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Attensteigis Mittwortz den 16. Oktober 13Ä3

53. JaLxvtzsctNg

A« dar deutsche Alk!

Der Aufruf gegen das Volksbegehren

Seit mehr als zehn Jahren kämpft das deutsche Volk gegen die ungeheuren Lasten, die ihm der Vertrag von Versailles als Folge eines heldenhaft geführten, aber verlorenen Krieges, auf­erlegt hat. Nach einer Epoche, in der die Siegerstaaten durch Anwendung einer ungehemmten Machtpolitik Deutschland ihren Willen aufzuzwingen suchten, einer Epoche, die Deutschland nahe an den Rand des Abgrundes brachte, gelang es endlich den deut­schen Bemühungen, einen Umschwung herbeizuführen. Andere Methoden der Politik kamen zur Bildung und schützten unser Vaterland vor den drohenden Gefahren. Auf die Zeit der Ge­walt und der einseitigen Diktate folgte die Zeit der Un­terhandlungen und der Verständigung. Die Vernunft setzte sich durch. Deutsche Männer traten hervor, festen Herzens und kla­ren Kopfes, unbekümmert um den Fanatismus, der ihnen aus dem eigenen Volke entgegenschlug: Diese Männer-wiesen den Weg in die bessere Zukunft. Es zeigte sich immer mehr, daß nur auf diesem Wese das Ziel der Befreiung Deutschlands erreicht werden konnte.

Das Ergebnis dieser mühsamen, aber allein möglichen Politik ist, Latz sich die Stellung Deutschlands unter den Völkern wie­der gefestigt hat. Jetzt steht in kurzer Frist die Befreiung des Rheinlandes von fremder Besatzung bevor. Die Reparationen sollen um erhebliche Jahresbeträge herabgesetzt werden, die dem Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft zugute kommen werden. Die Souveränität der deutschen Finanzen und der deutschen Wirtschaft soll wieder hergcstellt werden. Es sind Verhandlungen cingeleitet, um auch das Saargebiet alsbald wieder restlos mit dem übrigen Deutschland zu vereinigen. Gewiß sind damit noch nicht alle Aufgaben der deutschen Politik erfüllt, aber es ist der Weg eröffnet, um den Wiederaufbau Deutschlands zu Ende zu kühren und unserem Lande die Zukunft zu sichern, auf die es ein Recht hat.

Diese Entwicklung soll jetzt mit einem Male abgeschnitten wer­den. Ein Volksbegehren soll zustande gebracht werden, das die grundsätzliche Abkehr von der Politik der Verhandlungen und der Verständigung verlangt, und das den Anschein zu erwecken jucht, als ob Deutschland jetzt seine Wünsche und Forderungen den Siegern des Weltkrieges aufzwingen könnte. Deutschland soll sich lossagen von den Haager Vereinbarungen über die Befrei­ung des Rbeinlandes. Man glaubt, durch einseitige deutsche Be­schlüsse die fremden Truppen aus den besetzten Gebieten heraus­bringen zu können. Deutschland soll die schwebenden Verhand­lungen über die Erleichterung der Reparationslasten abbrechen und an den unerfüllbaren Bedingungen des Dawesplanes fest- halten, um so eine finanzielle und wirtschaftliche Katastrophe herbeizuführen, deren unabsehbare Folgen jeder einzelne Deutsche zu tragen haben würde.

Ein solcher Plan ist keine ernsthafte, verantwortungsvolle Po­litik. Kein vernünftig denkender Deutscher, dem der Wiederauf­stieg seines Vaterlandes am Herzen liegt, kann ein solches Vor­haben fördern. Trotzdem wagen die Urheber dieses Planes, ein Gesetz vorzuschlagen, das diejenigen Deutschen, die sich in ver­antwortlicher Stellung zu der bisher erfolgreich betriebenen Ver­ständigungspolitik bekennen, als gemeine Landesverräter behan­delt und mit Zuchthaus bedroht, ein Vorschlag, so ungeheuerlich, dab er als Versuch schlimmster Volksverbetzung gebrandmarkt werden muß.

Das ganzeVolksbegehren" ist auf einer offenkundigen Un­ehrlichkeit aufgebaut. Es stützt sich auf die unsinnige Behaup­tung, dag die bisherige deutsche Außenpolitik auf der Anerken­nung der Kriegsschuld Deutschlands beruhe und dab die deut­sche Regierung den Kriegsschuldartikel des Versailler Vertrages nur schriftlich zu widerrufen brauche, um Deutschland von allen Lasten und Fesseln des Vertrages zu befreien. Niemals hat Deutschland den einseitigen Schuldspruch des Versailler Vertra­ges anerkannt. Jede deutsche Regierung hat dieses Unrecht in feierlichen Erklärungen zurückgewiesen. Das ist zuletzt noch ge­schehen in dem Aufruf, den am 1V. Jahrestage der Unterzeich­nung des Versailler Vertrages der Herr Reichspräsident v. Hin- denburg und die Reichsregierung an das deutsche Volk gerichtet haben. Unermüdlich haben daneben die berufenen deutschen Stel­len die Welt über die wahren Ursachen des Krieges aufgeklärt. Der Erfolg dieser Arbeit tritt immer deutlicher zutage. Der Glaube an das Märchen von der Alleinschuld Deutschlands schwindet immer mehr. DasVolksbegehren" würde diese hoff­nungsvolle Entwicklung um Jahrzehnte zurückwerfen.

Das deutsche Volk hat jetzt zwischen Vernunft und Unsinn zu wählen. Wer nicht in törichter Verblendung den Bemühungen um den Wiederaufstieg des Vaterlandes in den Arm fallen will, muß diesemVolksbegehren" fern bleiben. Wer es unterschreibt, fördert die Zersetzung und die Versklavung des deutschen Volkes.

Lin Aufruf Dr. Sugenbergs

Berlin, 18. Okt. Der Vorsitzende der deutschnationalen Volks- vartei, Geheimrat Dr. Hugenberg, bat heute einen Ausruf an die Mitglieder und Wähler der deutschnationalen Volksvartei erlassen, in dem er die Kundgebungen der Reichsregierung »um Volksbegehren angrerft und zur Einzeichnun« in die Listen für das Begehren auffordert.

Zenlrmnsminister «nd Volksbegehren

Stuttgart, 15. Okt. Zu der Meldung derSchwab. Tagwacht" dab die württ. Zentrumsminister sich geweigert hätten, den Auf­ruf gegen das Volksbegehren zu unterzeichnen, stellt das deut­sche Volksblatt folgendes fest: Minister Dr. Beyerle ist zur Un­terzeichnung dieses Aufrufes nicht aufgefordert worden, sondern nur Staatspräsident Dt. Bolz. Beide Minister wären durchaus bereit gewesen, persönlich einen Aufruf zu unterzeichnen, der sich gegen das Hugenbergsche Volksbegehren wendet. Denn die bei­den Herren und die ganze württ. Zentrumspartei gehen in der Beurteilung des Bonngplanes und des Volksbegehrens mit der Reichsregiernng und dem Reichszentrum völlig einig. Nun ist aber Staatspräsidem Dr. Bolz zur Unterzeichnung des Aufrufes in seiner Eigenschaft als präsidierendes Mitglied der württem- bergischen Landesregierung aufgefordert worden. Da der würt- tembergische Staatspräsident in amtlicher Eigenschaft nicht rein persönlich handeln kann, sondern die Auffassung der Gesamt­regierung zu vertreten hat, mußte er das Ansinnen ablehnen, in dieser Sache seine persönliche Meinung zum Ausdruck zu bringen. Zwar betont die Reichsregierung in ihrer Mitteilung an die Ministerpräsidenten der Länder, daß der geplante Aufruf keine amtliche Kundgebung darstellen werde. In Wirklichkeit würde aber ein Aufruf, den sämtliche Reichsminister und Ministerprä­sidenten der Länder Unterzeichneten, in der Oefsentlichkeit doch wie eine amtliche Kundgebung gewertet werden, auch wenn noch andere Persönlichkeiten unterschreiben. Das württ. Zentrum und seine Minister in der Regierung verurteilen die Hugenbergsche Aktion in jeder Hinsicht; die Parteileitung wird sich zu gegebener Zeit mit einem Aufruf, der bereits vorbereitet ist, an die An­hänger im Lande wenden.

Die deutschen Bischöfe gegen das Volksbegehren Berlin, 16. Oktober. Der Kundgebung des Fürst­bischofs Kardinal Bertram (Breslau) gegen das Volks­begehren hat sich der gesamte Episkopat angeschlossen. Es haben sich somit sämtliche deutschen Bischöfe gegen das Volksbegehren erklärt.

Aufruf der Deutsch,ut. BMspsttei

Heute beginnt die Einzeichnung zum Volksbegehren Keiner darf fehlen!

Berlin, 15. Oktober. Der Vorsitzende der Deutsch- nationalen Volkspartei, Hugenberg, erläßt folgenden Aufruf an die Mitglieder und Wähler feiner Partei:

Auf zwei Menschenalter hinaus soll nach dem Willen der jetzigen Parteiregierung das deutsche Volk für das Ausland fronen. Mit ständig wachsender Ueberfremdung seines Besitzes und mit zunehmender Verschuldung und Verelendung aller Berufsstände soll es einen Tribut be­zahlen, der mit der Lüge von Deutschlands Schuld am Kriege begründet wird. Der Schutz für die deutsche Wäh­rung soll preisgegeben werden.

Deutschland soll die Unterschrift unter einen neuen Vertrag geben, von dessen Unerfüllbarkeit und Untrag­barkeit jeder Deutsche überzeugt ist.

Eine solche Unterschrift ist nicht nur unehrlich, sondern auch töricht und gefährlich, weil sie Deutschland neuen Sanktionen aussetzt.

Das deutsche Volksbegehren soll den Tributplan ver­hindern und das deutsche Volk vor seinen Gefahren bewahren.

Die derzeitige Regierung hat das Volksbegehren zu­lassen müssen. Damit ist es zu einer gesetzlich erlaubten Abstimmung geworden, an der teilzunehmen das verfas­sungsmäßige Recht jedes Deutschen ist.

Um ihre Politik nickt als verfehl t entlarven zu la ssen, kämpfk^bwRegjerung mit allen Mitteln eines schlechten Gewissens gegen das Volksbegehren.

Unter Mißbrauch der amtlichen Propagandamittel, insbesondere des Rundfunks und unter kostspieliger Ein­schaltung des Staatsapparates läßt sie einseitige und falsche Darstellungen ins Land gehen. Sie versucht die von ihr Abhängigen unter unerhörten Druck zu setzen. Das Volksbegehren, der nach der Verfassung gesetzmäßige Aus­druck des Volkswillens, wird als Bruch der Verfassung be­zeichnet, Beamte, die dafür stimmen, werden beschimpft.

Herr Hörsing droht mit dem Terror. Die Regierung führt ihn bereits aus, indem sie Beamte, die für das Volksbegehren eintreten, verfassungswidrig durch Diszi­plinarverfahren verfolgt.

Aus fadenscheinigen Gründen und in klarer Verletzung der Verfassung werden Verbände aufgelöst, die die Bewe­gung des Volksbegehrens tragen, um damit das Volks­begehren selbst zu schädigen. Diese rechtswidrige Kampfes­weise wird nur das Gegenteil ihres Zweckes erreichen.

Lüge und Terror werden nur die Zahl derjenigen ver­stärken, die durch Eintragung in die Listen ihren sachlichen Willen und den Widerspruch gegen solche Kampfmethoden zum Ausdruck bringen.

Ich rufe die Deutschnationale Volkspartei auf, hierbei in vorderster Linie zu stehen.

Tragt Euch als erste in die Listen ein! Sorgt für Auf­klärung und Aufrüttelung in den noch nicht erreichten Kreisen! Ruht nicht, bevor alle, die nur irgend zugänglich sind, sich eingetragen haben! Laßt Euch nicht durch die Feigen und Gleichgültigen einschüchtern! Vor allem aber: Verhindert Sabotage und Saumseligkeit der Behörden! Geht rücksichtslos vor, wo verfassungswidriges Verhalten zur Kenntnis der Oefsentlichkeit kommt! Setzt jedem Terror entschlossenen Willen entgegen!

Geht mit dem Mut der Ueberzeugung und mit dem Vertrauen auf eine gerechte Sache in den Kampf! Wer in den nächsten Wochen versagt, macht sich mitschuldig an der weiteren Versklavung seines Volkes und kann vor den kommenden Geschlechtern nicht bestehen.

Dar Gebot der Stunde

Berlin, 16. Oktober. Unter dieser lleberschrift ver­öffentlicht dieBörsenzeitung" einen Artikel des oolks- parteilichen Vizepräsidenten des Reichstags von Kardorff, in dem es nach einer Kritik des Volksbegehrens, aber auch des Abwehrkampfes u. a. heißt:

Nach meinem Dafürhalten ist die Voraussetzung für die Annahme des Poungplanes eine durchgreifende Reform unserer gesamten Finanzgebarung und eine Reichsreform zugleich. Bringen wir unsere Finanzen in Ordnung und weisen wir unseren Gegnern nach, daß wir trotz sparsam­ster Wirtschaft nicht in der Lage sind, die uns auferlegten Forderungen zu erfüllen, so werden wir mit der Möglich­keit einer Revision des Poungplanes rechnen können. Treiben wir dagegen weiter diejenige unverantwortliche Finanzwirtschaft, die wir seit der Stabilisierung der Mark getrieben haben, und sagen wir dann unseren Gegnern, daß wir nicht mehr zahlen können, so wird die Folge die sein, daß man uns unter Kuratell, unter eine dette publique stellt.

Die Pflicht und die Aufgabe der Deutschen Volkspartei wird es sein, die bürgerlichen Parteien, die gewillt sind, positive Arbeit in diesem Sinne zu leisten, zu einer festen und engen Arbeitsgemeinschaft im Reichstage zusammen­zuschließen. Mit dem Augenblick, wo Volksbegehren und Volksentscheid der Vergangenheit angehören, wird man hoffen und erwarten müssen, daß auch die staatsbejahen­den Kreise der deutschnationalen Volkspartei bereit sein werden, sich an einer solchen Arbeit zu beteiligen, sei es in der Regierung, sei es in Form einer verantwortungs­bewußten Opposition. Nur ein geschlossenes Bürgertum wird seine berechtigten wirtschaftlichen Forderungen, sei es im Einvernehmen mit der Sozialdemokratie, sei es im Kampfe gegen sie, durchzusetzen vermögen. Ein sich gegen­seitig befehdendes Bürgertum wird bei jeder Auseinan­dersetzung mit der Sozialdemokratie den kürzeren ziehen.

Wer die einzelnen bürgerlichen Parteien kennt, wird mir Recht geben, wenn ich sage, daß die Gegensätze zwischen ihnen in den maßgebenden wirtschaftlichen und politischen Fragen keine unüberwindlichen Hindernisse für eine posi­tive Zusammenarbeit mehr bieten.

Die Pflicht und die Aufgabe der Deutschen Volkspartei wird es sein, die Führung zu übernehmen und alle die­jenigen Parteien zu einer festen Arbeitsgemeinschaft zu­sammenzuschließen, die gewillt sind, die bessernde Hand an unsere Reichsverfassung und unsere Finanzgebarung zu legen.

Zusammenfassend möchte ich jagen: Deutschlands Schicksal ist unser aller Schicksal; es geht um unsere und des Reiches Zukunft. Darum schließet die Reihen! Das ist das Gebot der Stunde.

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Baden-Baden, 14. Okt. Sowohl der Organisationsausschuß der Bank für den internationalen Zahlungsausgleich, als auch das Redaktionskomitee, das die Festlegung der Bankstatuten zu be- arbeiten bat, haben heute mehrere Sitzungen abgehalten, und zwar befaßte sich der Organisationsausschuß, soweit seine Mit­glieder nicht im Redakitonskomitee beschäftigt sind, weiterhin mit der Frage der Abgrenzung der Tätigkeitsgebiete und Voll­machten des Präsidenten des Direktoriums (Verwaltungsratl und des Generaldirektors. Dabei bat sich mehr und mehr die Auffassung herausgebildet, daß die Politik der Bank in die Hände des Präsidenten des Verwaltungsrats zu legen sei, wo-