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Uirmmev 237

ALterrsteig» Mittn-srh -err 9. OUtsver: 1929

53. Jahrgang

Me ich MM wurde

Von General Primo de River a.

(Aus einem Interview.)

Wer glaubt, daß der Diktator Spaniens in einer gut geschütz­ten Burg wohnt, täuscht sich gewaltig, llm vier Uhr habe ich eine Unterredung mit demPräsidenten", wie man ihn im Laude gewöhnlich nennt. Im Kriegsministerium fragt man mich gar nicht, wohin ich gehe. Nach einigen Minuten des Wartens im Audienzzimmcr öffnet sich eine Tür, und ich stehe Primo de Rivera gegenüber. Der Diktator ist ein jovialer, etwas korpu­lenter Herr; als er mir seine Hand gab, fühlte ich mich gau» zuhause in diesem großen Saal, seinem Arbeitszimmer, an des­sen Wände große Karikaturen hängen, die den Diktator in ziem­lich komischer Weise spiegeln keine Pose, weder im Menschen noch in der Zimmereinrichtung.

Erst sprechen wir über Politik, dann aber bitte ich den Dik­tator, über sich selbst zu erzählen. Primo de Rivera zündet sich eine Zigarre an und beginnt langsam und nachdenklich:

Mein Vater war ein hoher Offizier im Generalstab, aber er bat sich in noch verhältnismäßig jungem Alter von der mili­tärischen Laufbahn zurückgezogen und sich ganz der Landwirt­schaft gewidmet. Er wohnte auf seinem Besitze Jerez, wo er 1898 nach reich erfülltem Leben gestorben ist. Meine Mutter stammte aus einer vornehmen und reichen Familie derselben Eegeird. Ich habe den Titel Marquis de Estella geerbt und wurde haupt­sächlich von meinem Onkel Don Fernando erzogen. Er hatte einen sehr großen Einfluß auf mich und da er Kriegsminister und ein guter Soldat war, der sich mehrfach ausgezeichnet hat, konnte ich in seiner Nähe nicht nur militärisch, sondern auch politisch viel sehen und lernen. Als Soldat habe ich Gelegenheit gehabt, für mein Land zu kämpfen, und ich bin stolz darauf, daß ich manchmal zum Schutz des spanischen Reiches beisetragen habe.

Wie ich Diktator wurde? Ich konnte die unmögliche Lage meines, von Parteien zerfetzten und in passiven Zustand gera­tenen Vaterlandes nicht nicht mehr mit ansehen. Jeder denkende Mensch mußte damals, in den Wirren der Nachkriegszeit, ein- sehen, daß nur die Tat helfen konnte. Daß die Diktatur eine Notwendigkeit war, zeigt, dab man nicht von einemMarsch auf Madrid" reden kann. DasDiktator werden" war die ein­fachste Sache von der Welt: ich bin in Barcelona in den Zug gestiegen und nach Madrid gefahren; die Regierung wagte kei­nen Augenblick Widerstand zu leisten, und so wurde ich Dikta­tor. Das ist in knappen Umrissen mein Werdegang.

Jeden Tag stehe ich um 8 Uhr auf. Morgens lese ich die Akten und Zeitungen im Kriegsministerium und empfange die Mini­ster und andere hohe Beamt«. Manchmal schreibe ich auch einen Zeitungsartikel, da ich weiß, wie ungeheur grob der Einfluß der Presse ist. Man kann die Leute durch das gedruckte Wort viel stärker beeinflussen, als durch Hunderte von Reden. Daun nehme ich mein Mittagessen ein, ohne Fleisch und ohne Wein; nur auf Banketten pflege ich Wein zu trinken. Nach einer kleinen Siesta fange ich nachmittags meine Arbeit wieder an. Und wenn ich am Abend eine Einladung annehme, bin ich gezwungen, auch die Nacht für meine Arbeiten zu Hilfe zu neh­men. Selbstverständlich mußte ich während der ersten Zeit der Diktatur Tag und Nacht mit nur ganz kurzen Unterbrechungen schaffen.Jetzt geht es schon etwas besser" lächelte Primo de Rivera.Ich habe fast immer in meinem Leben viel gearbeitet, da ich wenig Vermögen besitze. Ich habe keine groben Leiden­schaften; meine größte ist das Reiten, denn ich liebe die Pferde sehr."

Aber erlauben Sie, Herr Präsident", fragte ich,wie können Sie es dann dulden, daß in den blutigen Corridas die wehr­losen Pferde von den wütenden Stieren aufgerissen werden?"

Die Loridas ist eine tief im spanischen Volk eingewurzelte Gewohnheit, die viele Schönheiten zeigt und die Möglichkeit zu grandiosen gesellschaftlichen Festen gibt. Was aber die Pferde anüelangt, so habe ich schon seit Jahren Schutzmaßnahmen tref­fen lassen und befohlen, dab die Pferde ein Schutzband tragen müssen. So kann man viele Unfälle vermeiden. Alle Schön­heiten der Welt liebe ich sehr, und besonders interessiere ich mich für die bildenden Künste. Den Bildhauer Benlliure schätze ich sehr hoch und den groben Tenor Fleta zähle ich zu meinen persönlichen Freunden.

Und was denken Sie, Herr Präsident, von den spanischen Frauen?"

Die spanischen Frauen? Sie sind ausgeglichen und fest. Und he bilden ein im politischen Leben außerordentlich wichtiges Element. Denn mit ihrer Ruhe können sie die Männer von ge­fährlichen Ausschreitungen zurückhalten. Ich war es, der den Frauen den Eintritt in das politische Leben sicherte."

Und wie sehen Sie de« weiteren Verlauf der Diktatur?"

Ich betrachte die Diktatur nur als Uebergangsveriode. Hier, und dabei zeigte er auf ein Heft, das auf seinem Schreibtisch liegtdas ist die neue spanische Verfassung, die ich einer Volksabstimmung unterziehen werde. Im Ausland denkt man vielfach, daß die spanische Diktatur etwas Terroristisches in sich birgt. Sie können sich überzeugen, dab dies nicht der Fall ist. Eie ist nur die Vorbereitung einer neuen und kraftvolleren na­

tionalen Arbeit sowohl im Interesse Spaniens, wie auch im Interesse der Zusammenarbeit aller Völker."

Eine Ordonnanz kommt, und meldet, daß der französische Bot­schafter den Herrn Präsidenten sprechen möchte. Ich nehme Ab­schied von diesem großen Soldaten, der der demokratischste aller Diktatoren ist. Man kann über Diktatur denken, was man will, aber eines muß man feststellen: Primo de Rivera hat nur den Ehrgeiz, aufrichtig und ehrlich für das Wohl seines Landes zu arbeiten. Im Fortgehen bekomme ich noch sein Wohnzimmer zu sehen: Er bewohnt ein einfaches, ziemlich schlicht ausgestattetes Zimmer im Kriegsministerium. Wenn man an die luxuriösen Paläste mancher Minister demokratischer Staaten denkt, so wird man überzeugt, dab es im Leben nicht auf die Systeme, sondern auf die einzelnen Persönlichkeiten ankommt.

Mkdomld im Merikmischen Senat

Washington, 8. Okt. Der englische Ministerpräsident Mac- »onald stattete dem Kongress einen Besuch ab und wurde in den vollbesetzten Senat geleitet. Die Tribünen waren dicht gefüllt, »er französische Botschafter saß in der Diplomatenloge. Als Macdonald eintrat, wurde er durch langanhaltendes Hände­klatschen gefeiert. Vizepräsident Lurtis begrüßte Macdonald »urch eine Ansprache, in der er u. a. sagte, er erhoffe Fort­schritte in der Flottenfrage von diesem Besuche. Macdonald »ankte für das Willkommen und erklärte, er finde viele ge­neinsame Züge n: oen Parlamenten der Vereinigten Staaten rnd England und er wundere sich darüber, dass die Verftändi- gmrg Mischen den beiden Ländern so lange verzögert wurve. Er sei hier, um Missverständnisse auszurotten. Weder Groß­britannien noch die Vereinigten Staaten von Amerika würde» z ein Bündnis abschließen, das sich gegen ein anderes Volk oder s gegen eine Gruppe von Akationen richtete. Man müsse jetzt i nach der Friedensarüeit sehen, nachdem Kellogg und Briand ! den historischen Pariser Friedenspakt geschaffen hätten. Wea ! er in diesem Zusammenhänge noch nennen wolle, sei Gustav ! Stresemanu. Ein stiller, starker, heldenhafter Kämpfer für die Friedenssache, der, im Auslande und in der Heimat von Fein­den umgeben, für Deutschland und die Weltbefriedung sehr ge- Wmpft habe. Er wolle durch die Erwähnung der grossen Ver­dienste Stresemanns an dieser Stelle gleichsam einen Kranz auf sein Grab legen. Die Rede, der minutenlanges Klatschen folgte, hinterließ einen tiefen Eindruck.

Di« englisch-amerikanischen Boroereinbarungen zur Flottenfrage London, 8. Okt. lieber die an die Vereinigten Staaten, Frank­reich, Italien und Japan ergangenen Einladungen zu einer Seeabrüstungskonferenz meldet Times: Das Dokument enthält ungefähr 1900 Worte. Zu Beginn werden die Punkte aufgezählt, in denen die Regierungen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten im Laufe der Besprechungen zwischen Macdonald und General Dawes zu einer vorläufigen Verständigung gelangt ist. Danach besteht Einigkeit darüber erstens, daß die gegenwärtigen Verhandlungen das Ergebnis und die direkte Fortsetzung des Kriegsverzichtspaktes (Kelloggpakt) find. Zweitens, dass der Grundsatz der Parität der Flottenfrage für alle Kriegsschiff­klassen akzeptiert wird, die nicht durch den Washingtoner Vertrag erfasst werden und dass die Parität am 31. Dezember 1936 er­reicht sein soll. Drittens, dass es wünschenswert ist, auch die Frage einer Revision der Dienstzeit von Schlachtschiffen auf- zuwerfen, um die Durchführung des vollen Ersatzprogramms zu vermeiden, das dem Washingtoner Vertrag von 1922 vorgesehen ist. Viertens, daß beide Regierungen der Ansicht find, dass ll-Boote völlig abgeschasst werden sollen, daß aber diese Maß­nahme nicht ohne Zustimmung aller beteiligten Mächte durch­geführt werden kann.

Einzelheiten

zur Schiffskalastrophe des Haako«

35 Mensche» «mgekomme«?

Oslo, 8. Okt. Da die Liste der Passagiere, die sich zur Zeit des Unglücks aufHaakon VII." befanden, bei der Katastrophe verloren ging, liegt noch keine genaue Aufstellung über die Zahl der llmgekommenen vor. Man muß jedoch jetzt mit der Wahrscheinlichkeit rechnen, dass 35 Mensche« ihr Leben verloren haben, darunter 9 Mitglieder der Besatzung. Die Katastrophe ereignete sich dadurch, dass das Schiff auf ein Riff auffuhr. Der Anprall war so heftig, dass der Kapitän, der sich auf der Kom­mandobrücke befand, ins Meer geschleudert wurde. Er wurde später ermattet gerettet. Die Passagiere stürzten, teilweise in Nachtgewändern, an Bord. Einer der überlebenden Passagiere äußerte, daß von einer eigentlichen Panik nicht die Rede sein könne, denn der ganze Vorfall hätte sich so schnell abgespielt, dass, ehe man richtig zur Besinnung kam, der Dampfer mit Ausnahme des Vorschiffes bereits gekentert war. Mannschaft und Passagiere sprangen in die See oder krochen nach vorn. Es glückte schließlich dem Bootsmann, eine Leine vom Schiff nach einem Felsenriff zu spannen. Rach und nach sammelten sich dann etwa 50 Menschen auf dem Riff an, wo sie ungefähr vier Stun­de« in strenger Kälte zubringen mußten, bis sie von dem "St. Lucar" gerettet werden konnten.

Neues vom Tage

Innenminister-Konferenz

Berlin, 9. Oktober. Heute vormittag 10 Uhr treten im Reichsinnenministerium die Innenminister der deutschen Länder, begleitet von den ständigen Berliner Bevollmäch­tigten der Länder, zu einer Konferenz zusammen, auf der die schwebenden politischen Fragen erörtert werden. Man darf, so bemerkt dasTageblatt", wohl annehmen, daß zu diesen Fragen u. a. auch das Volksbegehren, das Republik­schutzgesetz und die Bombenattentate in Schleswig-Holstein gehören.

Reichsminister Severing über alle deutschen Sender

Berlin, 9. Oktober. Auf amtliche Veranlassung erfährt das Programm der Berliner Funkstunde heute, Mittwoch, den 9. Oktober, eine Veränderung. In der Zeit von 19 Uhr bis 19.25 Uhr spricht Reichsminister des Innern Severing überDas Volksbegehren". Der Vortrag wird von sämt­lichen deutschen Sendern übernommen.

LautDeutscher Allgemeiner Zeitung" ist der Vortrag des Reichsinnenministers Severing nur der erste in einer Reihe von sechs Vorträgen über das Volksbegehren, die von Vertretern der Reichsregierung und der preußischen Staatsregierung auf der Deutschen Welle gehalten und auf alle Sender des Reiches übernommen werden sollen.

Neue Mittel für die produktive Erwerbslofenfürforge Berlin, 8. Okt. Wie dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverlegsr in parlamentarischen Kreisen erklärt wird, wird es eine der demnächst zu lösenden Haupt­aufgaben des Reichstages sein, für den bevorstehenden Win­ter Mittel für die Aufrechterhaltung der produktive« Er- merbslosenfiirsorge zu schaffen. Der zuletzt bereitgestellte Betrag von 77 Millionen ist völlig erschöpft. Da mit einem Steigen der Erwerbslosigkeit in der üblichen Art für den Winter zu rechnen ist, wird die Schaffung eines neuen Fonds als eilige Ausgabe betrachtet. Die Verhandlungen darüber schweben auch schon seit einiger Zeit. Es wird sich einmal darum handeln, rund 30 Millionen durch einen Nachtragsetat für das laufende Geschäftsjahr freizumachen und darüber hinaus im Wege des Vorgriffes auf das Etatsjahr 1930 bis 1931 andere Beträge zu erhalten. Vor allem denkt man auch an den Vau von Landarbeiterwoh­nungen durch die produktive Erwerbslosenfürsorge.

Selbstmoro im Reichsentschädigungsamt Berlin, 8. Okt. Eine aussehenerregende Szene spielte sich heute nachmittag gegen 13.30 Uhr im Reichsentschädigungs­amt in der Rheinstraße in Friedenau ab. Dort war ein Auslandsdeutscher von den Beamten mit seinen Ansprüchen abgewiesen worden. In diesem Augenblick hatte der Betref­fende einen Revolver gezogen und sich damit einen tödlichen Schuß in den Kopf beigebracht. Es handelt sich um einen Fuhrunternehmer Krame! aus Bad Wildungen.

Die Erschießung eines Deutschen in Wackersheim Zu dem Zwischenfall auf dem Flugplatz Wackersheim in der Pfalz^ wo ein französischer Posten einen obdachlosen, der am Anruf nicht stehengeblieben war, erschossen hat, erfahren wir von unterrichteter Seite, dab die französischen Behörden bei den deutschen Stellen ihr Bedauern über den Vorfall ausgesprochen haben.

Ein Schmuggler auf der Flucht erschossen Hof, 8. Okt. Wie aus Arzberg gemeldet wird, wurde unweit von Arzberg an der bayerisch-tschechoslowakischen Grenze von ei­nem Gendarmen ein Schmuggler überrascht, als er eben im Be­griff war, Waren aus der Tschechoslowakei nach Deutschland zu schmuggeln. Der Festgenommene, ein 21jähriger Josef Stecker aus der Tschechoslowakei, unternahm sofort einen Fluchtversuch. Obwohl er von dem Beamten sofort wieder gefaßt wurde, ver­suchte er gleich darauf zum zweiten Male zu fliehen. Als er auf den Anruf des Beamten hin nicht Halt machte, gab dieser zu­nächst einen Schreckschuß ab, der erfolglos blieb. Der Beamte seuerte darauf einen scharfen Schub ab. Der Schmuggler wurde tödlich verletzt. Seine Leiche wurde nach Arzberg gebracht.

Ein Hirsch verursacht ein schweres Autounglück In der Nacht zum Montag sprang ganz unvermittelt ein star­ker Hirsch aus dem Staatswald auf die Landstraße zwischen öchwallungen und Wasungen a. d. Werra gerade in dem Augen­blick, als das mit drei Personen besetzte Automobil des Kauf- nanns Hermann Landgraf aus Wasungen mit grosser Geschwin- »igkeit die Straße passierte. Der Zusammenprall war furchtbar; »er Kraftwagen überschlug sich und tötete den 27 Jahre alten Lehrer Weibrecht aus Wasungen. Der 30jährige Fabrikdirektor Fritz Schneider erlitt einen doppelten Schädelbruch und starb ruf dem Transport ins Krankenhaus. Der Besitzer des Mä­zens brach beide Beine und trug ausserdem schwere innere Ver­letzungen davon.