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Urrmmer 220 j

ALtensteig» Donnerstag den 10. September 1920

52. Jahrgang

Die Saar mutz frei werden!

Schwierige Verhandlungen in Paris

Die Position Frankreichs im Saargebiet ist endgültig ver­loren diese Erkenntnis dringt immer mehr in das Be­wußtsein der Franzosen ein. Vor wenigen Tagen hat die französische Liga für Menschenrechte einen Bericht über die von ihr im Saargebiet veranstaltete Untersuchung veröf­fentlicht. Sie kommt dabei zu dem Schluß, daß die französi­sche Politik im Saargebiet vollkommen Schiffbruch erlitten hat. Alle Hoffnungen, die Frankreich vor zehn Jahren bei der Besetzung des Saarlandes beseelt haben, sind seit lan­gem begraben. Die französischen Eroberer gingen so eifrig an ihr Annexionswerk, daß das Versagen um so verblüf­fender ist. Wenn es noch vor einigen Jahren jenseits des Rheins Menschen gab, die allen Ernstes mit der Möglichkeit einer dauernden und endgültigen Annexion des Saarge- ÄeiS rechneten, so kann heute kein geistig Gesunder daran Klauben. Die Stimmung im Saargebiet ist so eindeutig, daß stlbft die rücksichtslosesten französischen Nationalisten und Chauvinisten sich keinen Illusionen darüber hingeben kön­nen.

Laut den Bestimmungen des Versailler Vertrags müßte das Saargebiet bis zum Jahre 1935 in den Händen der Franzosen bleiben. Dann sollte die Volksabstimmung über das weitere Schicksal des Saarlandes entscheiden. Drei Mög­lichkeiten sind dabei vorgesehen: Anschluß an Frankreich, Wie­derkehr zu Deutschland oder Bildung eines unabhängigen Staates. Welche von diesen drei Möglichkeiten die beste Lhance hat, liegt bereits heute fest: Einmütig verlangt die Saarbevölkerung die Rückkehr zu der großen deutschen Hei­mat. Es liegt im eigenen Interesse Frankreichs, eine Saar- abstimmung zu vermeiden. Denn eine solche Abstimmung würde eine ungeheure Blamage für Frankreich bedeuten. Je früher die Franzosen das Saargebiet verlassen werden, umso weniger beschämend wird der Abzug für sie sein.

Die politische Seite der Saartäumung ist hiermit völlig geklärt. Frankreich hätte, rein politisch betrachtet, nur dann an einen weiteren Verbleib des Saarlandes gelegen sein können, wenn die Aussicht auf dauernden Verbleib des Caargebiets in französischen Hände bestünde. Da aber diese Aussicht nicht vorhanden ist, und da andererseits das Si­cherheitsproblem in Bezug auf das Saarland zum Un­terschied vom Rheinland nie eine große Rolle gespielt hat, hat Frankreich in die Saarverhandlungen eingewilligt, die nunmehr in Paris beginnen.

Die eigentliche Schwierigkeit dieser Verhandlungen liegt auf wirtschaftlichem Gebiet. Das Saarland wurde aus Grund des Versailler Diktats den Franzosen übergeben als Ersatz für die Zerstörung der Kohlengruben in Nordfrank­reich und in Anrechnung auf den Vertrag der völligen Wie­dergutmachung an Kriegsschäden, die Deutschland schuldet. Die Eigentumsrechte auf die Saargruben find dadurch an Frankreich übergegangen, wobei Deutschland für den Fall der Wiedervereinigung des Saarbeckens mit dem Mutter­lands diese Eigentumsrechte zurückkaufen kann.

Der erste große Kampf wird sich bei der Festsetzung der Nückkaufsumme abspielen. Vor einigen Jahren hat Frank­reich den Preis für die Saargruben aus 200 Millionen festgesetzt. Damals war Frankreich an einer möglichst nied­rigen Summe interessiert, da dieser Betrag von dem fran­zösischen Reparationsguthaben in Abzug gebracht werden sollte. Heute würde Frankreich selbstverständlich suchen, mög­lichst viel für sich herauszuschlagen. Es kommt nun hinzu, daß Frankreich, wie aus den Aeußerungen der französischen Presse unzweideutig hervorgeht, noch eine Sonderentschädi- gung verlangen will, eine Sonderentschädigung für den Fortfall der Vorteile, die Frankreich aus der Ausbeutung der Saargruben bis zum Jahre 1935 ziehen könnte. Nun ist dazu zu sagen, daß diese Vorteile recht gering sind, weil die französische Verwaltung der Saargruben im letzten Jahre nur 1,25 vom Hubert Gewinn herausholen konnte, was erbärmlich wenig ist etwa im Vergleich zu dem Gewinn aus der Ausbeutung der lothringischen Gruben. Daß auch hier ein großer Kampf unvermeidlich ist, unterliegt keinem Zweifel.

Was den deutschen Standpunkt anbetrifft so erscheint es hem gesunden Rechtsempfinden jedes Menschen schon eigen­artig genug, daß das Deutsche Reich sein ihm gewaltsam entrissenes Eigentum nun noch für schweres Geld zuriickkau- sen muß. Darin ist eine der Ungerechtigkeiten und Unge­heuerlichkeiten des Versailler Vertrages zu erblicken, an denen es dort bekanntlich nicht fehlt. Es ist traurig und zu­gleich erniedrigend genug, daß Deutschland seinen ehemali­gen Kriegsgegnern für ein Stück deutscher Edde Geld bezah«

len muß. Indessen ist die möglichst baldige Befreiung der Saar eine Forderung, auf die Deutschland auf keinen Fall verzichten kann. Deshalb werden die Saarverhandlungen in Paris von der deutschen Oeffentlichkeit mit der größten Auf­merksamkeit verfolgt. Wird es dort zu einer Einigung kom­men? Das ist eine Frage, von deren Beantwortung die Weiterentwicklung deutsch-französischer Beziehungen in er­heblichem Maße abhängt.

Hamburg ehrt Sr. Eckener

Hamburg, 18. Sevt. Unter starker Anteilnahme der Hambur­ger Bevölkerung wurde heute nachmittag um 5 Uhr Dr. Hugo Eckener im Kaisersaal des Hamburger Rathauses empfangen. Der Rathausplatz war mit Tausenden von Menschen dicht be­setzt, die Eckener mit Hochrufen und Händeklatschen begrüßten.

Im Kaisersaal hielt Bürgermeister Dr. Roß eine Begrüßungs­ansprache. Er erinnerte an die tatkräftige Hilfe Albert Ballins nach dem schwarzen Tag von Echterdingen und wie die damals geschlossene Freundschaft zwischen Sapag und Graf Zeppelin heute noch fortbestehe zwischen dem ältesten und dem jüngsten Ueberseeverkehrsmittel. Und daß wir wieder Anseben in der Welt erlangt haben, sei nicht zum wenigsten Dr. Eckener zu dan­ken. Deutsche Wissenschaft, deutsche Technik und Arbeit und deut­sche Organisation hätten wieder Einfluß auf die Welt genom­men. Sie haben die Welt kleiner gemacht: daß Ihre Tat die Menschen größer macht.Möge die ganze Welt die vollbrachten Leistungen desGraf Zeppelin" als eine Sicherung des Frie­dens empfinden. Der Senat, der sich bewußt ist, daß alle äuße­ren Zeichen des Dankes und der Verehrung verblassen müssen vor dieser Tat, möchte Ihnen doch als ein sichtbares Zeichen seiner Hochschätzung und Verehrung seine Ehrendenkmllnze in Gold überreichen, die im Jahre 18S3 gestiftet wurde und die bisher nur 24 Inhaber aufweist." Der Bürgermeister schloß seine Ansprache mit einem dreifachen Hoch auf Dr. Eckener, seine Mit­fahrer und Helfer.

Dr. Eckener dankte für die ihm zuteil gewordene Ehrung. Er schilderte dann die ungeheure Arbeit, die in der Weltfahrt von seinen Helfern geleistet worden sei und dankte mit besonders warmen Worten der Hamburger Seewarte, die gerade in den Gebieten, in denen derGraf Zeppelin" von aller Welt so gut wie abgeschnitten war, die allerbesten Dienste geleistet habe. Die Weltfahrt sei nicht nur von Bedeutung wegen der Flusleistung an und für sich, sondern auch deswegen, weil man die mete­orologischen Bedingungen über allen Erdteilen und in allen Luftschichten zu erforschen hatte. Dr. Eckener betonte schließlich, daß man auch weiterhin nur Schritt für Schritt vorwärts ge­hen und sich auf keine gewagten Experimente einlassen werde. Zu dem moralischen Erfolg, den derGraf Zeppelin" als Wer­ber für Deutschland ohne Zweifel errungen, möge auch der poli­tische Erfolg binzutrcten, damit wir bald wieder den Platz er­obern den wir einst inne gehabt haben. Dr. Eckener beschwor zum Schluß seiner Ansprache das deutsche Volk seinen kräftigen nationalen Willen wieder lebendig werden zu lassen.

Dr. Eckener Ehrenmitglied der Hamburg-Amerika-Linie Hamburg, 18. September. Heute abend gab die Ham- burg-Amerika-Linie im kleinsten Freundeskreis zu Ehren von Dr. Eckener ein Essen im Uhlenhorster Fährhaus, bei dem Geheimrat Cuno herzliche Worte für Dr. Eckener und sein großes Werk fand. Eeheimrat Cuno führte u. a. aus: Der Name Eckener und die Weltfahrt sind für immer ein Ruhmesblatt der deutschen Geschichte, haben Zweifel und Unglauben an dem Werk des alten Grafen Zeppelin end­gültig gebrochen und den Weg zu aussichtsvoller Zukunfts­entwicklung freigelegt. Das größte an der Tat ist, daß sie unser ganzes Reich zu einstimmiger Bewunderung zusam­mengeführt und die Völker der Erde in Anerkennung deut­schen Könnens vereinigt hat. Daß die Hamburg-Amerika- Linie zu einem bescheidenen Anteil an dem Gelingen hat beitragen dürfen, ist ihr Stolz. Eeheimrat Cuno über­reichte dann Dr. Eckener die Ehrenkarte, die ihn und seine Gattin berechtigt, die Schiffe der Hamburg-Amerika-Linie stets als East zu benutzen.

Dr. Eckener erwiderte: Nehmen Sie meinen herzlich­sten Dank für dieses wertvolle Geschenk entgegen. Ich hoffe sehr, daß ich Zeit und Muße finden werde, häufig von die­ser Ehrenkarte Gebrauch zu machen. Es bedeute für den Luftschiffbau eine moralische Stütze, mit einer Gesellschaft von Weltruf, wie die Hamburg-Amerika-Linie, Hand in Hand arbeiten zu können. Zum Schluß trank Dr. Eckener darauf, daß das gemeinschaftliche Zusammenarbeiten von Hapag und Zeppelin seine Früchte tragen werde.

Abreise Dr. Eckeners von Hamburg Hamburg, 18. September. Dr. Eckener ist heute abend mit dem Baseler D-Zug nach StuttgartFriedrichshafen abgereift. Das Vorstandsmitglied der Hapag, Dr. Leisler-

Kiep gab ihm'das Geleit zum Bahnhof. Da die Abfahrt nicht bekannt geworden war, hatte sich auf dem Bahnsteig nur weniges Publikum eingefunden, das Dr. Eckener bei der Abfahrt des Zuges zujubelte.

llm rar Vokr-egehm

Berlin» 18. Sept. Die Sitzung des Reichsausschusses fiir das Volksbegehren ist auf den 21. September festgesetzt worden. Eeheimrat Hugenberg wird nach Berlin zurück kehren, um persönlich die Verhandlungen wegen der Abände­rung des Volksbegehrens zu führen. Laut Deutscher Allge­meiner Zeitung hat sich nunmehr auch der Stahlhelm de» Protest des Reichslandbundes und der ChristlichnationaleW Bauernpartei gegen den Paragraph 4 des Volksbegehrens! ««geschlossen. Die Nationalsozialisten verharren ihrerseits! ultimativ auf der Beibehaltung des umkämpften Para« graphen. Für den 20. September sind Beratungen zwischen den führenden Persönlichkeiten der Deutschnationalen Parck tei über die Lage vorgesehen.

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Kein Einspruch des Stahlhelm gegen den Paragraph 4 deM Volksbegehrens

Berlin, 18. Sept. Die Meldung, daß der Stahlhelm sich dem» Protest des Reichslandbundes und der christlichnationalen Bau» ernpartei gegen den Paragraph 4 des Volksbegehrens ango- schlossen habe, wird vom Bundesamt des Stahlhelms für falschs erklärt. Auf die nachträgliche aus dem Reichslandbund und dep christlichnationalen Bauernpartei gegen den Paragraph 4 vor» gebrachten Bedenken hin hat, so heißt es in der Mitteilung! weiter, der Stahlhelm lediglich darum gebeten, daß das Prä­sidium des Reichsausschusses noch einmal Zusammentritt, damiö diese Bedenken in sachlicher Beratung ausgeräumt werden. Dem Antrag des Stahlhelms ist sofort entsprochen worden.

Der Reichslandbnnd geschlossen dem Reichsausschnß Br da» Volksbegehren beigetreten :

Berlin, 18. Sept. Das Hauptbüro des Reichsausschusses für? das deutsche Volksbegehren teilt mit, daß der ReichslandbundH der durch seine Präsidenten und maßgebenden Persönlichkeit«« im Reichsausschuß seit der Gründung vertreten war, nunmehr- auch als Körperschaft dem Reichsausschuß für das deutschst Volksbegehren beigetreten ist. '

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Der Text des Volksbegehrens

Berlin, 19. September. Wie der demokratische Zei­tungsdienst von gut unterrichteter Seite erfährt, stammt die Fassung des Volksbegehrens, vor allem auch der K 4, von Hugenberg selbst.

Der demokratische Zeitungsdienst schreibt u. a.: Nach­dem Hugenberg seine Formulierung fertig gestellt hatte, ist er ins Benehmen mit Hitler und Seldte getreten. Nach­dem sich Geheimrat Hugenberg der Zustimmung dieser bei­den Herren versichert hatte, ist er dann erst an. die deutsch­nationale Reichstagsfraktion herangetreten.

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Berlin, 18. Sept. Im Reichstage fand die interfraktionelle Besprechung der Führer und der Sozialpolitiker der Regie» rungsparteien über die Reform der Arbeitslosenversicherung- statt. Vom Reichskabinett nahmen Reichsarbeitsminister Wis­sel!, Reichsfinanziminister Dr. Hilferding, Reichsinnenminister Severing und der Reichsminister für die besetzten Gebiete Dr. Wirth an den Verhandlungen teil, von der sozialdemokratischen Partei die Abgeordneten Breitscheid und Wels, vom Zentrum Perlitius, von der Volksvartei Dr. Scholz, von den Demokraten Dr. Haas, für die Bayerische Volkspartei Prälat Leicht, sowie der Vorsitzende ds sozialpolitischen Ausschusses, Esser. Außer­dem waren anwesend die sozialpolitischen Sachverständigen der Fraktionen. Den Vorsitz der Besprechungen führte Dr. Wirth als der zurzeit älteste in Berlin weilende Reichsminister.

Nach Beendigung der interfraktionellen Besprechungen trat im Reichstag der Vorstand der sozialdemokratischen Fraktion zu­sammen, um sich von seinen Unterhändlern über das Ergebnis der Besprechungen Bericht erstatten zu lassen. Der Vorstand be­schloß, die sozialdemokratische Reichstagsfraktion für Freitag nachmittag einzuberufen.

Christlicher Gewerkschaftskongreß

Bei der Tagung in Frankfurt wurde zur Arbeitslosenver­sicherung folgende Entschließung einstimmig angenommen:

Der Kongreß weist die unberechtigten Angriffe der Gegner der deutschen Sozialpolitik gegen die Arbeitslosenversicherung entschieden zurück. Dadurch hervorgerufene Beunruhigung der Arbeiterschaft veranlaßt den Kongreß, die schnellste Verabschie­dung der Vorlage zur Reform der Arbeitslosenversicherung durch die gesetzgebenden Körperschaften zu fordern. Alle Abbaubestre­bungen sind entschieden zuriickzuweisen. Der Notlage der Kurz-