Budapests verzichten wollte und wahrscheinlich die Ab­sicht bat, auf der Rückreise bei Hellem Tage den lange erwarteten Besuch abzustatten.

Ueber Belgrad

Berlin, 1«. Ott. Die Schiffsleitung desGraf Zeppelin" sen­det an das W.T.B. folgendes Telegramm: 8.30 Uhr Ortszeit Belgrad überflogen in zwei Schleifen. Postabwurf. Lebhaftes Treiben auf den Straßen. Jetzt Morawa ostwärts Richtung. Risch-Sofia. Stark dunstig, mäßig hohe Wolkendecke. Nicht sicher, ob Weg nach Sofia zwischen hohen Bergen für uns gangbar. In einer Stunde Entscheidung. Graf Zeppelin.

Ueber Sofia

Berlin, 16. Ott. W.T.B. erhält von der Schiffsleitung des Graf Zeppelin" folgendes Telegramm: In hohem Fluge teil­weise über den Wolken die prächtige Gebirgslandschaft zwischen Belgrad und Sofia überquert, Wetter aufklärend, jetzt Sonnen­schein. In Sofia ungeheures Interesse und offenbar grobe Be­geisterung. Zwei Kreise über Stadt. Postabwurs in einen Schul­hof. Wettlauf von 300 Schülern um den Postbeutel. Jetzt über den hoben Balkan auf Bukarest.

Ueber Bukarest

Hamburg, 16. Ott. Wie die Havag mitteilt, befand sich das LuftschiffGraf Zeppelin" um 12 Uhr über Bukarest.

Graf Zeppelin" über Ungarn

Budapest, 16. Oktober. Das LuftschiffGraf Zeppelin" hat von Bukarest kommend um 7.45 Uhr abends bei der Ortschaft Artand die ungarische Grenze überflogen. Das Luftschiff flog in geringer Höhe in Richtung Budapest.

Graf Zeppelin" über Budapest Budapest, 16. Oktober. Das LuftschiffGraf Zeppe­lin" hat um 22 Uhr Budapest erreicht. Das Luftschiff flog in geringer Höhe, so daß es trotz des etwas nebligen Wet­ters gut zu sehen war. Aus den öffentlichen Lokalen und den Privathäusern strömten große Menschenmengen auf die Straßen, um das Luftschiff zu begrüßen. Aus den bei­den Donauufern, besonders auf dem Donaukorso, warte­ten große Menschenmengen seit den ersten Abendstunden auf die Ankunft des Luftschiffes. DerGraf Zeppelin" kreuzte kurze Zeit über der Stadt und flog dann in öst­licher Richtung weiter.

Graf Zeppelin" zum zweitenmal über Wien Wien, 17. Oktober. Das LuftschiffGraf Zeppelin" überflog um l.05 Uhr bei wolkenlosem Himmel die Stadt Wien.

Ser Berliner Skandal

Stadtverordnetenversammlung zur Oberbürgermeistersreise Berlin, 15. Ott. Die Berliner Stadtverordnetenversammlung hat sich sowohl mit der Amerikareise des Oberbürgermeisters wie auch mit der Angelegenheit Sklareks befaßt. Von deutfchnatio- naler Seite lag eine Interpellation vor, in der die Frage auf­geworfen wurde, ob der Besuch des Berliner Oberbürgermeisters in Neuyork, der so grobe Kosten verursache, nötig gewesen sei. Weiter wurde gefragt, ob die gleichzeitige Abwesenheit des Magistratsdirigenten und dreier Stadlräte mit der jetzigen Ge­schäftslage Berlins vereinbar sei, und aus welchem Fond die Reisekosten bestritten werden. Bürgermeister Scholtz wies dem­gegenüber darauf hin, daß der Oberbürgermeister von Neuyork in Berlin das Auswärtige Amt und durch die amerikanische Botschaft eingeführt worden sei. Der Gegenbesuch der Berliner Stadtvertreter könne daher nicht als private Angelegenheit be­trachtet werden. Die Reise soll deutsche und amerikanische Städte einander näberrücken. Sie werde 75 bis 80 000 Mark koste». Da die Fahrt eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung sei, habe man die Stadtverordneten nicht vorher befragt. Die Reise- spefen würden als Dienstreisekosten verbucht und wenn notwen­dig aus Vorbehaltsmitteln bestritten werden. Die Kosten für die an der Reise teilnehmenden Damen würden von ihren Gat­ten getragen werden.

Nach einer ziemlich bewegten Sitzung wurde eine ganze Reibe von Anträgen angenommen, die mit der Angelegenheit Sklarek in innerem Zusammenhang stehen, so ein sozialdemokra­tischer auf Veröffentlichung der Sklarekschen Kundenlisten, ein demokratischer, wonach künftig die Vergebung von Aufträgen nur im Wege der freien Ausschreibung erfolgen soll, und ein kommunistischer, wonach aus die Herbeischaffung der in der An­gelegenheit Sklarek veruntreuten Millionen eine Belohnung ausgesetzt werden soll. Abgelehnt wurde dagegen ein kommuni­stischer Antrag dab die in der Angelegenheit Sklarek kompromit­tierten Magistratsmitglieder ihre Aemter niederzulegen hätten.

Fraktionsbeurlaubung der Abg. Bruhn und Wolf Berlin, 15. Okt. Die deutschnationale Reichstagsfraktion faßte folgende Entschließung:Die deutschnalinoale Reichstagsfrak­tion mißbilligt die Beziehungen des Abg. Bruhn zu den Gebrü­dern Sklarek umso entschiedener, als sie seiner politischen Ver­gangenheit und seiner in Wort und Schrift betätigten völkischen Einstellung widersprechen. Die Fraktion stellt dabei fest, daß der Abg. Bruhn mit dem Verwaltungsskandal der Stadt Berlin nichts zu tun gehabt hat. Was die in der Oeffentlichkeit gegen ihn erhobenen Vorwürfe betrifft, so hat der Abg. Bruhn den größten Teil davon aktenmäbig als unrichtig nachgewiesen. Die Fraktion gab dem Antrag statt, die ihn bis dahin aus der Frak­tionsgemeinschaft beurlaubt", ebenso den Abg. Wolf-Ovveln, dem sie ihre Mißbilligung zum Ausdruck bringt, dab er zu Persön­lichkeiten, wie Len Brüdern Sklarek Beziehungen unterhalten hat. Die Fraktion hat sich von der völligen llnhaltbarkeit der gegen den deutschnatinoalen Reichstagsabgeordneten Eraef er­hobenen Vorwürfe überzeugt.

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Neue Leitung der Berliner Stadtbank Berlin, 17. Oktober. Magistrat und Verwaltung der Stadtbank haben beschlossen, an Stelle des suspendierten Stadtbankdirektors Schmitt, den Direktor Dr. Eehrke vom Deutschen Sparkassen- und Eiroverband (Deutsche Giro­zentrale Deutsche Kommunalbank) mit der Führung der Geschäfte des geschäftsführenden Vorstandsmitgliedes der Stadtbank zu betrauen. Dr. Eehrke wird zu diesem Zweck von der deutschen Girozentrale beurlaubt.

Die Sklarek'schcn Pferde unter dem Hammer Berlin, 17. Oktober. Der Rennstall und das Gestüt der Brüder Sklarek gelangt zur Auflösung. Obwohl die Pferde in den letzten Tagen noch einige Rennen gewonnen haben, will man alle unnötigen Unterhaltungskosten

sparen und so wurde die Zwangsversteigerung des gesam­ten Materials beschlossen. Die Auktion findet am 25. Ok­tober in Hoppegarten statt.

Neues vom Tage

Hugenberg über das Volksbegehren Kiel, 16. Oktober. Eeheimrat Dr. Hugenberg sprach heute abend hier vor einer gut besuchten Versammlung in der Nordostsee-Halle über das Volksbegehren gegen den Houngplan. Er beschäftigte sich in seinen Ausführungen vornehmlich mit dem Aufruf, den neben Mitgliedern des Reichskabinetts hervorragende Vertreter aus Politik und Wirtschaft gegen das Volksbegehren erlaffen haben, wobei er seinem Zweifel Ausdruck gab, ob alle Unterzeichner des Aufrufs in voller Ueberzeugung unterschrieben hätten. Zur Sache bemerkte Dr. Hugenberg, es sei vorzuziehen, wenn auf Grund des Dawesplans unsere Vertragsgegner die Verantwortung für die deutsche Währung behielten, als wenn wir sie unter dem Poungplan selbst übernehmen müßten. Die bei Fortbestand des Dawesplans vielleicht unvermeidbare Krisis werde eine Art Eesundungskrise sein, die einer Dauerkrise, wie sie die Annahme des Poung- planes mit sich bringen würde, vorzuziehen sei. Nach Schluß der Versammlung kam es vor der Nordostsee-Halle, wo sich politische Gegner in größerer Zahl angesammelt hatten, zu kleineren Zusammenstößen mit der Polizei, die bei der Räumung des Platzes vom Gummiknüppel Ge­brauch machte.

Schießerei in einer Stahlhelmoersammlung Berlin, 17. Oktober. Gestern kam es gegen 23.30 Uhr im Verlauf einer Stahlhelmversammlung, die im Lass Gärtner am Holsteiner User stattfand, während der Dis­kussion zu einer schweren Messerstecherei, in deren Verlauf, wie dieVossische Zeitung" meldet, auch geschaffen worden ist. Während der Haupttäter entkam, konnte das lleber- fallkommando drei andere Täter festnehmen. An der Versammlung hatten auch einige Reichsbannerleute teil­genommen. Während der Diskussionsrede eines Reichs­bannermannes kam es zu lleberfällen der Stahlhelmleute auf die gegnerischen Versammlungsteilnehmer. Erst eine Hundertschaft Schutzpolizisten machte der Schießerei im Lokal ein Ende. Während des Abmarsches der Ver­sammlungsteilnehmer kam es zu einem erneuten Feuer­überfall. Die Polizei nahm etwa 30 Stahlhelmer fest. Die Zahl der Verletzten ließ sich nicht feststellen.

Aufhebung des Nooemberfeiertags in Sachsen Dresden, 16. Okt. Dem Landtag ist heute eine Regie­rungsvorlage zugegangen, durch die dem 0. November in Sachsen der Charakter als gesetzlicher Feiertag genommen werden soll. Bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Landtags, der am Dienstag nächster Woche zu seiner Herbst­tagung Zusammentritt, besteht Aussicht auf Annahme der Vorlage. Der 1. Mai dürfte weiter allgemeiner Feiertag in Sachsen bleiben, wenn auch ein deutschnationaler An­trag vorliegr, der diesen Feiertag beseitigen will.

DieSicherheit" Frankreichs Paris, 16. Okt. In einer Rede betonte der französische Kriegsminister Painleve u. a., daß die Einführung der einjährigen Dienstzeit wohl der beste Beweis für den fran­zösischen Friedenswillen und die Völkerverständigung sei. Um die einjährige Dienstzeit in Einklang mit der öffent­lichen Sicherheit zu bringen, sei notwendig, einmal eine starke Kolonialtruppe aufrechtzuerhalten, ferner Viel­seitigkeit der Ausbildung durch geschulte Berufssoldaten sowie die Heraufsetzung des Einttrittsalters der Rekruten auf das 21 Lebensjahr. Heute könne man aber behaupten, daß dies zufriedenstellend geregelt sei. Der für die Befesti­gung der Ostgrenzen vorgesehene Kredit von 353 Millio­nen Franken im kommenden Jahre werde erhöht werden. Die Arbeiten selbst könne man in zwei Gruppen einteilen: 1. Die Anlage von sogenannten Kasematten, die dazu die­nen sollten, ein ständiges Maschinengewehrfeuer unterhalten zu können. Diese Anlagen würden sich der ganzen Grenze entlang ziehen und im Norden Lothringens und im Elsaß besonders zahlreich sein. Die Arbeiten seien noch vor No­vember 1930 beendet. Die zweite Gruppe der Anlagen sei im Augenblick weniger dringend. Dabei handle es sich um die Anlegung von Widerstandsmittelpunkten, Ausbau von Forts, verstärkten Befestigungen, die alle in etwa vier Jah­ren beendet sein würden.