Anzeiger für die Bezirke Nagold. Ealw u. Sreadenftadi — Amrklatt sär den Bezirk Nagold». Menpeig-Siadt
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Alten steig. Samstag den 14. Septernvee 1929
52. Jahrgang
Me WinlNdrSuiillW Hai begonnen
Königftein, die erste «cu befreite Stadt Der erste Ort, der auf Grund der Vereinbarungen im Haag geräumt wird, ist Königstein im Taunus, das die Engländer «m 14. September verlassen. Diesen Tag, dieses Ereignis zu feiern, liegt für uns keine Veranlassung vor. Im Gegenteil, es ist vielmehr ein Augenblick schmerzlichen Gedenkens an all die vorangegangenen Jahre des Leidens, die hinter uns liegen, «m wenig erfreulicher Ausblick auf die kommende Zeit, von der jemand weih, was sie uns Deutschen noch bringen wird. Aber wenigstens ein freudiger Gedanke erfüllt uns: endlich werde» Meder Teile deutschen Landes von der Besatzung frei! Die Hesseln, die uns durch den Versailler Vertrag und die zahllosen danach getroffenen weiteren Bestimmungen auferlegt worden And, werden zwar kaum gelockert, aber wir nähern uns nun wenigstens dem Ziel, um das wir so lange gekämpft haben, dag kein fremder Soldat mehr auf deutschem Boden ist.
Königftein, der Kurort im Taunus, der jährlich von Tausenden von Kurgästen besucht wird, wird dadurch in der Welt- ! -eschichte Aufnahme finden daß mit seiner Räumung der endgültige Abzug der Engländer und hoffentlich auch bald aller anderen Truppen beginnt. Es liegt 420 Meter über dem Meeresspiegel, in dem romantischsten Teile des Taunusgebirges. Obwohl es noch nicht einmal 3000 Einwohner hat, wird es jährlich von 6000 bis 7000 Kurgästen besucht. Es ist umgeben von großen Laub- und Nadelwaldungen, die einen besonders günstigen Einfluß auf das Klima ausüben. Seinen Namen hat dn Ort von der Bergfestung Königstein, die auf dem Burgberg lscht. Im Jahre 1100 wird die Bergfeste Königftein zum ersten- M erwähnt Sie stammt schon aus der Römerzeit, war dann eine ehemalige Reichsburg und wurde zu Ende des 18. Jahrhunderts von den Preußen, später von den Franzosen belagert Md eingenommen. Diese schleiften die Festung im Jahre 1746, oder noch heute macht sie als Ruine einen imposanten und zugleich malerischen Eindruck. Es versteht sich fast von selbst, daß Königstein dank seiner Lage zu einem beliebten Winterkurort geworden ist. Rodelbahnen, Eislaufbahncn, ein sehr gutes Skigelände bieten beste Gelegenheit für alle Wintersportarten. Besonders beliebt sind Schlittenfahrten in die verschneiten Wälder, die tatsächlich einen fast geradezu märchenhaften Eindruck vermitteln.
In der Nähe von Königftein sind bekannte Taunusberge wie der Feldberg (88l Meter), der Altkönig (738 Meter) und der Huchstanz. Die Großherzogin von Luxemburg besitzt hier übrigens ein eigenes Schloß Königftein hat jetzt zum Teil direkte Bahnverbindungen mit Frankfurt a. M. und Wiesbaden, von « aus es in einer knappen Stunde erreicht werden kann. Gleich zahlreichen anderen Orten, die seit 1918 von französischen, englischen und belgischen Truppen besetzt waren, dürfte auch König- ,stein sich von jetzt ab eines steigenden deutschen Besuches erfreuen. Königstein ist frei — wann wird es ganz Deutschland Pin?
3m Bombeirlegll-AWre
Verhaftungen in Mühlheim a. d. Ruhr Essen, i3. Sept. Im Zusammenhang mit der polizeilichen Untersuchung der Sprengstoffattentate in Schleswig-Holstein, Lüneburg und Berlin find am Mittwoch nachmittag in Mühlheim a. d. Ruhr drei Personen aus Ersuchen der zurzeit in Altona «eilenden Berliner Kriminalpolizisten festgenommen worden. 6s handelt sich hierbei um den Juwelier Fritz Rehling, den Kaufmann Kurt Rudorfs und den Konditor Anton Groß, sämtlich aus Mühlheim. Die drei Verhafteten hatten einer deutsch- Elischen Tagung in Rostock beigewohnt und von dort aus an ««„Polizeihauptmann" Nickel Kartengrüße gesandt, die in die Hände der Polizei gefallen waren. Sie bestreiten, mit den Ännbenattentaten irgend etwas zu tun zu haben.
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Die Geheimfabrik der Bombenattentäter Di« Vombengeheimfabrik in der Wohnung des Arbeiters Her- Art Mittelsdorf in der Wartenbergstrabe 69 in Lichtenberg, vier waren die Bomben für die zahlreichen Attentate in Nordwestdeutschland und am Reichstag angefertigt.
Weitere Verhaftung
Hamburg, 13. Sept. Wie der Polizeibericht meldet, wurden bei einer Durchsuchung in der letzten Nacht auf dem Anwesen des Vaters des in der Sprengstoffangelegenheit festgenommencn Landmanns Amandus Vick in Rönne (Kreis Winje») auf dem (
Hausboden folgende Waffen- und Munitionsoorräte gefunden: 2 Maschinengewehre. 28 Gewehre, 35 Stielhandgranaten u. a. Auch Amandus Vick senior wurde festgenommen.
Ein Schreiben Kapitän Ehrhardts
Berlin, 13. Sept. Der Polizeipräsident teilt mit: Am Nachmittag des 12. September erschien der der Mittäterschaft an den Bombenattentaten verdächtige Geschäftsführer Plaaß mit Ekm. Brief des Kapitäns a. D. Ehrhardt auf dem Polizeipräsidium und stellte sich zur Vernehmung. Nach Abschluß dieser Vernehmung wurde Plaaß, in dessen Wohnung bei der Durchsuchung eine Sprengkapsel und 174 Schutz S-Munition gesunde» worden sind, in Haft genommen.
In dem Schreiben macht Ehrhardt davon Mitteilung, daß er auf Grund der Pressenachrichten, die Ehrhardt und seinen Anhängerkreis mit den Bombenattentaten in Verbindung bringe», seine politischen Vertrauensleute zu einer Tagung berufen werde. Kapitän Ehrhardt protestiert weiter dagegen, daß die Polizei es nicht für erforderlich gehalten habe, der Presse eine Richtigstellung über seine Person oder die Tätigkeit in seinem Büro betreffend zuzustellen. Außer Techow und Ernst »sn Salomo» habe keiner der Verhafteten einer Ehrhardt-Organisation an- gehärt. Daß beide Genannten an dem Vombenattentat völlig unbeteiligt seien, stehe für den Verfasser des Schreibens fest. Im übrigen gehörten beide Herren schon seit längerer Zeit nicht mehr zu Ehrhardts Anhängerkreis. Kapitän Ehrhardt erklärt dann, daß eine Oganisation O.L. nie bestanden habe.
Aufgesundene Wasfenlager
Rach einer Meldung Berliner Blätter sind am Donnerstag spät abends umfangreiche Waffenlager in Altona und Umgebung beschlagnahmt worden. Es handelt sich um größere Posten Maschinengewehre, Gewehre und Handgranaten neuesten Modells.
Die Altonaer llntersuchungscrgebnisse in Berlin cingetroffen
Berlin, 14. September. Durch einen Beamten des Berliner Polizeipräsidiums sind der Abteilung In am gestrigen Tage die bisher in der Attentatsaffäre in Schleswig-Holstein aufgenommenen Vernehmungsprotokolle der dort verhafteten Personen übermittelt worden. Aufgabe der Berliner Kriminalpolizei ist es nun, durch Vergleich der Altonaer Protokolle mit den Ergebnissen der Berliner Verhöre festzustellen, ob sich daraus belastendes Material gegen die in Berlin Festgcnommenen ergibt.
SeMfcher Mtertag i> Ms
Köln, 13. Sevt. Im großen Saale des Kongreßgebäudes fand die große Festsitzung statt, die den Auftakt zu den Beratungen des 8. Deutschen Richtertages bildete. Senatsvräsident Dr. Reichert vom Reichsgericht in Leipzig begrüßte zum ersten Male auf einem deutschen Richtertage den Reichsjustizminister von Guerard. Hierauf wurde ein Begrüßunsstelegramm des Deutschen Anwaltstages in Hamburg verlesen, in dem die deutsche Anwaltschaft der Hoffnung Ausdruck gibt, daß Richter und Anwälte heute auf gemeinsamen Wegen gemeinsame Ziele zu verfolgen hätten.
Köln, 13. Sevt. Reichsjustizminister v. Guerard hielt auf dem 8. Deutschen Richtertag eine Rede, in der er u. a. erklärte: In unserem einheir.ichen Recht besitzt unser Volk ein Gut von unschätzbarem Wert. Allzeit ein treuer Hüter dieses Gutes gewesen zu sein, kann die deutsche Richterschaft ebenso wie die An- waltichaft mit Stolz für sich in Anspruch nehmen. Dafür se- büört ibr aller unser Dank. Im Hinblick auf den auf dem Nich« tertage zu behandelnden Punkt der Tagesordnung: „Bedarf es einer grundlegenden Justirreform", sagte der Minister, Ich kann nur dankbar sein, wenn Sie aus der Seele des modernen Richters und aus Ihren praktischen Erfahrungen heraus an der -jetzigen Organisation nachprüfende Kritik üben. Ob wir zu i tiefgreifenden Aenderungen gelangen oder an den bestehende« Grundlagen festhalten wollen, das sind zur Zeit noch offene Fragen, zu deren Klärung Ihre Stellungnahme mit beitragen wird
Ich kann es auch nur aufrichtig begrüßen, daß Sie, die Berufsvertretung der deutschen Richterschaft, mit den berufenen Dolmetschern der Volksseele, der Presse zusammenkommen, um sich über ihre gegenseitigen Beziehungen, letzten Endes das große Problem des gegenseitigen Sichverstebens, auszusvrechen. Sie werden sich zusammenfinden und erkennen, daß Sie dasselbe wollen: Dienst am Volke.
Der preußische Jujtizmiuistcr Dr. Schmidt begrüßte in einer Ansprache den achten Deutschen Richtertag im Aufträge der preußischen Staatsregierung und der übrigen dort vertretenen reichsdeutschen Länder und führte dann u. a. aus: Soll das Bewußtsein von den hohen Aufgaben der Justiz nicht schwinden, soll das Vertrauen zu ihr erhalten bleiben und gestärkt werden, so müssen unsere Volksgenossen wissen, daß dieienigen, die in erster Linie Hüter des Rechtes find, mitten im vielgestaltigen Leben stehen, dem ewig werdenden und sich verjüngenden Rechte und damit dem ganzen Volke dienen und dienen wollen und ernst und ehrlich an den großen Problemen Mitarbeiten, die dos rastlose Lebe» täglich neu entstehen Mt.
Neues vom Tage
Sozialpolitischer Ausschuß Vertagung auf 19. September Berlin, 13. Sept. Im sozialpolitische» Ausschuß wurde die Beratung der Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgejetz fortgesetzt. Mit unwesentlichen Abänderungen stimmte de« Ausschuß den Paragraphen 89 a (Begriffsbestimmung de«! Arbeitslosigkeit), 93 a und b (Umbildung der Sperrfrist); 98 a (geringfügige Beschäftigung), 88 (Erweiterung di» Begriffs der Arbeitsunfähigkeit) und 105 (Stellung der Lehrlinge) in der Fassung der ersten Lesung zu. Dan» wurde die Beratung abgebrochen. Abg. Graf Westarp (Dn.) beantragte die Vertagung des Ausschusses auf längere Zeit. Es sei ein unmöglicher Zustand, diese wichtige Materie z» beraten, ohne daß Regierung und Regierungsparteien i« gend einen Vorschlag zu den entscheidenden Fragen rn- stande brächten. Entgegen diesem Anträge wurde beschlossen, die nächste Sitzung auf den 19. September zu vertagen.
Organisierung des Wirtfchaftssriedens Genf, 13. Sept. Die bisherige Besprechung zwischen der französischen und der englischen Delegation über ihre wirtschaftlichen Anträge hat unter Mitwirkung von Vertretern des ständigen Wirtschaftskomitees des Völkerbundes und des Berichterstatters Dr. Breitscheid dazu geführt, daß für die Herbeiführung eines zweijährigen Zollfriedens und die in dieser Zeit vorzubereitende Organisierung eines allgemeinen Wirtschaftsfriedens folgendes Verfahren eingeschla-» gen werden soll: Zwischen Mitgliedern und Nichtmitglie» dern des Völkerbundes, die sich an diesen Arbeiten beteiligen wollen, sollen möglichst schon zu Anfang nächsten Iah» res Verhandlungen ausgenommen werden. Die Teilnehmerstaaten sollen sich dahin verständigen, daß sie zwei Jahre lang auf die Erhöhung ihres Schutzzolltarifes über den gegenwärtigen Stand, ferner auf die Erhebung neuer Schutz» zölle oder auf die Schaffung neuer Handelshindernisfe ver<< zichten.
Vollsitzung des Völkerbunds am Samstag Gens, 13. Sept. Die Völkerbundsversammlung ist auf Samstag nachmittag zu einer Vollsitzung einberufen worden, um das Ergebnis der Staatenkonferenz für die Revi, sion des Haager Statuts für die Erleichterung des Beitritts der Vereinigten Staaten von Amerika zum ständigen Internationalen Gerichtshof zu genehmigen Nach der Aussprache werden in der nächsten Woche die verschiedenen Protokolle über die Revision des Haager Statuts für den Beitritt ^er Vereinigten Staaten von Amerika zum allgemeinen Beitritt aufgelegt werden.
Die englisch-amerikanischen Flottcnverhandlungeu London. 13. Sept. Nach einer Reutermeldung aus Washington erklärte Staatssekretär Stimson, die an den Botschafter Dawes gesandte Note sei eine von der Art, dag man bereits sagen könnte, sie bringe ein drittes amerikanisches Abkommen. Auf Grund dieser Note könne der britische Premierminister Macdonald darauf vertrauen, daß ein Abkommen zwischen Großbritannien und den Bereinigte» Staaten in der Flottenfrage erzielt werden wird. Unterstaatssekretär Cotton, der sich bei Stimson befand, erklärte, aus jeden Fall sei die Annäherung zwischen den beiden Rationen so weit vorgeschritten, daß Macdonald seinen Besuch in den Vereinigten Staaten abhalten könne.
Anweisungen der chinesischen Regierung an ihre« Vertreter in Gens
Nanking, 13. Sept. Der chinesische Minister des Aeußern hat den chinesischen Vertreter in Genf angewiesen, die Sowjetregierung davon in Kenntnis zu setzen, daß die chinesische Regierung die Sowjetunion für die Menschenopfer und den Schaden verantwortlich machen wird, der durch die Beschießungen durch Sowjettruppen in den Grenzgebieten der Mandschurei verursacht wird.
Beginn Ver 400-Jahrfeier der Marburg« Religivnsgespräche Marburg, 13. Sept. Die Vierhundertjahrfeier der Marburger Religivnsgespräche wurde in Anwesenheit zahlreicher Gäste aus europäischen und überseeischen Ländern durch einen Festakt in der Marienkirche eingeleitet. Unter den Anwesenden bemerkte man u. a. den Reichsgerichtspräsidenten a. D. Simons, den Präsidenten des Deutschen evangelischen Kirchenausschusses Dr. D. Kapler, sowie Vertreter aller Fakultäten und Kirchenbehörden. Eeneralsuperintendent Möller begrüßte die Gäste im Namen der Landeskirche Hessen-Kassel, der Universität, der Fakultät und der Stadt Marburg. Er forderte eine Mobilisierung aller Kräfte des Protestantismus für die dringenden Aufgaben der Gegenwart. Nach der Begrüßung hielt der Heidelberger Universititts. Professor Dr. D. Köhler den ersten Hauptvortrag über „Anklang. Verlauf und Folgen der Marburger Religionsgespräche". ^